Der Oberst. Иван ТургеневЧитать онлайн книгу.
wie ich es Ihnen sage, ein Oberst. Früher im Besitz eines ansehnlichen Vermögens, hat man ihm jetzt aus Gnade ein Plätzchen angewiesen – da lebt er auch von dem, was der liebe Herrgott ihm sendet. Doch was soll man thun? Sie haben den besten Platz sich ausgesucht . . . man wird diese lieben Gäste verscheuchen müssen.«
»Nein, Narkiß; bitte beunruhige sie nicht. Wir wollen uns hier beiseite niedersetzen; sie werden uns nicht stören. Ich möchte mit dem Obersten bekannt werden!«
»Wie Sie es wünschen – was aber die Bekanntschaft betrifft, so hoffen Sie nicht, gnädiger Herr, daß Sie davon viel Vergnügen haben werden; er ist sehr schwer von Begriffen geworden, stumpf im Gespräch wie ein kleines Kind. Es ist auch nicht anders möglich, er hat ja seine achtzig Jahre hinter sich.«
»Wie heißt er?«
»Wassilij Thomitsch. Sein Familienname ist Guskoff.«
»Und der Küster ?«
»Der Küster? Der hat den Spitznamen: Gurke, so nennen ihn hier auch Alle, wie aber sein eigentlicher Name lautet, weiß der liebe Gott allein. Ein leerer Mensch! Ein Schmarotzer!«
»Sie leben zusammen?«
»Nein, nicht zusammen – doch hat sie der Teufel wohl, wie man so sagt, mit einem Strick zusammen gebunden!«
V
Wir kamen zum Floß. Der Oberst richtete die Augen auf uns, und ließ sie dann sofort wieder auf das Schwimmholz fallen. Gurke aber sprang auf, zog seine Angel aus dem Wasser, nahm seine abgetragene Mütze ab, fuhr mit zitternder Hand über die hatten, gelben Haare, verbeugte sich tief und lachte mit gebrochener Stimme. Sein aufgeschwollenes Gesicht verkündete ihn als argen Säufer; die zusammengekniffenen, klein gewordenen Augen blinzelten demüthig. Er stieß seinen Nachbar in die Seite, als ob er ihm andeuten wollte, daß man weggehen müsse . . . Der Oberst bewegte sich auf der Bank.
»Bleiben Sie sitzen, beunruhigen Sie sich nicht,« rief ich schnell. »Sie stören uns nicht im Geringsten. Wir werden uns daneben setzen. Bleiben Sie ruhig sitzen!«
Gurke zuckte, seinen durchlöcherten, langen Kittel zusammenschlagend, mit den Achseln, mit den Lippen, mit dem kleinen Barte ; unsere Gegenwart war ihm sichtlich unbequem— er wäre gern davon gelaufen – doch der Oberst hatte sich bereits wieder in die Beobachtung seines Schwimmholzes vertieft. Der »Schmarotzer« hustete ein paar Male, setzte sich auf das äußerste Ende der Bank, legte seine Mütze auf die Knie und warf, die nackten Füße unter der Bank verbergend, bescheiden seine Angel aus.
»Beißen sie an?« fragte mit Würde Narkiß, langsam die Schnur vom Stocke wickelnd.
»Wohl an sechs Gründlinge haben wir erwischt,« antwortete Gurte mit klangloser und heiserer Stimme »und der Herr hier hat einen anständigen Barsch geangelt!«
»Ja, einen Barsch,« wiederholte meckernd der Oberst.
VI
Ich fing aufmerksam nicht ihn, sondern sein umgekehrtes Bild im Wasser zu betrachten an. Es erschien mir klar wie im Spiegel, nur etwas dunkler, wie mit Silber überzogen. Der breite See wehte uns Frische zu, Frische kam auch vom feuchten, abschüssigen Ufer und sie war um so angenehmer, als von dort oben her, über uns, vom goldenen, dunklen Himmelsblau, von den Gipfeln der Bäume, die Schwüle wie eine schwere Last auf uns drückte. Beim Flosse bewegte sich das Wasser nicht. Im Schattetn der von den üppigen Büschen am Ufer auf dasselbe fiel, glänzten wie kleine, blanke Knöpfchen die Wasserspinnen, ihre ewigen Kreise beschreibend; nur selten zogen sich um die Kiele der Angeln kaum zu bemerkende Wasserringe, wenn die Fische an den Haken spielten. Sie bissen sehr schlecht an – während zwei voller Stunden zogen wir nur zwei Gründlinge und eine Schmerle heraus. Ich könnte nicht sagen, warum der Oberst meine Neugierde so anstachelte. Sein Rang konnte auf mich keinen Eindruck machen; ruinirte Adelige gehörten selbst zu jener Zeit nicht mehr zu den Seltenheiten – und auch selbst sein Aeußeres bot nichts Außergewöhnliches dar. Unter der warmen Mütze, die den ganzen oberen Theil seines Kopfes bedeckte, erblickte man ein rothes, glatt rasirtes, rundes Gesicht, mit kleiner Nase, kleinen Lippen und eben solchen hellgrauen Augen. Einfalt, Seelenschwäche und einen alten, hilflosen Gram drückte dieses demüthige, kindliche Gesicht aus. In den weichen, weißen, kleinen Händen mit kurzen Fingern lag ebenfalls etwas Hilfloses, Unvermögendes. . . . Ich konnte mir gar nicht vorstellen, wie dieser schwachsinnige Greis je ein Mann von militärischem Schlage habe sein können, wie er befehlen, anordnen konnte – und namentlich in jener strengen Zeit Katharinas! Ich blickte ihn an: bald blies er feine Backen auf und pustete still, wie ein Kind, bald drückte er seine Augen mit schmerzhafter Anstrengung zusammen, wie alle alterschwachen Leute. Einmal öffnete er die Augen weit und richtete sie in die Höhe . . . sie glotzten mich aus der Wassertiefe an . . . und eigenthümlich rührend und selbst vielsagend kam mir dieser gramvolle Blick vor.
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