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König Lear der Steppe. Иван ТургеневЧитать онлайн книгу.

König Lear der Steppe - Иван Тургенев


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unter einem Wachtmeister der Garde-Cavallerie davongetragen.

      Dass arme Thier hinkte beständig, und zwar auf allen vier Füßen zugleich; im Schritt zu gehen, war ihm unmöglich, es trippelte einen hüpfenden Trapp; es fraß Beifuß und Wermuth an den Grenzreihen – eine Eigenthümlichkeit, die ich bei anderen Pferden nicht bemerkt habe. Ich erinnere mich, daß es mir stets ein Räthsel gewesen, wie dieser halblebende Klepper die ungeheure Last bewegen konnte, ich wage übrigens nicht zu sagen, mit wie vielen Centnern das Gewicht unseres Nachbars berechnet wurde. Hinter dem Rücken des Martin Petrowitsch befand sich auf dem – Rennwagen sein pechschwarzer Laufbursche Maksimka. Wie er mit dem Gesicht und seinem ganzen Körper sich dicht an seinen Herrn schmiegte, mit den nackten Beinen sich auf die hintere Achse des Wagens stemmend, glich er einem Blatte oder Insecte, das zufällig an die sich vor ihm erhebende riesige Masse angeweht worden war.

      Derselbe Laufbursche rasirte einmal in der Woche Martin Petrowitsch. Man erzählte, daß er sich bei der Ausführung dieser Operation auf den Tisch stelle, und Witzbolde behaupteten, daß er dabei um das Kinn seines Herrn herumlaufen müsse. Charloff liebte es nicht, lange zu Hause zu sitzen, und daher sah man ihn oft umherfahren, stets in demselben Wagen, die Leinen in der einen Hand, die andere aber, den Ellbogen nach vorne, keck auf sein Knie gestemmt und mit einer ganz kleinen Mütze auf der Spitze feines Kopfes. Er blickte mit seinen kleinen Bärenaugen munter umher, fuhr mit seiner dröhnenden Stimme sämmtliche vorüberfahrende Bauern, Städter und Kaufleute an, schickte den Priestern, denen er nicht grün war, fromme Wünsche nach und ließ einmal, als er mir begegnete (ich war mit der Flinte ausgegangen) solch’ einen Jagdruf gegen einen neben dem Wege liegenden Hasen los, daß mir die Ohren bis zum Abend davon gellten.

      III

      Meine Mutter empfing, wie ich bereits gesagt habe, Martin Petrowitsch mit Freundlichkeit; sie wußte, welche tiefe Achtung er für sie hegte. »Herrin, gnädige Frau, unserer Felder Frucht« nannte er sie. Pries er sie als seine Wohlthäterin, so sah meine Mutter ihrerseits in ihm einen ihr ergebenen Rieseln der nöthigenfalls sich keinen Augenblick bedenken würde, allein gegen einen ganzen Haufen empörter Bauern für sie einzutreten, und obgleich die Möglichkeit eines solchen Conflicts gar nicht nahe lag, so wäre es doch nach den Ansichten meiner Mutter nicht richtig gewesen, in Ermangelung des Gatten, den sie früh verloren, einen solchen Beschützer, wie Martin Petrowitsch zu unterschätzen. Er war außerdem ein grader Mensch, der sich bei Niemandem einzuschmeicheln suchte, keine Schulden machte und keinen Wein trank. Auch war er nicht ohne alle Bildung, obgleich er gar keine Erziehung bekommen hatte. Martin Petrowitsch genoß das volle Vertrauen meiner Mutter; als sie daran dachte, ihr Testament zu machen, wählte sie ihn zum Zeugen, und er mußte nach Hause fahren, blos um seine eiserne Brille mit den runden Gläsern, ohne die er nicht schreiben konnte, zu holen; aber auch mit der Brille auf der Nase gelang es ihm kaum im Zeitraume einer Viertelstunde, seinen Rang, Tauf, Vaters und Familiennamen, in ungeheuern viereckigen Buchstaben mit Abkürzungen und Verzierungen unter Stöhnen und Schwitzen auf’s Papier zu bringen. Als seine Arbeit vollendet war, erklärte er, er sei müde und: »Schreiben oder Flöhe fangen sei dasselbe für ihn.«

      Ja, meine Mutter achtete ihn . . . aber weiter als bis in’s Speisezimmer ließ man ihn nicht kommen. Ein allzu starker Duft zog ihm nämlich voran: ein Duft nach Erde, nach Waldwildniß, nach Morast. »Ein wahrhaftiger Waldteufel!« sagte von ihm meine alte Bonne. Beim Mittagsessen wurde für Martin Petrowitsch ein besonderer Tisch in die Ecke gestellt; er fühlte sich dadurch nicht beleidigt – er wußte, wie es Anderen neben ihm zu sitzen unbequem war – und er selbst konnte da freier schalten, auch aß er so, wie wohl Niemand seit Polyphem. Man beobachtete die Vorsicht, ihm allein gleich beim Anfang des Mittagessens einen Topf mit wohl sechs Pfund Grütze zu serviren.

      »Du wirst mich sonst durch Essen ruiniren!« scherzte meine Mutter.

      »Ich bringe es auch zu Staude!« antwortete er lächelnd.

      Meine Mutter liebte, seinen Mittheilungen über Wirthschaftsfragen zuzuhören, konnte jedoch nicht lange seine Stimme aushalten.

      »Was ist mit Dir, mein Lieber!« rief sie, »Du mußt Dich davon curiren! Du hast mich ganz betäubt. Du Trompete, Du!«

      »Natalia Nikolaewna, meine Wohlthäterin!« pflegte Martin Petrowitsch zu antworten, »über meine Kehle habe ich keine Macht! Und welche Arznei könnte bei mir wirken – urtheilen Sie selber? Ich werde lieber für ein Weilchen schweigen.«

      Ich meine auch, daß keine Arznei auf Martin Petrowitsch gewirkt hätte; er war übrigens nie krank.

      Zu erzählen verstand er nicht und liebte es nicht. »Von langen Reden kriegt man kurzen Athem!« bemerkte er tadelnd. Nur wenn man ihn auf das Jahr 1812 brachte (er hatte in den Freischaaren gedient und eine bronzene Medaille bekommen, die er an Festtagen an dem Bande des Wladimir-Ordens trug), wenn man ihn über die Franzosen ausfragte, dann erzählte er einige Anekdoten, obgleich er stets versicherte, daß wirkliche Franzosen nie nach Rußland gekommen wären, blos Marodeure wären vom Hunger getrieben, hereingelaufen, und von diesem Pack hätte er viele in den Wäldern todtgeschlagen.

      IV

      Auch dieser unerschütterliche, selbvertrauende Riese hatte seine Augenblicke melancholischen Nachdenkens. Ohne jeden sichbaren Grund fing er manchmal sich zu langweilen an, schloß sich dann in sein Zimmer ein und summte – ja summte allein wie ein ganzer Bienenschwarm; oder er rief seinen Laufburschen Maksimka und befahl ihm, aus dem einzigen Stück Literatur, »das sich in sein Haus verirrt hatte, einem einzelnen« Theil der »Muße des Fleißigen« von Nowikowsky, laut vorzulesen – oder zu singen. Und Maksimka, der durch merkwürdiges Spiel des Zufalles dahin gelangt war, silbenweise lesen zu können, begann mit dem üblichen Entzweihauen der Wörter und Umstellung des Accentes, Phrasen wie die folgende vorzuschreien:,aber ein leidenschaftlicher Mann macht aus dieser leeren Stellé, die er in den Wesen findet, ganz entgegengesetzte Schlüsse. Jedes Wesen für sich, sagte er sich, ist nicht im Stande mich glücklich zu machen!« u.s.w.1

      Oder er singt mit sehr dünner Stimme, von der man nur einzelne Laute wie: »i . . a . . e . . . la . . 2c. hören konnte. Martin Petrowitsch aber nickt mit dem Kopfe, äußert etwas von der Vergänglichkeit des Daseins, »daß Alles in sich zerfallen, wie unnütziges Kraut ausdorren, vergehen und nicht mehr sein werde!« Er hatte zufällig ein Bild in die Hände bekommen, das ein brennendes Licht darstellte, auf welches von allen Seiten die Winde mit vollen Wangen bliesen. Unter dem Bilde befanden sich die Worte: »Das ist das menschliche Leben.« Das Bild gefiel ihm ungeheuer. Es hing in seinem Arbeitszimmer, aber zu gewöhnlichen Zeiten, bei Abwesenheit der melancholischen Stimmung, war die Vorderseite zur Wand gekehrt, damit es ihn nicht verwirre. Charloff, dieser Koloß, hatte Angst vor dem Tode! Zur Hilfe der Religion, zum Gebet griff er selbst während der Melancholieanfälle nur selten und glaubte durch seine Verstandeskraft ihrer Herr werden zu können. Er war durchaus nicht religiös, man sah ihn nur selten in der Kirche, doch versicherte er, daß er nur deshalb nicht hingehe, weil er wegen seines Körperumfanges Andere hinauszudrängen befürchte. Gewöhnlich endete der Anfall damit, daß Martin Petrowitsch zu pfeifen anfing – und plötzlich mit donnernder Stimme seinen Wagen anzuspannen befahl und in die Nachbarschaft fuhr. Dann pflegte er die Hand, in welcher die Zügel nicht lagen, über seinem Hute zu schwenken, als ob er damit sagen wollte, daß jetzt ihm Alles einerlei sei; er war eben Rasse durch und durch.

      V

      Leute, welche die Kraft eines Martin Petrowitsch besitzen, sind gewöhnlich phlegmatisch; er jedoch erhitzte sich im Gegentheil sehr leicht, namentlich brachte ihn außer sich ein gewisser Bitschkoff, der Bruder seiner verstorbenen Frau, der sich in unserem Hause als Hofnarr oder Parasit eingenistet hatte. Von seinen Kindesbeinen an hatte man ihn stets nur »Souvenir« genannt und so blieb er auch für Alle »Souvenir«, selbst für die Diener, welche ihn übrigens »Souvenir Thimotheewitsch« nannten Seinen wirklichen Namen schien er selbst nicht zu kennen.

      Es war ein elender, von Allen verachteter Mensch, mit einem Wort ein Schmarotzer. An der einen Seite des Mundes fehlten ihm alle Zähne, deshalb schien auch sein kleines, runzliches Gesicht schief zu sein. Er machte sich stets etwas zu schaffen, mischte sich in Alles; bald schmiegte er sich in das Mägdezimmer, bald in das Wirthschaftsamt


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»Muße des Fleißigen.« Periodische Zeitschrift, Moskau 1785. Band 3, p. 23, Z.11.

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