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Die Blinde. Уилки КоллинзЧитать онлайн книгу.

Die Blinde - Уилки Коллинз


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daß sein Bruder ihm das Leben gerettet hatte. Sein Bruder allein hatte von Anfang bis zu Ende hartnäckig, dem Zeugniß der Pendüle mißtraut. Er hatte alle Menschen mit unaufhörlichen Fragen gequält, hatte nach Beginn des Processes die Abwesenheit des Hausmädchens entdeckt und war aus der Stelle abgereist, das Mädchen aufzusuchen und zu befragen, ohne einen bestimmten Anhalt, einfach entschlossen, in der unermüdlichen Stellung der einen Frage nicht nachzulassen, mit welcher er alle Menschen verfolgte: »Die Pendüle wird meinen Bruder an den Galgen bringen, können Sie mir etwas über die Pendüle mittheilten.«

      Vier Monate später klärte sich das Geheimniß des Verbrechens auf. Einer der schlechtberufenen Genossen des Ermordeten bekannte sich auf seinem Sterbebette zu der That. Die Umstände der That boten nichts Interessantes oder Bemerkenswerthes dar. Der Zufall, welcher einen Unschuldigen in Gefahr gebracht, hatte den Schuldigen straflos ausgehen lassen. Ein elendes Weibsbild, ein durch Eifersucht hervorgerufener Streit und der Mangel an Zeugen der That, das waren die sehr gewöhnlichen Umstände, die zu der Tragödie im »Pardon Felde« geführt hatten.

       Neuntes Kapitel.

      Der Held des Processes

      »Sie haben es mir abgepreßt. Jetzt wo ich Ihnen Ihren Willen gethan habe, lassen Sie mich mit meinen Gefühlen allein und gehen Sie!« Das waren die ersten Worte, mit denen mich der Held des Criminalprocesses anredete, sobald er wieder im Stande war zu sprechen. Er ging mit einem eigenthümlich trotzig resignirten Ausdruck nach der andern Seite des Zimmers und blickte von dort auf auf mich, wie ein Mensch, der mit einer ansteckenden Krankheit behaftet ist und einen gesunden Nebenmenschen vor der Gefahr der Berührung mit sich bewahren möchte.

      »Warum soll ich gehen?« fragte ich .

      »Sie sind ein kühnes Weib,« sagte er, »daß Sie den Muth haben, in demselben Zimmer mit einem Menschen zu bleiben, auf welchen die Leute als auf einen Mörder mit Fingern gedeutet haben und welcher unter der Anklage eines todteswürdigen Verbrechens vor Gericht gestanden hat.«

      Derselbe krankhafte Gemüthszustand, welcher ihn nach Dimchurch geführt und ihn veranlaßt hatte, mich am vorhergehenden Abende in der von mir erzählten Weise anzureden, brachte ihn jetzt, wie mir schien, gegen mich als gegen eine Person auf, welche sich seines leidenschaftlichen Temperaments als eines Mittels, bedient habe, ihm die Wahrheit abzuzwingen. Was sollte ich mit einem Menschen in dieser Gemüthsverfassung anfangen? Ich entschloß mich zu einem Verfahren, das man sprichwörtlich »den Stier bei den Hörnern packen« nennt.

      »Ich sehe nur einen Mann hier«; antwortete ich »einen Mann, der von der Anklage eines Verbrechens, das er zu begehen unfähig war, ehrenvoll freigesprochen worden ist, einen Mann, der Anspruch auf mein Interesse und meine Sympathie hat. Reichen Sie mir die Hand, Herr Dubourg.« Ich sprach in einem guten, herzlichen Tone und bekräftigte meine Worte durch einen guten, herzlichen Händedruck Der arme, schwache, vereinsamte, verfolgte junge Mensch ließ seinen Kopf wie ein Kind auf meine Schulter sinken und brach in Thränen aus.

      »Verachten Sie mich nicht,« sagte er, sobald er wieder Worte finden konnte. »Es kann einen Menschen wohl zu Boden werfen, wenn er auf der Anklagebank gesessen hat und wenn Hunderte von hartherzigen Menschen ihn, ohne daß er es verdient hätte, mit Entsetzen angestarrt haben. Ueberdies fühle ich mich sehr einsam, Madame, seit mich mein Bruder verlassen hat.«

      Wir setzten uns wieder neben einander nieder. Sein Wesen bot die sonderbarste Mischung von Extremen, die mir jemals vorgekommen waren. Wenn man ihn zu einem der leidenschaftlichen Ausbrüche brachte, zu denen er so leicht aufflammte, so erschien er wie ein Tiger, wenn er sich aber dann wieder zu seiner gewöhnlichen milden Temperatur abgekühlt hatte, er schien er wie ein wahres Lamm.

      »Eines ist mir auffallend, Herr Dubourg,« fuhr ich fort, »ich begreife nicht recht —«.

      »Nennen Sie mich nicht Herr Dubourg,« unter brach er mich. »Sie erinnern mich damit an die Schande, die mich genöthigt hat, diesen Namen anzunehmen. Nennen Sie mich bei meinem Vornamen. Es ist ein fremder Name Ihrem Accente nach müssen Sie eine Fremde sein und werden mich daher um meines fremden Namens willen nur um so lieber haben. Ich bin nach einem Bruder meiner Mutter auf den Namen Oscar getauft; meine Mutter war aus Jersey. Nennen Sie mich Oscar. Was also begreifen Sie nicht?«

      »Ich begreife nicht«; nahm ich wieder auf, »daß Ihr Bruder Sie in Ihrer gegenwärtigen Lage hier ganz allein läßt.«

      Bei diesen Worten wäre er beinahe wieder in Wuth gerathen.

      »Kein Wort gegen meinen Bruder,« rief er zornig aus. »Mein Bruder ist das edelste Wesen, das Gott je geschaffen hat. Das werden Sie selbst zugeben müssen. Sie wissen ja, was er für mich gethan hat. Ich würde ohne diesen Engel unfehlbar gehängt worden sein.«

      Ich gab zu, daß sein Bruder ein Engel sei und dieses Zugeständniß beschwichtigte ihn sofort.

      »Die Leute sagen, man könne uns nicht von einander unterscheiden,« fuhr er fort, indem er seinen Stuhl freundschaftlich dicht an meinen heranrückte. »Ach,« die Leute sind so oberflächlich. Dem Aeußern nach sind wir allerdings ganz gleich. Sie haben gehört, daß wir Zwillinge sind. Aber damit hat auch zu meinem Unglück die Aehnlichkeit ein Ende. Nugent, mein Bruder erhielt diesen Namen nach meinem Vater, Nugent ist ein Held, Nugent ist ein Genie. Ich wäre gestorben, wenn er sich nicht nach dem Criminalproreß meiner angenommen hätte. Ich hatte Niemanden als ihn. Wir sind Waisen und haben keine weiteren Geschwister. Nugent empfand die mir angethane Schmach noch bitterer als ich, aber er wußte sich zu beherrschen. Freilich traf ihn der Schimpf auch noch empfindlicher als mich; ich will Ihnen sagen warum. Nugent war auf dem besten Wege, unsern Familiennamen, den Namen, welchen wir jetzt aufzugeben genöthigt sind, zu einem weltberühmten zu machen. Er ist Maler, Landschaftsmaler, haben Sie nie von ihm gehört? Nun da werden Sie bald von ihm hören. Was glauben Sie wohin er gegangen ist? Zu den Wilden in Amerika, um dort Studien zu neuen Bildern zu machen. Er wird der Gründer einer neuen Schule der Landschaftsmalerei, in einer so großartigen Auffassung, wir sie nie erstrebt worden ist, werden. Der liebe Junge! Wissen Sie, was er zu mir sagte, als er hier von mir Abschied nahm? Edle Worte, wahrhaft edle Worte:l »Oscar, ich werde unseren angenommenen Namen berühmt machen. Du sollst in ehrenvoller Weise bekannt, Du sollst berühmt werden als der Bruder von Nugent Dubourg.« Denken Sie, ich hätte mich einer solchen Carrière hindernd in den Weg stellen können? Konnte ich einen solchen Mann, der mir so viel geopfert hatte, dazu verurtheilen, hier zu vegetiren, nur um mir Gesellschaft zu leisten? Was liegt daran, ob ich mich einsam fühle oder nicht. Wer bin ich? O, wenn Sie gesehen hätten, wie er das entsetzliche Allbekanntsein, welches uns nach dem Proceß verfolgte, ertrug! Ueberall hielten ihn die Leute für mich, starrten ihn an und deuteten mit den Fingern auf ihn. Keine Klage entfuhr ihm, er lachte darüber. »So viel gebe ich auf die öffentliche Meinung,« sagte er, mit den Fingern schnalzend. Das ist doch Geistesstärke, nicht wahr? Er reiste von Stadt zu Stadt, aber überall fanden sich die Photographien, die Zeitungen, überall war die ganze nichtswürdige Geschichte – »ein Roman aus dem wirklichen Leben« nannten sie es – Jedermann schon vor Nugent’s Eintreffen bekannt. Er verlor nie den Muth. »Wir werden schon noch einen Ort finden,« pflegte er heiter zu sagen, »Du brauchst Dich gar nicht darum zu bekümmern, Oscar, ich sorge für Dich. Ich verspreche Dir, ich schaffe Dir einen Zufluchtsort, gerade wie Du ihn brauchst.« Er zog überall Erkundigungen ein und machte endlich diesen einsamen Ort, welchen Sie bewohnen, ausfindig. Ich fand die Gegend hübsch, als wir zusammen über die Hügel gingen – für ihn war sie längst nicht großartig genug. Wir verirrten uns. Ich fing an, mich zu ängstigen, aber er machte sich gar nichts daraus. »Ich bin ja bei Dir,« sagte er, »und mich verläßt mein Glück nicht. Paß’ auf wir werden nächstens über ein Dorf stolpern!« Sie werden es kaum glauben, wenn ich Ihnen sage, dass wir zehn Minuten später, genau wie er es vorher gesagt hatte über diesen Ort stolperten. Als ich ihn endlich vermocht hatte, mich zu verlassen, ging er doch nicht von mir, ohne mich guten Leuten empfohlen zu haben. Er empfahl mich dem Wirth des Gasthauses hier. Er sagte zu ihm: »Mein Bruder hat eine zarte Gesundheit, mein Bruder wünscht zurückgezogen zu leben; ich werde Ihnen dankbar sein, wenn Sie sich um meinen Bruder bekümmern.« War das nicht gütig? Der Wirth schien ganz gerührt davon zu sein. Nugent weinte, als er von mir Abschied nahm. O, was gäbe ich darum, wenn ich sein Herz und seinen Geist hätte. Aber es ist doch


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