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Die Blinde. Уилки КоллинзЧитать онлайн книгу.

Die Blinde - Уилки Коллинз


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lustigeren Orte zu zerstreuen. Er hatte eine ängstliche Scheu vor neuen Gesichtern und neuen Umgebungen. In der Gesellschaft dieser beiden trübseligem schwer bedrückten jungen Menschen fing selbst die mir angeborene Heiterkeit zu schwinden an. Wenn wir alle drei inmitten einer Wildniß in die Tiefe eines ausgetrockneten Brunnens gerathen wären, wir hätten unsere Aussichten kaum mit größerer Muthlosigkeit ansehen können, als wir es jetzt thaten. Zum Glück waren Oscar wie Lucilla leidenschaftliche Freunde der Musik. Wir nahmen in jenen Tagen des Unglück Zuflucht zum Clavier als unsern besten Trost. Lucilla und ich spielten abwechselnd und Oscar hörte uns zu; wir musizierten viel, waren aber übrigens einsilbig und verstimmt.

      Der Ehrwürdige Finch fand sich mit seinem Antheil an unseren jetzigen Prüfungen durch möglichst laute Reden ab. Wer den kleinen Pfarrer in jenen Tagen hörte, hätte glauben sollen, niemand empfinde unser häusliches Unglück so schmerzlich wie er. Es war der Mühe werth, ihn am Tage der ärztlichen Consultation zu sehen, wie er in dem Wohnzimmer seiner Frau auf- und abstolzirte und seine, aus seiner Frau und mir bestehende Zuhörerschaft haranguirte. Frau Finch saß in der einen Ecke im Unterrock und Shawl mit dem Baby und Roman und ich in der andern Ecke, um einer an mich gerichteten Anfrage gemäß mit dem Pfarrer zu berathen, mit andern Worten, um es mit, anzuhören, wie Herr Finch erklärte, daß er derjenige sei, welchen die über unserm Hause hängende Wolke des Unglücks am tiefsten überschatte.

      »Ich verzweifle, ich versichere Sie, Madame Pratolungo, ich verzweifle daran, Ihnen einen Begriff davon zu geben, wie tief mich dieser traurige Zustand der Dinge ergreift. Sie sind sehr gut gegen uns gewesen; Sie haben uns die Theilnahme einer wahren Freundin bewiesen. Aber Sie können sich unmöglich eine Vorstellung davon machen, wie schwer dieser Schlag mich betroffen hat. Ich bin zerschmettert, Madame Pratolungo.« Das sagte er in meiner Ecke zu mir; dann wandte er sich an seine Frau in ihrer Ecke und wiederholte: »Liebe Frau, ich bin zerschmettert. Es giebt keinen anderen Ausdruck, um meinen Zustand erschöpfend zu bezeichnen – zerschmettert.« Dann stellte er sich in die Mitte der Stube und sah abwechselnd mich und seine Frau erwartungsvoll an. Sein Gesicht und sein ganzes Benehmen sagten deutlich: »Wenn diese beiden Frauen jetzt in Ohnmacht fallen, so werde ich das, nach dem was ich ihnen eben mitgetheilt habe, nur sehr angemessen und natürlich finden.« Ich wartete ab, was die Frau vom Hause thun würde; Frau Finch aber sank nicht mit dem Baby und dem Roman ohnmächtig zu Boden. Dadurch ermuthigt, erlaubte auch ich mir, ruhig sitzen zu bleiben. Ich machte ein möglichst klägliches Gesicht; Frau Finch blickte ehrfurchtsvoll zu ihrem Gatten auf, als ob sie ihn für dass edelste Wesen halte und hielt schweigend das Schnupftuch vor die Augen. Das befriedigte Herrn Finch und er fuhr fort: »Meine Gesundheit hat gelitten, ich versichere Sie, Madame Pratolungo, meine Gesundheit hat gelitten. Seit diesem traurigen Vorfall ist meine Verdauung gestört, das Gleichgewicht meiner Kräfte geschwunden, die Regelmäßigkeit meiner Functionen gebrochen. Ich bin lediglich in Folge dieser traurigen Angelegenheit von Anfällen eines krank haften Appetits geplagt. Ich muß zu ganz ungewöhnlichen Zeiten meine Mahlzeiten nehmen; mein Frühstück mitten in der Nacht, Mittagessen um vier Uhr Morgens; ich muß auch jetzt etwas zu mir nehmen.« Herr Finch hielt entsetzt über diese Entdeckung plötzlich inne und versank mit finster zusammengezogenen Brauen, indem er die Hand krampfhaft gegen die unteren Knöpfe seiner verschossenen Weste preßte, in tiefes Nachdenken Frau Finchs wasserblaue Augen blickten mit einem feucht melancholischen Ausdruck ehrlicher Trauer zu mir hinüber. Der Pfarrer schien plötzlich durch die Berathung mit seinem Magen erleuchtet zu sein, stolzierte auf die Thür zu, riß sie weit auf und rief mit einer Donnerstimme die Treppe hinab: »Koche mir ein weiches Ei!« Er ging wieder in die Mitte des Zimmers, hielt mit einem scharf auf mich gerichteten strengen Blick eine zweite Berathung mit seinem Magen, stolzierte in wüthender Eile wieder nach der Thür und brüllte eine Contreordre die Küchentreppe hinab: »Kein Ei! Gieb mir einen geräucherten Häring!«

      Er kam zum zweiten Male ins Zimmer zurück; dieses Mal schloß er die Augen und legte die Hand wie zerstreut aus den Kopf. Wieder wandte er sich abwechselnd an Frau Finch und an mich. »Sieh doch selbst, Frau, sehen Sie nur, Madame Pratolungo, in welchem Zustande ich mich befinde. Es ist wahrhaft bejammernswerth; bei den geringfügigsten Dingen kann ich zu keinem Entschlusse kommen. Erst glaubte ich, ich müsse ein weiches Ei essen, dann meinte ich, mir würde ein geräucherter Häring gut thun und jetzt weiß ich gar nicht mehr was ich will, auf mein Ehrenwort als Geistlicher und Gentleman, ich weiß nicht, was ich will. Ein krankhafter Appetit während des ganzen; Tages, eine krankhafte Schlaflosigkeit während der ganzen Nacht. Welcher Zustand! Ich habe keine Ruhe, ich störe meine Frau Nachts, ich störe Dich Nachts, Frau. Wie viele Male muß ich mich, seit dieses Unglück uns betroffen hat, im Bett umherwälzen, bevor ich einschlafe? Acht Mal? Bist Du Deiner Sache gewiß? Uebertreibe nicht! Bist Du gewiß, daß Du die Male gezählt hast? Ach, Du gute Seele! Ich kann mich nicht erinnern, ich versichere Sie, Madame Pratolungo, ich kann mich nicht erinnern, jemals eine so totale Erschütterung meines ganzen Organismus er fahren zu haben wie jetzt. In einem annähernd ähnlichen Zustande befand ich mich vor einigen Jahren bei der fünft letzten Entbindung meiner Frau. War es nicht bei Deiner fünft letzten Entbindung, Frau, oder war es bei Deiner sechst letzten? Deiner fünft letzten? Bist Du Deiner Sache gewiß? Leitest Du nicht unsere Freundin irre? Du hast Recht, Du gute Seele! Damals hatte mein Zustand seinen Grund in pecuniären Verlegenheiten, Madame Pratolungo. Diese pecuniären Verlegenheiten überwand ich damals. Wie soll ich aber mein jetziges Mißgeschick überwinden? Mein Plan für Oscar und Lucilla war vollkommen fertig. Die künftige Gestaltung meiner Verhältnisse zu meinen verheiratheten Kindern lag schon in der angenehmsten Klarheit vor mir; ich sah meine eigene Zukunft, ich sah die Zukunft meiner Familie vor mir. Und was sehe ich jetzt? Alles wie mit einem Schlage vernichtet. Unerforschliche Vorsehung!« Er hielt inne und erhob Augen und Hände fromm zur Zimmerdecke.

      Die Köchin erschien mit dem geräucherten Häring.

      »Unerforschliche Vorsehung,« wiederholte Herr Finch in einem etwas leisern Tone. »Iß den Häring, ehe er kalt wird, lieber Mann,« sagte Frau Finch.

      Der Pfarrer hielt wieder inne. Seine ruhelose Zunge trieb ihn, mit seinen Reden fortzufahren; sein undisziplinierter Magen verlangte nach dem Häring. Die Köchin nahm den Deckel von der Schüssel. Herrn Finchs Nase schlug sich sofort auf die Seite seines Magens. Er ließ es bei der »unerforschlichen Vorsehung« bewenden und« schüttete Pfeffer auf seinen Häring.

      Nachdem ich so berichtet habe, wie der Pfarrer angesichts des Unglücks, welches die Familie betroffen hatte, sprach, habe ich mein Bild nur noch durch die Angabe dessen, was der Pfarrer demnächst that, zu vervollständigen. Er borgte zweihundert Pfund von Oscar und hörte alsbald auf, sich mitten am Tage geräucherte Häringe zu bestellen und Frau Finch Nachts im Schlafe zu stören.

      Die trüben Herbsttage gingen zu Ende und die langen Winterabende nahmen ihren Anfang. Unsere Aussichten für die Zukunft gestalteten sich keineswegs freundlicher. Vergebens boten die Aerzte alles auf, einen Zustand der Besserung Oscar’s herbeizuführen. Die schrecklichen Zufälle wiederholten sich wieder und wieder. Die Tage vergingen und unser trübes Leben nahm seinen einförmigen Fortgang. Ich war geneigt, mit Lucilla anzunehmen, daß irgend eine Krisis nahe hervorstehen müsse. »So kann es nicht fortgehen,« pflegte ich bei mir zu denken, namentlich wenn ich sehr hungrig war. »Bevor das Jahr zu Ende geht, muß sich etwas ereignen.«

      Der Monat December kam und es ereignete sich endlich etwas. Mit den traurigen Verhältnissen in der Familie des Pfarrers trafen gleich traurige Verhältnisse in meiner eigenen Familie zusammen. Ich erhielt einen Brief von einer meiner jüngeren Schwestern aus Paris. Derselbe enthielt beunruhigende Nachrichten über eine mir sehr theure Person, deren ich bereits im Beginn dieser Erzählung gedacht habe, über meinen lieben Papa. War der ehrwürdige Urheber meiner Tage gefährlich krank? Ach nein! Das nicht gerade, aber ihn hatte das nächst einer tödtlichen Krankheit Schlimmste betroffen; er war sterblich verliebt in ein übelberufenes junges Frauenzimmer und das in einem Alter von fünfundsiebzig Jahren! Was soll ich von meinem alten Vater sagen; er ist eine urkräftige Natur. Papa hat ein jugendfrisches, nie alterndes Herz.

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