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Familie Dr. Norden Staffel 2 – Arztroman. Patricia VandenbergЧитать онлайн книгу.

Familie Dr. Norden Staffel 2 – Arztroman - Patricia Vandenberg


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als Gast auf der Insel war er weder unangenehm aufgefallen noch in irgendeiner Form ausfallend geworden.

      »Die ganze Familie Petzold schien nicht sonderlich erschüttert über den Verlust zu sein. Offenbar war Herr von Steinert so eine Art Familientyrann, zumindest konnte ich das einigen Gesprächsfetzen entnehmen, die zu mir durchgedrungen sind.«

      »Tragisch, wenn ein Leben endet, bevor man in Frieden auseinandergehen kann.«

      »Vielleicht hatte Eduard von Steinert gar kein Interesse daran, mit seiner Familie Frieden zu schließen. Aber was auch immer geschehen sein mag, eigentlich will ich es gar nicht wissen«, gab Daniel unumwunden zu.

      »Es gibt wirklich lohnendere Dinge, als sich darüber Gedanken zu machen. Zum Beispiel daran zu arbeiten, daß uns selbst so etwas nie geschieht.«

      »Ich hoffe, von solch einer Tragödie sind wir weit entfernt.« In tiefem Einverständnis lächelten sie sich an und genossen den Rest des Tages im Kreise ihrer Lieben.

      *

      Paula von Steinert saß in ihrem geliebten Ohrenbackensessel und hielt eine Stickarbeit in den Händen. Mit einem Mal ließ sie den Stoff sinken und horchte angstvoll in sich hinein. Ihr Herz schien plötzlich zu rasen wie nach einer großen Anstrengung. Heftige Schmerzen raubten ihr den Atem, und Paulas Hände umklammerten die Armlehnen des Sessels. Trotz der aufsteigenden Panik versuchte sie ruhig zu bleiben. Es dauerte nur ein paar Minuten, die Paula wie Stunden vorkamen, doch endlich fand das Herz zu seinem gewohnten Rhythmus zurück. Ebenso schnell, wie der Anfall gekommen war, ging er vorüber. Paula atmete ein paarmal erleichtert tief ein und aus. Sie mußte unbedingt einen Termin beim Arzt machen und erhob sich vorsichtig aus dem Sessel, um zum Telefon zu gehen. Gerade in diesem Moment hörte sie einen Wagen den gekiesten Weg zu ihrem Haus herauffahren. Abgelenkt von ihren gesundheitlichen Problemen ging sie ans Fenster und warf einen Blick aus dem Fenster. Erfreut erkannte sie das Auto von Katja, die ihren Besuch angekündigt hatte.

      Es blieb Paula noch Zeit, einen prüfenden Blick auf den liebevoll gedeckten Kaffeetisch zu werfen, bevor sie durch den Flur zur Haustür ging und erwartungsvoll den gepflegten Gartenweg hinabschaute.

      »Da bist du ja, Kind«, begrüßte sie ihre Enkeltochter lächelnd, und die von vielen kleinen Fältchen umrahmten wasserblauen Augen strahlten vor Freude. Nur die wächserne Blässe ihres Gesichts ließen die Qualen erahnen, die sie eben durchgemacht hatte.

      »Wie geht es dir, Oma?« fragte Katja, nachdem sie Paula liebevoll umarmt hatte und sie mit einem prüfenden Blick musterte.

      »Ein bißchen müde bin ich, aber sonst geht es mir ganz gut«, wich Paula verlegen aus, denn sie wollte Katja keine Sorgen bereiten. »Ich habe heute morgen damit begonnen, Eduards Sachen zu sichten und zu sortieren. Du weißt ja, er war ein Sammler und hat niemals auch nur eine Zeitung weggeworfen.«

      »Du kannst es wohl gar nicht erwarten, ihn ganz und gar aus dem Haus zu haben«, bemerkte Katja anzüglich, doch im Gegensatz zu ihrer Mutter nahm Paula ihr diese Bemerkung nicht übel.

      »Du formulierst es etwas drastisch, aber im Grunde hast du recht«, antwortete sie ehrlich. »Das erste Mal in meinem Leben bin ich frei. Frei, das zu tun, was ich möchte, ohne daß jemand hinter mir steht und immer alles besser weiß. Kannst du nicht verstehen, daß das wie eine Befreiung für mich ist?«

      »Warum um alles in der Welt warst du dann so lange Zeit mit ihm verheiratet?« Katja konnte es nicht begreifen.

      »Das gehört zu der Geschichte, die ich dir erzählen möchte. Aber zuerst trinken wir eine Tasse Kaffee und essen Kuchen. Ich hab’ Bienenstich gemacht, den magst du doch so gern.«

      »Lecker, genau das, was ich jetzt brauche.«

      Paula hakte sich bei Katja ein, und gemeinsam gingen sie durch den Flur in das Wohnzimmer, das gleichzeitig als Eßzimmer diente. Paula war es seinerzeit gelungen, Eduard davon zu überzeugen, daß ein Sofa unnötig wäre und statt dessen ein großer Tisch angeschafft wurde, an dem die ganze Familie Platz hatte. Der Bequemlichkeit diente eine Sitzecke im Erker, der nebenbei einen bemerkenswerten Blick auf den bezaubernden Garten bot. Katja war jedesmal überwältigt von dem Anblick.

      »Wie schaffst du es nur, dieses riesige Grundstück so zu pflegen?«

      »Eduard hat mir einiges an Arbeit abgenommen«, gestand Paula. »Eine seiner wenigen guten Seiten«, fügte sie verbittert hinzu. »Vor allen Dingen das Rasenmähen. Ich hatte schon einmal daran gedacht, einen Gärtner für die schweren Arbeiten kommen zu lassen, aber davon wollte Edi nichts hören. Vielleicht setze ich diesen Plan jetzt in die Tat um.«

      »Das solltest du wirklich tun. Mama und Paps werden dir keine große Hilfe sein. Sie rühren schon in ihrem eigenen Garten keinen Finger und überlassen alles einer großen Gärtnerei.«

      »Ehrlich gesagt will ich auch nicht von einer Abhängigkeit in die nächste geraten.«

      »Kommst du denn allein zurecht?« fragte Katja besorgt. Obwohl ihre Oma für ihr fortgeschrittenes Alter noch gut drauf war, wie sie es selbst gern formulierte, würde sich der Alltag vielleicht doch nicht als so einfach erweisen, wie sie es sich ausmalte.

      Doch Paula war ein realistischer Mensch und hatte sich bereits Gedanken darüber gemacht.

      »Ich weiß es nicht«, gestand sie ehrlich. »Ich habe beschlossen, mir eine Art Probezeit zu geben, so ungefähr zwei Monate. Wenn ich in dieser Zeit bemerke, daß ich Probleme mit dem Alleinsein habe oder mir die Arbeit über den Kopf wächst, werde ich das Haus aufgeben und in ein Pflegeheim gehen.«

      »Was willst du?« Katja riß vor Erstaunen die Augen weit auf.

      »Ist das denn so ungewöhnlich?«

      »Du hast doch genügend Geld, um dir eine Hausangestellte zu leisten.« Das war nichts Außergewöhnliches für Katja, denn sie selbst war mit Angestellten aufgewachsen. Ein Leben ohne Elsie war für sie undenkbar.

      »Ach weißt du, eigentlich ist es mir unangenehm, jemanden für mich arbeiten zu lassen, während ich untätig daneben sitze und zuschaue. Da ist mir meine Lösung doch die liebste.«

      »Und du könntest das alles hier aufgeben?« Katja ließ ihren Blick durch den Raum schweifen, der altmodisch aber gemütlich eingerichtet war. Da sich Eduard nicht für solche Nebensächlichkeiten wie Einrichtung und Haushalt interessiert hatte, konnte man überall die Hand von Paula erkennen, die Blumen über alles liebte und nicht davor zurückschreckte, Stoffmuster und Farben aller Art miteinander zu kombinieren, so daß am Ende etwas ganz Persönliches daraus entstand. Katja hatte den besonderen Geschmack ihrer Großmutter schon immer geliebt, und das Herz tat ihr weh bei dem Gedanken, dieses verwinkelte Haus mit den vielen Erkern und dem kleinen Türmchen einmal nicht mehr besuchen zu können.

      »Davon kann gar keine Rede sein«, beruhigte sie Paula jedoch sofort. »Du sollst es haben. Natürlich nur, wenn du möchtest. Außerdem ist es ja noch nicht soweit, und ich habe noch ein bißchen Zeit. Möchtest du noch ein Stück Kuchen?«

      Katja klappte den Mund vor Erstaunen auf und wieder zu. Was Paula da so nebenbei erwähnt hatte, war schon immer ihr Kindheitstraum gewesen, den sie jedoch nie zu äußern gewagt hatte. »Ja, natürlich möchte ich«, erklärte sie stotternd. Und: »Nein, danke, kein Stück Kuchen mehr«, ergänzte sie sogleich. Doch Paula überging die Verwirrtheit ihrer Enkeltochter. Denn jetzt war der Zeitpunkt gekommen, an dem sie ihr gehütetes Geheimnis lüften würde. Niemand anderer als Katja sollte erfahren, unter welchen unglücklichen Voraussetzungen die Ehe zwischen ihr und Eduard von Steinert vor sechsundvierzig Jahren geschlossen worden war.

      »Ich war ein junges Mädchen von neunzehn Jahren und unsterblich verliebt«, begann sie und lehnte sich mit einem versonnenen Gesichtsausdruck in ihrem Sessel zurück.

      »In Eduard?« fragte Katja gespannt.

      »Wo denkst du hin! Trotz oder vielleicht wegen meiner altmodischen Erziehung zog es mich schon immer hin zu den ungewöhnlichen Menschen, zu den Außenseitern. Maler, Schriftsteller, Komponisten! Ich fand das Leben dieser Menschen so spannend im Vergleich zu meinem. Auf einer Party,


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