Dr. Laurin Classic 32 – Arztroman. Patricia VandenbergЧитать онлайн книгу.
zu rücken.«
»Jetzt kenne ich ihn auch«, erwiderte Maren.
»Natürlich betrügt er dich«, sagte Götz beiläufig.
»Dir scheint das selbstverständlich.«
»Ich kenne doch meinen Bruder. Weißt du, für mich gibt es nur eine Entscheidung. Entweder meide ich ihn, oder ich bringe ihn um.«
»Du haßt ihn«, sagte Maren leise.
»Für mich ist er nicht existent. Er hat meine Eltern ins Grab gebracht.« Sein Gesicht erstarrte, und fest griff er nach ihrer Hand. »Du wirst dich nicht von ihm ins Grab bringen lassen«, stieß er zwischen schmalen Lippen hervor. Dann blickte er auf seine Armbanduhr. »Herrgott, ich muß zur Probe. Das muß sein, Maren. Ich kenne den Saal noch gar nicht. Hier ist die Karte. Du kommst heute abend?«
»Ja, ich komme«, erwiderte sie.
»Wir treffen uns nach dem Konzert.«
»Wo?« fragte Maren.
»Im Foyer. Du wirst vielleicht etwas warten müssen. Tust du das?«
Sie nickte. Sie konnte nichts mehr sagen, als er um den Tisch kam, sich zu ihr herabbeugte und sie auf die Stirn küßte. Vielleicht bedeutete das für ihn nur eine Geste, aber für sie bedeutete es unsagbar viel. Sie sah ihm nach. An der Tür drehte er sich noch einmal um und winkte ihr zu.
Götz Hellbrog, das schwarze Schaf, wie Bodo ihn genannt hatte. Aber Maren wußte jetzt, daß es einen Menschen auf der Welt gab, den Bodo fürchtete, weil er ihm haushoch überlegen war und weil er ihn, Bodo, besser kannte als jeder andere. Heute abend würde sie Götz wiedersehen.
Sie fuhr nicht gleich heim. Sie fuhr zu ihrem Anwalt und hatte ein langes Gespräch mit ihm.
*
Die Zimmer waren aufgeräumt, als sie gegen zwei Uhr ihr Haus betrat. Bodo war nicht da.
»Den Mist hat er tatsächlich selbst weggeräumt«, erklärte Martha. »Sie müssen Ihrem Mann einen ganz schönen Schrecken versetzt haben.«
»Es wird noch besser kommen«, sagte Maren ruhig. »Heute abend gehe ich aus, Martha. Ich werde jetzt eine Stunde schlafen, dann fahre ich zum Friseur«
»Übrigens hat Frau Keppler angerufen«, sagte Martha.
»Frau Keppler? Ach, Nele«, sagte Maren geistesabwesend.
»Sie möchten doch zurückrufen.«
»Morgen. Heute abend möchte ich frisch sein.«
Martha kam aus dem Staunen nicht mehr heraus.
Währenddessen machte sich Bodo Gedanken, was Marens Aggressivität bedeuten sollte. Wohin war sie gefahren? Warum begehrte sie plötzlich so energisch auf? Damit hatte er nicht gerechnet. Es war ein höchst unbequemes Gefühl, daß sie zu rebellieren begann. Er hatte Maren seelisch noch mehr zermürben wollen, und nun war es ins Gegenteil umgeschlagen. Er mußte sich etwas einfallen lassen, damit das mit Maren wieder in Ordnung kam, aber zuerst wollte er mit Gila sprechen.
Sie hatte noch geschlafen, als er unangemeldet bei ihr erschien. Nicht zurechtgemacht sah sie ziemlich unvorteilhaft aus. Er mußte sich lange gedulden, bis sie wieder aus dem Bad kam. Sie war mürrisch.
»Ich habe nicht mit dir gerechnet«, sagte sie. »Du schläfst doch sonst immer bis Mittag, wenn eine Party war.«
»Maren wurde aggressiv. Sie hat sich vielleicht aufgeführt. Es bereitet mir Sorgen«, erklärte Bodo.
»Wieso denn das?« fragte sie verwundert. »Du legst es doch darauf an, sie zu schocken.«
»Sie ist in die Stadt gefahren. Sie war so verändert. Wenn sie nun zu ihrem Anwalt gefahren ist?«
»Wovor hast du eigentlich Angst, Bodo?« fragte sie lauernd.
»Laß uns mal vernünftig reden, Gila«, begann er stockend. »Es geht um das Geld, und davon haben wir eine Menge verbraucht.«
»Wir?« fragte sie gedehnt.
»Du hast doch auch davon profitiert. Wenn sie unser gemeinsames Konto sperren läßt…« Er unterbrach sich und starrte auf den Teppich.
»Sie hat doch ihr eigenes Konto«, sagte Gila leichthin.
Er druckste herum. »Ich habe da ein paar Transaktionen vorgenommen«, gestand er ein. »Bisher hat sie sich nicht darum gekümmert, aber es ist allerlei zu befürchten, wenn es herauskommt. Gila, es fällt mir schwer, aber ich denke, es ist besser, wenn wir uns einige Zeit nicht so häufig sehen. Ich muß mir etwas einfallen lassen.«
»Na, dann laß dir aber schnell etwas einfallen«, sagte sie zynisch, »sonst verliere ich die Geduld. Du hast doch immer gesagt, daß du das mit der linken Hand machst und Maren eine einfältige Pute ist. Ich habe nicht die Absicht, mich beiseite schieben zu lassen. Ich habe noch andere Chancen.«
»Sei vernünftig«, stieß er hervor. »Wir gehören zusammen, Gila. Du hast es auch gewollt, daß ich Maren heirate.«
»Aber ich habe nicht geglaubt, daß du einmal vor ihr Angst bekommst«, sagte sie hintergründig.
*
Maren setzte auch ihre Friseuse in Erstaunen, als sie eine lockere Frisur verlangte. Als ihr dann ein paar lose Strähnen ins Gesicht fielen und das kastanienbraun schimmernde Haar weich ihr schmales Gesicht umgab, sah sie sehr apart aus.
Guter Gott, äußerlich brauchte sie Götz doch nicht zu gefallen. Daß er sie mochte, wußte sie ja schon. Himmlisch wohltuend war seine Geradheit und diese unbefangene Art zu sprechen.
Bisher hatte sie von ihm nur gewußt, daß er drei Jahre älter als Bodo und immer aus der Reihe getanzt war. Er war ein Jahr vor dem Abitur von der Schule abgegangen und hatte sich auch sofort selbständig gemacht. Seinen Eltern hätte er nur Kummer bereitet, hatte Bodo gesagt. Götz sagte es anders, und ihm glaubte sie mehr.
Ob sie nicht wieder zu vertrauensselig war? Vielleicht waren sich die beiden Brüder charakterlich ähnlicher, als sie meinte.
Heute abend würde sie länger mit ihm sprechen können, sie würde ihn auch spielen hören. Maren erinnerte sich plötzlich daran, wie sie früher gewesen war, bevor sie Bodos Täuschungen unterlag. Ein kritisches, vielseitig interessiertes Mädchen, immer darauf bedacht, alles zu ergründen. Richtig jung und fröhlich war sie nie gewesen. Ihre strenge Tante hatte ihr auch keinerlei Freiheiten gelassen, und dann war sie durch ihren Anwalt mit Bodo bekannt gemacht worden.
»Du mußt ein Brett vor dem Kopf gehabt haben«, hatte Götz gesagt. Sie war zu unerfahren, um ihn zu durchschauen, und sie hatte Dr. Strobel vertraut, der ihr zu dieser Heirat auch noch geraten hatte.
Seltsame Ideen kamen ihr jetzt. Dr. Strobel hatte sich heute so zurückhaltend ausgedrückt, als sie davon sprach, sich von Bodo zu trennen.
Vielleicht war es besser, sie beriet sich einmal mit Herrn Dr. Hartwig, dem Anwalt ihres verstorbenen Vaters.
Sie war aus ihrer Lethargie erwacht.
»Wie hübsch Sie heute aussehen«, stellte Martha fest. Sie entlockte Maren ein Lächeln.
Sorgfältig machte sie sich zurecht.
Heute legte sie auch etwas Make-up auf, bürstete die seidigen Augenbrauen und die langen dunklen Wimpern. Verwundert betrachtete sie sich.
Bodo ließ sich nicht blicken. Maren war erleichtert darüber, wenngleich sie sich durch nichts von diesem Konzertbesuch hätte abhalten lassen.
Sie trank noch eine Tasse Tee und aß einen Toast. Martha betrachtete sie wohlwollend.
»So ist es recht«, brummte sie.
»Es kann spät werden«, erwiderte Maren. Was erwartete sie eigentlich von diesem Abend? Götz war ihr Schwager, und sie war die enttäuschte Frau seines Bruders, von dem sie ein Kind erwartete.
Sie ließ sich ein Taxi kommen, und kaum war dieses