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Gesammelte Gedichte (851 Titel in einem Buch). Christian MorgensternЧитать онлайн книгу.

Gesammelte Gedichte (851 Titel in einem Buch) - Christian  Morgenstern


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Polizisten!

      Und im Nu von Nacht verschlungen alles.

      Wimmern noch ... Geworfne Türen ... Stille ...

      Ausgestorben schien der ganze Stadtteil.

      Rot und trübe kämpften die Laternen.

      Und ich sah, erstarrt, durch eine Hauswand ...

      Eines Kaufherrn Schlafgemach beschlichen

      zwei geschwärzte Bursche. Auf den Schläfer

      warf der eine sich, der andre feilte

      an dem Schrank. Dem Ächzen seiner Säge

      mischten grausig sich erstickte Laute.

      Gold, Papiere, Ringe rissen gierig

      ihre Finger aus den Fächern ... Leise

      rief es durch die Tür: Die Wache warnte.

      Hastig raffte jeder noch das Nächste,

      wusch sich flüchtig die befleckten Hände –

      Dringend rief es noch einmal. Die Kerze

      gloste. Schwarz und lautlos lag das Zimmer.

      Und ich ging die lange Gasse weiter.

      Hinter fensterlosen Mauern sah ich

      neue Frücht' und Opfer der Gesellschaft.

      Der zerschlug sich den geschornen Schädel ...

      Der verstierte sich hinauf zur Luke ...

      Der durchtappte rastlos seine Zelle ...

      Augen brannten; Lippen fluchten flüsternd;

      Fäuste krampften sich; Gehänge klirrten;

      mancher wälzte sich in lauten Träumen;

      doch die meisten schliefen tief wie Tote.

      Frech vertiert, verduldet, unterwürfig,

      gramzerfressen, haßverzerrt, verachtend,

      also prägten schrecklich sich die Mienen.

      Und mich zog die lange Gasse weiter.

      Endelosen Fensterreihn entscholl es,

      mir nur hörbar, dumpf und unablässig,

      wie von Stöhnen, Weinen, Weherufen.

      Sieche, Krüppel, Giftige, Zersetzte

      nährten dort des Lebens arme Flämmchen,

      hofften, rafften sich von Tag zu Tage,

      bis des Todes Weisheit endlich siegte.

      Wie sie so in weißen Kissen wachten ...

      Opfer ihrer Herkunft, ihres Standes,

      ihrer Gierden, ihrer Dienst und Taten,

      ihrer Mitwelt, die sie stieß und hemmte!

      Wie die bleichen Händ' anklagend winkten!

      Und ich floh die trübe Gasse weiter.

      Gebt euch nicht so stolz, ihr roten Mauern,

      oder prahlt mit freudigeren Gästen!

      Niemand weiß es, wer sie sind, sie selber

      lächeln seltsam, fragst du, wie sie heißen.

      Sind an Tafeln zwar geladen worden,

      drauf zu lesen, wo man sie getroffen –:

      Den in einem Wehr beim Fest der Fische;

      die in einem Hag voll Heckenrosen;

      den auf blanken Gleises kaltem Kissen;

      den in einer Herberg fremdem Zimmer.

      Aber alle ruhn sie bleich und schweigend,

      lächeln starr-verächtlich deiner Fragen.

      Und ich wanderte mechanisch weiter.

      Hinter einer hohen Gartenmauer

      hob aus Bäumen sich ein altes Kloster,

      dessen eisenstabverkreuzte Scheiben

      wirren Lärms zuweilen dumpf erklirrten.

      Plötzlich ward ein Fenster aufgerissen,

      und ein Mensch im Hemde überschrie sich

      in den leeren Park hinunter: »Rechts schwenkt!

      Laufschritt! Marsch marsch! Das Gewehr zum Sturm rechts!

      Ha–alt! Nieder! Fertig! Feuer! Feuer!

      Feu–« Jäh brach es ab, zu schlug das Fenster.

      Fernes Toben. – Über dem Portal stand:

      »Selig sind, die große Trübsal dulden!«

      Und ich setzte meine Schritte weiter –

      fast so ungewiß wie der Betrunkne,

      der im Morgengrauen mir entgegen

      kam –: Nun tappte er zur Seit', nun rückwärts,

      schoß vornüberfallend vorwärts, rannte

      wider die Laterne, griff ins Leere,

      schwankte, rollte in den Kot der Gosse ...

      Selber wirbelte mir Wust im Haupte ...

      Särge, drängten sich die Häuser; Grüfte

      hallten, wo ich schritt; von Moder, Fäulnis

      schnob die Luft; Gewölke Bluts und Tränen

      dampften, dunsteten, mich dumpf erstickend ...

      Weiß nicht mehr, wie ich den Weg vollendet.

      Vier Elementarphantasien

      Meeresbrandung

       Inhaltsverzeichnis

      »Warrrrrrrte nur . . . . . . .

      wie viel schon riß ich ab von dir

      seit den Äonen unsres Kampfs –

      warrrrrrrte nur . . . . . . .

      wie viele stolze Festen wird

      mein Arm noch in die Tiefe ziehn –

      warrrrrrrte nur . . . . . . .

      zurück und vor, zurück und vor –

      und immer vor mehr denn zurück –

      warrrrrrrte nur . . . . . . .

      und heute mild und morgen wild –

      doch nimmer schwach und immer wach –

      warrrrrrrte nur . . . . . . .

      umsonst dein Dämmen, Rammen, Baun,

      dein Wehr zerfällt, ich habe Zeit –

      warrrrrrrte nur . . . . . . .

      wenn erst der Mensch dich nicht mehr schützt –

      wer schützt, verloren Land, dich dann?

      warrrrrrrte nur . . . . . . .

      mein Reich ist nicht von seiner Zeit:

      er stirbt, ich aber werde sein –

      warrrrrrrte nur . . . . . . .

      und will nicht ruhn, bis daß du ganz

      in meinen Grund gerissen bist –

      warrrrrrrte nur . . . . . . .

      bis deiner höchsten Firnen Schnee

      von meinem Salz zerfressen schmilzt –

      warrrrrrrte


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