Das Amulett Staffel 3 – Liebesroman. Patricia VandenbergЧитать онлайн книгу.
wolltest nur einen«, erwiderte sie. »Bist du ganz fest überzeugt davon, Annette?«
»Ja, aber jetzt ist alles wohl sinnlos geworden«, erwiderte die Schwester traurig.
»Wenn du fest daran glaubst, wird es nicht sinnlos sein«, tröstete Felicia.
»Laß es dir doch erklären. Du kannst mich ja gar nicht verstehen.«
»Doch, ich verstehe dich«, erwiderte Felicia tonlos. »Nur zu gut.«
Annette blieb mit Lisa und Thilde allein in dem großen Haus zurück und kam sich darin recht verloren vor. Dennoch hatte sie kein Verlangen, die schützenden Mauern zu verlassen.
Dr. Salchow rief an, um zu fragen, wann sie das Geld brauchte, und sie erwiderte, daß es sich erledigt hätte. Er gab seiner Genugtuung wortreich Ausdruck.
Drei Tage vergingen, dann rief Frau von Walther an und lud sie zum Tee ein. Sie sagte nur zögernd zu, obgleich sie sich gern mit der geistreichen und charmanten alten Dame unterhielt.
Zu diesem Besuch legte sie das Amulett an.
Es entging ihr nicht, daß Frau von Walther diesen neuen Schmuck mit einem befremdeten Blick bedachte.
»Eine Laune von mir«, sagte sie leichthin.
Die noch sehr jugendlich wirkende alte Dame lachte leise. »Natürlich eine Laune«, meinte sie freundlich. »Ich könnte mir auch kaum vorstellen, daß Sie sonst Imitationen tragen, Kindchen.«
Annette erschrak. Frau von Walther war für ihren Kennerblick bekannt, und sie verstand etwas vom Wert edlen Schmuckes.
»Ich wußte gar nicht, daß Sie romantische Neigungen haben, Annette«, fuhr Frau von Walther fort. »Immerhin ist es eine ausgezeichnete Imitation, die fast echt wirkt. Tatsächlich, wenn ich nicht wüßte, daß dieses Amulett unverkäuflich ist wäre ich nicht so sicher gewesen.«
»Sie kennen es?« fragte Annette verwirrt.
»Sie wissen doch, daß ich ganz versessen auf Raritäten bin. Und zudem bin ich eine unheilbare Romantikerin. Wo haben Sie das Amulett der Fatima gesehen?« fragte sie neugierig. »Ist es immer noch bei Thibaut? Mein Gott, ich muß tatsächlich wieder einmal nach Paris fahren, wenn auch nur, um diese exklusiven Schöpfungen anzuschauen. Waren Sie denn kürzlich in Paris?«
Annette verneinte, noch immer verwirrt. Wenn Frau von Walther sich nicht täuschte, hatte sie wohl tatsächlich fünfzigtausend Mark für eine Imitiation bezahlt. Welche Blamage!
Frau von Walther plauderte angeregt weiter. Sie kannte alle die Geschichten bis ins kleinste, die Annette in dem Büchlein gelesen hatte, und sie wurde fast theatralisch, wenn sie die zauberhafte Schönheit des echten Amuletts pries.
Dann jedoch wechselte sie sprunghaft das Thema. »Sie bekommen ja nun bald einen neuen Nachbarn, Annette«, meinte sie lächelnd. »Das heißt drei. Es wäre nett von Ihnen, wenn Sie sich ein wenig um Almut von Thalau kümmern würden. Die Arme, sie geht ja nicht mehr unter die Menschen, seit sie diese schreckliche Augenkrankheit hat. Es ist rührend, wie besorgt Magnus um seine Schwester ist.«
»Um seine Schwester?« wiederholte Annette verdutzt. »Magnus von Thalau hat eine Schwester?« Ihr Herz begann schneller zu schlagen. Sie fürchtete, sich zu verraten, aber Frau von Walther sprach lebhaft weiter.
»Sie leben ja sehr zurückgezogen, und ein Wunder ist es nicht. Das arme Mädchen hat wahrhaft genug Pech in ihrem Leben gehabt. Zuerst gerät sie an diesen zweifelhaften Mann, diesen Webster.«
Ein erschreckter Ausruf von Annette stoppte ihren Redestrom. »Ach, hatten Sie nicht auch einen Verehrer gleichen Namens?« fragte sie wie beiläufig. »Hoffentlich ist das nicht auch solch ein Hasardeur. Man kann wirklich nicht vorsichtig genug sein, Kindchen. Sie sollten ihn mir einmal vorstellen, damit ich ihn unter die Lupe nehmen kann. In meinem Alter hat man schon mehr Menschenkenntnis. Dabei sah jener Webster, den Almut heiratete, wirklich blendend aus, und er benahm sich wie ein Gentleman. Er hat sogar mich getäuscht.«
Atemlos hatte Annette ihr gelauscht.
»Sie verstehen es, sehr fesselnd zu erzählen, Frau von Walther«, sagte sie beklommen. »Dann war Almut von Thalau also verheiratet.«
»Vergessen Sie es lieber wieder, Kindchen. Ich bin recht schwatzhaft geworden, scheint mir.«
Auch dieses Thema war nun für sie beendet, und Annette wagte nicht weiterzufragen.
Sie wurde das unheimliche Gefühl nicht los, in einen Strudel gerissen zu sein, der sich ständig im Kreis drehte und sie nicht freigab.
»Wie schon gesagt, Kindchen«, sagte Frau von Walther herzlich zum Abschied, »es würde mich sehr freuen, wenn Sie bald ein gut nachbarschaftliches Verhältnis zu den Thalaus bekommen würden. Ich glaube, Magnus haben Sie schon einmal bei uns kennengelernt, und Almut ist ein sehr feinsinniges Geschöpf, das leider nur noch wenig Kontakt zur Umwelt besitzt. Von Jasmin werden Sie entzückt sein. Ein unwahrscheinlich intelligentes Kind ist das, und bezaubernd dazu.«
Annette hatte sich noch nicht viel mit Kindern befaßt und wußte auch gar nicht, was sie mit einem kleinen Mädchen anfangen sollte. Aber Almut von Thalau interessierte sie ungemein, und auf der Heimfahrt überlegte sie, wer ihr vielleicht mehr über diese imaginäre Ehe mit jenem Webster erzählen könnte.
Eine vage Hoffnung erwachte gleichzeitig in ihr. Magnus von Thalau wurde ihr Nachbar und er war nicht verheiratet, wie sie bisher angenommen hatte. Wendete der Besitz des Amuletts nun auch für sie noch alles zum Guten? Doch mit jähem Erschrecken wurde ihr bewußt, daß es gar nicht das echte war.
Daheim angekommen, nahm Annette das Amulett in die Hand und betrachtete es lange. Vor allem die Inschrift. »Dem Bösen wird die Macht genommen... Glück dem, der auserwählt.«
Im Lampenlicht schimmerte es geheimnisvoll, und sie konnte es kaum glauben, daß es eine Imitation war. Konnte Frau von Walther sich nicht getäuscht haben, weil sie einfach nicht daran glaubte, daß man es erwerben konnte?
Aber mochte es nun falsch oder echt sein. Eines wußte Annette gewiß: Ihr Leben hatte sich durch dieses Amulett bereits gänzlich verändert. Sie war um vieles klüger geworden. Die Erkenntnisse, die sie während dieser Tage gesammelt hatte und wohl noch sammeln würde, waren am Ende wohl das Geld wert, das sie für das Amulett gezahlt hatte.
*
Magnus von Thalau machte einen letzten Rundgang durch das renovierte Haus. Er war zufrieden. Morgen kamen die Möbel, und bald würden sie wieder ein richtiges Heim haben, auf das sie all die Jahre verzichten mußten.
Seit Tagen bewegte ihn nun jedoch die bange Frage, ob die ersehnte Ruhe nicht durch Bob Webster gestört werden würde. Seine Gedanken wanderten in die Vergangenheit, zu jenem Tag zurück, als die Katastrophe um Almuts Ehe auch ihm klar wurde.
Sie hatte sich geschämt, es schon so schnell eingestehen zu müssen, daß sie ihr Herz an einen Unwürdigen verloren hatte.
Magnus erfuhr alles an jenem Tag, an dem er überraschend von einer Auslandsreise heimkehrte, um Almut als erster seinen Besuch zu machen, hoffend, sie als strahlend glückliche junge Ehefrau anzutreffen.
Was er dagegen vorfand, war eine völlig verstörte Frau, die sich von der großen Enttäuschung nicht mehr erholen sollte. Bob Webster hatte sie verlassen, den Familienschmuck hatte er mitgenommen. Seine Spuren waren nicht zu verfolgen, doch sein Freund Percy war nach einem halben Jahr verhaftet worden, als er illegal die Grenze nach Österreich überschreiten wollte. Bei ihm wurden Schmuckstücke sichergestellt, die verschiedenen Damen der Gesellschaft abhanden gekommen waren, doch nur ein Ring aus dem Besitz der Familie Thalau.
Magnus war Percy gegenübergestellt worden. Seit jenem Tag hatte er sein Gesicht nicht vergessen. Die Diebstähle sowie seine Betrügereien brachten ihn hinter Gitter, während Bob Webster unauffindbar blieb.
Von jenem Tag an versank Almut in Schwermut. Ihr Augenlicht ließ immer mehr nach. Auch die Geburt von Jasmin brachte keine durchgreifende Besserung in ihrem Befinden. Ihre Ehe wurde aufgelöst, weil sich herausstellte,