Das Amulett Staffel 3 – Liebesroman. Patricia VandenbergЧитать онлайн книгу.
staunst du wohl, aber ich will es dir nicht verheimlichen, daß ich einem Gauner aufgesessen bin. Du hattest völlig recht mit deiner Antipathie. Ich habe Lehrgeld zahlen müssen.«
Soweit war sie gekommen, als es an der Tür läutete. Draußen stand Jasmin.
»Störe ich dich?« fragte sie schelmisch. »Ich wollte dich mal besuchen. Der Onkel Doktor ist da, und mir ist es langweilig.«
»Geht es deiner Mami nicht gut?« fragte Annette erschrocken.
»So wie immer«, erwiderte Jasmin. »Es ist doch wegen der Augen. Es ist schlimm. Warum besuchst du uns denn nicht?«
»Vielleicht wäre es deiner Mami lästig«, meinte Annette.
»Iwo«, erwiderte Jasmin unbekümmert, »sie denkt bloß, daß du etwas Besseres vorhast. Was machst du den ganzen Tag?«
»Mir ist es auch langweilig«, gab sie seufzend zu.
»Dann spiel doch mit mir«, schlug Jasmin vor.
»Weiß deine Mami, daß du hier bist?« fragte Annette.
»Jetzt ist sowieso der Professor da«, beruhigte sie Jasmin. »Hören wir, wenn er wegfährt? Was könnten wir spielen?«
»Schauen wir mal, was wir noch dahaben«, sagte Annette nach kurzem Zögern.
*
Jasmin klatschte beim Anblick der hübschen Spielsachen in die Hände. »Gehört das alles dir?« fragte sie staunend.
»Meiner Schwester.«
»Wann lerne ich sie kennen?« fragte Jasmin.
»Wenn sie wieder daheim ist.«
»Ich freue mich schon«, strahlte das Kind.
Eine jähe Eifersucht überfiel Annette.
»Dann wirst du sie sicher mehr liebhaben als mich«, meinte sie bekümmert.
Jasmin betrachtete sie aufmerksam. »Nein, das glaube ich nicht«, widersprach sie. »Ich mag dich nämlich sehr gern.«
Annette streichelte das seidige Haar des Kindes. Ganz plötzlich erwachte in ihr der Wunsch, auch ein Kind zu haben, das ihr gehörte, und das sie liebhaben konnte.
*
»Sie wollen mir nur Mut machen, Herr Professor«, sagte Almut von Thalau resigniert. »Es ist doch alles vergeblich.«
»Das höre ich gar nicht gern«, erwiderte Eric Tuerer ernst. »Ich kenne jetzt die Ursache, und das ist sehr viel wert. Warum…«
»Warum hat es Magnus Ihnen gesagt?« begehrte sie auf. »Ich will nicht daran erinnert werden.« Sie schlug die Hände vors Gesicht. Ihre Schultern zuckten.
Behutsam ergriff er die feinen, bebenden Hände. »Warum wollen Sie sich nicht helfen lassen?« fragte er leise.
»Ich sehe den Tatsachen ins Auge, soweit das noch möglich ist«, erklärte sie voller Bitterkeit.
»Und ich möchte, daß Sie zuversichtlicher werden«, gab er zurück. »Sie sind jung, schön und…«
Sie wollte ihm ihre Hände entziehen, aber er hielt sie fest. »Und Sie sollen das Leben wieder lieben lernen, Almut«, fuhr er ruhig fort. »Es würde mich sehr glücklich machen.«
»Ich will kein Mitleid«, stieß sie hervor. »Sie wissen doch alles. Ich war mit einem Verbrecher verheiratet. Ist Ihnen das klar?«
»Es ist schlimm, betrogen zu werden, aber das passiert anderen auch«, seufzte er. »Wir sind da Leidensgenossen.«
»Aber Sie können sehen! Ihr Blick ist nicht getrübt worden.«
»Es ist oft viel besser, sich ganz auf das Gefühl verlassen zu können«, bemerkte er.
»Warum haben Sie so viel Geduld mit mir?« fragte sie beklommen.
»Weil ich Sie sehr gern habe und mich auf den Tag freuen möchte, an dem Sie wieder glücklich lachen.«
Almut lauschte seiner Stimme nach. Sie wehrte sich gegen die Sehnsucht, die plötzlich in ihr aufkeimte, doch gegen ihren Willen wurde sie davon ganz gefangen genommen. Aller Widerstand war vergeblich. Seine Lippen lagen auf ihrer Hand.
»Es wird der Tag kommen, Almut«, sagte er liebevoll. »Ich glaube fest daran.«
*
»Fang den Hut«, lachte Jasmin.
»Du bist viel geschickter als ich«, meinte Annette.
Sie waren ganz in ihr Spiel vertieft, und wäre Thilde nicht gekommen, die verblüfft dem Lachen nachgegangen war, hätten sie wohl ganz die Zeit vergessen.
»Da hat mich gerade der Herr von nebenan gefragt, ob ich nicht ein kleines Mädchen gesehen hätte«, brummte Thilde.
»Liebe Güte«, rief Annette erschrocken, »jetzt müssen wir aber schnell Bescheid sagen, Jasmin.«
Thilde schüttelte staunend den Kopf. Das war ja ganz was Neues. Man konnte sich nur noch wundern.
»Onkel Magnus, hier bin ich«, rief Jasmin. Dann rannte sie auf ihn zu.
Mechanisch folgte Annette ihr. »Es tut mir leid«, entschuldigte sie sich, als sie sein besorgtes Gesicht bemerkte. »Ich bin schuld.«
»Nein, Annette ist nicht schuld«, protestierte die Kleine. »Ich bin zu ihr gegangen, und wir haben prima gespielt. Der Professor war doch da.«
»Und da bist du einfach ausgerissen?«
»Wir haben so schön gespielt. Schimpft Mami jetzt?« fragte Jasmin.
»Du darfst nicht einfach weglaufen«, ermahnte er sie.
»Wir wollten ja aufpassen, aber dann haben wir es vergessen«, meinte Annette entschuldigend.
»Meine Schwester hat glücklicherweise gar nichts davon gemerkt«, beruhigte sie Magnus. »Ich bin es gewöhnt, daß Jasmin mir entgegenspringt, und weil es heute nicht der Fall war…« Er unterbrach sich. »Aber nun ist ja alles gut.«
»Mit Annette darfst du nicht böse sein, Onkel Magnus. Dann sei lieber mit mir böse«, forderte das Kind.
»Sie haben einen Stein bei ihr im Brett«, stellte Magnus lächelnd fest. »Eine unternehmungslustige junge Dame wird unsere Jasmin.«
»Ich bin doch keine junge Dame«, kicherte die Kleine. »Annette ist eine. Aber ›Fang den Hut‹ kann ich besser.«
»Ich bin aus der Übung«, murmelte Annette.
Sein Lächeln raubte ihr den Atem. So hatte sie ihn noch niemals lächeln sehen.
»Wir dürfen doch zu Ende spielen?« drängte das Kind.
Sie dürfen, doch Annette war mit ihren Gedanken so wenig dabei, daß Jasmin haushoch gewann, worüber sie hocherfreut war.
Als Annette sie bis zur Haustür brachte, schlang sie ihre Ärmchen um ihren Hals.
»Mit dir kann man schön spielen, Annette«, sagte sie und drückte ihre weichen Lippen an die Wange ihrer großen Freundin. »Und du riechst so gut. Das mag ich gern. Morgen kommst du zu uns, versprichst du es?«
Was blieb Annette übrig, als ja zu sagen. Sie kam sich unendlich einsam vor, als sie wieder in ihrem Zimmer saß und den Brief an Felicia zu Ende schrieb. Und diese Einsamkeit verriet sich in ihren Worten.
*
»Du bist heute so nachdenklich, Felicia«, stellte Lis fest, als sich die beiden jungen Mädchen zu ihrem täglichen Mittagsspaziergang trafen.
»Ich habe einen Brief von meiner Schwester bekommen«, erzählte Felicia. »Jetzt weiß ich gar nicht mehr, was ich denken soll.«
»Inwiefern?«
»Es läßt sich schlecht erklären, Lis. Sie muß einen Kummer haben. Ich lese es zwischen den Zeilen. Vielleicht