Im Sonnenwinkel Staffel 2 – Familienroman. Patricia VandenbergЧитать онлайн книгу.
sie dann erst einmal ausgiebig zu küssen. »Ich fürchte, wir müssen uns etwas einfallen lassen, Evi, sonst verheiratet er dich mit deinem Kusin Leopold, ehe wir es uns versehen haben.«
»Zum Heiraten gehören zwei«, lächelte sie. »Mich bringt er nicht aufs Standesamt. Aber mach dir vorerst keine Sorgen. Es gibt eine Neuigkeit.«
Sie berichtete ihm, was ihr Vater heute zu ihr gesagt hatte.
Nachdenklich geworden, hörte er zu.
»Das kann doch eigentlich nur bedeuten, dass er doch anderen Sinnes geworden ist«, vermutete sie.
»Es kommt mir schon sehr komisch vor, dass ich mir Kleider kaufen soll, Freddy. Ich fühle mich hilflos.«
»Dann begleite ich dich. Ich weiß schon, was dir steht. Und ehrlich gesagt, ich möchte auch mal deine Beine bewundern.«
»Wenn es da etwas zu bewundern gibt«, äußerte sie kleinlaut.
Er küsste sie auf die Nasenspitze.
»Sie werden genauso vollkommen sein, wie alles an dir«, erwiderte er zärtlich.
»Und wenn nicht?«, fragte sie schelmisch.
Er legte seine Arme um sie.
»Ich liebe dich, Evi«, sagte er innig. »Ich schaue nicht auf die Beine. Ich schaue in deine Augen und weiß, dass es nie eine andere Frau für mich geben wird. Wenn du nur erst meine Frau wärest«, fügte er verhalten hinzu.
Eng umschlungen gingen sie durch den Wald.
Für die Burg hatten sie keine Augen. Sie sahen nur sich und waren glücklich.
*
Auch Eric Ride war erst zum Abendessen wieder erschienen.
Jacky war verwundert, aber auf einen Hinweis von Granny hatte Tracy sich eingehend mit ihr beschäftigt.
Nun brachte er sie, wie jeden Abend, zu Bett.
»Hast du dich über mich geärgert, Daddy?«, fragte sie leise.
»Nein, mein Kleines«, erwiderte er heiser. »Ich habe viel nachgedacht.«
»Über was?«
»Über dich und mich und über deinen Vater, der dich sicher auch sehr lieb hat.«
»Ich kenne ihn aber nicht«, erklärte sie bebend.
»Du kannst dich nicht mehr an ihn erinnern, das ist es. Wenn ich dir nun erzähle, dass er dich sehr gern behalten wollte und sehr traurig war, als Li dich mitnahm?«
»Warum hat sie mich mitgenommen?«, fragte Jacky gedankenvoll.
»Sie hatte doch gar keine Zeit für mich.«
»Vielleicht wollte sie ihm wehtun?«, meinte er mit Selbstüberwindung. »Du bist noch so klein, du kannst es kaum verstehen, Jacky.«
Sie sah ihn tiefsinnig an.
»Warum erzählst du mir das, Daddy?«
Er versuchte, des Schmerzes Herr zu werden, der ihm das Herz einschnürte. Er nahm die kleine Hand und drückte sie an seine Wange.
»Ich weiß, dass dein Daddy dich sucht und gern möchte, dass du zu ihm kommst«, flüsterte er.
»Er konnte mich schon früher suchen«, erklärte sie eigensinnig.
»Das hat er auch getan. Aber er konnte dich nicht finden, Jacky. Er bekam erst jetzt die Nachricht, dass deine Großmutter gestorben ist, und er kam sofort, um dich zu suchen.«
»Jetzt bin ich aber bei dir. Kannst du ihm das nicht sagen?«
»Doch, ich kann es ihm sagen, aber er wird nicht damit einverstanden sein. Er hat wieder geheiratet und hat eine Frau, die dir eine liebe Mami sein will. Sie haben auch einen kleinen Sohn, der dann dein Brüderchen wäre, Jacky.«
Jacky schloss die Augen. Ein paar Tränen hingen in ihren langen Wimpern.
»Und du würdest mich hergeben?«, fragte sie flüsternd.
»Ganz gewiss nicht leichten Herzens, mein Kleines. Ich habe dich sehr lieb und werde dich immer lieb behalten, aber ich möchte auch, dass du glücklich bist, und dein Daddy ist viel jünger als ich.«
»Kennst du ihn denn schon?«, schluchzte sie auf.
»Nein, aber Granny hat ihn kennengelernt, und sie mag ihn sehr. Deswegen erzähle ich dir das alles. Ich kann dich nicht belügen, mein Herzenskind.«
Sie schlang ihre Ärmchen um seinen Hals.
»Man kann nicht zwei richtige Daddys haben?«, fragte sie beklommen.
»Nein, das kann man nicht, Jackylein. Aber man kann mehrere Menschen sehr lieb haben. Und ich hoffe doch, dass du mich immer ein wenig lieb haben wirst.«
»Sehr, sehr viel, Daddy! Aber wenn mir der andere Daddy nicht gefällt, dann bleibe ich bei dir. Dann darf er mich doch nicht mitnehmen?«
Er hielt sie in seinen Armen und genoss noch einmal das Glück, das sie ihm bereitet hatte.
Aber er wusste schon jetzt, dass es ein gestohlenes Glück gewesen war.
Und weil er dieses Kind so innig liebte, durfte er ihm keine Steine in den Weg werfen.
Er musste sich mit den Tagen bescheiden, die ihm vergönnt gewesen waren.
*
Am nächsten Morgen gingen sie alle in die Kirche.
Pfarrer Frerichs, der von Fritzi schon weitgehend informiert worden war, welche schicksalhafte Entscheidung in Erlenried wiederum bevorstand, hatte seine Predigt darauf abgestimmt.
Er sprach von der Liebe der Eltern zu ihren Kindern, von den Irrwegen, die man manchmal gehen musste, um diese Liebe zu finden, und von der Güte warmherziger Menschen, die verlassenen Kindern Geborgenheit gaben.
Ganz still saß Jacky zwischen Eric Ride und Granny und nahm jedes Wort in sich auf. Und selbst Eric, der nichts von den Beziehungen zwischen Pfarrer Frerichs und Fritzi Fanchon wusste, die auch einmal, in nicht zu langer Zeit, ein Ehepaar werden wollten, fühlte, dass diese Worte für sie bestimmt waren.
Er hätte nun die Bewohner von Erlenried alle kennenlernen können, aber dazu war er nicht in der Stimmung. Dieser Tag blieb ihm noch und vielleicht noch einer, und er wollte ihn nur Jacky widmen.
Doch es sollte anders kommen, denn als sie heimwärts gingen, trafen sie Bob und Peggy Dane mit ihrem kleinen Sohn.
Von ihnen war diese Begegnung herbeigeführt worden. Mary-Ann Ride hatte sie informiert, wo man sich treffen könnte.
Jacky entdeckte sie zuerst. Sie blieb stehen. Ihr kleines Gesicht zuckte, doch was hinter ihrer runden Kinderstirn vor sich ging, wusste niemand.
Danny musste sie wohl erkannt haben. Er riss sich von Peggys Hand los und kam auf sie zugetrippelt.
Mit einem strahlenden Lachen streckte er seine Ärmchen nach ihr aus.
Jacky lachte zurück. Sie war in diesem Augenblick nur ein glückliches Kind.
»What’s your name?«, fragte sie, sich erinnernd, dass sie es ja mit einem kleinen Engländer zu tun hatte.
Der Knirps sah sie mit offenem Mund an und warf seinem Vater dann einen fragenden Blick zu.
»Danny«, jauchzte er.
»Come to me. I’m Jacky«, erwiderte sie.
Eric Ride und Bob Dane maßen sich mit einem langen Blick.
Der Ältere versuchte ein Lächeln, was ihm aber kläglich misslang.
»Ich habe es ihr gesagt, Mr Dane«, flüsterte er. »Vielleicht können wir uns heute Abend treffen.«
Peggy und Mary-Ann Ride tauschten einen Blick, in dem ein Schimmer von Hoffnung lag.
*
Jacky