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Die Technik des Dramas. Gustav FreytagЧитать онлайн книгу.

Die Technik des Dramas - Gustav Freytag


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durch die Auffassung bestimmt, welche er von Verständniß, Geschmack, den gemüthlichen Bedürfnissen seiner Zuhörerschaft hat. Er weiß, daß er ihr nicht zu viel zumuthen, nicht zu wenig bieten darf. Er wird also seine Handlung so einrichten müssen, daß sie einem guten mittleren Durchschnitt seiner Hörer nicht gegen die Voraussetzungen verstoße, welche diese aus dem wirklichen Leben vor die Bühne bringen, das heißt, er wird ihnen den Zusammenhang der Gegebenheiten, Motive und Umrisse seiner Helden wahrscheinlich machen müssen. Gelingt ihm das mit dem Grundgewebe des Stücks, der Handlung und den Hauptlinien der Charaktere, so mag er den Hörern im Uebrigen die höchste Bildung und das feinste Verständniß seiner Ausführung zutrauen.

      Diese Rücksicht muß den Dichter zumeist da bestimmen, wo er in Versuchung kommt, Fremdartiges und Wunderbares vorzuführen. Das Fremdartige reizvoll zu machen, ist sehr wohl möglich. Gerade die dramatische Kunst hat die reichsten Mittel, dasselbe zu erklären, seinen auch uns verständlichen Inhalt herauszuheben. Aber es ist dazu ein besonderer Aufwand von Kraft und Zeit nöthig, und häufig wird die Frage berechtigt sein, ob die erzielte Wirkung die aufgewandte Zeit und die dadurch hervorgebrachte Einschränkung der Hauptsachen lohne. Namentlich der neuere Dichter, ohne ein fest begrenztes Gebiet der Stoffe, mitten in einer Kulturperiode, der überreiches Aufnehmen fremder Bilder eigen ist, kann verlockt werden, seinen Stoff aus den Bildungsverhältnissen einer dunklen Zeit, eines abgelegenen Volkes zu nehmen. Vielleicht ist ihm gerade das Fremdartige eines solchen Stoffes als besonders lohnend für scharf zeichnende Einzelschilderung erschienen. Schon eine genaue Betrachtung der deutschen Vorzeit oder der alten Welt bietet zahlreiche eigenthümliche, dem Leben der Neuzeit fremde Zustände, in denen sich ein ergreifender und bedeutsamer Inhalt kundgibt, dem Kulturhistoriker von höchster Wichtigkeit. Für den Dichter wird dergleichen nur ausnahmsweise, bei sehr geschickter Behandlung, immer nur als ein Hilfsmittel, welches die Farbe verstärkt, zu verwenden sein. Denn nicht aus den Besonderheiten des Menschenlebens, sondern aus dem unsterblichen Inhalt desselben, aus dem, was uns mit der alten Zeit gemeinsam ist, erblühen ihm seine Erfolge. Noch mehr wird er vermeiden, solche fremde Völkerschaften aufzuführen, welche außerhalb der großen Kulturbewegung des Menschengeschlechtes stehen. Schon das Ungewohnte ihrer Sitten und Erscheinung, ihrer Tracht oder gar ihrer Hautfarbe zerstreut und erregt Nebenvorstellungen, welche für ernste Kunstwirkungen ungünstig sind. Denn in roher Weise wird dem Hörer die ideale Welt der Poesie mit einer Schilderung wirklicher Zustände verbunden, welche nur darum ein Interesse beanspruchen dürfen, weil sie wirklich sind. Aber auch das innere Leben solcher Fremden ist für dramatischen Ausdruck besonders ungeeignet, denn ohne Ausnahme fehlt ihnen in Wirklichkeit die Fähigkeit, innere Gemüthsvorgänge, wie sie unsere Kunst nöthig hat, reichlich darzulegen. Und das Hineintragen einer solchen Bildung in ihre Seelen erregt in dem Hörer mit Recht das Gefühl einer Ungehörigkeit. Wer seine Handlung unter die alten Aegypter oder die heutigen Fellah, zu Japanern oder selbst Hindus verlegen wollte, der würde durch das fremde Volkswesen vielleicht ein ethnographisches Interesse aufregen, aber dieser neugierige Antheil an dem Seltsamen würde dem Hörer vor der Bühne die Antheilnahme an dem etwaigen poetischen Inhalt nicht steigern, sondern durchkreuzen und beeinträchtigen. Es ist kein Zufall, daß nur solche Völker eine passende Grundlage für das Drama werden, welche in der Entwickelung ihres Gemüthslebens so weit gekommen sind, daß sie selbst ein volksgemäßes Kunstdrama hervorbringen konnten, Griechen, Römer, die gebildeten Völker der Neuzeit. Neben ihnen etwa noch solche, deren Volksthum mit unserer oder der antiken Bildung enge verwachsen ist, wie die Hebräer, kaum noch die Türken.

      Wie weit das Wunderbare für das Drama verwerthet werden dürfe, darf auch uns Deutschen nicht zweifelhaft sein, auf deren Bühne der geistvollste und liebenswürdigste aller Teufel das Bürgerrecht erhalten hat. Die dramatische Poesie ist darin ärmer und reicher als ihre Schwestern, Lyrik und Epos, daß sie nur Menschen darzustellen vermag, und wenn man genauer zusieht, nur gebildete Menschen, diese aber tief und völlig, wie keine andere Kunst. Sie muß sogar geschichtliche Verhältnisse sich dadurch zurichten, daß sie ihnen einen Zusammenhang erfindet, der menschlicher Vernunft durchaus begreiflich ist; wie sollte sie Ueberirdisches verkörpern können?

      Gesetzt aber, sie unternähme dergleichen, so vermag sie es nur insofern, als das Nichtmenschliche bereits durch die Einbildungskraft des Volkes dichterisch zugerichtet, mit einer dem Menschen entsprechenden Persönlichkeit versehen, durch scharf ausgeprägte Züge bis ins Einzelne hinein verbildlicht ist. So gestaltet lebten in der griechischen Welt die Götter unter ihrem Volke, so schweben noch unter uns die herzlich zugerichteten Bilder vieler Heiligen der christlichen Legende, fast zahllose Schattengestalten aus dem Hausglauben der deutschen Urzeit. Nicht wenige unter diesen Phantasiegebilden haben durch Sage, Dichtkunst, Malerei und durch das Gemüth unseres Volkes, welches sich noch heut gläubig oder mißtrauisch mit ihnen beschäftigt, so reiche Ausbildung erhalten, daß sie auch den Schaffenden wie alte werthe Freunde während seiner Arbeit umgeben. Die Jungfrau Maria, Sanct Peter an der Himmelspforte, mehre Heilige, Erzengel und Engel, nicht zuletzt die ansehnliche Schar der Teufel leben in unserem Volke traulich gesellt zu weißen Frauen und dem wilden Jäger, zu Elfen, Riesen und Zwergen. Doch wie lockend die Farben schimmern, welche sie in ihrem Dämmerlicht tragen, vor der scharfen Beleuchtung der tragischen Bühne verflüchtigen sie sich doch in wesenlose Schatten. Denn es ist wahr, sie haben durch das Volk einen Antheil an menschlicher Empfindung und an den Bedingungen irdischen Lebens erhalten. Aber dieser Antheil ist nur epischer Art; für die dramatischen Gemüthsvorgänge sind sie nicht gebildet. Das deutsche Volk läßt in einigen der schönsten Sagen die kleinen Geister beklagen, daß sie nicht selig werden können, d. h. daß sie keine menschliche Seele haben. Derselbe Unterschied, den schon im Mittelalter das Volk ahnte, hält sie der modernen Bühne in noch ganz anderer Weise fern, die inneren Kämpfe fehlen ihnen, die Freiheit fehlt zu prüfen und zu wählen, sie stehen außerhalb Sitte, Gesetz, Recht. Weder völliger Mangel an Wandelbarkeit, weder vollendete Reinheit, noch völlige Schlechtigkeit sind darstellbar, weil sie jede innere Bewegung ausschließen. Auch die Griechen empfanden das. Wenn die Götter auf der Bühne mehr vorstellen sollten, als von der Maschine herab einen Befehl aussprechen, so mußten sie entweder ganz Menschen werden mit allem Schmerz und Zorn, wie Prometheus, oder sie sanken unter den Adel der Menschennatur hinab, ohne daß der Dichter es verhindern konnte, zu starren Verallgemeinerungen in Liebe und Haß, wie Athene im Prolog des Aias.

      Während Götter und Geister im ernsten Drama üblen Stand haben, gelingt es ihnen in der Komödie weit besser. Und die jetzt abgelebten Zauberpossen geben nur eine sehr blasse Vorstellung von dem, was unsere Geisterwelt bei launiger und humoristischer Darstellung einem Dichter sein könnte. Wenn die Deutschen erst für eine politische Komödie reif sein werden, dann wird man den Werth des unerschöpflichen Schatzes von Motiven und Gegensätzen benutzen lernen, welcher aus dieser Phantasiewelt für drollige Laune, politische Satire und humoristische Einzelschilderung zu heben ist.

      Für das Gesagte ist der Faust und in ihm die Rolle des Mephistopheles der beste Beweis. Hier hat die Kraft des größten deutschen Dichters ein Bühnen-Problem geschaffen, welches eine Lieblingsaufgabe unserer Charakterspieler geworden ist. Jeder von ihnen sucht sich auf seine Weise mit der unlösbaren Aufgabe abzufinden, der eine holt die Maske des alten Holzschnitt-Teufels heraus, ein anderer den cavaliermäßigen Junker Voland, am besten wird die Sache noch dem Darsteller gerathen, der sich begnügt mit Klugheit und Geist die feine Redekunst der Dialoge verständlich zu machen und in den drolligen Scenen Haltung und gute Laune zu zeigen. Der Dichter freilich hat es dem Schauspieler, an den er beim Schreiben überhaupt nicht dachte, besonders schwer gemacht, denn die Rolle schillert in allen Farben, von der treuherzigen Sprache des Hans Sachs bis zu den feinen Erörterungen eines Spinozisten, vom Grotesken bis in das Furchtbare. Und sieht man näher zu, wie die Darstellung dieses Geistes auf der Bühne doch noch möglich wird, so ist der letzte Grund das Eintreten eines komischen Elements. Mephisto erscheint in einigen ernsten Situationen, aber er ist eine im großen Stil behandelte Lustspielfigur, und soweit er auf der Bühne wirkt, thut er es nach dieser Richtung.

      Damit ist nicht gesagt, daß das Geheimnißvolle, menschlicher Vernunft Unergründliche ganz aus dem Gebiet des Dramas verbannt werden soll. Träume, Ahnungen, Prophezeiungen, Gespensterschauer, das Eindringen der Geisterwelt in das Menschenleben, Alles, wofür in der Seele der Zuhörer noch eine gewisse Empfänglichkeit vorausgesetzt werden darf, mag der Dichter allerdings zu gelegentlicher Verstärkung seiner


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