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Der Courier des Czaar (Michael Strogoff). Жюль ВернЧитать онлайн книгу.

Der Courier des Czaar (Michael Strogoff) - Жюль Верн


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ihres Charakters in Verbindung mit einer gewissen Geschäftsvorsicht, konnte ihnen nur wenig gegenseitige Sympathie einflößen. Jedoch, sie vermieden sich deshalb nicht, ja, sie suchten sich sogar, um Einer dem Anderen die Neuigkeiten des Tages abzulocken. Sie waren Alles in Allem zwei Nimrods, die auf dem nämlichen Gebiete jagten. Was der Eine fehlte, konnte ja dem Anderen zum Schusse gelegen kommen und ihr Interesse verlangte es, daß sie immer so weit Fühlung behielten, um einander zu sehen und zu hören.

      An diesem Abend befanden sich Beide auf dem Anstande. Offenbar lag etwas in der Luft.

      „Und wenn’s nur ein Volk Enten wäre, sagte sich Alcide Jolivet, einen Flintenschuß wird’s doch werth sein!“

      [pg 1-11]

      Die beiden Correspondenten kamen also in ein Gespräch während des Balles, kurze Zeit, nachdem General Kissoff die Salons verlassen hatte, und Beide klopften erst gegenseitig auf den Busch.

      „Wahrlich, mein Herr, dieses kleine Fest ist reizend! begann Alcide Jolivet, mit der liebenswürdigsten Miene von der Welt die Unterhaltung mit dieser ausgesprochen französischen Phrase einleitend.

      — Ich habe schon telegraphirt: splendid! antwortete frostig Harry Blount mit besonderer Betonung dieses Wortes, welches jeder Bürger des Vereinigten Königreichs als Ausdruck seiner Bewunderung zu gebrauchen pflegt.

      — Ich jedoch, fügte Alcide Jolivet hinzu, glaubte meiner Cousine …

      — Ihrer Cousine?… wiederholte Harry Blount erstaunt, indem er seinen Collegen unterbrach.

      — Ja wohl, fuhr Alcide Jolivet fort, ich stehe mit meiner Cousine Madelaine in Briefwechsel, sie hat es gern, schnell Alles zu erfahren, meine Cousine!… Ich glaubte ihr also mittheilen zu müssen, daß die Stirn des Souveräns bei diesem Feste doch von einigen Wölkchen beschattet gewesen sei.

      — Mir dagegen schien sie strahlend frei, antwortete Harry Blount, der wahrscheinlich seine Ansicht über diesen Gegenstand zu verbergen suchte.

      — Und in Folge dessen haben Sie sie auch in den Spalten des Daily-Telegraph ‚strahlen‘ lassen?

      — Gewiß.

      — Erinnern Sie sich, Herr Blount, sprach Alcide Jolivet weiter, was im Jahre 1812 in Zakret vorgekommen ist?

      — So genau, als ob ich dabei gewesen wäre, erwiderte der englische Reporter.

      [pg 1-12]

      — Nun, sagte Alcide Jolivet, so ist Ihnen bekannt, daß man bei einem dem Kaiser Alexander zu Ehren gegebenen Feste diesem die Nachricht brachte, daß Napoleon mit der französischen Vorhut soeben den Niemen überschritten habe. Der Kaiser verließ jedoch das Fest nicht, trotz der Wichtigkeit dieser Nachricht, die ihm seine Herrschaft kosten konnte, und bekämpfte äußerlich jede Unruhe …

      — So wenig wie unser Wirth eine solche zeigte, als ihm General Kissoff die Meldung machte, daß die telegraphischen Verbindungen zwischen der Grenze und dem Gouvernement von Irkutsk unterbrochen seien.

      — Ah, Sie kennen diese Einzelheiten?

      — Ich kenne sie.

      — Ich muß wohl davon unterrichtet sein, da mein letztes Telegramm bis Udinsk gelangt ist, bemerkte Alcide Jolivet mit einer gewissen Genugthuung.

      — Und die meinigen nur bis Krasnojarsk, erwiderte Harry Blount etwas unwirsch.

      — So wissen Sie auch, daß schon Befehle an die Truppen von Nicolajewsk abgegangen sind?

      — Ja wohl, mein Herr, gleichzeitig als man den Kosaken des Gouvernements Tobolsk telegraphisch die Ordre zugehen ließ, sich zu sammeln.

      — Sehr richtig, Herr Blount, auch diese Maßnahmen sind mir vollkommen bekannt, und glauben Sie, meine liebenswürdige Cousine wird schon morgen Einiges davon zu erzählen wissen.

      — Ganz so wie die Leser des Daily-Telegraph davon unterrichtet sein werden, Herr Jolivet.

      — Das kommt davon, wenn man Alles sieht, was ringsum vorgeht …

      [pg 1-13]

      — Und wenn man Alles hört, was gesprochen wird!

      — Da wird’s einen interessanten Feldzug zu verfolgen geben.

      — Dem ich mich anschließe, Herr Jolivet.

      — O, dann kann sich’s treffen, daß wir uns auf einem minder sicheren Terrain, als das Parket dieses Saales, wieder begegnen.

      — Wohl einem minder sicheren, aber auch …

      — Einem weniger glatten!“ antwortete Alcide Jolivet, der seinen Collegen in den Armen auffing, als dieser eben beim Rückwärtsgehen fast umgefallen wäre.

      Später trennten sich die beiden Collegen, ganz zufrieden zu wissen, daß Keiner dem Andern um eine Nasenlänge voraus war.

      Jetzt sprangen die Thüren der anstoßenden Säle auf. Dort zeigten sich verschiedene große und prächtig servirte Tafeln, schwer beladen mit kostbarem Porzellan und goldenen Gefäßen. Auf der mittelsten, für die Prinzen, Prinzessinnen und die Mitglieder des diplomatischen Corps reservirten Tafel glänzte ein Tafelaufsatz von unschätzbarem Werthe aus Londoner Werkstätten und rund um dieses Meisterwerk der Juwelierarbeit spiegelten sich unter dem Glanze der Lustres die unzähligen Stücken des herrlichsten Geschirrs, das jemals die Manufacturen von Sèvres verlassen hatte.

      Die Gäste des Neuen Palais begaben sich nach den Speisesälen.

      In diesem Augenblicke näherte sich der General Kissoff, der inzwischen zurückgekehrt war, rasch dem Officier der Gardejäger.

      „Nun, wie steht’s? fragte dieser lebhaft.

      [pg 1-14]

      — Die Telegramme gehen nicht über Tomsk hinaus, Sire.

      — Sofort einen Courier!“

      Der Officier verließ den großen Saal und zog sich in ein daneben liegendes großes Gemach zurück. Es war das ein mit Eichenmöbeln sehr einfach ausgestattetes Arbeitscabinet an einer Ecke des Neuen Palais. Einige Bilder, darunter einzelne Oelgemälde von Horace Vernet, hingen an den Wänden.

      Der Officier riß schnell ein Fenster auf, als habe es seinen Lungen an Sauerstoff gemangelt, und sog auf einem mächtigen Balcon die laue Luft der schönen Julinacht ein.

      Vor seinen Augen breitete sich, in sanftes Mondlicht gebadet, eine Art Festungswerk aus, in welchem sich zwischen zwei Kathedralen drei Paläste und ein Arsenal erhoben. Rings um dasselbe die bestimmt unterschiedenen Städte: Kitaï-Gorod, Boloï-Gorod und Zemlianoï-Gorod, das ungeheure europäische, tartarische und chinesische Quartier, überragt von Thürmen und Minarets, von den Kuppeln der dreihundert Kirchen mit ihren grünen Dächern und dem silbernen Kreuz darauf. Ein kleiner Fluß mit vielgewundenem Laufe glänzte manchmal in den Strahlen des Mondes. Das Ensemble bildete eine wunderbare, verschieden gefärbte Mosaik, welche ein zehn Stunden langer Rahmen umschloß.

      Dieser Fluß war die Moskowa; diese Stadt war Moskau, jenes Festungswerk war der Kreml und jener Officier der Gardejäger, der mit gekreuzten Armen und träumerischer Stirn nur halb den Lärmen des Festes hörte, der sich aus dem Neuen Palais über die alte Stadt der Moskowiter verbreitete – das war der Czaar.

      [pg 1-15]

       Inhaltsverzeichnis

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      Wenn der Czaar so unerwartet und gerade in dem Augenblicke, als das Fest, welches er den Spitzen der Civil- und Militärbehörden


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