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Land und Volk in Afrika - Berichte aus den Jahren 1865-1870. Gerhard RohlfsЧитать онлайн книгу.

Land und Volk in Afrika - Berichte aus den Jahren 1865-1870 - Gerhard  Rohlfs


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Wetter begünstigt. Man stieg dann hinunter, um sich den Tafelfreuden hinzugeben, aber im Ganzen, obgleich aus Innerafrika kommend, hatte mich der kurze Aufenthalt in Lagos schon so verwöhnt, dass ich mich etwas getäuscht fand. Die Abwesenheit von Servietten an der Tafel konnte man noch eher entschuldigen, denn am Ende ist es besser, gar nichts dergleichen vorzufinden, als schmutzige, und namentlich durfte ich mich selbst nicht über die Aufwartung beklagen, da ich noch meinen Diener Hamed bei mir hatte. Ausser Herrn Glover, der auch seinen Leib-Neger bei sich hatte, waren in dieser Beziehung die anderen Passagiere freilich nicht so günstig gestellt. Ein Gutes war vorhanden, dass, da sämmtliche Reisende von der Küste waren, aller steife Zwang fehlte, der sonst unter Engländern das Zusammensein so unerträglich macht. Ueberdies war nur eine Dame vorhanden, und obwohl eine Tochter Albions hatte sie doch durch ihren Aufenthalt in Afrika, sie war Missionärin am Camerun, längst das Unbiegsame einer britischen Lady verloren.

      Wir legten uns am ersten Tage alle frühzeitig zur Ruhe und da wir bis jetzt etwa nur 30 Passagiere an Bord hatten, während die erste Cajüte deren 50 fassen konnte, waren wir gut logirt, sowohl Herr Glover als auch ich hatten je eine ganze Cabine für uns, überhaupt liessen die Betten nichts zu wünschen übrig.

      Als ich am anderen Morgen, nachdem der Kaffee genommen (dieser, sowie Thee, Cakes und Butterbrod wurden immer mit Sonnenaufgang aufgetischt) aufs Deck ging oder vielmehr auf die Baumwollensäcke kletterte, fand ich, dass mehrere Passagiere es vorgezogen hatten, einfach in ihren Kleidern auf den weichen Ballen zu schlafen, und da ein grosses Sonnenzelt das Hinterdeck beschattete, ging das auch recht gut, denn auf die Art konnte der Thau sie nicht erreichen, und von Kälte ist ja unter den Tropen im Juni überhaupt nicht die Rede. In den Cabinen war es denn auch so heiss, dass man Nachts immer die Fenster offen lassen musste.

      Um aber vor Allem dem Leser einen Begriff zu geben, wie man auf einem englischen Dampfer lebt; führe ich an, dass um 8 Uhr das eigentliche Frühstück war, warme Fleische, Gemüse, Pasteten und Thee oder Kaffee, um 12 Uhr Mittags war sogenannter Lunch, d.h. ein kaltes Frühstück aus kalten Fleischen, Würsten, Salaten und Früchten bestehend, um 4 Uhr Nachmittags das Diner, endlich um 7 Uhr Abends Thee und Butterbrod. Es versteht sich von selbst, dass die Engländer ausserdem zum Schlusse noch der Brandyflasche zusprachen. Man sieht hieraus, dass der Magen gar keine Zeit hatte, ein eingenommenes Mahl zu verdauen, und dass, wer eben keine besondere Beschäftigung hatte, die ganze Zeit mit Tafeln zubringen konnte.

      Das Schiff bot am Morgen einen eigenthümlichen Anblick, von den Fässern waren erst wenige unter das Deck geschafft, aber auf jedem hockten oder lagen ein paar Schwarze. Es waren dies Neger von der Kru-Küste, die nun, nachdem ihr Miethstermin abgelaufen war, in ihre Heimath zurückkehren wollten. Sie scheinen zu den Amphibien zu gehören, denn sie sind offenbar mehr als blos ausgezeichnete Schwimmer und die einzigen Neger an der Küste, die sich gern und freiwillig den Europäern als Arbeiter vermiethen; sie scheuen dabei keine weiten Reisen, und gehen Contracte auf mehrere Jahre ein. Nach Ablauf der Zeit mit ihrem Ersparten in die Heimath zurückkehrend, verheirathen sie sich entweder, oder verprassen ihre Gelder mit Barássa (Schnaps); dann gehen sie aber sicher, sobald sie ihren letzten Heller ausgegeben haben, ein neues Engagement ein. Die Kru-Leute sind sehr kräftig gebaut, von braunschwarzer Farbe, ihre Physiognomie ist sehr hässlich, ihre Gewandtheit und Geschicklichkeit ist gleich gross auf dem Wasser und zu Lande.

      Seit dem Abend vorher hatten wir das Land ausser Sicht, aber gegen 10 Uhr Morgens näherten wir uns wieder der Küste, welche ganz flach war und nur von hohen Palmen, Oel- und Kokos-, bestanden zu sein schien. Um 12 Uhr hielten wir vor Yellee-Coffee (dieser Name ist auf der trefflichen Grundmann'schen Karte nicht angegeben, es ist der von den Engländern gebrauchte für den Ort Keta, wo eine Bremer Mission sich befindet), wo indess nur ein einziges auf europäische Art gebautes Haus zu sehen war, von vielen kleinen Negerhütten umgeben.

      Kaum war das Anlegen vorüber, als zahlreiche Canoes das Dampfschiff umschwärmten, und nun begann ein Drängen und Klettern um zuerst mit den Waaren an Bord zu kommen. Da indess diesen schwarzen und ganz nackten Waldteufeln nicht gestattet war aufs Hinterdeck zu kommen, so konnte man von dort aus mit Musse diesem Bewegen und Treiben zuschauen. Man brachte Lebensmittel, hauptsächlich Yams, süsse Erdäpfel, Cocosnüsse, Mangos, Bananen, Plantanen, Ananas, Melonen und andere Früchte, dann Papageien, Enten, Puter, Schafe, Zwiebeln, rothen Pfeffer, Matten, Strohmützen, Pantherfelle, einheimische Cattunzeuge und andere niedlich und kunstvoll gearbeitete Handarbeiten. Nachdem der nicht enden wollende Streit, wer zuerst aufs Deck kommen sollte, wobei mancher denn noch rücklings in Wasser fiel oder gestossen wurde, sich gelegt hatte, fing in grösster Eile ein Tauschhandel an, indem die Matrosen vom Dampfer gegen leere Flaschen, europäische Taschentücher, Messer, manchmal auch baares Geld das, was sie wünschten, eintauschten. Während indess einige Sachen, z. B. Papageien, welche man 3 für 2 englische Shillinge einhandeln konnte, ausserordentlich billig waren, wurden für andere die übertriebensten Preise gefordert. So verlangte man für ein Stück einheimischen Cattun, der allerdings recht hübsch war, indess nur die Grösse von 3 Ellen Länge auf 2 Breite hatte, 4 Dollars. Ebenso wurden merkwürdigerweise für die kleinen Meerkatzen unverschämt hohe Preise gefordert; man hätte hier indess eine ganze Menagerie zusammenkaufen können, denn sogar ein Chimpanze fehlte nicht und langborstige Stachelschweine, sowie Igneumon waren mehrere vorhanden. Die Neger von Yellee-Coffee sind sehr gemischt, den Hauptgrund in der Bevölkerung bilden indess die Popo- und Fanti-Neger, und die Sprachen dieser beiden Stämme werden hier vorzugsweise gesprochen. Sie sind pechschwarz, haben ächte Negerzüge, fast alle gehen ganz nackt, nur einige Wenige halten es der Mühe werth, ein europäisches Taschentuch um die Hüften zu winden.—Es befindet sich vor Yellee-Coffee die Navalstation der Engländer, die indess jetzt, seit der Sklavenhandel nun ganz unterdrückt ist, von ihrer früheren Bedeutung verloren hat. Wie schon gesagt, hat auch unser norddeutscher Missionsverein eine Station hier und scheint dieselbe insofern zu gedeihen, als sie sich bei Erziehung der Neger nicht bloss auf das geistige Wohl des Schwarzen beschränkt, sondern demselben auf der Missionsanstalt auch allerlei nützliche Handwerke gelehrt werden, was leider die Engländer bei ihrer sonst so trefflichen Mission ganz vernachlässigen.

      Es kamen hier auch zwei von den deutschen Missionären an Bord, um nach Christiansborg zu fahren; einer von ihnen, ein junger stutzerhafter Mann, mit langen Haaren, kam, nachdem er sich an Bord durch ein gehörigs Glas Ale gestärkt hatte, auf mich zu und redete mich auf englisch an, sagend, dass er sein Deutsch unter den Negern gänzlich verlernt habe, da er schon längere Zeit an der Küste sei. Dies Englisch aus dem Munde eines Schwaben (er war freilich noch nicht 40 Jahre alt) klang indess so komisch, indem natürlich zwischen d und t, zwischen b und p, die lächerlichsten Verwechselungen gemacht wurden, dass ich ihm auf französisch antwortete, und nun unterhielten wir beiden Deutschen uns zur grossen Belustigung des Publikums längere Zeit, er immer englisch und ich französisch sprechend. Unser guter Schwabe, er war freilich noch nicht 40 Jahre alt, merkte indess, dass er der Gegenstand der allgemeinen Heiterkeit war. Später ertappte ich ihn, wie er sich ganz fertig mit seinem Amtsbruder, der ein sehr vernünftiger Mann war, unterhielt, und fast hätte ich der Versuchung nicht widerstanden, ihn auf Platt anzureden, um eine zweite fremdartige Unterhaltung zu erwecken, denn Deutsch konnte er allerdings nicht, nur schwäbisch.

      Wir blieben hier bis 6-1/2 Uhr Abends und verliessen dann wie am Tage vorher, westlich etwas zu Süd haltend, Yellee-Coffee. Unsere Abfahrt fand bei einem starken Tornado statt, so dass wir alle unter Deck flüchten mussten. Die Nacht war indess wieder ausserordentlich schön.

      Sobald es tagte, sprang ich am folgenden Tage aus meiner Cabine und sah, dass wir uns nahe an der Küste befanden, und Akkra und Christiansborg dicht vor uns liegen hatten. Die Städtchen nehmen sich reizend aus; die vielen europäischen Häuser, alle glänzend weiss und italienischen Villen gleichend, treten auf dem dunklen Grün der Oel- und Kokospalmen scharf hervor. Im Hintergrund sah man niedrige Hügel, eine Abwechslung, die um so angenehmer auffiel, als wir bis jetzt nur flache Küsten gesehen hatten. Die meisten grösseren Factoreien hatten ihre Flaggen aufgezogen, und da bemerkte ich auch unsere Bremer auf dem Vietor'schen Etablissement wehen. Auch mehrere grössere Handelsschiffe waren vor Anker, unter anderen zwei amerikanische Barken.

      Wie gewöhnlich grüsste der Calabar mit drei Schüssen und warf dann Anker aus, worauf wir sogleich wieder von einer Unzahl hohler Baumstämme umschwärmt


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