Эротические рассказы

Theodor Storm: Novellen, Märchen, Gedichte & Briefe (Ãœber 400 Titel in einem Band). Theodor StormЧитать онлайн книгу.

Theodor Storm: Novellen, Märchen, Gedichte & Briefe (Über 400 Titel in einem Band) - Theodor Storm


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Zitz stimmte wohl zu den lebhaften Farben der Tapete, und die eingelegten Figuren der Flora und Pomona in den flachen Säulen der Seitenlehne, das Jagdstückchen über dem Rücksitze hoben sich zart von dem lichtbraunen Mahagoni ab. Darüber an der Wand von dem zierlichen Postamente herab pickte die neue Tafeluhr, auf der von mattem Porzellan die spinnende Gestalt einer Parze saß; »eine rechte Doktoruhr«, wie der Justizrat sagte, der auch dieses Stück im Auftrag seines Freundes besorgt hatte. Draußen aber, an den Lindenzweigen, deren Spitzen bis an die Fenster reichten, waren schon die grünen Blätter aufgebrochen.

      Fast täglich in der Mittagsstunde, wenn er von seinen Berufsgängen nach Hause gekehrt war und bis ihn seine alte Mutter zum Essen hinunterrief, pflegte der Doktor sich hier aufzuhalten. Ein sanftes Feiertagsgefühl überkam ihn, wenn beim Eintritt in das Zimmer seine Schritte auf dem weichen Teppich plötzlich unhörbar wurden. Er setzte sich dann wohl in einer der Fensternischen in den Lehnsessel und sah über den Markt hinüber nach dem großen Giebelhause und folgte mit den Augen den Käufern, die dort aus und ein gingen, oder den Kindern, die vor dem Ladenfenster spielten.

      Mitunter wurde auch eine Mädchengestalt in einem hellen Sommerkleide auf wenige Augenblicke sichtbar; und wenn sie wieder verschwunden war, wandte der Doktor seine Augen in das Zimmer zurück nach der Laube Pauls und Virginiens und horchte auf das Schreien des Heimchens, das von unten aus der Küche zu ihm heraufdrang. – Oder er war aufgestanden und blickte auf das frische Grün seiner Linde oder in den blauen Frühlingshimmel nach den Schwalben, die droben im Sonnenschein um den goldenen Knopf des Turmes flogen.

      Der alte Friedeberg war währenddessen wieder gesund geworden, und die Besuche in dem großen Giebelhause hatten aufgehört. Aber diese glückliche Kur schien dem Arzte keine Freude gebracht zu haben; denn er ging still umher, und die Mutter klagte, ihr Doktor habe das Lachen ganz verlernt.

      Die junge Dame von drüben hatte er in der letzten Zeit nur einmal wieder gesprochen. Es war eines Nachmittags im elterlichen Garten des Justizrats, die weißen Rosen waren eben aufgeblüht. Die Freunde saßen, ihre Zigarren rauchend, in der Lindenlaube, während unten auf dem Rasen die Tochter des Hauses eine Gesellschaft junger Mädchen um sich versammelt hatte. Durch die Büsche des Bosketts hörten sie das Lachen der Mädchen und den lauten Ruf der jugendlichen Stimmen.

      Da, während der Doktor schweigend die blauen Tabakswolken vor sich hinblies, stand sie plötzlich vor ihnen.

      »Wir sind beim Pfänderspiel«, rief sie und streckte ihm lächelnd die Hand entgegen. »Sie sollen Zweitritt mit mir tanzen!«

      Er blickte auf. Ihr Antlitz war gerötet vom Spiel und von der Sommerluft, ihre Augen glänzten; der weiße Florschal hatte sich verschoben und hing über die Schulter hinab. – Der Doktor schwieg noch eine Weile. »Sie dürfen es mir nicht übel deuten, Mamsell Sophie«, sagte er dann, ohne die dargebotene kleine Hand zu nehmen, »ich tanzte lieber nicht.«

      »Also ein Korb, Herr Doktor?«

      Der Justizrat legte beide Hände auf die Schultern seines Freundes. »Doktor«, sagte er, indem er langsam den Kopf schüttelte, »ich glaube fast, die Luft in deinem Prunksaal hat dich krank gemacht!«

      Der Doktor fühlte, wie ihm die Röte ins Gesicht stieg, und er neigte den Kopf, um es zu verbergen.

      »Krank?« erwiderte er, nicht ohne daß ein Ausdruck von Gereiztheit in seiner Stimme bemerkbar gewesen wäre; »du weißt es wohl, Justizrat, die Gesundheit habe ich vor euch feinen Leuten voraus.«

      Die andern antworteten nicht darauf. Als er wieder aufblickte, waren die Augen des Mädchens mit einem Ausdruck von Güte auf ihn gerichtet. »Ich habe noch vergessen«, sagte sie, »der alte Friedeberg läßt Sie grüßen; er dankt Ihnen noch so sehr!«

      Dann ging sie, aber im Fortgehen wandte sie noch einmal den Kopf zurück. »Ich habe warten gelernt«, rief sie, »wir tanzen doch noch miteinander!« – –

      Die beiden Freunde blieben noch lange im geheimen Zwiegespräch in der Laube sitzen. Einige Tage später aber ging auch der Justizrat in auffallender Nachdenklichkeit umher; sein indisches Schnupftuch hing ihm ungewöhnlich lang aus der Tasche, und mehr als sonst schob er die goldene Brille auf die Stirn und rieb sich kopfschüttelnd mit der Hand die Augen.

       Die Zeit verging; die Linde unter dem Fenster der neuen Stube stand schon in dunklen Blättern. Dann war es eines Sonntags, früh noch am Vormittag; durch das offene Fenster kam der Klang des Orgelspiels aus der nahen Kirche. Auf einem Stuhle in der Mitte des Zimmers saß der Doktor und hörte auf einen Bericht seines Freundes, des Justizrats, der mit untergeschlagenen Armen vor ihm stand. Es mußte aber nichts Frohes gewesen sein, das er erfahren hatte; denn er blieb, als der Justizrat seine Mitteilung beendete, stumm und mit zitternden Lippen sitzen; nur zuweilen hob er die Hand und trocknete mit seinem Schnupftuch sich den Schweiß von den Wangen. Und es war doch kühl genug im Zimmer; die Sonne streifte eben erst die Fensterstäbe. – »Und weiter«, fragte er endlich, »weiter sagte sie nichts, Justizrat? Weiter nichts, als nur: Ich kann es nicht?«

      »Nein, Doktor, sie hatte auf alle meine Reden nur diese eine Antwort; aber mißverstehen konnte ich sie nicht; denn sie hat es oft genug gesprochen.«

      »Und weshalb«, fuhr der Doktor zaghaft fort, »weshalb – das hat sie nicht gesagt?«

      Der Justizrat schüttelte den Kopf. »Es war in unserm Garten, hinten an dem Steintischchen«, sagte er; »was die kleine Hand in der weißen Manschette dort auf die Marmorplatte mag geschrieben haben, das hab ich freilich nicht entziffern können; aber gesprochen hat sie nichts hierüber.«

      Der Doktor war aufgestanden. Ihm gegenüber in dem großen Spiegel stand noch einmal dieselbe unscheinbare vernachlässigte Gestalt; das wirre Haar, das runde ausdruckslose Gesicht, aus dem die kleinen Augen jetzt trübselig auf den draußen stehenden Doppelgänger hinausstarrten. Der Freund sah gespannt zu ihm hinüber. Jetzt, jetzt mußte er selbst die Antwort auf seine Frage finden. – – Aber er fand sie nicht; er wandte sich und begann zu sprechen. »Eduard«, sagte er leise, und es war, als blieben ihm die Worte in der Kehle hängen, »ich denke wohl kaum, daß es wegen meiner alten Mutter ist.«

      Der Justizrat richtete sich fast wie erschrocken in die Höhe; über seine regelmäßigen und sonst wohl kalten Züge zuckte es wie etwas, das er nicht bekämpfen könne. Mit raschen Schritten, ohne zu antworten, ging er ein paarmal im Zimmer auf und ab. Dann blieb er vor dem Doktor stehen. »Christoph«, rief er, »frage so nicht mehr! – Komm, hier! Wir beide, wir bleiben die Alten!« Und er drängte seine schlanke Hand in die kleine festgeschlossene Faust seines Freundes. – – –

      Als der Justizrat fortgegangen war, stand der Doktor noch lange unbeweglich und ließ seinen Blick über die bunten Tapeten und über das zierliche Gerät des Zimmers gleiten. Dann setzte er sich an das Fenster in den Sessel und blickte mit trüben Augen auf die Straße hinaus. Der Sommerwind rauschte in den Blättern seiner Linde; drüben jenseit des Marktes in dem großen Giebelhause flatterte eine Gardine aus dem offenen Fenster und wehte in der Luft; vor der Tür im Sonnenscheine stand wieder wie sonst der alte Friedeberg in seinem leberfarbenen Rock.

      Der Doktor verschloß das Fenster und verließ dann sein neues Zimmer. Als er draußen vor der Tür stand, horchte er noch einmal, wie drinnen die Uhr pickte; dann schloß er ab und nahm den Schlüssel mit herunter. – –

      Kurz darauf konnte man ihn, wie auch wohl an anderen Tagen, auf dem Deichwege in die Marsch hinauswandern sehen. Aber er hatte diesmal keine Augen, weder für die grüne heimatliche Ebene zu seinen Füßen, auf der das Gras im Sonnenscheine blitzte, noch für die ans Meer fliegenden schlanken Seeschwalben, denen er sonst stillstehend bis in die weiteste Ferne nachzusehen pflegte. Als er das Häuschen oberhalb der Wehle erreicht hatte, an der er sonst wohl zu fischen pflegte, stieg er an der Binnenseite des Deiches hinab und streckte sich neben dem Wasser in das hohe Gras.

      Er hatte den Kopf in die Hand gestützt und blickte bewegungslos auf das Schilf, das leis im Winde rauschte. Neben ihm um einen blühenden Distelbusch flogen zwei Schmetterlinge; Brennesselfalter, die in den Marschen häufig sind. Erst gaukelten sie lange umeinander in der Luft; dann aber setzte sich der eine auf


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