Эротические рассказы

Gesammelte Werke. Джек ЛондонЧитать онлайн книгу.

Gesammelte Werke - Джек Лондон


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und wurde von einer neuen Schwierigkeit gequält. Sie waren im Begriff, die Straße zu kreuzen. Dann ging er auf der falschen Seite. Sollte er ihren Arm fahren lassen und auf die andere Seite gehen? Und wenn er es tat, wäre er dann gezwungen, dasselbe Manöver Mal auf Mal zu wiederholen? Irgend etwas stimmte nicht, und er beschloß, nicht herumzutanzen und sich zum Narren zu machen. Dennoch befriedigte ihn das Ergebnis, zu dem er gekommen war, nicht, und als er sich jetzt auf der falschen Seite von Ruth befand, begann er eifrig und eindringlich auf sie einzureden, um sich den Anschein zu geben, als wäre er ganz von dem, was er sagte, in Anspruch genommen. So hatte er die Entschuldigung, daß er in der Hitze der Begeisterung vergessen hätte, den Platz mit Ruth zu tauschen, falls er es hätte tun müssen. Als sie über den Broadway schritten, wurde er einem neuen Problem gegenübergestellt.

      In dem starken Licht der elektrischen Lampen sah er Lizzie Connolly und ihre lachlustige Freundin. Er zögerte einen Augenblick, dann aber hob er die Hand und nahm den Hut ab. Er konnte seinen eigenen Stand nicht verleugnen, und es war nicht Lizzie Connolly allein, vor der er den Hut abnahm. Sie nickte und sah ihn mit einem dreisten Blick an, nicht mit milden, freundlichen Augen wie Ruth, sondern mit Augen, die schön und hart waren und sofort von ihm zu Ruth schweiften, um sich über jede Einzelheit ihres Gesichts, ihrer Kleidung und ihrer Stellung in der Gesellschaft Klarheit zu verschaffen. Und er war sich auch bewußt, daß Ruth, hastig und furchtsam, die andere ansah, mit Augen, die sanft wie die einer Taube waren, aber doch zugleich dieses junge Mädchen aus der arbeitenden Klasse in ihrem billigen Putz und mit dem eigenartigen Hut, den alle jungen Mädchen der arbeitenden Klasse zur Zeit trugen, wogen und abschätzten.

      »Welch ein hübsches Mädchen!« sagte Ruth einen Augenblick später.

      Martin hätte sie segnen können, aber er sagte:

      »Ich weiß nicht. Das ist ja Geschmackssache, aber ich finde sie nicht besonders hübsch.«

      »Aber können Sie denn nicht sehen, daß nicht eine Frau von zehntausend so regelmäßige Züge wie sie hat? Ihr Gesicht ist so rein geschnitten wie eine Kamee. Und ihre Augen sind auch schön.«

      »Finden Sie?« fragte Martin gleichgültig. Für ihn gab es nur eine schöne Frau in der Welt, und die ging neben ihm und hatte ihre Hand auf seinen Arm gelegt.

      »Ob ich das finde? Wenn das junge Mädchen Gelegenheit hätte, sich besser zu kleiden, Herr Eden, und wenn sie etwas Haltung lernte, dann würden Sie, und dann würden alle Männer von ihr geblendet sein.«

      »Sie müßte erst lernen, richtig zu sprechen,« sagte er, »sonst würden die meisten Männer sie gar nicht verstehen. Ich bin sicher, daß Sie, Fräulein Ruth, nicht die Hälfte von dem verstehen, was sie sagt, wenn sie redet, wie ihr der Schnabel gewachsen ist.«

      »Unsinn! Sie sind ebenso verrückt wie Arthur, wenn Sie sich etwas in den Kopf gesetzt haben.«

      »Sie vergessen, wie ich gesprochen habe, als ich Sie kennenlernte. Seitdem habe ich eine neue Sprache gelernt, vorher aber redete ich so wie das junge Mädchen. Jetzt kann ich mich Ihnen hinreichend verständlich machen, um Ihnen zu erklären, daß Sie die Sprache dieses jungen Mädchens nicht kennen. Und wissen Sie, woher ihre Haltung kommt? Ich denke jetzt über diese Dinge nach, was ich früher nie getan habe, und fange an, vieles zu verstehen.«

      »Nun, woher kommt sie denn?«

      »Sie hat jahrelang viele Stunden täglich an der Maschine gearbeitet. Wenn der Körper jung ist, ist er sehr biegsam, und harte Arbeit formt ihn wie Wachs nach ihren Bedingungen. Ich kann vielen Arbeitern, die ich auf der Straße treffe, auf den ersten Blick ihre Beschäftigung ansehen. Schauen Sie mich an. Warum rolle ich stets hin und her? Weil ich so viele Jahre zur See gefahren bin. Wenn ich, als ich jung und biegsam war, ebenso viele Jahre Viehhüter gewesen wäre, dann würde ich jetzt nicht rollen, sondern O-Beine haben. Und ebenso ist es mit dem jungen Mädchen. Sie haben bemerkt, daß ihre Augen, sagen wir, hart sind. Sie ist nie beschirmt worden. Sie hat sich immer selbst behüten müssen, und dabei kann ein junges Mädchen nicht sanfte, freundliche Augen behalten wie ... wie Ihre zum Beispiel.«

      »Ja, das stimmt sicher«, sagte Ruth leise. »Aber es ist sehr traurig. Sie ist ein so hübsches Mädchen.«

      Er blickte sie an und sah, daß ihre Augen von Mitleid schimmerten. Und dann erinnerte er sich, daß er sie liebte, und vergaß alles über dem Erstaunen, daß sein Glück ihm erlaubte, sie zu lieben und Arm in Arm mit ihr zu einem Vortrag zu gehen.

      »Wer bist du, Martin Eden?« fragte er sein Spiegelbild am Abend, als er wieder in seinem Zimmer war. Er betrachtete sich lange und neugierig. »Wer bist du? Was bist du? Wo gehörst du hin? Eigentlich gehörst du zu Mädchen wie Lizzie Connolly. Du gehörst zu den Heerscharen der Schwerarbeitenden, zu allem, was niedrig und gewöhnlich und unschön ist. Du gehörst zu Ochsen und Sklaven, in eine schmutzige, stinkende Umgebung. Hier ist zum Beispiel das verdorbene Gemüse. Diese Kartoffeln sind verfault. Riech an ihnen, pfui Teufel! – Riech an ihnen. Und doch darfst du die Bücher öffnen, darfst du schöne Musik anhören, lernen, schöne Gemälde zu lieben, rein und korrekt zu sprechen, Gedanken zu denken, die kein anderer deines Standes denkt, und doch darfst du dich losreißen von den Arbeitstieren und den Frauen von der Art Lizzie Connollys und eine blasse, zarte Frau lieben, die millionenmal über dir steht und bei den Sternen lebt. Wer bist du? Und was bist du? Donnerwetter! Und wie weit wirst du es bringen?«

      Er drohte seinem Spiegelbild mit der geballten Faust und setzte sich auf den Bettrand, um eine Weile mit offenen Augen zu träumen. Dann aber nahm er sein Mathematikbuch und sein Aufgabenheft vor, und bald verlor er sich in quadratischen Gleichungen, und die Stunden flogen, die Sterne verblaßten, und schließlich strömte das graue Licht der Dämmerung durch sein Fenster.

      Dreizehntes Kapitel

       Inhaltsverzeichnis

      Die Schar wortreicher Sozialisten und Arbeiterphilosophen, die an warmen Nachmittagen im Stadtpark ihre Ansichten entwickelten, hatten die große Entdeckung verschuldet. Ein oder zweimal monatlich, wenn Martin auf dem Wege zur Bibliothek durch den Park fuhr, stieg er vom Rade und hörte ihre Betrachtungen an, und jedesmal riß er sich nur widerstrebend von ihnen los. Die Diskussionen waren auf einen einfacheren Ton abgestimmt, als er am Tische des Herrn Morse herrschte. Die Männer waren nicht ernst und würdevoll. Sie ließen sich leicht hinreißen, begannen zu schimpfen, und unanständige Ausdrücke gehörten zur Tagesordnung. Einige Male hatte er sie die Fäuste gebrauchen sehen. Und doch kam es ihm vor – er wußte nicht, weshalb –, als wäre der Gedankengang dieser Männer irgendwie mit seinem eigenen verwandt. Ihr Wortkampf wirkte weit anregender auf seinen Verstand als der beherrschte, ruhige Dogmatismus des Herrn Morse. Diese Männer, die eine furchtbare Sprache sprachen, wie Verrückte gestikulierten und die gegenseitigen Ideen mit primitiver Erbitterung bekämpften, waren irgendwie lebendiger als Herr Morse und sein Freund Herr Butler.

      Martin hatte mehrmals den Namen Herbert Spencer im Park nennen hören, eines Nachmittags aber tauchte ein Schüler Spencers auf – ein schäbiger Vagabund mit einem schmutzigen Mantel, der bis zum Halse zugeknöpft war, um zu verbergen, daß er kein Hemd trug. Es wurde ein mächtiger Kampf ausgefochten, unzählige Zigaretten geraucht, ein Meer von Tabakssaft ausgespien, und während alledem hielt der Vagabund sich ausgezeichnet, selbst als ein sozialistisch eingestellter Arbeiter wütend rief: »Es ist kein Gott außer dem Unergründlichen, und Herbert Spencer ist sein Prophet.« Martin wußte nicht recht, um was es ging, als er aber dann zur Bibliothek fuhr, war das Interesse für Herbert Spencer in seiner Seele wachgerufen, und weil der Vagabund immer wieder auf »Die ersten Grundsätze« zurückgekommen war, ließ Martin sich diesen Band geben.

      So begann die große Entdeckung. Er hatte es schon einmal mit Spencer versucht, damals hatte er aber die »Prinzipien der Psychologie« gewählt und war hoffnungslos darin steckengeblieben. Er war nicht imstande gewesen, das Buch zu verstehen, und hatte es ungelesen wieder abgeliefert. Als er aber abends in seinem Zimmer, nachdem er Mathematik und Physik gearbeitet und sich an einem Sonett versucht hatte, zu Bett gegangen war, begann er in den »Ersten Grundsätzen« zu lesen. Als der Morgen kam,


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