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Gesammelte Werke. Джек ЛондонЧитать онлайн книгу.

Gesammelte Werke - Джек Лондон


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wenn der Wind sie schaukelnd hin und her bewegte, so duckte er sich und ließ sie nicht aus den Augen, immer bereit, fortzuspringen, sollten sie versuchen, sich auf ihn zu stürzen.

      Bald jedoch schwand seine Furcht vor den Zelten. Er sah, wie Hunde es oft versuchten, einzudringen, und mit scharfen Worten und fliegenden Steinen fortgejagt wurden. Er verließ Kisches Seite und kroch vorsichtig an die Wand des nächsten Zeltes. Die Neugier trieb ihn, der Drang zu lernen und Erfahrungen zu sammeln. Die letzten Schritte wurden sehr langsam und vorsichtig zurückgelegt. Die Ereignisse des Tages hatten ihn gelehrt, daß das Unbekannte sich in höchst wunderlicher und überraschender Weise offenbart. Er wartete, aber es geschah nichts. Endlich berührte seine Nase die Zeltleinwand. Er beroch das seltsame Gewebe, das voll von den Gerüchen der Menschen war. Er biß hinein und zerrte daran. Es geschah nichts weiter, als daß die Zeltleinwand sich ein wenig bewegte. Er riß stärker, und die Bewegung wurde gleichfalls heftiger. Das amüsierte ihn, und so zerrte und riß er immer tüchtiger, bis der ganze Bau in Bewegung geriet, worauf die scharfe Stimme einer Indianerin drinnen ihn zu Kische zurücktrieb. Hiernach fürchtete er sich gar nicht mehr vor den unheimlich hohen und breiten Dingen.

      Einige Minuten später wanderte er wieder von der Mutter fort. Der Stock, womit sie an den Pflock im Boden gebunden war, erlaubte ihr nicht, ihm zu folgen. Ein junger Hund, etwas größer und älter als er, kam langsam mit sichtlich feindseligen Absichten auf ihn los. Sein Name war, wie Wolfsblut später herausfand, Liplip. Er war in Kämpfen mit jungen Hunden schon erfahren und hatte etwas vom Raufbold an sich. Da Liplip zu Wolfsbluts Gattung gehörte und noch jung war, so erschien er ihm nicht gefährlich, und er schickte sich an, ihm freundlich zu begegnen. Als aber der Fremde mit steifen Beinen auf ihn zukam und ihm die Zähne wies, da wurde auch sein Gang steif, und seine Lippen kräuselten sich. Prüfend drehten sich die beiden im Halbkreis umeinander herum, knurrend und mit gesträubtem Haar. Das dauerte einige Minuten, so daß Wolfsblut anfing, es vergnügt als eine Art Spiel anzusehen. Doch plötzlich sprang Liplip mit staunenswerter Geschwindigkeit zu, biß den Gegner und sprang wieder zurück. Der Biß hatte Wolfsblut in die Schulter getroffen, die durch die Luchsin bis auf den Knochen verwundet worden war. Überraschung und Schmerz erpreßten ihm ein gellendes Geheul, und im nächsten Augenblick sprang er ärgerlich auf Liplip los und biß ihn tüchtig. Allein dieser hatte sein Lebenlang im Lager gelebt und viele Kämpfe mit seinesgleichen gehabt. Dreimal, viermal, ja, ein halbes dutzendmal trafen seine scharfen Zähne den neuen Ankömmling, bis Wolfsblut heulend zur Mutter floh. Dies war der erste der vielen Kämpfe, die er mit Liplip bestehen sollte, denn sie waren die geborenen Feinde, deren Naturen sich stets feindlich bleiben sollten.

      Kische leckte Wolfsblut beruhigend mit der Zunge und versuchte, ihn bei sich zu behalten. Aber die Neugier drängte ihn fort, und einige Minuten später wagte er sich auf ein neues Abenteuer. Er traf auf den Grauen Biber, der am Boden saß und mit Reisig und trockenem Moose, das vor ihm lag, herumhantierte. Wolfsblut ging nahe an ihn heran und schaute zu. Der Graue Biber machte mit dem Munde ein Geräusch, doch da es nicht drohend klang, kam jener immer näher.

      Die Frauen und Kinder trugen immer mehr Stöckchen und Zweige für den Grauen Biber herbei. Es war augenscheinlich eine wichtige Sache. Wolfsblut kam so dicht heran, daß er das Knie des Grauen Biber berührte, so neugierig war er, so wenig dachte er daran, daß dieser eines der furchtbaren menschlichen Wesen sei. Plötzlich sah er unter den Händen des Grauen Biber aus den Stöckchen und dem Moose etwas Sonderbares emporsteigen, das wie ein Nebel aussah. Dann erschien zwischen den Holzstückchen etwas Lebendiges, das sich wendete und drehte und eine Farbe wie die Sonne am Himmel hatte. Wolfsblut wußte nichts vom Feuer, aber es zog ihn an, wie das Licht am Eingang der Höhle in seinen ersten Lebenstagen es getan hatte. Er kroch die wenigen Schritte bis zur Flamme hin. Er hörte über sich den Grauen Biber kichern, doch der Ton klang nicht feindselig. Dann berührte er mit der Nase die Flamme, und im selben Augenblick streckte er sein Zünglein aus.

      Einen Augenblick war er wie gelähmt. Das Unbekannte, das in den Holzstückchen und im Moose gelauert hatte, zwickte ihn derb an der Nase. Er krabbelte zurück und brach in ein klägliches Geheul aus. Bei dem Ton sprang Kische knurrend, soweit der Stock es erlaubte, vorwärts und raste, weil sie ihm nicht zu Hilfe kommen konnte. Allein der Graue Biber lachte laut, schlug sich vor Vergnügen auf die Schenkel und erzählte dem ganzen Lager, was sich zugetragen hatte, bis alle laut lachten. Wolfsblut saß jedoch da und heulte kläglich – ein armes, verlassenes Geschöpfchen mitten unter den Menschen.

      Es war der ärgste Schmerz, den er ja gefühlt hatte. Nase und Zunge waren von dem sonnenfarbigen Wesen, das unter den Händen des Grauen Biber aufgesprungen war, versengt. Er heulte unausgesetzt, und jeder neue Klagelaut wurde von den Menschen mit lautem Gelächter begrüßt. Er versuchte, den Schmerz in der Nase mit der Zunge zu lindern, aber auch diese schmerzte, und er war hilfloser und heute hoffnungsloser als je. Dann aber begann er sich zu schämen. Er wußte, was das Gelächter bedeutete. Wie manche Tiere wissen, daß man über sie lacht, das können wir Menschen allerdings nicht begreifen; aber Wolfsblut wußte es, er fühlte sich beschämt, daß die Menschen über ihn lachten. Darum machte er kehrt und lief weg, nicht weil das Feuer ihn verbrannt hatte, sondern weil das Gelächter ihn tief verletzte. Er floh zu Kische, die am Ende ihres Stockes sich wie toll gebärdete, zu Kische, dem einzigen Wesen in der Welt, das mit ihm Mitleid fühlte.

      Die Dämmerung brach herein und dann die Nacht, und Wolfsblut lag dicht neben der Mutter. Seine Nase und Zunge taten ihm noch wehe, aber ein noch größerer Kummer peinigte ihn. Er hatte Heimweh. Er fühlte in sich eine Leere, ein Bedürfnis nach der Ruhe, nach der Stille in der Höhle am Flußufer. Das Leben war zu geräuschvoll geworden, es waren zu viele Menschen, zu viele Männer, Frauen und Kinder da, die alle lärmten und ihn störten. Auch zankten die Hunde unaufhörlich und stritten sich und machten tollen Lärm. Die ruhige Einsamkeit seines bisherigen Lebens war dahin; hier war sogar die Luft mit Lärm erfüllt. Es summte und lärmte beständig, die Töne wechselten fortwährend in Höhe und Tiefe, in Stärke und Schwäche, das regte ihm die Nerven und Sinne auf, machte ihn ruhelos und ängstlich und quälte ihn durch die fortdauernde Erwartung dessen, was alles geschehen könnte.

      Er beobachtete die Menschen, wie sie gingen und kamen und sich im Lager herumbewegten. So ungefähr würden Menschen die Götter anschauen, die sie sich geschaffen hatten, wie Wolfsblut jetzt auf die Menschen blickte, die sich vor seinen Augen bewegten. Für ihn waren sie wirklich höhere Wesen, für seine unklaren Begriffe verrichteten sie ebenso viele Wunder, wie die Götter es für die Menschen tun würden. Sie waren mächtige Wesen, die allerlei unbekannte, geheimnisvolle Kräfte besaßen, die das Lebendige und das Leblose beherrschten, die das Bewegliche zum Gehorsam zwangen, die dem Regungslosen Bewegung erteilten, und die Leben schufen, sonnenfarbiges Leben, das biß, und das aus dürrem Moos und totem Reisig emporsprang. Sie zündeten Feuer an, und darum waren sie für ihn Götter!

      2. Kapitel. Die Knechtschaft

       Inhaltsverzeichnis

      Die Tage waren für Wolfsblut reich an neuen Erfahrungen. Während Kische angebunden blieb, rannte er neugierig schauend und lernend umher. Er lernte die Gewohnheiten der Menschen schnell kennen, aber die Vertrautheit mit ihnen setzte sie in seinen Augen nicht herab. Je mehr er von ihnen sah, desto höher wuchs ihre Überlegenheit, desto größer zeigten sich ihre geheimnisvollen Kräfte, ja ihre Gottähnlichkeit.

      Der Mensch hat oft das Unglück, daß ihm seine Götter vom Altare gestoßen werden, oder daß sie zu Staub zerfallen; der Wolf aber oder der wilde Hund, der aus der Wildnis zu dem Manschen kommt, erfährt diesen Kummer nicht. Seine Götter sind nicht unsichtbar, nicht nebelhafte Gestalten der Phantasie, sondern greifbare Wesen aus Fleisch und Blut, denen man nicht entrinnen kann, die auf zwei Beinen und mit dem Knüttel in der Hand dastehen, bald zornig, bald liebevoll, aber immer groß, mächtig und geheimnisvoll.

      So erging es auch Wolfsblut. Auch er begriff, daß er ihnen nicht entrinnen konnte, und wie seine Mutter Kische beim ersten Ruf ihres Namens ihnen gefolgt war, so lernte auch er, ihnen Gehorsam zu leisten. Er gab ihnen überall den Vortritt. Kamen sie, so ging er ihnen aus dem Wege, riefen sie, so eilte er zu ihnen; drohten sie, so duckte


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