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Viva l'Italia. Gerhard TotschingerЧитать онлайн книгу.

Viva l'Italia - Gerhard  Totschinger


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besonders der Freund der Krippentradition wird hier fündig – natürlich gibt es das Christuskind und die Krippe, die Heilige Maria, die Heiligen Drei Könige, den Nährvater Josef – und alles, was dieser zu seiner Arbeit als Zimmermann benötigt, in verschiedenen Größen. Und hier gibt es in den Werkstätten und Geschäften auch die spaghettikochende Hausfrau, die Bettler, Straßenmusikanten, den Pizzabäcker, Haushaltsgegenstände jeder Art, und wer sich einen kleinen Berlusconi für sein Krippenpersonal wünscht, hier findet er ihn. Das Geschäft an der Hausnummer 42 bietet ebenso ihn an, wie auch andere geschnitzte Politiker.

      Das Museum von San Martino, Museo Nazionale di San Martino, behütet eine umfangreiche Sammlung neapolitanischer Krippen. Wem der Weg bis Neapel zu weit ist, der kann auch in Rom eine gerühmte Krippe mit vielen Figuren besuchen, in der Via dei Fori Imperiali, zwischen Colosseum und Piazza Venezia.

      Ein einziges Marktziel will noch unbedingt beschrieben sein – die Region, die für die Nordländer als Inbegriff des Landes, »wo die Zitronen blühen«, gilt, die Toscana. Mag auch Umbrien grüner sein, Sizilien wenigstens genauso fruchtbar, dieser Teil Italiens hat den Ruf einer Art Schlaraffenland voll Milch und Honig.

      Lucca ist in vieler Hinsicht ein Anlass für einen Jubelschrei »Viva l’Italia«. Man begegnet der Stadt auch in diesem Buch immer wieder. Sie wird aus vielen und sehr unterschiedlichen Gründen gerühmt.

      Da sind zuerst die komplett erhaltenen Mauern – sie geben dem ankommenden Besucher schon einen allerersten großartigen Eindruck. Sie umarmen mit ihren vier Toren das historische Zentrum seit dem frühen siebzehnten Jahrhundert. Ein von Bäumen gesäumter Weg lädt die Spaziergänger ein, Lucca von oben kennenzulernen. Wenn man an der Piazza Santa Maria angekommen ist, sollte man den Weg unterbrechen, absteigen vom Mauerkranz, und über die Via Fillungo zur Piazza Anfiteatro schlendern.

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      Die ovale Form des Platzes ist erhalten, auch eines der vier Tore ist original römisch. Der Bau hingegen hat sich nach und nach verwandelt. Nach dem Fall Roms haben sich die Menschen das Baumaterial für ihre Behausungen allenthalben aus den ehemaligen Verwaltungsgebäuden, Palästen, Tempeln geholt. Aber während andernorts die Amphitheater mehr und mehr verschwunden sind, hat man sich hier die Mauern und Gänge und Treppen zu eigen gemacht, hat sie zugebaut, und aus dem Theater wurde eine Wohnanlage. In ihr findet ein Gemüse- und Blumenmarkt statt, den zu besuchen sich lohnt.

      An jedem dritten Wochenende wird Lucca zum Zentrum der Sammler von Antiquitäten. Rund um den Dom, in allen Gassen und Straßen, vor allem in der Via del Battistero, stehen die Verkaufsstände mit ihrem vielfältigen Angebot. Der Markt wird von Kennern gelobt als die Nummer zwei in der Region, die Nummer eins gehört natürlich der Hauptstadt.

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      Die Piazza dei Ciompi in Florenz empfängt ihr Publikum Tag für Tag zum mercato delle pulci, dem Flohmarkt. Florenz war ab 1861 die Hauptstadt Italiens, bevor Rom zehn Jahre später diese Rolle übernommen hat. Dieser Markt birgt Zeugnisse der großen Vergangenheit: Es gibt neben den üblichen wenig wertvollen Kleinigkeiten auch viel Interessantes, historische Zeitschriften, Holzstiche, Kupferstiche, Bücher, Münzen, Militärisches.

      Dem schönsten Markt der Stadt soll diese letzte Stelle der langen Aufreihung italienischer Märkte gelten – der Markthalle aus dem Jahr 1874. Der Mercato Nuovo ist nicht der »Neue Markt«, er wurde 1547 erbaut und dient heute dem Souvenirhandel. Der Mercato Centrale hingegen befindet sich mitten im Straßenmarkt von San Lorenzo, er ist ein Zeugnis der Technikbegeisterung dieser Jahrzehnte. Er wurde in der Metallbauweise errichtet, die damals quer durch Europa Erfolg hatte.

      Auf zwei Etagen finden Köche und Feinschmecker alles, was sie ersehnen: unten Fisch, Fleisch, Olivenöl, Milchprodukte und oben Gemüse, Blumen und Obst, im Herbst auch Trüffeln und Pilze. Aber eben in derartiger Qualität und so großer Auswahl, dass man zuhause davon erzählt – da gibt es eben nicht einfach größere und kleinere Paradeiser, da findet man Kirschtomaten und Fleischtomaten, Flaschentomaten und Rundtomaten und Liguria und Ingegnoli gigante liscio und – also einfach alles, was Italien zu bieten hat.

      Von auch nur annähernder Vollständigkeit kann bei diesem Thema natürlich keine Rede sein. Aber wenn ich auf dieses oder jenes aufmerksam machen konnte und etwas Vorfreude erzielt habe, dann ist der Zweck dieses kurzen Kapitels ja erfüllt.

      IL VOLONTARIATO

      Das heißt freiwilliger Dienst. Es bedeutet nicht etwa einfach Freiwilligkeit, das hieße Volontarietà. Es sagt auch nicht nur aus, dass jemand ein Amt ohne Gegenleistung ausübt. Das Volontariato ist in vielen Jahren zu einem ganz eigenen Begriff gewachsen. Hunderttausende Italiener wirken daran mit, auf verschiedenste Weise. Sicher, das gibt es auch in anderen Staatsgemeinschaften und auch in Italien sind Freiwillige im Einsatz für ihre Mitbürger, im Naturschutz, bei Naturkatastrophen, in Rettungsgesellschaften. Darüber hinaus aber wird hier auch auf ganz anderen Gebieten geholfen.

      Migranten haben es nirgendwo einfach, auch hier nicht. An ihrer Integration wirken aber in den Städten der Halbinsel unzählige Junge mit, sie geben Italienischunterricht, sie verschenken Nachhilfestunden für ihre Mitschüler, sie musizieren gemeinsam, sie spielen mit ihnen in Theatergruppen.

      Volontariato bedeutet neben der allgemeinen Definition eine große Anzahl von organisierten Gruppen, denen gemein ist, dass sie da einspringen, wo der Staat es nicht kann oder nicht will, dass sie keine parteipolitischen Ziele verfolgen und keine Entschädigung erhalten.

      In speziellen Gruppierungen werden spezielle Ziele verfolgt – »Aiutare i bambini« etwa – Kinderbetreuung, wo Mangel an Kindergartenplätzen besteht; Feste für Kinder, deren Eltern für Geburtstag oder Weihnachten kein Geld haben.

      Oder in Rom – Sant’Egidio. Das ist eine Gemeinde, die ihre Aktivität im Jahr 1968 aufgenommen hat, zuerst, um den Armen in den Randgebieten Roms zu helfen. Sie hat ihren Ursprung in der Pfarre und dem ehemaligen Kloster Sant’Egidio in Trastevere, und von hier hat sie mittlerweile in die ganze Welt gefunden. Der Grundgedanke besteht im Leben anhand des Evangeliums, das man nicht umsetzen kann, ohne an die Armen zu denken. »Freundschaft mit …« ist das Schlagwort, unter dem die vielen und vielseitigen Aktivitäten der Gemeinschaft stehen – Freundschaft mit Kindern, Freundschaft mit einsamen alten Menschen, Freundschaft mit Armen, Freundschaft mit Obdachlosen … Die Armenküche in der Via Dandolo schenkt Tag für Tag 1.800 Menschen ein warmes Mittagessen, die Gemeinde übernimmt Behördenwege, hat eine Leihbücherei organisiert, richtet für Mitbürger ohne festen Wohnsitz Postfächer ein.

      Der kleine Hof des Klosters ist zum internationalen Begegnungszentrum geworden, hier saßen einander schon Politiker aus krisengebeutelten Ländern gegenüber, die auf die Begegnung mit Mächtigen und eine Konfliktlösung gehofft haben – Kongo, Uganda, Ruanda, und die US-Außenministerin Albright, ihr französischer Kollege Védrine, Michail Gorbatschow und viele andere. Versöhnungsgespräche, Konfliktvermeidung, das sind Ziele von Sant’Egidio und sie haben deutliche Folgen. Der Jahrzehnte dauernde Bürgerkrieg in Mosambik hat dank Sant’Egidio ein Ende gefunden. 27 Monate lang haben die Verhandlungen gedauert, die Kontrahenten trafen sich in Trastevere. Extreme, schwer zu erschütternde Meinungen auf beiden Seiten mussten bewältigt werden. Das Ergebnis, der Friede, hat die Welt beeindruckt. Die Gemeinde ist für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen worden, ihr Gründer, Andrea Riccardi, hat in Aachen den hoch angesehenen Karlspreis erhalten.

      Die Gemeinde hat sich in den langen Jahren weit über das kleine Trastevere hinaus entwickelt, es gibt ein deutsches Zentrum, sie besteht in San Salvador, Kamerun, Belgien, Ukraine, Indonesien, in dreißig Staaten insgesamt.

      Italien bestand seit dem Ende des Römischen Reichs aus vielen winzigen einzelnen Staaten und Stadtstaaten. Strukturen, die nun alles für sich einrichten mussten, das ihnen zuvor die kaiserliche Macht aus Rom oder später auch aus Byzanz geschaffen hatte – Militär, Beamte, Gerichte, alles. Der bunte Fleckenteppich, als der sich die Halbinsel auf den Landkarten bis zur Einigung darstellte, er führte zu einem


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