Im Sonnenwinkel Staffel 4 – Familienroman. Patricia VandenbergЧитать онлайн книгу.
dannen, aber sie blieben nicht lange allein. Jerry Riedel und Florian Lindemann gesellten sich dazu.
»Wohin willst du denn, Bambi?«, fragte Jerry, der Sohn von Dr. Riedel.
»Zum Fohlenhof. Kommst du mit?«
»Muss erst Mami fragen.«
Er tat es sofort, und mit mütterlichen Mahnungen bedacht, durfte er Bambi begleiten. Ebenso Florian.
Mit Bambi war es immer unterhaltend. Ihr ging der Gesprächsstoff nie aus.
Heute unterhielten sie sich eingehend über das kleine Mädchen.
»Papi sagt, dass sie nicht schlimm verletzt ist«, wusste der Arztsohn aus dem Sonnenwinkel zu berichten. »Aber eine Lungenentzündung hat sie bekommen, weil sie so leicht angezogen war.«
»Eine Lungenentzündung«, wiederholte Bambi. »Ist das schlimm?«
»Sie ist ja schon in der Klinik, da ist es nicht mehr so schlimm«, erklärte Jerry, der sehr stolz war, Bambi auch mal belehren zu können. »Es hätte aber schlimmer werden können, wenn sie noch länger rumgelaufen wäre.«
»Wäre aber ganz schlimm gewesen, wenn sie totgefahren worden wäre«, mischte sich Florian ein.
»Sag so etwas nicht!«, ereiferte sich Bambi. »Das ist ganz schrecklich, und dann hätte der Gottfried gar keine Ruhe mehr. Kleine Kinder lässt man auch nicht allein herumlaufen.«
»Wenn sie doch ausgebüxt ist«, meinte Jerry. »Und wenn sie keinen Hund hat, der auf sie aufpasst.«
Sie hatten den Fohlenhof bald erreicht. Ein paar Pferde waren auf der Koppel.
Die Saison begann, und es waren auch schon ein paar Pensionsgäste in dem hübsch gelegenen Ferienheim.
Die Kinder vom Sonnenwinkel waren hier immer willkommen.
Fränzi Großmann besprach mit der Köchin den Küchenzettel, aber sie unterbrach diese Tätigkeit, als sie die Kinder bemerkte.
»Das ist aber lieb, dass ihr uns besuchen kommt«, rief sie erfreut.
»Wollten mal sehen, wie es euch geht«, erklärte Bambi. »War eine schöne Aufregung.«
»Wir sind froh, dass es so ausgegangen ist«, erwiderte Fränzi.
»Jetzt hat das Mädchen aber eine Lungenentzündung«, berichtete Jerry. »Mein Papi hat es erzählt.«
»Guter Gott, das tut mir leid«, sagte Fränzi. »Mein Mann ist gerade zur Klinik gefahren. Wir wollen die kleine Dagmar zu einem Erholungsaufenthalt einladen.«
»Das finde ich sehr nett«, meinte Bambi. »Dr. Allard wird sie schon bald gesund machen.« Sie wechselte das Thema. »Jetzt können wir auch bald wieder reiten. Hat Rosinante gut überwintert?«
Rosinante war das von Bambi bevorzugte Pony. Sie hatte nicht versäumt, ihm Mohrrüben und Zuckerstückchen zu bringen, damit auch Rosinante sich ihrer erinnerte.
»Ihr könnt sie euch ja anschauen«, bemerkte Fränzi.
»Und wann kriegt Flicka ihr Kind?«, fragte Jerry.
»Nächsten Monat. Da sagen wir euch Bescheid.«
»Pferdekinder brauchen noch länger als Menschenkinder«, stellte Bambi gedankenvoll fest. »Ist das wahr, dass die neue Schwester von der Sternseeklinik die Mutter von dem kleinen Mädchen ist?«
Fränzi nickte. Bambi ließ ihren Blick nachdenklich in die Ferne schweifen.
»Wenn Mütter arbeiten müssen, können sie ja auf ihre Kinder nicht aufpassen. Da haben wir es besser.« Bevor sie den Heimweg antraten, statteten sie den Ponys noch einen Besuch ab.
Bambi freute sich mächtig, als Rosinante sie mit einem freudigen Wiehern begrüßte.
»Jetzt können wir bald wieder reiten, Rosinantchen«, sagte sie. »Jetzt bin ich auch schon ein bisschen größer, und meine Beine sind länger. Schau mal.«
Bambi war überzeugt, dass Rosinante dies verstand und auch zur Kenntnis nahm.
Und als Rosinante mit dem Vorderhuf scharrte, lachte Bambi verschmitzt.
»Du willst natürlich dein Zuckerle. Kriegst du auch.«
Es war Ehrensache, dass die anderen Ponys auch welche bekamen.
*
Dagmars Zustand hatte sich etwas gebessert. Das Fieber war schnell gesunken, aber sie war noch recht apathisch, und wenn sie wirklich mal die Augen öffnete, erfasste sie ihre Umgebung noch nicht.
Gottfried Großmann hatte Obst und Süßigkeiten gebracht und Ursula gesagt, dass Dagmar sich ein paar Wochen auf dem Fohlenhof erholen solle.
Ob das wohl eine Übergangslösung sein könnte, überlegte Ursula. Aber für wie lange?
Alle meinten es gut mit ihr, aber an ihrer Situation würde sich nie etwas ändern.
Sie musste arbeiten, um den Lebensunterhalt zu verdienen, und das bedeutete, dass sie Dagmar immer der Obhut anderer anvertrauen musste, bis sie den Kinderschuhen entwuchs. War es da nicht doch besser, sie Melanie zu lassen?
Sicher war sie nicht die einzige Frau, die vor solchen Problemen stand. Aber wie lösten jene anderen diese, die auf sich selbst gestellt waren und ihre Kinder allein großzogen, die wie sie berufstätig sein mussten?
Kindergarten? Gut und schön, aber es blieben noch genug Stunden am Tag, die ausgefüllt werden mussten.
Vorerst schob sie solche Gedanken von sich. Wichtig war, dass Dagmar wieder gesund wurde, und wie es schien, war Melanie jetzt auch nicht mehr so eigensinnig.
Sie kam jeden Tag, und sie blieb immer lange am Bett des Kindes.
Sie war auch bei Dagmar, als diese zum ersten Mal wieder klarer blickte.
Auch Ursula stand an ihrem Bett, und beide Frauen hielten den Atem an, als das Kind von einer zur anderen schaute.
»Ist Mutti jetzt immer da, Tante Melanie?«, fragte Dagmar mit heiserem Stimmchen.
Melanie schluckte. Ursula streichelte sanft das Köpfchen ihres Kindes.
»Ja, Mutti ist immer da, mein Kleines«, flüsterte sie.
»Wo bin ich denn hier?«, fragte Dagmar.
»In der Sternseeklinik«, sagte nun Melanie.
Dagmar überlegte. Ein schwerer Atemzug hob ihre kleine Brust.
»Wollte nicht weglaufen«, wisperte sie. »Wollte bloß in den Garten gehen, und dann war die Tür zu.«
Diese große Last war nun von Melanie genommen. Dagmar hatte nicht weglaufen wollen. Sie atmete auf.
»Habe den Friseur nicht gefunden«, erzählte Dagmar weiter. »Und dann? Was war dann?«
»Dann kam ein Auto und hat dich gestreift«, berichtete Ursula.
»Ich habe Pferdchen gesehen und wollte sie begucken. Bist du böse mit mir, Tante Melanie?«
»Nein, Liebling, ich bin froh, dass es dir wieder bessergeht.«
»Und mit Mutti bist du auch nicht mehr böse?«, flüsterte das Kind.
Melanie warf Ursula einen langen Blick zu.
»Nein, wir sind nicht böse miteinander«, erwiderte sie gepresst.
Dagmars Augen fielen wieder zu.
»Bin müde«, flüsterte sie. Dann tippte sie auf die Brust. »Tut auch weh. Mutti soll streicheln. Heile Kätzchen machen.«
Melanie Siemon erhob sich.
»Ich gehe dann«, erklärte sie mit erstickter Stimme.
Bittend sah Ursula sie an.
»Versteh mich doch bitte auch!«, sagte sie.
»Ich