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Im Sonnenwinkel Staffel 4 – Familienroman. Patricia VandenbergЧитать онлайн книгу.

Im Sonnenwinkel Staffel 4 – Familienroman - Patricia Vandenberg


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      Ich habe Anschi und Stefan, dachte sie, Onkel Herbert und Tante Norma. Ich habe aber keinen Papi und keine Mami, wie Bambi, wie Manuel und die Zwillinge, wie Jerry und die anderen Kinder.

      Du hast einen Opa, schien da eine Stimme in ihrem Innern zu sagen.

      Ein Paket hatte er ihr geschickt. Er dachte an sie, obgleich sie doch gar nicht lieb zu ihm gewesen war und sich vor ihm versteckt hatte.

      Sie dachte auch an die Stunden in der kalten dunklen Felsenburg.

      Sie knipste das Licht an und stand leise auf. Sie ging zum Fenster und lugte durch den Vorhang.

      Tiefe dunkle Nacht war es noch. Keine Sterne, kein Mond war am Himmel, der von dichten Wolken verhangen war.

      Sie betrachtete die Geschenke, die sie ordentlich, wie es ihre Art war, auf dem Tisch aufgebaut hatte. Wie ein Geburtstagstisch sah es aus, aber noch niemals hatte sie zu ihrem Geburtstag so viele Geschenke bekommen.

      Ganz langsam nahm sie den Füllhalter aus dem Lederetui. Er schimmerte silbern und kam ihr unerhört kostbar vor. Sie wagte gar nicht, ihn anzuschauen. Aber dann, nach langem Zögern, tat sie es doch.

      Und dann klappte sie den Block auf, der auch in dem Paket gewesen war, und begann zu schreiben.

      Lieber Opa. Wie das aussah auf dem Papier. Sie stützte den Kopf in die Hand und ließ ihren Blick auf diesen beiden Worten ruhen.

      Es klang schön, als sie es leise vor sich hin sagte. Und dann schrieb sie weiter.

      Du hast mir viele schöne Sachen geschickt. Vielen Dank dafür. Ich habe sie alle auf meinem Tisch aufgebaut. Es ist wie Geburtstag. Es ist sehr schön, lieber Opa.

      Du hast auch bald Geburtstag. Anschi hat mir erzählt, dass Du uns eingeladen hast. Ich weiß nicht, was ich dann zu Dir sagen soll. Vielleicht bist Du mir böse, weil ich mich in der Felsenburg versteckt habe. Aber dann hättest Du mir wohl nicht so schöne Sachen geschickt. Es tut mir sehr leid, dass ich nicht lieb zu Dir war.

      Hoffentlich habe ich keine Fehler gemacht. Anschi lernt jeden Tag mit mir.

      Und was sollte sie zum Schluss schreiben? Sie überlegte. Dein Binchen, schrieb sie dann.

      *

      Anschi meinte, dass es nun nicht mehr darauf ankäme, ob Sabine ein paar Tage früher oder später in die Schule gehen würde.

      Erstens hatte sie festgestellt, dass sie sehr gut mitkommen würde, nachdem sie sich über das Leistungspensum der vierten Klasse informiert hatte. Zweitens war das Warten auf Otto Behrends Geburtstag aufregend genug, und drittens war sie sich im Zweifel, was sich nach dieser Geburtstagsfeier entscheiden würde.

      Die Telefongespräche mit ihrer Mutter wurden von diesem Thema beherrscht. Dabei musste Anschi die Erfahrung machen, dass ihre Mutter dem Tag mit einer unerwarteten Gelassenheit entgegenblickte.

      Allerdings wusste Norma Kerst mehr als sie. Sie hatte ihrem Mann keine Ruhe mehr gelassen, seit die Einladung zu der Feier eingetroffen war.

      Zuerst war sie fassungslos gewesen, während ihr Mann nur rätselhaft gelächelt hatte.

      »Du machst mich rasend mit diesem Grinsen!«, hatte sie ihn angefaucht.

      »Und du musst langsam lernen, dein Temperament zu zügeln, Norma«, hatte er gelassen erklärt. »Du wirst bald Großmutter.«

      »Vor allem bin ich Mutter«, hatte sie erwidert. »Und ich will wissen, was Otto Behrend im Schilde führt!«

      »Du wirst es erfahren«, war seine Antwort gewesen.

      »Wir sollen diese Einladung annehmen?«

      »Es würde dir viel entgehen, wenn wir es nicht täten.«

      Oh, sie kannte ihren Mann. Sie kannte ihn ganz genau, und sie brachte aus ihm heraus, was sie wissen wollte, was sie wissen musste. Und als sie das erreicht hatte, konnte sie ihm nicht mehr böse sein wegen des Komplotts, das er mit Otto Behrend geschmiedet hatte.

      Ja, sie war wohl diejenige, die dem entscheidenden Tag mit der allergrößten Spannung entgegenblickte. Aber sie brachte es auch fertig, Anschi gegenüber zu schweigen. Allerdings hatte ihr Mann ihr auch angedroht, sich scheiden zu lassen, wenn sie auch nur ein Sterbenswörtchen verraten würde.

      *

      Und nun war der Tag herangekommen!

      Wundervoll hatte Carla Richter die Festtafel dekoriert. Darauf verstand sie sich meisterhaft.

      »Es ist wie immer wunderschön«, sagte ihr Mann anerkennend, »aber du siehst nicht zufrieden aus, Carla.«

      »Mir ist bange«, erwiderte sie. »Wird das wirklich ein Freudenfest, Toni?«

      Ihr Gast, der gestern Abend spät gekommen war, hatte solche Zweifel in ihr geweckt.

      Gewiss hatte Otto Behrend alles vorher bestellt und sie über seinen Ankunftstermin zum Stillschweigen verpflichtet. Aber heute Morgen hatte er nicht einmal gefrühstückt, und dabei sah er, nach Carlas Meinung, halb verhungert aus.

      »Frag ihn doch mal, ob wir ihm das Frühstück aufs Zimmer bringen sollen, Toni«, bat sie.

      »Hast du etwa Angst vor ihm?«, fragte er lächelnd.

      »Er tut mir so schrecklich leid. Ich weiß auch nicht, warum, denn Geld scheint er ja genug zu haben. Aber er kommt mir so hilflos vor.«

      Und hilflos fühlte sich Otto Behrend auch. Dieser Tag konnte alles entscheiden, zum Guten oder zum Bösen für ihn. Er hatte eine anstrengende Woche hinter sich, die ihm nicht so endlos lang erschienen war wie den anderen Beteiligten. Er hatte kaum alles schaffen können, was er sich vorgenommen hatte.

      Nachdem er gestern spätabends hier angekommen war, hatte er lange nicht einschlafen können. Er hatte am Fenster gestanden und zu dem Haus geblickt, in dem er Sabine wusste. Die kleine Sabine, über die er alles in Erfahrung gebracht hatte, was nur in Erfahrung zu bringen gewesen war.

      Er war im Luisenheim gewesen, in das man sie gebracht hatte, als ihre Mutter krank geworden war, so krank, dass sie nicht mehr für ihr Kind hatte sorgen können. Er hatte die Oberin ausgepresst wie eine Zitrone, bis sie ihm alles gesagt hatte.

      Doch nicht nur im Luisenheim war er gewesen, sondern auch in Köln, um zu regeln, was es dort zu regeln gab.

      Heute nun vollendete er sein siebzigstes Lebensjahr, und entweder konnte er noch einmal einen neuen, wenn auch kurzen Abschnitt beginnen, oder für ihn würde alles zu Ende sein. Mit sich selbst, mit Gott und der Welt war Otto Behrend einig.

      Es klopfte an seine Zimmertür.

      »Herr Behrend, sind Sie schon munter?«, fragte eine gedämpfte Männerstimme.

      Wie lange saß er schon da, um das Fazit seines Lebens zu ziehen. Müde erhob er sich und öffnete die Tür.

      »Ich bringe Ihnen das Frühstück«, sagte Anton Richter verlegen. »Ein bisschen was müssen Sie schon zu sich nehmen, sonst bekommt das Festmahl nicht auf nüchternen Magen. Wir hoffen doch sehr, dass Sie es richtig genießen werden.«

      »Es wäre schön«, erwiderte Otto Behrend leise. »Es wäre sehr schön, wohl der schönste Tag in meinem Leben.«

      »Es ist auch ein schöner Tag«, bemerkte Anton Richter. »In diesem Jahr der erste richtige, warme Frühlingstag. Wir hatten einen späten und langen Winter. Und morgen ist schon der erste Mai. Wenn Sie noch etwas wünschen, läuten Sie doch bitte, Herr Behrend. Meine Frau macht unten schon alles bereit.«

      *

      Stefan hatte sich an diesem Tag freigeben lassen, und dafür hatte Felix Münster volles Verständnis gehabt!

      Er hatte gut gefrühstückt und war keineswegs in gedrückter Stimmung.

      Er las in aller Ruhe die Zeitung, während Sabine schon wieder in ihrem Zimmer verschwunden war.

      »Du hast gesagt, dass Paps und Mutti kommen würden«, sagte


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