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Im Sonnenwinkel Staffel 4 – Familienroman. Patricia VandenbergЧитать онлайн книгу.

Im Sonnenwinkel Staffel 4 – Familienroman - Patricia Vandenberg


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Fernand und Gottfried Großmann standen wie erstarrt.

      »Setzen Sie sich, Schwester Ursula«, sagte Dr. Fernand dann beruhigend. »Ich rufe Schwester Selma.«

      »Nein«, entgegnete Ursula und straffte sich. »Es ist mein Kind. Ich bleibe hier. Wie ist das passiert?«

      Stockend erzählte es Gottfried Großmann. Er war jetzt noch deprimierter.

      »Das verstehe ich nicht. Melanie …«

      Ursula unterbrach sich, weil sie sich erinnerte, dass hier niemand etwas von ihrem Kind wusste. Und sie konnte auch gegen Melanie keine Vorwürfe vorbringen.

      Mit bebenden Händen entkleidete sie den schmalen kleinen Körper.

      Außer ein paar Abschürfungen war nichts zu sehen, aber Dagmar war noch immer ohne Bewusstsein.

      »Du kannst mich nicht so strafen, lieber Gott«, flüsterte sie.

      Dr. Fernand, der es hörte, dachte für sich, dass die Sternseeklinik wieder einmal zum Schauplatz eines dramatischen Schicksals wurde.

      Er untersuchte Dagmar gewissenhaft.

      »Sie steht noch unter der Schockeinwirkung«, sagte er, »aber die Unterkühlung ist augenblicklich ernster zu nehmen. Das Kind ist viel zu leicht angezogen.«

      »Ich verstehe das nicht. Melanie ist doch immer so besorgt um sie gewesen«, flüsterte Ursula.

      *

      Melanie war von Haus zu Haus geirrt, aber niemand hatte Dagmar gesehen.

      Als sie den Wagen ihres Mannes kommen sah, war sie ein Nervenbündel.

      Sie redete so wirr, dass Alfred Siemon immer besorgter wurde.

      »Beruhige dich doch erst mal, Melanie«, sagte er. »Wir müssen der Polizei Angaben machen, wenn wir Dagmar suchen lassen.«

      »Ich bin schuld!«, stöhnte sie. »Ich war zornig. Ich habe sie zu Hause gelassen, weil sie dauernd von ihrer Mutti redete und wieder Tante zu mir sagte und weil sie sich nicht die Haare schneiden lassen wollte. O mein Gott, was habe ich getan!«

      »Du änderst jetzt nichts, wenn du dir Vorwürfe machst«, entgegnete er leise. »Sie ist weggelaufen. Wir werden sie finden. Sie kann doch nicht weit sein.«

      »Und wenn Ursula hier gewesen ist und sie mitgenommen hat? Oder wenn sie mit jemand anderem mitgegangen ist? Du weißt doch, was so alles passiert. Ich bringe mich um, wenn …«

      »Sei still!«, fiel er ihr ins Wort. »Denk doch nicht das Schlimmste. Was passiert hier denn schon? Ich fahre jetzt zum Revier. Vielleicht wollte sie dich bloß ärgern und hat sich irgendwo versteckt.«

      Melanie schüttelte nur immer wieder den Kopf.

      »Wir müssen sie finden, wir müssen sie finden!«, stammelte sie.

      *

      Dr. Fernand betrat das Zimmer Dr. Allards.

      »Würdest du bitte mal kommen, Nicolas. Die Kleine, die eben gebracht wurde, ist die Tochter von Schwester Ursula. Sie will verständlicherweise nicht von dem Bett des Kindes weichen.«

      Dr. Allard hatte eben ein Kind untersucht, das heute entlassen werden sollte und auf das die Eltern schon warteten. Er sah seinen Freund und Kollegen geistesabwesend an.

      »So, Peppi«, sagte er zu dem Jungen, »nun tob nicht gleich wieder herum. Dein Bein muss noch geschont werden. In vierzehn Tagen sehen wir uns wieder.«

      »So lange noch?«, fragte der Junge betrübt.

      »Kannst auch vorher kommen, wenn es dir bei uns so gut gefallen hat.«

      Er fuhr ihm mit der Hand durch den Haarschopf und lächelte freundlich.

      Peppi ging, und Dr. Allard verließ mit Dr. Fernand ebenfalls den Raum.

      »Klär mich bitte erst mal auf«, sagte er. »Wie ist das passiert?«

      André Fernand erzählte es.

      »Alles ein bisschen eigenartig, nicht wahr? Wusstest du, dass sie ein Kind hat?«

      »Nein. Sie ist nicht verheiratet.«

      »Vielleicht meinte sie, dass wir Vorurteile hegen könnten«, äußerte Dr. Fernand. »Es war ein arger Schock für sie. Ich denke, du solltest mit ihr sprechen. Du kannst das besser als ich.«

      »Okay.«

      Verzweiflung stand in Ursulas Augen, als sie Dr. Allard anblickte.

      »Ich hätte es Ihnen wohl sagen müssen«, flüsterte sie.

      »Ich bin kein Inquisitor, Schwester Ursula«, bemerkte er nachsichtig. »Wie geht es der Kleinen?«

      Er beugte sich hinab und hob die Augenlider.

      »Sie wird bald zu sich kommen«, stellte er fest. »Ängstigen Sie sich nicht. Wir werden sie selbstverständlich röntgen. Dr. Fernand hat sie ja wohl schon untersucht?«

      Ursula nickte. »Ich hatte sie bei meiner Kusine untergebracht«, berichtete sie bebend. »Ich hatte kein Geld. Sie hat keinen Vater.«

      »Wollen wir besser sagen, keinen, der sich dazu bekennt«, entgegnete Dr. Allard. Beruhigend legte er seine Hand auf Ursulas Schulter. »Darüber können wir doch ganz offen sprechen, Mädchen. Sie sind kein Einzelfall.«

      »Es ist alles nicht so leicht zu erklären«, schluchzte Ursula auf. »Ich war froh, die Stellung zu bekommen, damit ich in Dagmars Nähe sein konnte, und nun …« Sie senkte den Kopf.

      »Sie werden mir Ihre Geschichte später erzählen, wenn Sie ruhiger geworden sind und wenn Sie es überhaupt wollen«, meinte Dr. Allard. »Jetzt werden wir uns um Ihr Kind kümmern. Die Kleine kommt zu sich.«

      Dagmar schlug die Augen auf und schaute verwirrt um sich. Ursula beugte sich über sie und küsste sie zärtlich auf die Stirn.

      »Mutti«, flüsterte Dagmar, »du bist ja bei mir!«

      Ein Staunen war in ihrer Stimme und in ihren Augen, die sich aber gleich wieder schlossen.

      »Kopf tut weh«, hauchte sie.

      Sie hat Mutti zu mir gesagt, dachte Ursula. Sie hat mich erkannt.

      In den Schmerz mischte sich ein grenzenloses Glücksgefühl, das sich in ihrer Miene widerspiegelte, als sie Dr. Allard anblickte.

      »Sie hat Mutti gesagt«, flüsterte sie.

      Armes Menschenkind, dachte er. Was werde ich da wohl wieder erfahren.

      *

      Melanie hatte Angst, den Hörer abzunehmen und sich zu melden. Ihr Herz klopfte wie ein Hammer, als sie es schließlich fertigbrachte.

      »Hier Sternseeklinik«, sagte eine Stimme, »ich verbinde mit Schwester Ursula.«

      Melanie fiel der Hörer aus der Hand. Sie hörte die Stimme von Ursula. »Hallo!«, rufen. Und da rannte sie wie gehetzt hinaus ins Freie.

      Ursula – was sollte sie ihr sagen? Vielleicht musste sie ihr bald gestehen, dass keiner von ihnen Dagmar noch haben würde.

      Melanie ahnte nicht, dass Ursula ihr sagen wollte, dass Dagmar in der Sternseeklinik sei.

      Sie war in einem unbeschreiblichen Zustand, und wäre ihr Mann nicht zurückgekommen, wäre sie auf und davon gelaufen.

      »Jetzt nimm dich aber zusammen!«, erklärte er energisch, und das war gut so.

      Er trug sie fast ins Haus, und er sah den Telefonhörer baumeln.

      »Was soll das?«, fragte er nun doch erschrocken und eine schlechte Nachricht fürchtend.

      »Ursula wollte mich sprechen«, flüsterte Melanie. »Ich konnte nicht mit ihr reden, ich konnte es nicht, Alf.«

      Er legte den Hörer auf, und während er sie mitleidvoll betrachtete, denn so hatte er Melanie noch nie erlebt,


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