Leni Behrendt Staffel 1 – Liebesroman. Leni BehrendtЧитать онлайн книгу.
wird uns eine Ehre sein, Durchlaucht.«
»Na – auch ehrlich, Sie Spötter?«
»Von ganzem Herzen.«
»Dann bin ich beruhigt. Aber was fangen wir mit meinem Vetter an, der sich an der bezaubernden kleinen Dörth ganz ernstlich zu entflammen scheint. Wollen Sie mir da etwa auch mit einem Zitat antworten?«
»Gewiß, Durchlaucht: Jedem steht das Recht zu, sich an der Sonne zu wärmen.«
Zuerst sah sie ihn verblüfft an, dann lachte sie wieder.
»Das nennt man Großzügigkeit.«
Sie war eine geistreiche Frau, die Fürstin Zern, und als Gattin eines Diplomaten weit in der Welt herumgekommen. Jetzt war er tot und sie des Reisens müde, obwohl sie mit ihren fünfzig Jahren noch manchen Jungen in die Tasche steckte, wie man so sagt. Trotzdem wollte sie ein geruhsames Leben führen, wozu das kleine, aber herrschaftliche Burgen wie geschaffen war. Sie hatte dort auch stets mit dem Gatten einige Wochen im Jahr verbracht, war daher in der Gesellschaft bekannt und nicht beliebt. Wenigstens nicht bei den Engstirnigen, die es ja in jeder Gesellschaftschicht gibt. Die fürchteten ihren Esprit – und ihren Sarkasmus.
Aber die Sölgerthurns, ja, das waren Menschen nach ihrem Herzen. Daher war sie auch entsetzt gewesen, als sie hörte, daß der Edzard, den sie noch besonders in ihr Herz geschlossen, die Doro Sander gefreit, die sie nur als kleines Scheusälchen kannte. Doch als sie diese dann nach drei Jahren wiedersah, war sie vor Überraschung einfach sprachlos gewesen, was der klugen und weltgewandten Dame wahrlich nicht oft geschah.
Na, wenn man da nicht an Wunder glauben sollte!
Und dann hatte sie in sich hineingelacht. Dieser Edzard, das war schon einer! Pflückte sich in aller Nonchalance eine der schönsten Blumen aus dem Mädchenflor.
Die Fürstin und ihr Vetter, auch ein früherer Diplomat, der jetzt jedoch nur der Wissenschaft lebte, waren die schwierigsten Gäste in der illustren Gesellschaft. Daher wollte Doro streiken, als sie hörte, wer sie zu Tisch führen sollte.
»Was soll ich mit dem wohl reden! Ich verstehe weder etwas von Wissenschaft noch von Diplomatie.«
»Brauchst du ja auch gar nicht«, schmunzelte der Schwiegervater. »Du becirct ihn, und Edzard läßt bei der Fürstin seinen Geist blänkern. Seid vernünftig, Kinder. Wir wüßten nämlich nicht, wem anders als euch wir diese schwierigen Gäste zuteilen sollten.«
»Jo und Friedbert.«
»Warum auch nicht«, meinte dieser trocken. »Ich erzähle meiner Dame, wie man Pferde füttert, und Jo ihrem Herrn, wie man eigensinnige kleine Mädchen bändigt – siehe da, Dörth –! Das wird vielleicht seine Liebe zur holden Weiblichkeit erwecken.«
»Du bist ein Scheusal, mein lieber Bertie«, lachte Doro gleich den andern. »Also gut, becirce ich den Hagestolz.«
Was ihr denn auch gelang. Und ebensogut konnte Edzard sich neben der geistreichen Frau behaupten.
Sie wurden beide auch nicht mehr los, als man sich nach dem Tischtanz zum »Sympathisierclub« zusammenfand. Wie selbstverständlich reihten sie sich dem ein und waren nun gar nicht mehr schwierig, sondern fröhlich mit den Fröhlichen.
»Unsere Dörth ist heute wieder einmal glänzend in Form«, lachte Jo, als Doro mit einem glatzköpfigen Dicken vergnügt davonwalzte. »Die schaukelt den ein, daß seine Beine nur so fliegen.«
»Ja, sie ist ein ganz entzückendes Menschenkind«, sprach die Fürstin so warm, wie sie es selten tat. »Schon deshalb möchte ich um gütige Aufnahme in diesen Kreis bitten, damit mein altes Herz sich oft an dem Sonnenstrahl wärmen kann.«
»Es ist uns eine Ehre, Durchlaucht«, verneigte der Hausherr sich, und sie lachte.
»Dasselbe versicherte Edzard bereits. Aber ob ehrlich gemeint oder nicht, mich werden Sie nicht mehr los.«
Sie wurde zum Tanz geholt, und da auch ihr Vetter nicht zugegen war, schnitt Georg Sander eine Grimasse.
»Die schwierigen Herrschaften haben uns gerade noch in unserm trauten Familienkreis gefehlt. Da werden wir aber unsern Geist schleifen müssen.«
»Oder wie benehmen uns wie Banausen, wie Jörn damals riet«, zwinkerte die Hausherrin vergnügt.
»Dann sind wir die ›Eindringlinge‹ unter Garantie los.«
»Prosit, liebste Frau, du hast den Sinn erfaßt«, hob das Ehegespons ihr sein Glas entgegen, sie dabei verliebt betrachtend, was ein allgemeines Schmunzeln hervorrief.
»Sag mal, meine Trautgemahlin, werden wir beide auch nach dreißig Ehejahren noch so verliebt sein?« fragte Bertie, und Jo lachte.
»Wenn du mich mit deinem Pferdeverstand bis dahin nicht umgebracht hast, dann wahrscheinlich. Außerdem wären wir dann abgeklärte Leute voll Güte und Milde. Ich nämlich fünfundsiebzig und du achtzig.«
»Was gibt’s denn hier zu lachen«, wollte die Fürstin wissen, die soeben an den Tisch trat, Arm in Arm mit Doro. »Darf ich mithalten? Ich lache doch für mein Leben gern.«
»Dann man zu, Durchlaucht«, ermunterte der Hausherr. »Wir hielten uns nämlich vor, wie es sein müßte, wenn wir nach dreißig Jahren alle mit dem Kopf wackeln.«
»Müßte ein schöner Anblick sein«, schüttelte die zierliche Frau mit dem weißen Haar und den jungen Augen sich in komischem Entsetzen. »Denken wir nicht daran, heut’ ist heut’! Stoßen wir darauf an.«
Man tat’s – hauptsächlich Doro. In einem Zuge trank sie das Sektglas leer, dabei lachte sie den Gatten so lieblich an, daß ihm das Blut heiß in die Schläfen stieg. In seinen Augen blitzte es auf.
»Paß auf, jetzt packt er zu«, raunte Friedbert, der neben Jo saß, dieser ins Ohr. »Jetzt gibt er dem störrischen Rassegäulchen zuerst die Kandare – und hinterher Zucker.«
Da erhob sie sich mit spitzbübischem Lächeln, pirschte sich unauffällig an die Musikkapelle – und kam mit dem harmlosesten Gesicht an den Tisch zurück, während ein Tango aufklang. Und schon verneigte sich der junge Graf vor seiner Gattin.
Es war ein schönes Paar, ein elegantes Paar, das da zu den schmeichelnden Klängen über das Parkett glitt. Ein Paar, das der liebe Herrgott sich selbst zur Freude erschaffen zu haben schien. Daher ließ er es auch nicht in einer Durchschnittsliebelei gleich zueinanderfinden, sondern preßte ihre Herzen erst einmal durch die Keller des Schmerzes und der Sehnsucht. Solange, bis sie geläutert waren für ein Liebesglück, wie es nur den Sonntagskindern des Schicksals vergönnt ist.
Hüte dein Herz – da war die Warnung wieder, der diese beiden Menschen bisher gefolgt waren. Aber länger konnten sie es nicht, zu heiß brannten die Herzen einander zu. Es ist vergeblich, sein Herz zu hüten – klagte der Tango – und er hatte recht.
Jetzt weiß ich überhaupt nicht mehr aus noch ein – dachte Doro verzweifelt. Wo ist mein Stolz, wo ist mein Trotz geblieben, mit dem es mir bisher gelang, mein Herz zu hüten. Feige haben sie mich im Stich gelassen.
Und dabei sang die Geige doch so süß.
Zaghaft schaute sie auf, mitten in die Männeraugen hinein, aus denen es brach wie ein heißer blauer Strahl.
»Na, denn in Gottes Namen –«, flüsterte sie resigniert, und schon raunte eine Stimme an ihrem Ohr:
»Das war ein gutes Wort, kleine Dörth. Denn an Gottes Segen ist alles gelegen.«
Was dann geschah, ging blitzartig rasch. Doro spürte nur, wie sein Arm sie fester umfaßte, wie er sie ohne Erbarmen aus den Reihen der Tanzenden führte. Die Musik klang ferner und ferner, schwebte dann nur noch wie ein Hauch durch das Gemach, das abseits der Festräume lag.
Und in diese süße Weise hinein schwang eine Stimme dunkel wie in Moll:
»Nun, mein törichtes Mädchen, siehst du nun endlich ein, wie vergeblich es war, dein Herzchen zu hüten?«
»Edzard,