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Leni Behrendt Staffel 1 – Liebesroman. Leni BehrendtЧитать онлайн книгу.

Leni Behrendt Staffel 1 – Liebesroman - Leni Behrendt


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Musik, die älteren Damen plauschten ver­gnügt, und die dazugehörigen Eheliebsten droschen munter ihren Skat. Satt war man, ein guter Tropfen stand greifbar nahe, also konnte man schon vor Wohlbehagen schnurren wie ein Hauskater am warmen Ofen.

      Allein die Dörth tat es nicht, sie mußte wachsam ihren Schatz hüten. Augenblicklich hatte sie ihn fest, schmiegte sich in seinen Arm und tanzte nach einer schmeichelnden Weise. Sie tanzte zwar schlecht, aber mit viel Gefühl.

      »Und ich wußte, es ist vergeblich, sein Herz zu hüten«, sang man hie und da den Text des Tangos mit.

      »O wie schön«, lächelte das blutjunge Menschenkind wie traumverloren zu ihrem Partner auf. »Ich will ja gar nicht mein Herz hüten, Edzard. Ich will es ja in deine Hände geben mit unerschütterlichem Vertrauen. Hör nur, was man jetzt singt: Tief wie das Meer, süß wie der Wein, können nur verliebte Nächte in Italien sein – kennst du so was?«

      Da schämte sich der Mann unter dem unschuldigen Blick dieser Kinderaugen.

      »Dummchen, du«, sagte er zärtlich. »Zerbrich dir doch darüber dein Köpfchen nicht. – Und nun weinst du gar. Aber Doro, kleine liebe Dörth, wie kann man denn alles nur so tragisch nehmen. Ganz blaß bist du geworden. Du darfst dich doch von so einer süßduseligen Weise nicht verwirren lassen. Dabei ist doch so viel Lug und Trug.«

      »Aber nicht bei uns, Edzard – nicht wahr, nicht bei uns?« flehte sie so angstvoll, daß ihm miserabel zumute war. »Sag es mir doch, daß du mich liebst – bitte, bitte!«

      »Aber das weißt du doch, Dörth«, beschwichtigte er das Mädchen, das in seinem Arm zitterte und bebte. »Wir lieben uns doch, solange wir uns kennen.«

      »Ja – nun ist es gut –«, legte sie mit einem rührenden Lächeln das Köpfchen an seine Schulter. »Nun werde ich auch warten können.«

      Zum zweiten Mal an diesem Abend wurde dem geplagten Mann Rettung, und diesmal, als die Musik schwieg. Gutwillig ließ sich Doro von ihm zu den Eltern führen, die mit den Gastgebern und noch einigen ihnen sympathischen Menschen im trauten Kreis beisammensaßen.

      »Sekt möchte ich trinken«, sagte Doro mit so strahlenden Augen, wie man sie an ihr noch nie gesehen. »Hol mir ein Glas davon, Edzard, aber möglichst frisch und kühl.«

      Er entwetzte mit einem Gefühl, als hätte man ihn aus einer Schlinge befreit. Doch er kam nicht weit – denn schon wurde ihm die zweite Schlinge gelegt. Und diesmal von einer verführerischen Frau, die seinen Arm nahm und ihn dorthin entführte, wo die Illumination nicht mehr hinreichte, wo es verschwiegen war und still im Dämmer des Parkes – und zwei wachsame Augenpaare spähten ihnen nach.

      »Nun, mein Süßer«, girrte ein Lachen auf, das den Mann wie ein ekliges Reptil ankroch. »Komm, setz dich zu mir – und laß uns von der Liebe reden wie einst im Mai.«

      »Lassen Sie das!« unterbrach er sie schroff, die sich nun auf eine Bank niederließ, während er vor ihr stehenblieb. »Sie nehmen doch nicht etwa an, daß ich Ihnen hierher folgte, um mir Ihr albernes Geschwätz anzuhören?«

      »Ach, sieh mal an«, wurde die Stimme nun spitz und schrill, so daß er nervös zusammenfuhr und sich scheu nach allen Seiten umsah. Dann sagte er kurz: »Ich werde Ihnen noch heute einen Scheck zukommen lassen – denn darauf geht ja wohl das ganze Theater aus.«

      »Oder auch nicht.« Sie lachte jetzt so richtig niederträchtig. »Ein zärtliches Schäferstündchen möchte ich mit meinem Süßen verleben. Oder hat der vornehme Herr Graf etwa Angst, daß die Erbtocher dahinterkommen könnte, mit der man ihn verkuppeln will? Mit diesem armseligen, vermickerten Scheusal, dieser Heuschrecke…«

      Sie hielt entsetzt inne, als plötzlich eine breite Gestalt wie aus dem Erdboden gewachsen vor ihr stand, und auch Edzard fuhr erschrocken zusammen.

      »Ich bin’s man bloß, Herr Graf«, klang eine tiefe Stimme beruhigend auf. »Lassen Sie mich nur machen; denn mit so einem Gewürm werden Sie in Ihrer Vornehmheit ja doch nicht fertig. Da muß man grob sein können wie Bohnenstroh!«

      »Wer sind Sie Flegel, was wollen Sie überhaupt hier?« kreischte die »Mondäne« angstschlotternd. Doch schon legte sich eine Hand auf ihren Mund, die bestimmt nicht die kleinste Handschuhnummer hatte.

      »Aber wer wird denn gleich so kreischen«, sprach der Verwalter von Rautenau gemütlich. »Wirst doch wohl noch den guten alten Emil Blade kennen, der dich einmal gehörig verprügelte, weil du ihm Mottenpulver in den Tabaksbeutel streutest – und der dann deine armen Eltern trösten mußte, als du mit dem alten Krauter durchgingst. Sag mal, Blanka, ist der eigentlich eines natürlichen Todes gestorben? Aber damit du diese Frage beantworten kannst, muß ich dir wohl zuerst den Mund freigeben.«

      Er tat’s – und dann lachte er hinter der Frau her, die davonhetzte, als wären tausend Teufel hinter ihr drein. Doch bevor er noch etwas sagen konnte, vernahm man ein klägliches Wimmern.

      »Haben Sie das gehört, Herr Graf?«

      »Ja…«

      Ihre Augen, die sich bereits an die Dunkelheit gewöhnt hatten, spähten umher, entdeckten dann unweit im Gebüsch etwas Helles – und gleich darauf standen sie entsetzt vor einer Gestalt, die langgestreckt dalag.

      »Nun haben wir die Bescherung«, brummte Blade. »Da ist dieses unglückselige Kind Ihnen nachgeschlichen, Herr Graf, und hat diese widerliche Auseinandersetzung mit angehört. Na, das wird ja einen guten Klamauk geben.«

      Damit hob er die Ohnmächtige auf die Arme und sagte hastig zu dem jungen Gebieter, der verstört dastand:

      »Wir müssen sie auf Umwegen ins Schloß bringen. Hoffentlich läuft uns keiner der Gäste dabei in den Weg.«

      Doch sie hatten Glück. Unbemerkt erreichten sie das Schlafzimmer der Gräfin, wo Blade seine leichte Last auf den Diwan legte.

      »Donner noch eins«, wischte er sich den Angstschweiß von der Stirn. »Ich glaube, Herr Graf, da können wir nichts machen, da müssen sich schon die Damen um die Ohnmächtige bemühen. Ich werde ihnen sofort Bescheid sagen.«

      Fort war er, und verstört sah Edzard auf Doro nieder, die bewegungslos dalag. Das hagere Gesichtchen geisterhaft bleich, den Mund wie im Schmerz verkrampft.

      Und dann war es die beherzte Ruth, die nicht so lange fassungslos auf das geisterhafte Mädchen starrte, wie der Gatte und die drei Sölgerthurns es taten, sondern handelte. Sie hielt dem wie tot erscheinenden Töchterlein einen mit belebender Essenz getränkten Wattebausch unter die Nase, und schon war das mit Erfolg gekrönt. Die schmale Brust begann zu arbeiten, die bläulichweißen Lider hoben sich schwer von den Augen, die umherirrten, als hätten sie bereits in eine andere Welt geschaut. Bis diese gehetzten Augen an Edzard hängen blieben.

      »Nein!« schrie sie da so gepeinigt auf, daß es allen sozusagen durch Mark und Bein ging. »Nein, ich will ihn nicht mehr sehen! Er ist ja so schlecht – so erbärmlich schlecht.«

      »Wer denn, mein Liebes?« fragte Ruth mit schwankender Stimme, dabei den kümmerlichen Körper des Stiefkindes, das ihr doch so fest ans Herz gewachsen war, erbarmend umfassend. »Wer hat dir denn etwas zuleide getan?«

      »Edzard – er brach mir die Treue – mit dieser Kokotten – der Freundin der Frau Schratz…«

      Wie auf Kommando gingen jetzt die Blicke der verstörten Menschen zu dem jungen Mann hin, der dastand – mit hängendem Kopf, mit hängenden Armen – wie das personifizierte Schuldbewußtsein.

      »Edzard… du…?« fragte die Mutter so jammervoll, da er wie ein ertappter Sünder zusammenfuhr und bis in die Lippen erblaßte. Nicht ein Wort bekam er über die verkrampften Lippen – und das bedeutete gewissermaßen sein Todesurteil. Es herrschte eine an Herz und Nerven zerrende Stille im Raum, bis Doro aufschrie, ganz dünn und hell:

      »Bring mich fort, Paps – bring mich fort. Er ist ja so schlecht – so abgrundtief schlecht – er hat mir das Herz gebrochen!«

      Da biß der gepeinigte Vater die Zähne zusammen, hob seine Tochter auf die Arme,


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