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Heimatkinder Staffel 4 – Heimatroman. Kathrin SingerЧитать онлайн книгу.

Heimatkinder Staffel 4 – Heimatroman - Kathrin Singer


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zu deuten, nur heute tappte er im Dunkeln.

      »Papa«, begann Ben und versuchte, seinen blauen Augen einen festen Blick zu verleihen. »Wir …, also Sara und ich, müssen mit dir sprechen.«

      »Was Ernstes? Schule oder Hobby? Ihr habt was ausgefressen?«

      Die beiden sahen sich hilflos an. Plötzlich trat Sara hervor. Bebte ihre Unterlippe, oder rang sie nach Luft? »Wir …, also, wir wollen zu Mami nach London.«

      Frank erstarrte. Es traf ihn wie ein Hieb. »Warum?«

      Was Ben auch entgegnen wollte – es fiel ihm verdammt schwer. »Papa …, du weißt doch, dass Mami Zwillinge erwartet. Sie hat mir geschrieben, dass sie uns braucht.«

      »Sie …, Sylvia braucht euch? Ach! Auf einmal? Sie ist verheiratet und sollte doch endlich glücklich sein!«, gab er mit der unterdrückten Wut eines Mannes, der seine Frau an einen anderen verloren hatte, zurück. Mit allem hatte er gerechnet, aber nicht mit so einer schmerzhaften Ankündigung!

      »Aber die Zwillinge sind doch unsere Halbgeschwister, Papa! Und ich finde Babies so süß!«, wagte Sara einzugestehen.

      »Sie hat uns Geld für die Flüge nach London geschickt!«, fügte Ben hinzu und trat von einem Fuß auf den anderen. »Da können wir sie doch nicht enttäuschen.«

      Seine Kinder hatten also Geheimnisse vor ihm! Sie schmiedeten hinter seinem Rücken Pläne! Sie taten nur so, als ginge es ihnen bei ihrem Vater gut! Noch schlimmer …, sie belogen und betrogen ihn! Das alles ging Frank in Windeseile durch den Kopf. Aber er brachte kein einziges Wort heraus.

      »Wir fliegen in den Faschingsferien und bleiben, bis die Zwillinge geboren sind. Arthur hat schon einige Schulen gefunden, die wir, wenn es uns in London gefällt, besuchen können«, verriet Ben kleinlaut.

      »Was?! Ihr habt doch nicht etwa vor, länger in London zu bleiben?«, brach es aus ihm heraus. »Das erlaube ich nicht!«

      Sara trat auf ihn zu. Wie konnten die beiden ihm das antun? Er hatte doch alles für sie getan!

      »Schau,Papa«, begann Sara einschmeichelnd. »Ben und ich haben schon oft darüber nachgedacht, ob es dir ohne uns nicht besser geht.« Ihr Blick verriet so viel Mitgefühl, dass Frank das Herz schwer wurde. Hatte er schon wieder versagt? Begriffen die beiden, wie viel ihm trotz ihrer Liebe fehlte?

      »Ohne euch soll es mir besser gehen? Was soll denn der Quatsch?«

      »Na ja, vielleicht nicht sofort. Aber wenn du dich ans Leben ohne uns gewöhnt hast, kannst du doch mal wieder mit Frauen ausgehen, Papa!«, meinte Ben wie ein Alter. »Es gibt doch genug, denen du gefällst …«

      »Noch bist du ja ein echt cooler Typ!« Sara strich sich das dunkle Haar aus dem Gesicht, damit ihr ermunterndes Lächeln ihn erreichte. »Abends herumzusitzen, damit wir nicht allein in der Wohnung sind und Sehnsucht nach Mami bekommen, das ist doch auf Dauer nichts.«

      »Unter deinen Patientinnen sind einige flotte Frauen, Papi!«, versicherte Ben. Beide sahen ihn abwartend an.

      »Schluss jetzt! Macht euch keine Hoffnung. Aus London wird nichts!«

      »Na ja, Papa. Aber ich werde in zwei Wochen achtzehn. Und wenn Mami und Arthur alles bezahlen? Also …, so richtig verbieten kannst du es mir nicht.«

      Da blieb Fank die Luft wirklich weg.

      »Und ohne Ben ist es hier so öde, Papa. Da geh’ ich dir nur auf die Nerven …«, begann Sara nun auch noch.

      Was sollte er tun, um sie zu halten? Ihnen eingestehen, dass er auf eine Annonce geschrieben und sich nächste Woche mit Anette treffen würde? Aber wenn es zwischen ihr und ihm nicht funkte? Sollten seine Kinder sich auf eine Stiefmutter freuen, die ihm vielleicht nur Respekt entgegenbrachte, und die er nicht lieben konnte? Versagte er dann nicht wieder?

      »Ich habe Konzertkarten für heute Abend!«, verriet er nach einem stöhnenden Atemzug, als hinge von diesem gemeinsamen Vergnügen seine Zukunft als Vater und Mann ab. »Es sind drei. Versucht mal, ob einer eurer Freunde mit­gekommt. Ich habe noch an meinem Vortrag für Ende nächster Woche zu arbeiten.«

      »Klasse, Papa!«, rief Ben erleichtert, trat auf ihn zu und umarmte ihn. »Sara hat mal wieder recht. Du bist ein echt cooler Typ!«

      *

      Es war ein sonniger Frühlingstag wie aus dem Bilderbuch. Stefan stand im Hof und beobachtete, wie Dany sich auf dem Dreirad mit Jossi auf ihrem Roller ein kleines Wettrennen lieferte. Aber eigentlich wollten sie nur hinter der Katze Buscha her, die auf Spatzenjagd schlich. Er hätte sich gern die Zeit genommen, um mit allen dreien zum Wald zu gehen und ein Sträußchen Märzbecher für Marie zu pflücken. Oder blühten schon die Primeln? Es war heute leider egal, was am Waldrand blühte. Denn er musste nach München, wie er es Anette versprochen hatte.

      Er legte seinen Stadtmantel schon hinten in den Wagen, da fiel ihm auf, dass Reserl nirgends zu sehen war.

      »Wohin ist Reserl?«, rief er den beiden Jüngeren zu. Dany hörte ihn erst gar nicht, und Jossi hob nur die Schultern. »Pfft!«, machte Stefan. Denn er fragte sich mal wieder, ob es richtig gewesen war, Reserl so ein Super-Fahrrad zu Weihnachten zu schenken.

      Sie hatte es sich so sehnlich gewünscht, weil viele ihrer Schulfreunde auch so eins hatten. Aber die wohnten fast alle in Altendorf. Und hier oben war der Weißenburg-Hof, wo nur ein Teil des Hofes asphaltiert war und man jenseits der Gebäude auf Feld und Wiesen leicht die Balance verlor.

      Noch schwieriger wurde es auf der Straße unterhalb der Anhöhe. Sie war kurvig und schmal, bis sie in die Landstraße nach Altendorf einmündete. Außerdem kamen nur wenige Autos vorbei. Sollte Reserl dort stürzen, konnte es Minuten dauern, bis man sie fand.

      »Papiiii!«

      Er fuhr herum. Reserl sauste am Neubau mit den Wohnungen der Angestellten vorbei, sprang vom Sattel, warf das Fahrrad hin und kam mit einem Schulbuch auf ihn zu.

      »Wie heißt der dritte Fluss in meiner Heimat, Papi? Ammer, Würm und …?«

      »Alz.«

      »Alz. Ja, stimmt. Danke, Papi.«

      »Und woher kommst du eigentlich?«

      Sie wippte auf und ab. »Vom Wald. Da wachsen schon Primeln. Zwischen ihnen hab ich Hausaufgaben gemacht.«

      Sefans Stirn legte sich in Falten. Er strich sich betont langsam übers Haar. Sie sollte nicht merken, welch ein Schrecken ihn durchfuhr. »Hast du Mami vorher Bescheid gesagt?«

      »Mami ist doch nicht da!«

      »Und? Wo ist sie?«

      »Zu den Osterlohs. Frau Osterloh hat Migräne, dann muss Mami doch immer zu ihr.« Sie bemerkte erst jetzt, dass er stadtfein gekleidet war. »Musst du etwa auch weg?«

      »Ja, nach München. Ich bin zum Abendessen zurück.« Stefan griff in seine Jackett-Taschen und durchwühlte sie. Er vermisste seinen Autoschlüssel. Oder steckten die im Mantel?

      »Aber du hast es doch versprochen, für Dany eine Krone zu basteln!«, erinnerte Reserl ihn. »Er will doch als Froschkönig zum Kinderfasching gehen!«

      »Bis zum Sonntag schaff’ ich das noch.« Er sah grübelnd vor sich hin. Also gut, der Schlüssel konnte nur in der Manteltasche sein.

      Reserl musterte ihn interessiert. »Dein Autoschlüssel?«, erriet sie triumphierend. »Schon wieder weg? Papi, du musst ihn an den oberen Haken im Flur hängen! Da, wo Dany nicht drankommt! Das hab’ ich Mami und dir schon oft gesagt. Dany nimmt ihn immer vom Bord! Der mag Autoschlüssel eben! Er denkt dann, er kann schon Autofahren! Das weißt du doch!« Richtig toll kam sie sich als Ratgeberin und Erzieherin vor.

      Er konnte nur staunen, wie sie davonpreschte, bis sie Dany erwischte und gleich darauf die Schlüssel aus seiner Anoraktasche zauberte. »Siehste, Papi! Was hab’ ich gesagt!«

      Was blieb ihm da übrig, als sein Reserl dankbar abzubusserln und seine Ermahnungen über ihre eigenmächtigen


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