Die großen Herrscherinnen und Regentinnen. Dr. Barbara BeckЧитать онлайн книгу.
von Frankreich, dann Königin von England wurde. Vor allem während ihrer Witwenschaft konnte sie alle Machtspielräume nutzen, die sich ihr boten.
Die um 1122 geborene Eleonore war die älteste Tochter von Herzog Wilhelm X. von Aquitanien, einem mächtigen Vasallen der französischen Krone, und dessen Gemahlin Aenor von Châtelleraut. Da ihr einziger Bruder früh verstarb, erbte die gebildete und kultivierte Herzogstochter nach dem Tod ihres Vaters im April 1137 das im äußersten Südwesten Frankreichs gelegene blühende Herzogtum Aquitanien. Nur wenige Monate später, im Juli, heiratete sie in Bordeaux den französischen Kronprinzen aus dem Geschlecht der Kapetinger, der bereits kurz nach der Hochzeit als Ludwig VII. König wurde. Zunächst schien sich die Ehe des jungen Paars trotz unterschiedlicher Lebenseinstellungen positiv zu entwickeln. Während die lebenslustige Eleonore in einer heiteren und sinnenfrohen Umgebung aufgewachsen war, bevorzugte Ludwig, der ursprünglich die geistliche Laufbahn einschlagen wollte, einen mönchischen Lebensstil.
Die in den ersten Ehejahren offenbar bestehende Harmonie ging im Verlauf des erfolglosen Zweiten Kreuzzugs, der von 1147 bis 1149 dauerte, verloren. Die Königin begleitete ihren Gatten auf seinem Kriegszug. Während des Aufenthalts bei Eleonores Onkel, dem Fürsten Raimund von Antiocchia, zerstritt sich das Königspaar über den in dem Krieg nun einzuschlagenden Weg. Die sehr selbstbewusste Königin, die sich am französischen Hof zunehmend in ihrer Lebensführung eingeschränkt fühlte, sprach erstmals von einer Auflösung ihrer Ehe. Bezeichnenderweise tauchen gerade in Verbindung mit Eleonores Aufenthalt im Heiligen Land zum ersten Mal Skandalgeschichten über ihr angeblich sexuelles Fehlverhalten auf, obwohl es keine wirklichen Quellenbelege dafür gibt.
Nach der Rückkehr nach Frankreich kam das Thema einer Eheauflösung bald wieder auf die Tagesordnung. Da Eleonore ihrem Ehemann nur zwei Töchter geboren hatte, forderte jetzt auch Ludwig VII. die Nichtigerklärung seiner Ehe, was ganz den Wünschen seiner Gattin entsprach. Auf dem Konzil von Beaugency wurde die Ehe des Königspaars am 21. März 1152 offiziell annulliert. Als Grund hierfür wurde eine zu nahe Verwandtschaft angeführt. Eleonore überließ ihrem früheren Mann die beiden gemeinsamen Töchter. Ihr väterliches Erbe Aquitanien behielt sie dagegen und übte wieder ihre landesherrlichen Befugnisse aus.
Als sie keine zwei Monate nach der Annullierung ihrer ersten Ehe den rund zehn Jahre jüngeren Heinrich Plantagenet, Graf von Anjou und Herzog der Normandie, der zugleich Erbe der englischen Krone war, in Poitiers heiratete, stellte dies einen ungeheuren Affront für Ludwig VII. dar. Durch ihre Verbindung mit Ludwigs gefährlichstem Rivalen wurde ein beängstigendes Szenario heraufbeschworen: Mittels der Zusammenführung der Besitztümer der Plantagenet mit den Territorien Eleonores war ein Länderkomplex entstanden, der das auf die Île de France konzentrierte Königreich Frankreich bedrohte. Nachdem es Eleonores zweitem Gatten 1154 gelungen war, sich in England als König Heinrich II. durchzusetzen, umfasste das sogenannte Angevinische Reich England und fast die Hälfte Frankreichs. Letztendlich legte die zweite Eheschließung Eleonores den Grund mit für den 1337 ausbrechenden „Hundertjährigen Krieg“ zwischen England und Frankreich.
Zu Beginn ihrer Ehe, aus der acht Kinder stammten, verstanden sich Eleonore und Heinrich II. scheinbar gut. Während der häufigen Abwesenheiten ihres Gemahls auf dem Kontinent führte Eleonore in England die Regierungsgeschäfte als Regentin. Für einige Jahre wurde der englische Königshof außerdem zu einem Fixpunkt ritterlich-höfischer Kultur. In den 60er Jahren verminderte sich Eleonores Einfluss zusehends. Immer mehr musste sie hinter dem dominierenden Heinrich II. zurückstehen. Eine wachsende Entfremdung breitete sich zwischen dem Königspaar aus. 1168 zog sich Eleonore nach Aquitanien zurück, dessen Verwaltung sie sich verstärkt widmete.
Die von dem französischen König Ludwig VII. nur zu gern geförderte Rebellion der drei Königssöhne Heinrich, Richard und Gottfried im Jahr 1173 gegen ihren Vater Heinrich II. fand auch die Unterstützung Eleonores. Die drei Brüder hatten eine Beteiligung an der Herrschaft gefordert. Aus den mahnenden Worten des Erzbischofs von Rouen an Eleonore wird deutlich, wie sie durch ihr Verhalten gegen den damaligen Sittenkodex verstieß: „Bevor uns die Ereignisse zu einem schrecklichen Ende führen, komm mit Deinen Söhnen zu Deinem Gatten zurück, dem Du gehorchen und bei dem Du leben sollst.“ Letzten Endes behielt Heinrich II. die Oberhand. Es gelang ihm, seiner Gemahlin habhaft zu werden und sie gefangen zu setzen. Während er seinen Söhnen verzieh, wurde Eleonore fast sechzehn Jahre in verschiedenen englischen Burgen bei wechselnder Strenge der Verwahrung festgehalten, um ihren Einfluss auf die Söhne zu unterbinden. Ihr Rang als Königin wurde dabei nie angetastet.
Nach dem Tod ihres Ehemannes 1189 kam Eleonore endgültig frei und spielte unter ihrem Lieblingssohn König Richard I. Löwenherz, der neuer Herrscher von England wurde, eine bedeutsame politische Rolle. In der Zeit von Richards langjähriger Abwesenheit auf dem Dritten Kreuzzug, zu dem er 1190 aufbrach, war sie an der Regentschaft beteiligt. Sie wohnte den Sitzungen der königlichen Ratsgremien bei, erließ Weisungen und beglaubigte Urkunden. Als Richard auf seinem Rückweg von Herzog Leopold V. von Österreich gefangen genommen und dann von dem römisch-deutschen Kaiser Heinrich VI. interniert wurde, führte Eleonore die Verhandlungen über die Lösegeldsumme. Durch eine radikale Besteuerung beschaffte sie das Lösegeld in Höhe von 150 000 Silbermark. Außerdem unterdrückte sie eine Rebellion ihres jüngeren Sohnes Johann Ohneland, der die Gunst der Stunde zu nutzen versuchte, um sich des Throns zu bemächtigen. Eleonore überbrachte persönlich das Lösegeld nach Speyer. Im März 1194 konnte sie zusammen mit Richard nach London zurückkehren. Nach Richards Tod, der fünf Jahre später bei einer kriegerischen Auseinandersetzung tödlich verwundet wurde, stand sie dem zur Königswürde gelangten Johann Ohneland zur Seite, unter dessen Regierung das Angevinische Reich schließlich zerbrach. Eleonores Versuch, einen längerfristigen Frieden zwischen den Häusern der Plantagenets und der Kapetinger mittels einer Heirat zu erreichen, blieb der erhoffte Erfolg versagt. Eigens war sie nach Kastilien gereist, um dort ihre Enkelin Blanka abzuholen, die im Mai 1200 den französischen Thronfolger, den späteren König Ludwig VIII., heiratete. Kurz vor ihrem Tod zog sich die Königinwitwe Eleonore endgültig in die von ihr seit Jahren unterstützte französische Abtei Fontevrault zurück, in der sie hochbetagt am 31. März oder 1. April starb. Der englische Chronist Richard von Devizes hatte sich Ende des 12. Jahrhunderts um ein ausgewogenes Urteil über Eleonore bemüht, „über deren Fähigkeit ihr Zeitalter erstaunen kann“.
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