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Dr. Laurin Staffel 3 – Arztroman. Patricia VandenbergЧитать онлайн книгу.

Dr. Laurin Staffel 3 – Arztroman - Patricia Vandenberg


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er hätte nicht gewagt, das zuzugeben. Manchmal empfand er seinen Beruf als arge Belastung, weil er so ungeheuer mißtrauisch machte, auch da, wo dieses Mißtrauen gar nicht angebracht war. Aber es gehört nun mal zu diesem Beruf, persönliche Gefühle auszuschalten.

      »Darf ich Sie mal zu einem Gegenbesuch einladen?« fragte er überraschend.

      Hanna sah ihn verblüfft an. »Was Sie erfahren wollen, erfahren Sie von Dr. Laurin«, erwiderte sie spöttisch.

      Ihm stieg tatsächlich das Blut in die Stirn. »So habe ich das nicht gemeint«, rechtfertigte er sich. »Es war eine private Frage.«

      Doch da kam Dr. Laurin, und Hanna wurde einer Antwort enthoben.

      Als er eine Stunde später ging, konnte Kommissar Thal bemerkenswerte Informationen mitnehmen. Er hatte auf Dr. Laurins Ersuchen darauf verzichtet, Emilia Geßner zu vernehmen. Was dem auf dem Tonband aufgenommenen Gespräch zu entnehmen war, genügte ihm vorerst. Er wußte, wo er anzusetzen hatte.

      Sehr höflich verabschiedete er sich von Hanna, und seine Miene drückte Bedauern aus, als sie so reserviert blieb.

      »Ein ganz netter Mensch«, stellte Dr. Laurin fest.

      »Sie sind alle nett, wenn sie was herauskriegen wollen«, bemerkte sie hintergründig. »Ich bin da vorsichtig.«

      Dr. Laurin ging schmunzelnd hinaus. Eine Bemerkung von Kommissar Thal über Hanna hatte ihn stutzig gemacht. Er hatte eben wieder einmal festgestellt, daß Hanna noch immer eine hübsche Frau war. Aber er war durchaus nicht interessiert, daß sie an eine Bindung dachte. Er war froh, wieder eine zuverlässige Kraft zu haben.

      *

      Kommissar Thal suchte die Wohnung von Irene Geßner auf. Er traf sie nicht an. Es war ein großer Wohnblock mit vielen Apartments. Ein Hausmeister mußte da wohl vorhanden sein.

      Es war eine Hausmeisterin. Nähere Auskünfte über Irene Geßner konnte sie nicht geben. Blieb nun also Frau Charlotte Geßner, die Kommissar Thal schon einmal befragt hatte, die aber sehr kurz angebunden gewesen war und bekundete, daß sie nichts mit dieser Geschichte und auch nichts mit ihrem Sohn zu schaffen hätte, nachdem er geheiratet hatte.

      Dennoch erschien es unvermeidbar, sie erneut ins Verhör zu nehmen, und dazu mußte er nun in einen Kurort dicht an der Grenze nach Österreich fahren.

      In Innsbruck war das Geldpäckchen aufgegeben worden. Es war nur ein Katzensprung bis dahin von der Grenze aus. Man konnte kombinieren, aber das nützte nicht viel. Man mußte sich an nüchterne Tatsachen halten und eventuell in Kauf nehmen, daß wieder eine Spur im Sande verlief.

      Am frühen Nachmittag läutete er an der Wohnungstür von Charlotte Geßner. Sie öffnete ihm und war bei weitem nicht mehr so herablassend wie bei seinem ersten Besuch.

      »Sie?« fragte sie nur gedehnt, aber er hatte das Gefühl, als hätte sie mit einem solchen Besuch gerechnet.

      »Ich muß nochmals ein paar Fragen an Sie stellen, Frau Geßner«, begann er.

      »Ich kann Ihnen keinerlei Auskünfte geben. Ich habe nichts von meinem Sohn gehört«, erwiderte sie gepreßt. »Oder haben Sie etwas gehört?« Erwartungsvoll sah sie ihn an, und er fühlte, daß sie die Wahrheit sprach.

      »Augenblicklich würde ich gern wissen, wo ich Ihre Tochter erreichen kann«, erklärte er.

      Ihr Gesicht wurde noch fahler. »Meine Tochter? Sie hat damit nichts zu schaffen. Sie ist zur Zeit im Urlaub, soviel ich weiß.«

      »Eben deshalb. Ihre Schwiegertochter wollte, wie verabredet, zu ihr und stand vor der verschlossenen Tür. Sie sind übrigens Großmutter geworden.«

      Ein Zucken lief über ihr Gesicht. Sie rang nach Worten, zitterte aber so stark, daß sie nicht sprechen konnte.

      »Ich wußte nicht, daß Emilia zu Irene wollte«, brachte sie endlich mühsam über die Lippen. »Befindet sich Emilia in Not?«

      »Das kann man wohl sagen«, erklärte er. »Sie hat den Klinikaufenthalt mit Geld aus dem Bankraub bezahlt. Man hat ihr dieses Geld in einem Päckchen zugeschickt.«

      »Dann hat Horst also doch etwas mit diesem Raub zu schaffen«, flüsterte sie erschüttert. »Ich kann es nicht glauben. Er war immer viel zu weich, Herr Kommissar. Er hätte eine Frau gebraucht, die ihn emporzieht.«

      »Er hat jedenfalls eine Frau, die ihn sehr liebt und an ihn glaubt, obgleich sie viel durchgemacht hat. Aber unsere Aufgabe ist es jetzt, festzustellen, wer Ihrer Schwiegertochter das Geld geschickt hat. Es wurde in Innsbruck aufgegeben.«

      Sie saß wie erstarrt. Immer wieder griff sie zum Herzen. »Es ist zuviel für mich«, flüsterte sie. »Aber ich schwöre Ihnen, daß ich nicht weiß, wo Irene sich aufhält. Mir sagt niemand etwas. Ich sitze hier und warte, daß diese Ungewißheit ein Ende hat. Ich habe nicht mehr viel Geld, aber für den Klinikaufenthalt werde ich aufkommen. Das soll nicht auf dem Kind sitzenbleiben, daß seine Geburt mit gestohlenem Geld bezahlt worden ist.«

      »Ihre Schwiegertochter hat versichert, daß sie nichts von der Herkunft des Geldes wußte, und man möchte ihr das glauben. Sie hat angenommen, daß es von ihrem Mann stammt, von Ihrem Sohn, Frau Geßner. Er weiß doch, daß seine Frau ein Baby bekommen würde.«

      »Er wird es gewußt haben, ich wußte es nicht. Niemand hat es mir gesagt, aber das ist wohl meine Schuld. Emilia würde das Geld von mir wohl auch nicht annehmen. Könnten Sie das vermitteln, daß es an die Klinik weitergeleitet wird?«

      »Sie können sich selbst mit Dr. Laurin in Verbindung setzen«, bemerkte er, »vielleicht findet sich jetzt für Sie ein Weg, Ihrer Schwiegertochter näherzukommen. Um des Kindes willen würde sich der Versuch doch lohnen. Meinen Sie nicht, Frau Geßner?«

      »Es ist alles so schwer«, flüsterte sie. »Ich brauche Zeit, aber wir können doch Horst nicht im Stich lassen – wenn er überhaupt noch lebt«, fügte sie niedergeschlagen hinzu. »Führen denn alle Spuren zu ihm?« begehrte sie auf. »Kann es denn nicht sein, daß er vor jemandem Angst hatte oder um jemanden? Ich meine, um Emilia. Mir geht so vieles durch den Kopf.«

      Aber etwas schien sie jetzt ganz besonders zu beschäftigen, denn sie wurde völlig geistesabwesend, und ihr Blick schweifte suchend in die Ferne.

      »Ich werde Sie benachrichtigen, wenn meine Tochter sich meldet«, sagte sie leise. »Vielleicht hat sie eine Spur von Horst gefunden, oder er hat sich mit ihr in Verbindung gesetzt. Irene ist sehr energisch. Ich wollte, Horst hätte etwas von ihr.«

      Mehr konnte er wohl nicht herausbekommen, und mit diesem mageren Ergebnis mußte er wieder gehen.

      Aber auf der Heimfahrt kam es ihm in den Sinn, daß Frau Geßner nicht in allem die Wahrheit gesagt haben mochte.

      *

      Inge Büren hatte den ganzen Nachmittag Besuch gehabt. Einer hatte dem anderen die Türklinke in die Hand gegeben. Emilia tat es weh, zu erleben, wie andere sich freuten.

      Aber als es dann wieder ruhig wurde und die Babys wiedergebracht wurden, empfand auch sie einen Hauch von Glück. Sie hatte ein gesundes Kind, das sie brauchte, und das Kind sollte froh heranwachsen.

      »Es war ein bißchen laut heute«, entschuldigte sich Inge Büren. »Sie meinen es ja alle gut, aber manchmal wird es einem direkt ein wenig zuviel. Bekommen Sie gar keinen Besuch, Frau Grohn?«

      »Ich kenne hier ja niemanden«, erwiderte Emilia leise.

      Inge Büren stand auf und brachte ihr einen Pralinenkasten. »Mögen Sie? Ich muß auf meine Linie achten, das brauchen Sie bestimmt nicht.«

      »Danke, Sie sind sehr nett«, flüsterte Emilia. Tränen drängten sich in ihre Augen, und sie schalt sich, weil sie so wenig Beherrschung aufbrachte.

      »Wenn Sie Kummer haben und ich Ihnen irgendwie helfen kann, ich tue es gern«, sagte Inge Büren herzlich.

      Wer konnte ihr schon helfen?

      Horst, dachte sie wieder. Wir haben ein Kind. Bitte, komm


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