Liebesbriefe großer Frauen. ОтÑутÑтвуетЧитать онлайн книгу.
von Ferdinand von Aragon und Isabella von Kastilien, wurde mit dem englischen Thronfolger Arthur verheiratet, der nur fünf Monate später starb; Katharina schwur später stets, die Ehe sei nie vollzogen worden. Sieben Jahre lang lebte sie als Witwe des Kronprinzen am Hof von England, bis ihr Schwager den Thron bestieg und zu Heinrich VIII. wurde. Obwohl seine Ratgeber eine andere Verbindung favorisierten, heiratete Heinrich Katharina. Allen Anzeichen zufolge war er ihr jahrelang herzlich zugetan, und sie liebte ihren jungen Ehemann abgöttisch. Doch, obwohl oft schwanger, konnte Katharina Heinrich keinen lebenden männlichen Erben schenken – das einzige überlebende Kind war die Tochter Mary, die spätere Königin –, und schließlich fiel dem König Anne Boleyn ins Auge. Mit aller Macht versuchte Heinrich nun, eine Annullierung seiner Ehe mit Katharina zu erreichen; er hatte gegen den erbitterten Widerstand der frommen Königin selbst, seines Volkes, das Katharina zutiefst verehrte, und den des Papstes anzukämpfen. Als Letzterer sich weigerte, Heinrichs Eheschließung mit Anne Boleyn anzuerkennen, brach der König mit der katholischen Kirche und machte sich selbst zum Haupt der anglikanischen Kirche. Katharina wurde vom Hofe verbannt, doch betrachtete sie sich den Rest ihres Lebens als rechtmäßige Frau Heinrichs VIII. und Königin von England. Sie starb 1536 eines natürlichen Todes.
[1. Januar 1536]
Sire, mein liebster König, Herr und Gemahl, ich stehe im Begriffe, meine Seele in die Hände der göttlichen Barmherzigkeit zu übergeben; und also wird sie bald von diesem Körper gelöst sein, dem Ihr so viel Leiden und Schmerzen verursacht habt. Aber so groß diese auch immer waren, so haben sie doch niemals vermocht, die Liebe, die ich jederzeit für Euch hegte und die bis ins Grab dauern wird, erkalten zu lassen, geschweige gar sie auszulöschen. Dies nötigt mich, heute diesen Brief an Euch zu schreiben, um Euch als Eure Gemahlin zu ermahnen und als eine Christin zu erinnern, dass Ihr an Eure ewige Seligkeit denkt, die Euch doch teurer sein soll als die vergängliche Krone, die Ihr tragt, und alle Schätze und alle Hoheit der Welt. Ich habe nie verfehlt, den Vater des Lichts für Euch, mein liebster Gemahl und mein König, anzuflehen, dass er Euch gute Gedanken zu Eurem Heil eingebe und Euch von den sinnlichen Vergnügungen abziehe, die mich so viele Tränen und Kränkungen gekostet und die Euch selbst in einen Abgrund von Unordnungen und Unruhen gestürzt haben. Übrigens verzeihe ich von Herzen alles, was Ihr mir zuleide getan habt, und bitte Gott, dass er Euch nach seiner unendlichen Barmherzigkeit auch verzeihen wolle. Ehe ich noch meinen letzten Seufzer ausstoße, will ich Euch flehentlich gebeten haben, mir eine Gnade nicht abzuschlagen, die mir zu bewilligen alle Gesetze des Himmels und der Erde Euch verpflichten; ich meine, dass Ihr für die Prinzessin Marie, Eure und meine Tochter, sorgen möchtet. Habt Ihr Euch auch gegen mich nicht als guter Ehemann beweisen wollen, so beweist Euch doch wenigstens gegen sie als ein guter Vater. Ich ersuche Euch auch, für meine drei Kammerfräulein und für meine Bedienten zu sorgen, die mir so treulich gedient haben. Seid so großmütig und lasst ihnen vollends auszahlen, was ihnen von ihrem Gehalte rückständig geblieben ist; und gebt ihnen den Sold noch für ein Jahr dazu, um sie doch einigermaßen für das, was ich ihnen schuldig bin, zu belohnen. Ich schließe und versichere Euch, dass ich Euch noch von Herzen liebe; und das Einzige, was ich wünschte, um ruhig aus der Welt zu gehen, wäre, Euch zu sehen und in Euren Armen zu sterben.
Anne Boleyn
(?1501-1536)
an König Heinrich VIII.
Anne Boleyn war die zweite der sechs Ehefrauen von König Heinrich VIII. und die Mutter der zukünftigen Königin Elizabeth I. Da der Papst sich weigerte, Heinrichs erste Ehe mit Katharina von Aragon zu annullieren, sagte Heinrich sich von Rom los und gründete seine eigene anglikanische Kirche, um Anne heiraten zu können. Anne war, wie ihre Schwester Mary, die ebenfalls ein Verhältnis mit Heinrich hatte, eine der Hofdamen von Katharina, der ersten Frau des Königs, gewesen. Nachdem Anne Heinrich jedoch, genau wie Katharina, nicht den ersehnten männlichen Thronfolger gebar, und er seine nächste Frau, Jane Seymour, heiraten wollte, wurde Anne im Mai 1536 mehrfachen Ehebruchs, eines inzestuösen Verhältnisses zu ihrem Bruder und des versuchten Königsmords beschuldigt und wenig später hingerichtet.
[6. Mai 1536]
Eurer Majestät Ungnade und meine Kerkerhaft sind so ungewohnte Dinge für mich, dass ich weder weiß, was ich schreiben, noch was ich zu meiner Entschuldigung vorbringen soll. Da Ihr nun in der Absicht, mich zu einem Geständnis zu bewegen, in welchem Falle Ihr mir Eure Huld wieder zuwenden wollt, jemanden zu mir geschickt habt, von dem Ihr wisst, dass er von je mein erklärter Feind gewesen ist, so erkannte ich sofort nach Empfang der Botschaft Eure Willensmeinung. Und da ich, wie Ihr sagt, durch ein Geständnis der Wahrheit meine Freiheit wiedererlangen kann, so werde ich Eurem Befehl mit aller pflichtmäßigen Dienstwilligkeit nachkommen.
Glauben aber Eure Majestät nicht, dass Euer armes Weib je dahin gebracht werden könnte, einen Fehltritt einzugestehen, wo mir nicht einmal ein Gedanke daran gekommen ist. Und um die Wahrheit zu sprechen, kein Fürst hat je ein in jeder Beziehung treueres und liebevolleres Weib besessen, als Ihr es in Anne Boleyn gefunden habt. Und ich hätte mit meinem Namen und meiner Stellung auch sehr wohl zufrieden sein können, wenn es Gott und Eurer Majestät Gutdünken beliebt hätte. Niemals vergaß ich mich während meiner Erhebung zur Königin soweit, dass ich nicht stets an einen solchen Glückswechsel, wie er jetzt eingetreten ist, gedacht hätte. Denn da der Grund meiner Bevorzugung nur auf Eurer Majestät vorübergehender Neigung beruhte, so wusste ich, dass die leichteste Veränderung hinreichen würde, diese Neigung auf irgendeinen anderen Gegenstand zu lenken. Ihr habt mich aus einem niederen Stande zu Euerer Königin und Gemahlin erkoren, weit über mein Wünschen und Begehren hinaus. Wenn Ihr mich daher einer solchen Ehre für würdig erachtet, so flehe ich Eure Majestät an, lasst nicht eine flüchtige Neigung oder einen schlechten Rat meiner Feinde mir Eure fürstliche Huld entziehen und lasst nicht zu, dass ein Fleck, ein so schmachvoller Fleck auf die Ehre Eurer so tugendhaften Gattin und der kleinen Prinzessin, Eurer Tochter, fällt. Stellt eine Untersuchung an, gütiger König, aber eine gesetzmäßige, und lasst nicht meine geschworenen Feinde als Ankläger und Richter über mich das Urteil sprechen. Ja, stellt eine öffentliche Untersuchung an (meine Wahrhaftigkeit braucht keine öffentliche Beschämung zu fürchten): dann werdet Ihr entweder meine Unschuld an den Tag gelegt, Euren Verdacht und Euer Gewissen beruhigt, die Schändlichkeit und Verleumdungssucht der Welt zuschanden gemacht oder meine Schuld klar und offen bewiesen sehen. Dann wird Eure Majestät, was Gott oder Ihr auch über mich beschließen mögt, frei von jedem offenen Tadel dastehen, und wenn meine Verfehlung auf diese Weise gesetzmäßig bewiesen ist, so steht es Eurer Majestät sowohl vor Gott wie vor den Menschen frei, nicht nur über mich als eine ungetreue Gattin eine gerechte Strafe zu verhängen, sondern auch Eurer Neigung zu folgen, die sich bereits endgültig auf eine Dame gelenkt hat, um deretwillen ich mich in meiner jetzigen Lage befinde und deren Namen ich Eurer Majestät seit geraumer Zeit hätte nennen können, da ich sehr genau weiß, nach welcher Seite sich mein Argwohn zu richten hat. Habt Ihr aber schon über mich beschlossen, und zwar, dass nicht nur mein Tod, sondern auch eine schmachvolle Verleumdung Euch den Genuss Eurer ersehnten Glückseligkeit bringen solle, dann bitte ich zu Gott, er möge Euch Eure große Sünde und ebenso meinen Feinden, den Werkzeugen dazu, verzeihen und wegen Eures unköniglichen und grausamen Verfahrens gegen mich nicht allzu scharf mit Euch ins Gericht gehen an jenem allgemeinen Gerichtstage, an dem Ihr und ich erscheinen müsst und an dem meine Unschuld, was auch die Welt von mir denken möge, unzweifelhaft an den Tag kommen und klar wie die Sonne bewiesen werden wird. Meine letzte und einzige Bitte soll die sein, dass ich allein die Last von Eurer Majestät Ungnade trage und dass die unschuldigen Seelen jener armen Herren, die sich, wie ich höre, meinetwegen ebenfalls in enger Haft befinden, davon verschont bleiben. Wenn ich je vor Euren Augen Gnade gefunden habe, wenn je der Name Anne Boleyn Euren Ohren angenehm klang, dann erfüllet diese meine Bitte. Und so will ich aufhören, Eurer Majestät lästig zu fallen, will vielmehr meine innigsten Gebete zur heiligen Dreieinigkeit empor senden, sie möge Eurer Majestät ihren mächtigen Schutz angedeihen lassen und Euch in all Euren Unternehmungen beistehen. – Aus meinem jammervollen Kerker im Tower, den 6. Mai. Eure gehorsamste und allzeit getreue Gattin.
Jakobäa von Baden-Baden
spätere Herzogin von Jülich-Berg-Kleve