Moonlight Romance Staffel 1 – Romantic Thriller. Scarlet WilsonЧитать онлайн книгу.
noch schlimmer machen? Los, auf dein Zimmer. Und dort wirst du bleiben, bis ich dir erlaube, herauszukommen.« Prudence starrte das junge Mädchen böse an. »Wenn ich es dir je erlaube!«
Etwas in Heather sträubte sich gegen diese Behandlung. Sie war sich keiner Schuld bewusst und begehrte verzweifelt auf: »Ich habe nichts getan. Du hast kein Recht …« Wieder erntete sie Schläge. Prudence Hanley schien nun völlig enthemmt zu sein. Sie schlug auf Heather ein, bis diese weinend zusammenbrach. Da schob ihr Mann sie zur Seite, nahm das Mädchen auf die Arme und trug es die Freitreppe hinauf zu seinem Zimmer.
Heather wusste kaum, wie ihr geschah. Sie hatte das Erlebnis mit der Geisterlady noch nicht verwunden und wähnte sich nun in einem neuerlichen, beinahe noch schlimmeren Albtraum.
Teilnahmslos ließ sie sich von Reginald aufs Bett legen. Dann hörte sie, wie der Schlüssel im Schloss gedreht wurde. Sie war allein. Es dauerte eine ganze Weile, bis Heather wieder halbwegs klar denken konnte. Und dann musste sie haltlos weinen. Die Verzweiflung fiel sie an wie ein wildes Tier und brachte sie fast um den Verstand. Sie wünschte sich so sehr, Timothy wäre bei ihr und könnte ihr helfen.
Als sie auf dem Feldweg zu sich gekommen war und er sie getröstet hatte, da war es ihr für eine kurze Weile so vorgekommen, als ob alles gut werden könnte. Doch Reginald hatte diese Hoffnung mit seinem Auftauchen nachhaltig zerstört. Und was dann gefolgt war, das erschien dem jungen Mädchen noch immer wie ein böser Albtraum, der einfach nicht wahr sein konnte.
Irgendwann schlief Heather erschöpft und hoffnungslos ein. Noch im Traum verfolgten sie die unheimlichen Bilder der Geisterlady und das böse Gesicht von Prudence, die sie zu verabscheuen schien. Doch warum? Was hatte sie ihr getan?
Später in der Nacht wurde Heathers Tür leise aufgeschlossen. Prudence und Reginald schlichen ins Zimmer und vergewisserten sich, dass das Mädchen schlief.
»So kann es nicht weitergehen«, sagte Prudence, nachdem sie Heather wieder eingeschlossen hatten und in den Wohnraum zurückgekehrt waren.
Reginald goss sich einen Whisky ein, den er in einem Zug austrank. Er wollte nicht hören, was seine Frau zu sagen hatte, denn er wusste sowieso, was kam. Nicht dass es ihm grundsätzlich zuwider gewesen wäre, schließlich ging es um viel Geld. Er kannte keine moralischen Bedenken oder Skrupel. Er war ein Feigling. Und es wäre ihm lieber gewesen, die »Drecksarbeit« seiner Frau zu überlassen. Aber da spielte Prudence nicht mit.
»Es wird schon«, versuchte er, ihre Ungeduld zu dämpfen, doch damit hatte er, wie meist, keinen Erfolg.
»Nichts wird. Dieser Humbert lässt sich nicht abdrängen. Er wartet wie ein Geier auf jede sich bietende Gelegenheit, um Heather zu sehen. Du weißt genau, dass uns nicht mehr viel Zeit bleibt. Wir müssen sie beseitigen, dann erben wir und alles ist geregelt.« Sie merkte, dass er nicht begeistert war. »Oder willst du vielleicht dabei zusehen, wie dieser Humbert sie heiratet und das Vermögen einstreicht?«
»Natürlich nicht. Aber ich möchte auf Nummer sicher gehen. Wir behalten sie im Haus. Sie wird ein Papier unterschreiben, das ich ihr unter einem Vorwand vorlege und …«
»Hör endlich auf mit diesem Unsinn! Dafür bleibt uns nicht genügend Zeit. Sie muss weg. Damit erübrigen sich auch die romantischen Anwandlungen dieses Jünglings.«
»Und wenn er uns auf die Schliche kommt? Er ist Anwalt und nicht dumm. Und er hat das Humbert-Vermögen im Rücken. Er wird nicht glauben, dass sie eines natürlichen Todes gestorben ist.«
»Was kümmert uns das? Sie erliegt einem Herzversagen. Wir machen es auf die bewährte Art und Weise. Niemand wird uns etwas nachweisen können. Und wir fangen morgen schon damit an.« Prudence musterte ihren Mann, der sich schon wieder einen Whisky eingoss, abfällig. »Denk an das Geld. Du kannst deine Spielschulden bezahlen, wir sind saniert.«
»Es muss auch anders gehen.«
»Und wie? Also entscheide dich hier und jetzt, Reginald Hanley; entweder bleiben wir bei unserem Plan oder aber wir gehen dieses Mal leer aus. Und du weißt, was das bedeutet. Ich werde deine Gläubiger nicht noch einmal befriedigen, indem ich eine Last auf das Haus nehme. Von mir aus können diese »feinen Herren« mit dir machen, was sie wollen. Das kümmert mich dann nicht mehr.« Sie lachte verächtlich auf. »Das Ende eines Feiglings, wenig rühmlich!«
»Schon gut!«, fuhr er da auf und ballte die Hände zu Fäusten. »Tu, was du nicht lassen kannst, aber verschone mich damit!« Er drehte sich auf dem Absatz herum und verschwand Türen knallend.
Prudence schaute ihm abfällig nach. Was war er doch für ein Feigling und Schwächling! Ging es darum, das Geld einzustreichen, um es am Spieltisch und mit leichten Mädchen durchzubringen, dann hielt er nur zu gerne die Hand auf. Aber etwas dafür zu tun, kam ihm nicht in den Sinn. Das blieb wieder einmal ihr überlassen …
*
Nach dem Wiedersehen mit Heather machte Timothy sich sofort an seine Nachforschungen. Lord Cyrus wunderte sich, als er seinen Neffen gegen drei Uhr in der Nacht in der Bibliothek vorfand, wo der sich in die Familienchronik vergraben hatte.
Timothy hatte seinem Onkel berichtet, was geschehen war, dieser war allerdings skeptisch geblieben und schien auch jetzt noch Zweifel zu haben, was die Geistererscheinung betraf.
»Glaubst du wirklich, dass du diese »Geisterlady« in unserer Familienchronik finden kannst, Junge? Hast du denn überhaupt einen Anhaltspunkt, wer es sein könnte? Ich meine, mal angenommen, dass sie tatsächlich existiert.«
Der junge Mann rieb sich die Nasenwurzel und murmelte: »Deine Skepsis in allen Ehren, Onkel, aber sie existiert. Ich habe sie mit eigenen Augen gesehen. Wer oder was immer sie ist, sie tauchte auf, um Heather zu schützen, davon bin ich überzeugt. Und sie erwähnte, dass sie aus unserem Geschlecht stammt, also eine Humbert ist.« Er dachte kurz nach und fügte dann noch hinzu: »Ihrer Erscheinung nach würde ich sie ins achtzehnte Jahrhundert einordnen. Doch ich habe mit dem Beginn der Chronik im sechzehnten Jahrhundert angefangen, um nichts zu übersehen.«
»Sehr gründlich.« Lord Cyrus griff nach einem anderen Buch, das ebenfalls in nachgedunkeltes Leder gebunden und augenscheinlich sehr alt war.
»Was ist das? Ich glaube, das kenne ich nicht.«
»Das ist ein Personenstandsregister. Es wurde so oder ähnlich in vielen adligen Familien des Landes geführt und geht bis auf die Zeit der Normannen zurück.« Der Onkel lachte leise. »So tief in der Vergangenheit müssen wir aber nicht graben, denn deine Geisterlady hat wohl keine Keule geschwungen, oder?«
Timothy verzog leicht den Mund. »Willst du mir helfen, Onkel? Oder betrachtest du das Ganze eher als Belustigung? Dann wäre es mir lieber, du gehst schlafen.«
»Ja, ich weiß, dir ist es ernst. Schön, stellen wir seriöse Nachforschungen an. Ich helfe gern. Zunächst einmal möchtest du also herausfinden, wer diese Dame gewesen ist. Das sollte sich doch nicht allzu schwierig gestalten …«
In dieser Nacht zeigte sich allerdings, dass es eben doch nicht ganz so einfach war, die geisterhafte Erscheinung mit den beiden großen, schwarzen Hunden zu identifizieren.
Die Sonne ging bereits über dem Meer auf, Lord Cyrus war in seinem Lehnstuhl eingenickt, da stieß sein Neffe auf ein Porträt, das ihn noch einmal aus seinem Zustand der Übermüdung riss. Es zeigte eine vornehme Dame, gekleidet in der Mode des ausgehenden achtzehnten Jahrhunderts. Sie stand in einer etwas gekünstelten Pose inmitten der blühenden Natur. Und zu ihren Füßen lagen zwei pechschwarze Doggen. Das musste sie sein!
Wie elektrisiert suchte Timothy die Bildunterschrift: Lady Adelaide Humbert-Hanley. Es stimmte also. Sie war eine Humbert und hatte in die Familie Hanley eingeheiratet.
Der junge Mann las aufmerksam das Kapitel, das ihren Namen trug. Er erfuhr, dass sie die dritte Tochter von Lord Archibald Humbert, Flottillenkapitän ihrer Majestät, gewesen war. Mit einundzwanzig Jahren heiratete sie einen gewissen Oliver Hanley.
Die Ehe blieb kinderlos und dauerte nur wenige Jahre. Der Ehemann war viel unterwegs, er vernachlässigte seine Frau, schien zudem verschiedenen