Эротические рассказы

Gesammelte Erzählungen von Jakob Wassermann. Jakob WassermannЧитать онлайн книгу.

Gesammelte Erzählungen von Jakob Wassermann - Jakob Wassermann


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Und dann ging es quer durch die Wiesen zum Waldmannsweiher, wo braun und schwer und düster das Wasser lag. Und das Wasser war tief wie ein Meer und in seinem Grund gab es ungeheure Fische und böse Geister, die der König Salomon in Flaschen eingesperrt hatte. Und ringsherum gab es keinen Vogel und kein Mensch ging vorbei. Und die Bäume hatten dunkelrote Blätter, die ganz unbeweglich an den Zweigen hingen. Drüben rauschte der Fluß und hinauf und hinunter streckte sich die Ebene schier endlos. Die Stille war groß und der Frieden war eindringlich, und es kamen wieder die alten Träume der Macht über Peter, und er sah sich in samtenem Gewand vor dem Lehrer stehen und der zitterte vor Ehrfurcht und fragte: Was begehrt mein hoher Gebieter? Und dann zerfloß diese Fülle von Schönheit und Ruhm und eine weiche zerfließende Wehmut beherrschte dies Kind, und seine Augen blickten verlangend nach der Lösung eines Rätsels, obwohl es doch noch weit von jener Periode entfernt war, wo der jugendliche Geist sich mit schemenhaften Bildern zerquält und befleckt. Aber das Leben selbst erschien ihm als etwas ganz Erstaunliches und Fremdartiges: in seiner Seele schrie es förmlich nach Licht, wenn seine kindliche Phantasie vor jener Schranke Halt machen mußte, an welcher der Storch stand, ein Gegenstand der Verachtung und ehrfurchtgebietend zugleich. Es war auch etwas in ihm, das gleichsam nach Hilfe rief, nach Freundschaft. Es dürstete ihn danach, in die Arme genommen zu werden, in weiche, gute Arme, und daß man ihn dann küßte, auf die Stirn vielleicht oder auf den Mund, und daß man ihm sagte. Du bist brav, Peter, und ich hab dich gern und du hast so nette Augen und dein Haar ist so weich. So träumte Peter und seine Frische und die natürliche Kraft seines Wesens waren es, die ihn erschauern ließen, wenn eine schöne Frau seinen Weg kreuzte und wenn sie ihn anlächelte, daß er hätte vergehen mögen, oder daß er hätte weinen mögen in irgend einem süßen Schmerz.

      Und als er gegen fünf Uhr des Nachmittags am Thor des Geschäfts in der Blumenstraße ankam, zitterte immer noch sein Herz unter der Stärke und dem Reichtum seiner Sehnsucht. Im Gewölbe herrschte eine große Unordnung und die lichtlosen, kellerartigen Magazine waren noch unheimlicher als sonst. Aus den morschen, zerfaserten Dielen stieg bei jedem Schritt der Staub auf und alle Spinngewebe waren schwer davon. Peter wagte es nicht, die Mutter anzureden, die in einem Verschlag nebenan über Büchern und Rechnungen gebeugt saß. Niemand beachtete ihn und er hatte den innigen Wunsch, daß ihm jetzt etwas recht Schlimmes und Bitteres passieren möge, nur damit man sich ein wenig um ihn kümmere.

      Er ging hinaus auf den Hof, setzte sich auf den Brunnentrog und gedachte, über all das Unerklärliche, das sich hier abspielte, tief und eindringlich nachzudenken. Doch er dachte statt dessen nur an Haushammers Fritz und an die Schlacht, die er heute mit ihm gewinnen müsse. Wenn ich doch so gut wiehern könnte wie Fritz, dachte er; er sitzt auf seinem Pfahl und wiehert wie ein richtiges Pferd.

      Da berührte plötzlich eine leichte, kleine Hand seine Schulter, und als er aufschaute, war es Lizzi. Er vermochte nicht zu sprechen. Er wurde purpurrot im Gesicht und es ward ihm so heiß, daß er kühle Tropfen auf seiner Stirn verspürte. »Grüß Gott, du,« begann das Mädchen. »Kannst du nicht einmal grüß Gott sagen?« »Grüß Gott,« flüsterte der Knabe folgsam. »Hübsch bist du übrigens«, erklärte Lizzi anerkennend und warf den Kopf in den Nacken. »Weißt, ich bin schon seit drei Uhr da. Um drei Uhr bin ich mit der Bahn gekommen.« »Allein?« fragte Peter mit schüchterner Bewunderung. »Ach nein, Vetter Höfting hat mich begleitet. Der ist Soldat.« »Hm«, machte Peter, »ich werde auch Soldat, ich werde Marschall.«

      »Eigentlich hättest du mich doch küssen sollen,« meinte Lizzi stirnrunzelnd. »Ich bin ja von der Reise gekommen.«

      »Thus doch!« erwiderte Peter, über und über erglühend.

      »Nein, du mich! eine Dame darf einem Herrn keinen Kuß geben,« sagte Lizzi laut und nachdrücklich.

      »Du bist doch keine Dame,« brummte Peter verächtlich und er freute sich, daß er diesen wegwerfenden Ton gefunden hatte. »Du prahlst ja.«

      Aber Lizzi lachte ausgelassen und schob trotzig das Kinn zurück. »Gerade bin ich es! Und doch! Überhaupt du! Deine Mutter hat gesagt, du bist ein Träumer.« Und sie tanzte um ihn herum und klatschte in die Hände.

      Peter antwortete nichts. Er machte ein schwermütiges Gesicht und hieb mit seinem Weichselrohr emsig auf den Brunnenschwengel los. Da trat das Mädchen zu ihm heran und flüsterte ihm ins Ohr: »Du, Peter, was ist denn eigentlich bei euch los? Sag doch nur? Tante Agnes hat geweint, wie ich gekommen bin. Sag doch! Ich bin so neugierig!«

      »Das verstehst du ja doch nicht!« Peter machte sich würdevoll daran, seinen Rock zuzuknöpfen.

      »Bist du mir bös?« fragte die kleine Lizzi und zog verlegen an Peters Haaren. »Komm, sei lustig! Du mußt nicht immer so den Kopf hängen. Wenn du lustig bist, will ich dich auch küssen, wahrhaftig!«

      Und sie näherte ihre Wangen dem Gesicht des Knaben. Und sie sah ihn an mit jener seltsamen Koketterie kleiner Mädchen. Peter preßte die Lippen zusammen und sein Kopf ward ihm wahrlich schwer. Und mit zwei Fingern zog er an der Unterlippe und riß ein Stückchen Haut davon weg. Das alles begriff Lizzi nicht. Nicht, warum er so rot geworden, und auch sein Schweigen nicht. Doch plötzlich, während sie sinnend zum Himmel emporblickte, ergoß sich über ihre Wangen eine Flut von Scham. Sie wandte sich und lief ins Haus. Und Peter schüttelte betrübt den Kopf. Er fühlte sich erbittert und erregt und unzufrieden und wußte nicht warum. Gehässig und feindselig blickte er zu Boden.

      V.

       Inhaltsverzeichnis

      Und gegen Abend gingen sie zusammen nach Hause, Hand in Hand.

      Schon war die Sonne untergegangen und am westlichen Himmel lag die Röte wie ein großer, gleichmäßiger Farbenklex. Der Himmel war wolkenlos; er sah in seiner Klarheit wie poliert aus und die Bäume in den Gärten, die Sträucher und die Hecken waren mit ihrem blauvioletten Kolorit gleichsam hineingraviert in das stählerne Blau des Firmaments. Man sah gar keine eilfertigen Menschen; jeder schien müde zu sein wie nach einem Bad. Man vermochte an gar nichts anderes zu denken als nur daran, wie schön dieser Abend sei.

      Und die zwei Kinder trotteten an den Häusermauern entlang. Sie blickten in die Abendröte und ihnen war, als müßten sie immer weitergehen, bis hinein in das Sonnenfeuer, um dort, wer weiß, vielleicht nur zu schlafen. Die Häuser, die mit der Front nach Westen standen, waren unten an der Straße ganz grau, ganz in Dämmerung begraben und nach oben hin wurde es immer heller, so daß der First in fahlem Licht erglänzte. Und den Kindern war es, als stünden da lauter Riesen, Leib an Leib, die mit bleichen Stirnen hinausguckten ins abendliche Land.

      Dann standen sie daheim am Flurfenster, das gegen die Höfe hinausführte. Hier war es so ruhig wie zur Mitternachtszeit. Über den Mauern, über den Häusern war der Mond heraufgestiegen, rund und glühend wie eine Riesen-Orange. Man mußte ihn doch greifen können, den Mond. Ob man sich wohl die Hand verbrennen würde, wenn man seine guten Wangen streichelte? Ach sie wollten auf die Straße und auf das Feld hinaus und wollten wandern und wandern, bis sie den Mond erhascht hatten. Und wenn sie müde wurden, kam vielleicht eine Fee und trug sie hin bis zum Mond und die Fee würde ihnen Flügel geben, daß sie immer umherfliegen könnten auf der ganzen Welt.

      Um acht Uhr fuhr eine Kutsche am Haus vor. Da brachten sie Frau Agnes. Der Buchhalter und der Reisende führten sie die Treppen herauf und legten sie im Wohnzimmer aufs Sofa. Sie war im Gewölbe ohnmächtig geworden.

      Die Dunkelheit, die Nacht war schon hereingebrochen und die Sterne flimmerten am Himmel. Peter saß am Fenster, während Lizzi mit den beiden Kleinen spielte und scherzte. Er lauschte auf die Klänge eines Klaviers, das irgendwo in der Nachbarschaft gespielt wurde. Es war wohl eine klägliche Art Musik das, aber des Knaben Seele zitterte in andächtiger Sehnsucht den Tönen nach. Jede Musik, auch die ärmste, griff gleichsam mit Krallen in sein Gemüt, so daß er es im Innern wie eine Wunde empfand, die man ihm geschlagen. Er dachte dabei an die Mutter, die er liebte und der er niemals zeigen konnte, daß er sie liebte. Ja, weil er sie liebte, mußte er trotzig gegen sie sein und schweigsam und er konnte nur dann das ganze Herz in den Blick legen, mit dem


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