Butler Parker Staffel 5 – Kriminalroman. Günter DöngesЧитать онлайн книгу.
er bereits zu kraftlos.
»Ich will Ihnen helfen...!« sagte Parker langsam und laut. »Bleiben Sie ruhig liegen!«
Die Lippen des Mannes bewegten sich, aber Worte oder auch nur Laute waren nicht mehr zu vernehmen. Parker sah, daß dieser Mann sterben mußte. Es konnte sich nur noch um wenige Minuten handeln.
»Wer hat geschossen?« fragte Parker laut. »Wer hat geschossen? Sie müssen antworten! Antworten Sie doch!«
Der Butler brachte sein Ohr dicht an die Lippen des Sterbenden. Der Mann schien ihn nämlich verstanden zu haben. Er nahm den Rest seiner Kräfte zusammen, versuchte sich verständlich zu machen.
»Jane... Jane soll vorsichtig sein«, hauchte der Sterbende.
»Hat Jane geschossen?« fragte Parker.
Der Sterbende schüttelte den Kopf, ganz schwach nur, aber Parker bemerkte es.
»Wer hat geschossen?« fragte der Butler noch einmal sehr eindringlich. »Der Mörder darf nicht entkommen. Sie müssen reden.«
»Hank Müsset... aufpassen. Er muß...!«
Das war alles.
Es hatte keinen Sinn, weitere Fragen zu stellen. Der Mann war tot. Die Augen brachen. Der Unterkiefer fiel herab.
Josuah Parker richtete sich auf und suchte nach dem Telefonapparat, den er auf dem Bord fand. Er wählte eine Nummer und wartete, bis Anwalt Mike Rander sich meldete.
»Sir, ich habe die traurige Pflicht, Sie vom überraschenden Ableben des Mr. Bracer zu verständigen«, sagte Parker in seiner etwas umständlichen Art. »Augenscheinlich ist er durch zwei Schüsse getötet worden.«
»Donnerwetter«, gab Mike Rander, bekannter Anwalt und Strafverteidiger, zurück. »Was ist passiert?«
Parker schilderte kurz, was geschehen war.
»Es ist mir äußerst peinlich, sagen zu müssen«, schloß er, »daß ich den Mörder, der mir die Tür öffnete, mit Mr. Bracer verwechselte. Er konnte ohne Schwierigkeiten entwischen.«
»Woher wissen Sie, daß der Mann an der Tür der Mörder war?« fragte Mike Rander zurück.
»Sir, das ist eine Annahme von mir«, berichtigte sich Parker sofort. »Eines möchte ich allerdings herausstellen, er verfügte über erstaunlich gute Nerven.«
»Das muß ich auch sagen, Parker. Aber lassen Sie sich deshalb keine grauen Haare wachsen. Sie hatten Bracer ja vorher noch nie gesehen. Übrigens eine Frage am Rande: Sind Sie sicher, daß der Tote auch wirklich Jeff Bracer ist?«
»Sir, ich bin ganz sicher«, erwiderte Josuah Parker. »Genau neben mir steht ein Foto, das den Toten zeigt. Es ist eine ältere Aufnahme, worauf der Tote zusammen mit einigen anderen Männern zu sehen ist. Die Widmung beweist, daß Bracer der Tote ist.«
»Schön, Parker, verständigen Sie jetzt die Mordkommission. Ich werde selbst so schnell wie möglich dort sein. Und noch etwas. Auf ein paar Minuten wird es gewiß nicht ankommen. Bevor Sie die Polizei verständigen, könnten Sie vielleicht eine erste Sichtung vornehmen, wie? Sie haben mich doch verstanden, ja?«
»Ich habe begriffen, Sir.«
»Ende«, sagte Mike Rander nur. Es knackte in der Leitung, und Parker ließ den Hörer zurück auf die Gabel gleiten.
Er sah sich den Toten noch einmal an und begann anschließend mit einer ersten Untersuchung. Nach fünf Minuten verständigte Parker die Mordkommission und ließ sich abwartend in einem Sessel nieder.
Er dachte an die Vorgänge, die diesen Besuch eingeleitet hatten. Ein Mr. Jeff Bracer hatte sich telefonisch an das Anwaltsbüro Mike Rander gewandt und um Hilfe gebeten. Bracer, ein entlassener Häftling, hatte von bösen Schwierigkeiten gesprochen.
Rander hatte Bracer vorgeschlagen, doch zu ihm in die Kanzlei zu kommen, aber Bracer hatte das fast ängstlich abgelehnt. Er hatte von Beschattung und Überwachung gesprochen und flehentlich darum gebeten, man möge ihm doch einen unauffällig wirkenden Mann ins Haus schicken, mit dem er seine Probleme besprechen könne.
Mike Rander hatte daraufhin seinen Butler losgeschickt. Josuah Parker, ein Kriminalist aus Leidenschaft, hatte aber leider so gut wie nichts mehr in Erfahrung bringen können. Was hatten die wenigen Worte zu besagen, die Jeff Bracer vor seinem Tod gehaucht hatte? Von einer Jane hatte er geflüstert, und der Name Hank Mussel war zu verstehen gewesen. Vielleicht waren das bereits Hinweise, die eine erkennbare Spur ergeben würden. Daher beschloß Parker, diese spärlichen Angaben vorerst nicht auszuposaunen. Wenn es sein mußte, konnte er als echter Butler ungemein schweigsam sein!
*
»Sie müssen Jeffs Mörder finden«, sagte Mrs. Bracer mit monotoner Stimme. »Sie müssen ihn finden, ich hätte sonst keine Ruhe mehr. Mein Gott, wie hatten Jeff und ich uns das alles ausgemalt! Es sollte so schön werden. Er mußte die schrecklichen Jahre vergessen, die hinter ihm lagen.«
Tränen erstickten ihre Stimme. Sie ließ den Kopf sinken und zupfte an ihrem kleinen Taschentuch.
Jane Bracer war zweiunddreißig Jahre alt, mittelgroß, schlank und glich einem verschüchterten Vogel, der keinen Platz mehr in der Welt hat. Ihr naturbraunes Haar wirkte ungepflegt, aber das war verständlich. Die vergangenen Stunden hatten ihr schrecklich zugesetzt. Sie war zusammen mit einer Freundin im Kino gewesen und wurde zu Hause von der Mordkommission in Empfang genommen. Ohne große Rücksicht hatte man sie vor ihren Mann gebracht, den sie identifizieren mußte. Sie brach zusammen und wurde später von Mike Rander, der am Schauplatz der Tat eingetroffen war, mit in die Anwaltspraxis genommen. Rander hatte sich gleich als ihren Anwalt bezeichnet, um die junge, verzweifelte Frau vor den Fragen der Polizisten zu schützen.
»Wir werden alles tun, Mrs. Bracer, um den Mörder zu finden«, sagte Mike Rander. »Aber ohne Ihre Hilfe werden wir nicht viel ausrichten können.«
»Wie könnte ich Ihnen schon helfen?« fragte sie mutlos und nahm den Kopf hoch. »Ich hatte doch schließlich keine Ahnung, daß Jeff sich an Sie gewandt hat.«
»Mit Ihnen hat er nie über seine Schwierigkeiten gesprochen?« fragte Mike Rander weiter.
»Nein, niemals«, war ihre Antwort. »Jeff hatte sich sehr verändert. Er war anders, verstehen Sie? So verschlossen. Er ging kaum aus dem Flaus. Er war menschenscheu geworden.«
»Verständlich«, sagte Mike Rander und nickte. »Immerhin war er jahrelang von der Außenwelt abgeschlossen worden.«
»Warum soll ich das verschweigen?« meinte Mrs. Bracer tapfer. »Ich habe trotzdem immer zu ihm gehalten. Immer... Da konnten die Leute reden, was sie wollten.«
»Wir wissen leider nur sehr wenig über Ihren Mann, Mrs. Bracer.«
»Er hat im Gefängnis gesessen. Vier Jahre.«
»Und was hat ihn dahin gebracht?«
»Daß Jeff gegen das Gesetz verstoßen hatte, hat er immer offen zugegeben«, schickte sie voraus. »Aber Jeff war kein Gangster, Mr. Rander. Leider war er nur sehr leicht zu beeinflussen.«
»Weswegen wurde er verurteilt?«
»Er hat einen Wagen gefahren, in dem drei Bankräuber flüchteten. Es kam zu einer Schießerei. Der Wagen prallte gegen einen Hydranten. Jeff wurde schwer verletzt, brach sich einige Rippen und hatte einen leichten Schädelbruch.«
»Was wurde aus den drei anderen Männern?«
»Einer starb sofort nach dem Unfall, einer konnte entkommen, der dritte erhielt lebenslänglich. Er hatte einen Polizeibeamten erschossen.«
»Wann ist das passiert, Mrs. Bracer?«
»Vor gut vier Jahren«, erwiderte Jane Bracer. »Jeff wurde vor vier Wochen entlassen. Eigentlich sollte er zehn Jahre bleiben, aber der Rest der Strafe wurde wegen guter Führung geschenkt.«
»Hat ihr Mann vielleicht nach seiner Entlassung Besuche erhalten?«
»Nein,