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Wie ich Livingstone fand. Henry M. StanleyЧитать онлайн книгу.

Wie ich Livingstone fand - Henry M.  Stanley


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      In einer der zwischen diesen länglichen Bodenanschwellungen befindlichen Niederungen stand das Dorf Kingaru mit einer Umgebung, die in ihrem Äußeren auf Wechsel- und andere Fieber hindeutete. Vielleicht machten die dicken Regenwolken und überhängenden Bergfirste mit ihren dichten, durch das Dunkel traurig aussehenden Wäldern den Ort unangenehmer als gewöhnlich; jedenfalls waren die ersten Eindrücke keineswegs angenehm, die ich von dieser rasenbekleideten, von dunklen Wäldern eingeschlossenen Talsenke und der nahegelegenen tiefen sumpfigen Wasserrinne empfing.

      Ehe wir unser Lager in Ordnung bringen und die Zelte aufschlagen konnten, kam der schreckliche Vorbote der Masikazeit in hinreichenden Strömen herab, um die junge, glühende Liebe, die ich in letzter Zeit für Ostafrika an den Tag gelegt hatte, zu dämpfen. Trotz des Regens jedoch arbeiteten wir weiter, bis unser Lager fertig, das Eigentum vor Wetter und Dieben in Sicherheit gebracht war und wir mit Ergebung zusehen konnten, wie die Regentropfen den Boden in einen äußerst zähen Schlamm verwandelten und aus unserem Lagergrund kleine Seen und Flüsse bildeten.

      Gegen Abend, nachdem das unangenehme Schauspiel seinen Höhepunkt erreicht hatte, hörte der Regen auf, und die Eingeborenen kamen aus den in den Wäldern gelegenen Dörfern scharenweise mit ihren Verkaufsartikeln ins Lager. Ihnen voran erschien, als ob er dazu verpflichtet wäre, der Sultan – Beherrscher oder Häuptling – des Dorfes mit drei Maß Matama und einem halben Maß Reis, die er mich mit väterlichem Lächeln anzunehmen ersuchte. Aber unter seiner lachenden Maske, den triefenden Augen und der gefurchten Stirn ließ sich ein ränkevolles, äußerst schlaues Wesen erkennen. Unter derselben Maske, die dieser schelmische Älteste angenommen hatte, antwortete ich: »Der Häuptling von Kingaru hat mich einen reichen Sultan genannt. Wenn ich das bin, warum kommt dann der Häuptling nicht mit einem reichen Geschenk zu mir, damit er ein ebenso reiches Gegengeschenk empfangen könne?« Darauf erwiderte er abermals mit einem gezwungenen Lächeln seines runzligen Gesichts: »Kingaru ist arm, und es gibt im Dorf kein Matama.« Worauf ich entgegnete, ich werde ihm, da kein Matama im Dorf vorhanden sei, ein halbes Schukka oder ein Meter Tuch geben, was genau seinem Geschenk entspreche, und wenn er sein kleines Körbchen für ein ordentliches Geschenk hielte, so würde ich mein Zeug gleichfalls als ein solches bezeichnen. Mit dieser Logik musste er sich zufriedengeben.

      1. April. Heute hat die Expedition einen Verlust erlitten durch den Tod des grauen arabischen Pferdes, das mir Seyyid Barghasch, der Sultan von Sansibar, geschenkt hatte. Gestern Abend bemerkte ich, dass das Pferd leidend war. Da ich mich dessen erinnerte, was mir Dr. Kirk, der britische Konsul in Sansibar, so häufig versichert hatte, nämlich dass Pferde im Innern von Afrika wegen der Tsetsefliege nicht leben könnten, ließ ich es öffnen, um den Magen, von dem ich meinte, dass er krank sei, zu untersuchen. Außer vielem unverdauten Matama und Gras fanden sich 25 kurze, dicke weiße Würmer vor, welche wie Blutegel in der Wandung des Magens steckten, während die Därme von zahlreichen langen weißen Würmern wimmelten. Ich bin überzeugt, dass weder Mensch noch Vieh mit einer solchen Masse schädlicher lebender Wesen im Innern lange existieren kann.

      Damit der tote Kadaver das Tal nicht verpeste, ließ ich das Pferd ungefähr 20 Meter von der Lagerstätte tief in die Erde vergraben. Aus dieser kleinen Veranlassung machte der Dorfhäuptling Kingaru ungeheuren Lärm. Er hatte sich nämlich mit seinen Kollegen, den Häuptlingen der benachbarten Dörfer, die ungefähr zwei Dutzend aus Zweigen geflochtene Hütten repräsentierten, über die beste Methode beratschlagt, wie er den Musungu um ein oder zwei ganze Doti Merikani strafen könne, und war dabei schließlich zu der Überzeugung gelangt, dass die Beerdigung eines toten Pferdes in ihrem Grund und Boden, ohne vorgängige Erlaubnis, ein schreckliches und strafwürdiges Vergehen sei. Indem er sich also über die unverzeihliche Unterlassung sehr entrüstet stellte, beschloss Kingaru, vier junge Leute an den Musungu zu schicken und ihm sagen zu lassen: »Da Ihr Euer Pferd in meinem Boden begraben habt, so mag es gut sein; es kann da bleiben, aber Ihr müsst mir zwei Doti Merikani dafür bezahlen.« Als Antwort wurde den Boten aufgetragen, ihrem Häuptling zu sagen, ich zöge es vor, die Sache mit ihm selbst von Angesicht zu Angesicht zu besprechen, wenn er so gut sein wolle, mich noch einmal in meinem Zelt zu besuchen. Da das Dorf nur einen Steinwurf von unserem Feldlager entfernt war, kam der runzlige Älteste in ein paar Minuten wieder an die Tür meines Zeltes, und etwa die Hälfte der Einwohnerschaft folgte ihm.

      Das nun folgende Zwiegespräch, welches so stattfand, wie es hier aufgezeichnet, wird dazu beitragen, den Charakter der Leute zu kennzeichnen, mit denen ich ungefähr ein Jahr lang im Verkehr stehen sollte.

      Weißer: »Seid Ihr der große Häuptling von Kingaru?«

      Kingaru: »Huh-uh. Ja.«

      Weißer: »Der große, große Häuptling?«

      Kingaru: »Huh-uh. Ja.«

      Weißer: »Wie viele Soldaten habt Ihr?«

      Kingaru: »Wieso?«

      Weißer: »Wie viele Kriegsleute habt Ihr?«

      Kingaru: »Gar keine.«

      Weißer: »Nun, ich dachte, Ihr würdet tausend Mann bei Euch haben, da Ihr einem so starken Weißen, der viele Gewehre und Soldaten hat, eine Strafe von zwei Doti für das Begraben eines toten Pferdes auferlegt.«

      Kingaru (etwas verwirrt): »Nein, ich habe keine Soldaten. Ich habe bloß ein paar junge Leute.«

      Weißer: »Warum kommt Ihr denn und macht uns diese Unruhe?«

      Kingaru: »Ich habe es nicht getan, sondern meine Brüder, die mir sagten: ›Komm her, komm her, Kingaru, sieh, was der weiße Mann getan hat. Hat er nicht von deinem Grund und Boden Besitz ergriffen dadurch, dass er sein Pferd ohne deine Erlaubnis in deinem Erdreich begraben hat? Komm, geh hin und sieh, mit welchem Recht er das getan.‹ Daher bin ich hergekommen, um Euch zu fragen, wer Euch die Erlaubnis gegeben hat, meinen Boden als Begräbnisplatz zu benutzen.«

      Weißer: »Ich bedarf keines Menschen Erlaubnis, um das zu tun, was recht ist. Mein Pferd ist krepiert. Hätte ich es in Euerm Tal liegen lassen, dass es dortselbst verfaule und die Luft verpeste, so hätte Krankheit Euer Dorf heimgesucht, Euer Wasser wäre ungesund geworden, und die Karawanen würden hier nicht anhalten, um Handel zu treiben, denn sie würden sagen: ›Dies ist ein unglücklicher Ort, lasst uns fortziehen.‹ Aber genug davon; ich höre, Ihr wollt nicht, dass das Pferd in Eurem Boden beerdigt sei. Der Fehler, den ich begangen, lässt sich leicht wieder gutmachen. Im Augenblick sollen meine Soldaten es wieder ausgraben und den Boden so zudecken, wie er früher war, und das Pferd soll da liegen bleiben, wo es gestorben ist.« (Bombay laut zurufend): »Heda, Bombay, nimm Soldaten mit Hacken, um mein Pferd aus der Erde herauszugraben. Schleppt es dahin, wo es gestorben ist, und macht alles bereit für unseren morgen früh stattfindenden Marsch.«

      Kingaru schreit nun mit bedeutend erhobener Stimme und vor Erregung wackelndem Kopf: »Akuna, akuna, Bana! Nein, nein, Herr! Möge der weiße Mann nicht zornig werden. Das Pferd ist tot und liegt jetzt begraben. Mag es da liegen bleiben, weil es schon da ist, und lasst uns wieder gute Freunde sein.«

      Nachdem der Scheikh von Kingaru auf diese Weise zur Vernunft gebracht war, boten wir einander ein freundschaftliches Quahary, und ich blieb allein, um über meinen Verlust nachzudenken. Kaum war eine halbe Stunde verstrichen – es war neun Uhr abends geworden und das Lager schon halb im Schlummer, als ich ein tiefes, von einem der Tiere herrührendes Gestöhne vernahm. Als ich mich danach erkundigte, welches Tier leidend war, war ich erstaunt zu erfahren, dass es mein Brauner sei. Mit einer Stallglaslaterne besuchte ich dasselbe und bemerkte, dass der Schmerz im Magen saß, aber ob er von irgendeiner giftigen Pflanze, die es auf der Weide gefressen, oder von einer sonstigen Krankheit herrühre, konnte ich nicht ermitteln. Das Pferd gab reichliche Mengen einer dünnflüssigen Substanz von sich, die aber in ihrer Farbe nichts Eigentümliches hatte. Seine Schmerzen waren offenbar sehr groß, denn es stöhnte wahrhaft kläglich und sträubte sich heftig. Ich blieb die ganze Nacht auf in der Hoffnung, dass es nur die vorübergehende Wirkung einer unbekannten schädlichen Pflanze sei, aber nach einem kurzen, schweren Todeskampfe krepierte auch dieses Pferd am nächsten Morgen um sechs Uhr, genau fünfzehn Stunden nach dem anderen. Als wir den Magen öffneten, stellte


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