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Wie ich Livingstone fand. Henry M. StanleyЧитать онлайн книгу.

Wie ich Livingstone fand - Henry M.  Stanley


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und hatten sich ihren Weg nach oben, der zugleich ein Weg in den dunklen Erdteil war, ebenso mühsam wie energisch erkämpfen müssen1.

      David Livingstone wurde am 29. März 1813 in Blantyre in der Nähe von Glasgow in Schottland geboren. Er stammte aus einer alten Bauernfamilie, doch hatte schon der Großvater seinen kleinen Besitz verkauft und sich in der Hoffnung auf bessere Lebensbedingungen Arbeit in einer der damals gerade aufblühenden Baumwollspinnereien gesucht. Der Vater verdiente sein Geld als Teekrämer, die Mutter musste mehr schlecht als recht die Kinder versorgen. Kein Wunder also, dass David schon mit zehn Jahren in die Fabrik geschickt wurde, um durch seinen kleinen Verdienst zur Verminderung der familiären Sorgen beizutragen. Der Junge war aber nicht gewillt, sich mit diesem Schicksal abzufinden. Für einen Teil des ersten Wochenverdienstes kaufte er sich ein Lehrbuch der lateinischen Sprache. Nach der Arbeit besuchte er von acht bis zehn Uhr eine Feierabendschule, die von den Fabrikbesitzern eingerichtet worden war. Dann studierte er daheim bis Mitternacht weiter, obgleich er um sechs Uhr früh schon wieder mit der Fabrikarbeit beginnen musste. Nebenbei verschlang er in seiner Lesewut alle Bücher, die er nur auftreiben konnte, besonders naturwissenschaftliche Werke und Reiseliteratur.

      Schließlich reifte in ihm der Plan, als Missionar nach China zu gehen. Es war kennzeichnend für Livingstones praktische Einstellung, dass er zugleich beschloss, sich eine solide medizinische Ausbildung zu verschaffen, um für den erstrebten Beruf besser geeignet zu sein. So kaufte er sich einige ältere medizinische Werke und setzte mit ihrer Hilfe zuerst einmal sein Selbststudium fort. Eine Lohnaufbesserung nach einigen Arbeitsjahren ermöglichte es ihm, im Sommer genug für den Unterhalt der Familie zu verdienen und im Winter an der Universität Glasgow Vorlesungen über Medizin und Theologie zu besuchen. Auf Empfehlungen einiger Freunde schloss er sich einer konfessionell nicht gebundenen Missionsgesellschaft in London an, die den strebsamen jungen Mann unterstützte, der schließlich seine medizinischen Studien erfolgreich abschloss. Sein Plan, nach China zu gehen, scheiterte allerdings an den politischen Verhältnissen, da der sogenannte Opiumkrieg dort jede missionarische Tätigkeit verhinderte. Dafür lenkte der Missionar Robert Moffat (1795–1883), einer der besten Kenner Südafrikas, Livingstones Aufmerksamkeit auf das noch weitgehend unerschlossene Gebiet. Dieser nahm die Anregung dankbar auf und reiste 1840 nach Afrika.

      Er zog erst am Sambesi aufwärts, überquerte dann die Wasserscheide zum Kongo, wandte sich nach Nordwesten und erreichte schließlich nach erheblichen Strapazen Ende Mai 1854 die portugiesische Niederlassung Loanda an der Atlantikküste. Die Reise war zwar ein wesentlicher Beitrag zur Erforschung Afrikas, doch bewies sie gleichzeitig, dass sich im Gegensatz zu Livingstones Vermutung die verfolgte Route nicht praktisch nutzen ließ. Kurz entschlossen kehrte er deshalb auf dem fast gleichen Weg wieder zurück und wandte sich im November 1855 nach Osten, um dem Sambesi abwärts bis zum Indischen Ozean zu folgen. Gleich zu Beginn dieses neuen Reiseabschnitts entdeckte er die großen Wasserfälle des Sambesi, die er nach seiner Königin Victoriafälle benannte. Ende Mai 1856 erreichte er die Ostküste des Erdteils und hatte damit innerhalb von vier Jahren als erster europäischer Reisender das südliche Afrika durchquert.

      In den Jahren zwischen 1858 und 1864 unternahm er acht kleinere, weniger beachtete Reisen, auf denen er den Unterlauf des Sambesi genauer erforschte. 1864 bereitete er dann im Auftrag der Königlichen Geographischen Gesellschaft ein neues großes Unternehmen vor, bei dem er das Rätsel der Nilquellen lösen wollte. Schon 1858 hatten Richard F. Burton und John H. Speke von Ostafrika aus das zentralafrikanische Seengebiet erreicht und den Tanganika- und den Victoriasee entdeckt, doch war es ihnen nicht gelungen, die Trennung der Flusssysteme von Nil und Kongo zu klären. Livingstone plante, an ihre Erfolge anzuknüpfen. Er zog 1865 von der Ostküste bis zum Njassasee und an dessen Westufer vorbei nach Norden, bis er im April 1867 das Südende des Tanganikasees erreichte. Von hier aus wandte er sich westwärts zum Merusee und kam im Juli 1868 an den Bangweolosee. Von da aus kehrte er wieder nach Norden zurück, wo er in Udschidschi, das wir in dem folgenden Text näher kennenlernen, Nachschub an Lebensmitteln und Medikamenten vorzufinden hoffte. Aber diese Vorräte waren gestohlen worden. Statt daraufhin die an sich schon langdauernde und erfolgreiche Expedition abzubrechen und auf dem bekannten Karawanenweg an die Ostküste zurückzukehren, beschloss er, trotz aller Schwierigkeiten erneut in das Gebiet westlich des Sees vorzustoßen und dort die Flusssysteme zu erkunden.

      Livingstone war zu diesem Zeitpunkt der Lösung des Problems sehr nahe, wenn er auch seine Aufmerksamkeit zu stark auf mögliche Quellflüsse des Nils konzentrierte und die Möglichkeit einer Verbindung dieser Flüsse mit dem Kongo außer Acht ließ. Immerhin gelangte er westwärts bis Njangwe (Nyangwe), einem wichtigen Stützpunkt der Sklavenhändler am Lualaba, den er für den Oberlauf des Nils hielt. Unruhen der Eingeborenen und Intrigen der Sklavenhändler verhinderten eine Weiterfahrt flussabwärts und damit die Erkenntnis, dass es sich hier um einen der Quellflüsse des Kongo handelte, wie erst neun Jahre später Stanley beweisen sollte. So aber kehrte er nach Udschidschi zurück. Seine lange Abwesenheit und Aussagen von Eingeborenen hatten in Europa das Gerücht von seiner Ermordung aufkommen lassen und schwere Besorgnis ausgelöst. Deshalb sandte der New Yorker Zeitungsverleger James Gordon Bennett im November 1869 den jungen Reporter Henry Morton Stanley auf die Suche nach Livingstone.

      Dieser hieß eigentlich John Rowlands und wurde 1841 als uneheliches Kind einer Magd und eines kurz zuvor verstorbenen Landwirts in dem kleinen Dorf Denbigh, unweit Liverpool, geboren. Not und tiefstes Elend zeichneten die Kindheit des kleinen John, der von niemandem geliebt, von allen aber als Last empfunden und dementsprechend umhergestoßen wurde. Mit siebzehn Jahren hielt er es schließlich nicht mehr daheim in England aus und ging als Schiffsjunge nach Amerika. In New Orleans fand er Unterkunft bei einem Kolonialwarenhändler, der den aufgeweckten Jungen schließlich als Pflegesohn annahm und ihm auch seinen Namen – Henry Stanley – gab. Aber schon 1861 starb der Pflegevater, und der nun zwanzigjährige Stanley war wieder auf sich selbst gestellt. Während des Sezessionskrieges kämpfte er als Freiwilliger in der Armee der Südstaaten, diente dann in der Flotte der USA und versuchte sich schließlich als Journalist. Er bewies Begabung und Wagemut, ging erst nach Kleinasien und dann als Kriegsberichter des »New York Herald« nach Abessinien. Sein Verleger schätzte die Fähigkeiten des jungen Mannes richtig ein, und so kam es zu jener Szene, die Stanley in der Einleitung dieses Buches schildert.

      Stanley mag in seinem Bericht die nachfolgende Suche und nicht zuletzt auch seine eigenen Verdienste daran journalistisch etwas aufgebauscht haben. Zudem hatte er ein gutes Gespür für wirkungsvolle Effekte, und gewiss war es auch nicht so schwierig, Livingstone aufzufinden; denn die Nachrichtenverbindungen arabischer Händler funktionierten vorzüglich. Aber er hat mit der ihm eigenen anerkennenswerten Energie diese Reise zu einem Zeitpunkt verwirklicht, zu dem seine Landsleute unnötig zögerten, und er hat damit dem kranken und erschöpften Livingstone im entscheidenden Augenblick noch einmal eine Überlebenschance verschafft. Dass sie dieser nicht oder, besser gesagt, in einem anderen Sinne nutzte, als man normalerweise erwartet hätte, lag im Charakter des zähen Schotten begründet, der den Rettungsanker nicht ergriff, sondern in dem für ihn typischen Pflichtbewusstsein ausharrte und trotz seiner Erschöpfung die einmal gestellte wissenschaftliche Aufgabe lösen wollte.

      Wie ernst die Lage für Livingstone in den Tagen unmittelbar vor dem Eintreffen Stanleys geworden war, geht aus seinen eigenen Tagebuchaufzeichnungen


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