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Mami Staffel 3 – Familienroman. Gisela ReutlingЧитать онлайн книгу.

Mami Staffel 3 – Familienroman - Gisela Reutling


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eine herrliche Hochzeitsreise unternehmen können«, meinte sie zögernd. »Mein Mann hat ungeheuer viele Verpflichtungen. Ja, und dann, zwei Wochen nach unserer Rückkehr zog Sandro zu uns. Er kam zurück in sein Elternhaus, wie sein Vater es wünschte.«

      »Da war Ihr Glück perfekt!« vermutete Rena. »Man sieht ja, wie gern er sie hat.«

      »Glück? Ich weiß nicht. Sandro macht sich einen Spaß daraus, mich immer wieder zu ärgern oder zu erschrecken.«

      »Er bettelt um Ihre Aufmerksamkeit und Zuneigung.«

      »Mit fünf? Unsinn! Es kostet eben Zeit, um sich bei so einem Kerlchen Respekt zu verschaffen. Noch gelang es mir einfach nicht.«

      »Kein Wunder, Sie müssen mit der sogenannten Doppelbelastung fertigwerden.«

      »Ja, und das als Stiefmutter.« Klaudia lächelte mit schmalen Lippen. »Aber mein Mann wollte nicht, daß ich hier als Hausmütterchen herumsitze, weil seine erste Frau sehr unter seiner häufigen Abwesenheit gelitten hat. Als sie krank wurde, hielt man es zuerst für eine Folge der Schwermut. Es muß furchtbar für ihn gewesen sein, als sich dann herausstellte, daß sie Leukämie hatte.«

      »Sie sind wenigstens gesund!« entfuhr es Rena. Es kam von Herzen und klang doch taktlos. Am liebsten hätte sie sich gleich entschuldigt. »Ihr Mann tut bestimmt alles, damit sie mit dem Kleinen zurechtkommen«, fügte sie schnell hinzu.

      Klaudia sah sie durchdringend an. »Dazu fehlt ihm die Zeit. Reinhard liebt es, wenn Frauen verantwortungsvolle Posten bekleiden. Er verhalf mir deshalb zu mehr Einfluß im Verlag. Hat man Ihnen das in der Redaktion noch nicht gesteckt? Daß ich Chefin wurde, hat nicht jedem gefallen.«

      Rena fühlte sich peinlich berührt. »Kein Wort hörte ich davon«, wich sie aus. »Es ist ja auch schon länger her.«

      »Kann sein. Inzwischen haben die Kollegen sich eben wieder beruhigt.« Klaudia hängte das Kleid mit einem müden Seufzer zurück in den Schrank. Dann schob sie Rena sanft durchs Boudoir und in das große Wohnzimmer, um dort mit einem unterdrückten Stöhnen zu erklären: »Dieser dumme Streich von Sandro hat mir die Stimmung verdorben. Bitte, Rena«, sie suchte ihre Handtasche und entnahm ihrer Börse einen Hunderter. »Nehmen Sie sich ein Taxi. Günther wird eins rufen. Günther ist der Mann, der uns vor dem Haus entgegenkam.«

      »Das ist aber nicht nötig, Frau von Redwitz.«

      »Was nötig ist, entscheide ich.« Klaudia sagte es mit einem eisigen Lächeln, so daß Rena den Hunderter nahm, sich schnell bedankte und das Kaminzimmer verließ.

      Günther bestellte ihr ein Taxi, half ihr in die Steppjacke und wartete, bis der Wagen mit ihr davonfuhr. Als Rena sich noch einmal umsah, ahnte sie schon, daß sie diese riesige Villa nie wieder betreten würde. Denn in der ersten Erregung über den Streich des niedlichen Lausebengels Sandro hatte Klaudia von Redwitz sich zu Geständnissen hinreißen lassen, die einer Chefin nicht anstanden. Und das würde sie Rena übelnehmen, als habe sie sie dazu veranlaßt.

      Sie ließ das Taxi in der Nähe des Bahnhofes halten, zahlte und betrat ein China-Restaurant. Sie hatte einen Mordshunger. Enttäuscht stellte sie fest, daß fast jeder Tisch besetzt war.

      »Wenn Sie wollen, können Sie hier Platz nehmen«, bot ihr ein Mann an einem kleinen Tisch an. Rena zögerte nicht lange. Der Gast war nicht unsympathisch, vielleicht kam es sogar zu einem Gespräch mit ihm, dann vergaß sie die deprimierende Stunde bei Klaudia von Redwitz.

      Er aß geschickt mit Stäbchen, sie dagegen benutzte Gabel und Messer. Und weil er gutmütig lächelnd zusah und ihr dann Unterricht in der Handhabung der Stäbchen anbot, fanden sie schnell Kontakt.

      Eine Stunde später wußte Rena, daß ihr sympathischer Tischnachbar Ralf Nolte hieß und vor zwei Tagen von einem Noteinsatz in einem Erdbebengebiet in Peru zurückgekehrt war. Von nun an dachte sie nicht mehr an die Marotten ihrer Chefin, sondern fragte dem netten Doktor die Seele aus dem Leib, bis er ihr lachend vorschlug, sich am nächsten Abend noch einmal mit ihm zu treffen, denn in drei Tagen müßte er Hamburg schon wieder verlassen.

      »Noch ein Erdbeben?« fragte Rena.

      Ralf sah sie lächelnd an. Etwas wie Angst stand in ihrem Blick, und noch nie hatte ihn dieser Ausdruck von Furcht in den Augen eines Menschen so angenehm berührt. Ganz klar, er gefiel ihr und sie wollte ihn mehr als einmal wiedersehen.

      »Nee, ich fahr nach Kiel. Zu einem Kollegen, der dort seine Facharztausbildung macht. Will mal sehen, wie es sich da so lebt. Wir machen dann zusammen Urlaub.«

      »Jetzt? Im November?«

      »Mein Kollege ist ledig und muß Urlaub nehmen, wenn die Klinikleitung es bestimmt«, lachte er. »Wir werden skilaufen. In den Alpen gibt es schon Schnee.«

      »Ach so.« Es klang nicht gerade begeistert. »Und dann?«

      »Danach nehme ich an einem Kursus für Helikopter-Piloten teil.«

      »Ich denke, Sie sind Arzt?«

      »Ja, aber ein Pilotenschein hilft Menschenleben retten.«

      Rena zog mit ihrem Stäbchen lange Linien auf die Tischdecke.

      »Wollen Sie sich denn Ihr Leben lang zu Hilfseinsätzen einteilen lassen?«

      Ralf Nolte sah die junge Frau mit den roten Strähnen im Haar schweigend an. Sie war entzückend. Er hatte wohl schon ganz vergessen, wie anregend die Gesellschaft und das Interesse einer Frau sein konnten.

      »Wenn ich mal einen Menschen finde, für den es sich lohnt, Wurzeln zu schlagen, räume ich meinen Platz sofort für jüngere Kollegen«, gestand er freimütig.

      Rena atmete auf. »Das beruhigt mich«, lächelte sie schelmisch. »Und nun verlange ich die Rechung. Bitte, kommen Sie nicht auf die Idee, mich einzuladen.«

      »Heute nicht. Aber morgen«, antwortete er und nahm ihre Hand, die gerade nach der Brieftasche fassen wollte, fest zwischen seine.

      *

      Mehr als drei Jahre waren vergangen. Es gab Menschen, die dankten dem Schicksal, weil sich in dieser Zeit nichts in ihrem Leben geändert hatte. Zu diesen gehörte Beate von Redwitz erstaunlicherweise nicht. Denn vor einigen Monaten hatte sich etwas ereignet, das ihr Leben von Grund an auf den Kopf stellte.

      Aber nur ganz allmählich begriff sie, daß es tatsächlich auch die Trennung von Sandro war, die sie dazu gezwungen hatte, etwas mehr aus sich und ihrem Alltag zu machen.

      »Karottenkuchen«, schmunzelte sie, als sie an einem Sommersonntag in der Küche stand und aus dem Tortenrund zwölf schmale Stücke schnitt. »Karottenkuchen. Wenn der mir gelungen ist, gelingt mir alles andere auch.«

      Sie hatte frischgewaschenes Haar und getuschte Wimpern. Auf ihren Lippen glänzte ein dezenter Rotton, und statt der geliebten Jeans trug sie heute ein dunkelblaues Kleid, auf dem bis zum Saum hinunter Sonnenblumen blühten. Dabei war es doch gerade Ende Juni und Rosenzeit!

      Kaum war sie mit dem Tablett auf die Terrasse getreten, lächelte sie ihrem Gast Detlef Barmfeld scheu zu. »Ganz nach Ihrem Rezept, Herr Barmfeld. Ich hoffe, er schmeckt Ihnen.«

      »Gewiß doch, Fräulein von Redwitz. Bei Ihnen schmeckt mir alles.«

      Detlef Barmfeld war ein entfernter Verwandter ihrer Nachbarn, den Kösters mit den beiden Kindern Kiki und Linus. An einem lauen Frühlingsabend hatte sie ihn drüben kennengelernt. Als sich die Kösters Tage später über den nicht mehr jungen Vetter lustig machten, hatte Bea ihn in Schutz genommen. Warum trauten ihre Nachbarn dem Fünfzigjährigen nicht zu, mit seinem Bio-Gemüse draußen vor der Stadt gute Geschäfte machen zu können? Mehr aus Trotz war sie schon in der folgenden Woche zu ihm gefahren und hatte eine ganze Steige seines Grünkrams gekauft.

      Detlef Barmfeld tauchte schon bald darauf bei ihr auf. Angeblich hatte er seine Hand in einer Stalltür geklemmt und konnte sie nicht bewegen. Seitdem kam er zweimal die Woche. Seine Hand konnte längst wieder zupacken, aber auf die Stunden mit Beate wollte er nicht mehr verzichten. Nur jammerte er immer über alles, was in dieser Zeit


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