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Butler Parker 154 – Kriminalroman. Günter DöngesЧитать онлайн книгу.

Butler Parker 154 – Kriminalroman - Günter Dönges


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ction> Butler Parker – 154 –

      Butler Parker befand sich in einer seelischen Verfassung, die man als heiter und ausgelassen bezeichnen konnte.

      Er hielt seine bewährte Gabelschleuder in Händen und war gerade dabei, die dritte Fensterscheibe zu zertrümmern. Er hatte einen runden Kieselstein in die Lederschlaufe der Schleuder gelegt, spannte die beiden starken Gummistränge und visierte das Fenster an. Nachdem er die Lederschlaufe freigegeben hatte, jagte der erwähnte Kieselstein in rasantem Flug durch die Luft und erreichte Sekundenbruchteile später bereits die Scheibe, die explosionsartig auseinanderflog.

      Parker überlegte, ob er nicht noch ein viertes Fenster zertrümmern sollte. Noch hatte sich in dem Landhaus hinter der hohen Taxushecke nichts gerührt. Die Bewohner waren wohl noch intensiv damit beschäftigt, diese Morgengabe psychisch zu verdauen.

      Als Parker das wütende Kläffen eines Hundes hörte, legte er die Sportschleuder zusammen, steckte sie in die Innentasche seines schwarzen Zweireihers und hängte den altväterlich gebundenen Regenschirm korrekt über den angewinkelten linken Unterarm. Er schritt gemessen weiter und bot ein Bild würdevoller Unschuld. Er zuckte mit keiner Wimper, als zwei Dobermänner aus dem Gartentor schossen und Kurs auf ihn nahmen.

      Josuah Parker blieb stehen, zeigte jedoch keine Angst. Er hatte das ausdruckslose Gesicht eines berufsmäßigen Pokerspielers, der sich durch nichts erschüttern läßt.

      Die beiden starken Hunde hatten ihn erreicht und verharrten. Sie waren irritiert, weil dieser Zweibeiner nicht ängstlich zurückwich, wie sie es gewöhnt waren. Die Geschmacksknospen in ihren Nasen meldeten auch nichts von Angstschweiß.

      »Zurück! Bei Fuß!« Eine helle, fast peitschende Stimme rief die beiden Dobermänner zurück.

      Ein Mann von etwa dreißig Jahren kam aus dem Garten und musterte den Butler. Er trug einen Jeansanzug, war schlank und wirkte sportlich durchtrainiert.

      »Ich gestatte mir, Ihnen einen schönen Tag zu wünschen«, sagte Josuah Parker und lüftete seine schwarze Melone. »Sie besitzen zwei Hunde, die bemerkenswert sind.«

      »Haben Sie irgendeinen anderen Menschen gesehen?« fragte der Mann und schaute die Straße hinunter.

      »Dies allerdings«, bestätigte der Butler in einer höflichen Art, die aber nichts mit servilem Benehmen zu tun hatte. »Ich komme gerade aus der City von London. Meiner bescheidenen Schätzung nach kreuzten dort Tausende von Menschen meinen Weg.«

      Der Jeansträger fühlte sich sofort veralbert, doch dann revidierte er sich. Diesem schwarzgekleideten Mann war Ironie wohl kaum zuzutrauen.

      »Ich meine, ob Sie hier auf der Straße irgendeinen Typ gesehen haben«, präzisierte er seine Frage, während die beiden Dobermänner seitlich neben ihm Platz nahmen.

      »Wären Sie möglicherweise in der Lage, eine genaue Personenbeschreibung zu liefern?«

      »Sie haben nichts gehört?« Der Mann im Jeansanzug versuchte sich ein Urteil zu bilden, doch er kam zu keinem Resultat. Dieser Mann, der wie der hochherrschaftliche Butler in einem Film aussah, entzog sich jeder Beurteilung.

      »Das Klirren diverser Fensterscheiben traf meine Ohren«, erwiderte Parker würdevoll. »Hat es eine tiefere Bedeutung?«

      »Schon gut, schon gut«, sagte der Mann und winkte gereizt ab. »Werden Lausejungs gewesen sein.«

      »Dies möchte ich entschieden bestreiten«, entgegnete Parker. »Von sogenannten Straßenjungen war hier weit und breit nichts zu sehen, nur von einem Fahrzeug, das allerdings kurz vor der Hecke hielt.«

      »Ein Fahrzeug?« Der Jeansträger wurde hellhörig.

      »Ein unscheinbarer Morris«, behauptete der Butler weiter. »Im Wagen befanden sich zwei junge Männer.«

      »Sie haben sich nicht zufällig das Kennzeichen gemerkt?«

      »Dazu lag keine Veranlassung vor«, meinte Josuah Parker. »Sie gehen von der Annahme aus, daß man das Fensterglas zerstört hat?«

      »Keine Ahnung.« Der Mann wandte sich um und ging zurück in den großen Vorgarten, an dessen Ende ein anderthalbstöckiges Landhaus stand. Parker schritt würdevoll weiter und spürte, daß der Jeansträger ihn mißtrauisch beobachtete.

      *

      Agatha Simpson war eine große und ungemein stattliche Frau, die es längst aufgegeben hatte, auf ihre Linie zu achten. Sie war, höflich ausgedrückt, recht füllig und besaß die Ausstrahlung einer Herzogin.

      Lady Agatha, seit vielen Jahren Witwe, immens vermögend und mit dem Blut- und Geldadel Englands verschwistert und verschwägert, liebte die bequeme Kleidung. Sie bevorzugte Chanel-Kostüme, meist einige Nummern zu weit. Sie mußten selbstverständlich aus bestem, handgewobenen Tweed bestehen, der fast unzerreißbar war.

      Vor Jahren bereits hatte sie es auf gegeben, ihre Geburtstage zur Kenntnis zu nehmen. Eingeweihte wußten allerdings, daß sie die sechzig schon seit geraumer Zeit überschritten hatte.

      Agatha Simpson befand sich an diesem frühen Nachmittag in der Warren Street in einem langgestreckten Wohnbau mit sechs Stockwerken. Die Lady hatte die dritte Etage erreicht und schritt fest und energisch durch einen langen Korridor, bis sie das Apartment Nr. 36 erreichte. Sie läutete und wartete ungeduldig auf das Öffnen der Tür. Es dauerte jedoch längere Zeit, bis hinter der Tür sich etwas rührte. Die Dame merkte, daß sie durch einen Türspion beobachtet wurde, und bemühte sich daher, ihrem Gesicht einen verbindlich-friedlichen Ausdruck zu verleihen.

      Endlich öffnete sich die Tür, doch sie blieb durch eine Sperrkette gesichert. Das fragende und irgendwie ängstliche Gesicht eines älteren Mannes war zu erkennen.

      »Mr. Fielding?« fragte Lady Agatha. Ihre Stimme war dunkel.

      »Fielding«, bestätigte ihr Gegenüber. »Aber ich kaufe nichts.«

      »Schnickschnack.« Lady Agatha wurde bereits ungeduldig. »Ich will Ihnen nichts andrehen, junger Mann, ich komme wegen der Mieter-Initiative. Haben Sie nun angerufen oder nicht?«

      »Ich ... Ich habe mit einem Mr. Rander gesprochen, Madam.« Der Mann wurde mißtrauisch.

      »Anwalt Mike Rander, ich weiß, junger Mann. Er hat mich geschickt.«

      »Sie sind eine Angestellte von ihm?« fragte Fielding in völliger Verkennung der Sachlage.

      »Seine mütterliche Freundin«, stellte Lady Agatha in etwa richtig. »Wollen Sie mich nun einlassen oder nicht?«

      »Einen Moment, Madam.« Die Tür schloß sich, die Sperrkette wurde ausgehakt, und dann stand Fielding in voller Größe vor der älteren Dame. Es war nicht viel, was er an Statur zu bieten hatte. Er war gerade mittelgroß, hatte einen kleinen Bauch und ein rundes Gesicht mit großen Kinderaugen. Sein Kopfhaar war nur noch partiell vorhanden und weiß.

      Agatha Simpson schaute sich in dem Wohnraum um, der peinlich sauber war. Außer diesem Raum gab es noch eine winzige Küche und ein Bad. Das Mobiliar war alt, aber grundsolide.

      »Ich bin Lady Simpson«, stellte die Besucherin sich vor und setzte sich in einen der alten Ledersessel. »Kommen wir sofort zur Sache, Mr. Fielding: Sie haben Ärger mit Ihrem Hausbesitzer?«

      »Ja und nein«, lautete die etwas zögernde Antwort. »Die Sache ist nämlich so, Mylady... Eigentlich haben wir mehr Ärger mit den neuen Bewohnern, verstehen Sie?«

      »Nicht ein Wort«, entgegnete Lady Agatha rundheraus. Freunde und Bekannte wußten, daß sie auf die Regeln gesellschaftlicher Höflichkeit pfiff. Sie war stets sehr direkt und nannte die Dinge beim Namen.

      »Seitdem die neuen Mieter hier im Haus sind, ist die Hölle los«, berichtete Fielding und dämpfte unwillkürlich die Stimme. Er sah sogar nervös zur Tür, schien Angst zu haben vor dem Belauschtwerden.

      »Um welche Mieter handelt es sich?« wollte Lady Agatha wissen.

      »Sechs Leute«, antwortete Fielding. »Junge Männer, verstehen Sie?«

      »Noch immer nicht, Mr. Fielding. Wo ist das Problem?« Sie zwang sich zur Geduld.

      »Dieser Krach«, stöhnte


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