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Butler Parker 154 – Kriminalroman. Günter DöngesЧитать онлайн книгу.

Butler Parker 154 – Kriminalroman - Günter Dönges


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Zufall, Mylady.« Der ältere Mann schien das schon fast zu bedauern. »Aber es kann jeden Augenblick...«

      Er hatte den Satz noch nicht beendet, als Lady Agatha eine Kostprobe serviert bekam. Ohne jede Vorwarnung brüllte plötzlich ein Lautsprecher und ließ die Bilder an der Wand erbeben. Fielding hielt sich sofort die Ohren zu und schloß die Augen. Lady Simpson schluckte vor Überraschung und beobachtete die Lampe. Sie war in Schwingungen geraten.

      Die ältere Dame erhob sich und marschierte zur Tür des Apartments. Als sie sie öffnete, prallte sie fast zurück, denn sie wurde von den Schallwellen förmlich angefallen. Die Lady holte tief Luft, stemmte sich gegen sie und hielt auf die Quelle dieser irren und überlauten Pop-Musik zu. Sie blieb vor einer Tür stehen, die erfreulicherweise nur angelehnt war.

      Lady Agatha drückte sie auf und ... stand vor einer Lautsprecherbox, die etwa einen Meter hoch war. Sie wies vier offene Trichter auf, die diesen höllischen und gesundheitsgefährdenden Lärm produzierten ...

      Die Sechzigjährige war eine Frau schneller Entschlüsse.

      Sie kickte mit dem rechten Fuß den Lautsprechersatz zur Seite... Und wenn eine Lady Agatha Simpson zutrat, tat sie es mit Energie. Die Box nahm übel und krächzte mißtönend. Sie gab keinen Laut mehr von sich, als die resolute Dame sie mit einem zweiten Fußtritt ins Innere des Apartments beförderte. Dann fetzte sie einen Vorhang zur Seite und sah sich den jungen Mann an, der in einem Faltstuhl saß, wie Regisseure ihn benutzten. Seine Trommelfelle hatte er durch Ohrenklappen geschützt, wie sie in der Industrie an lärmgefährdeten Stellen getragen werden.

      Erst mit einiger Verspätung merkte der junge Mann, daß die Musik nicht mehr spielte. Er riß die Ohrenklappen herunter, drehte sich um und sah Lady Agatha entgeistert an.

      »Ich werde mich mit Ihnen über Laut- und Zimmerstärke unterhalten, junger Mann«, sagte die ältere Dame grollend. Sie marschierte auf ihn zu, und der junge Mann merkte sofort, daß mit dieser Frau nicht gut Kirschenessen war.

      »Wer sich wie ein Flegel benimmt, wird auch entsprechend behandelt«, redete Lady Agatha weiter und ... verpaßte ihm blitzschnell eine ihrer gefürchteten Ohrfeigen.

      Der junge Mann mußte sie voll nehmen. Es riß ihn von den Beinen. Er legte sich waagerecht in die Luft und krachte dann auf den Fußboden. Er war ein paar Sekunden benommen, stand langsam auf und ballte die Fäuste. Er näherte sich seiner Kontrahentin und übersah dabei den perlenbestickten Pompadour, der an Lady Agathas linkem Handgelenk pendelte.

      *

      Sie sahen deprimiert und mutlos aus.

      Sechs Frauen, im Alter zwischen fünfundzwanzig und vierzig Jahren, hatten sich in einem einfach eingerichteten Wohnraum vor einem elektrischen Kamin versammelt und gerade ihre Sorgen vorgetragen.

      »Die Mieter-Initiative hat überhaupt nichts gebracht«, sagte die etwa vierzigjährige Mrs. Fall. »Wir haben Briefe geschrieben, wir haben uns bei der Polizei beschwert, wir haben sogar eine Delegation geschickt – aber alles war umsonst.«

      »Wir sind noch nicht mal empfangen worden«, fügte Mrs. Lester hinzu und winkte ab. »Schon in der Anmeldung hat man uns abgewimmelt.«

      »Und wie«, warf Mrs. Brook aufgebracht ein. »Zwei angebliche Bürodiener haben uns rausgeschmissen. Und wie sie uns rausgeschmissen haben, Mr. Rander!«

      Mike Rander hatte sich Notizen gemacht und zündete sich eine Zigarette an. Er war etwa vierzig Jahre alt, schlank, groß und sah aus wie ein Dressman, woran seine Kleidung nicht ganz unbeteiligt war. Er trug einen dunklen Blazer, graue Flanellhosen und eine Krawatte in den Farben der teuren Universität, die er einst besucht hatte. Mike Randers gut geschnittenes Gesicht zeigte einen leicht blasierten und desinteressierten Ausdruck. Im Grund schienen ihn die Dinge, die man ihm da gerade vorgetragen hatte, kaum zu berühren.

      »Sind Kündigungen ausgesprochen worden?« fragte er.

      »In unserem Block bisher sechs«, antwortete Mrs. Brook, die etwa fünfundzwanzig Jahre zählte. »Aber vier Familien sind bereits freiwillig ausgezogen.«

      »Diesen Terror kann man kaum noch ertragen«, seufzte Mrs. Fall auf. »Unentwegt Lärm und Krach, dann die Anpöbeleien im Treppenhaus und in den Gängen.«

      »Ist dagegen gar nichts zu machen?« fragte Mrs. Lester.

      »Hat irgend jemand eine Anzeige erstattet?« wollte Anwalt Rander wissen.

      »Anzeigen am laufenden Band«, entgegnete die fünfundzwanzigjährige Mrs. Brook, die die Sprecherin der Mieter-Initiative war. »Bisher ist aber alles im Sand verlaufen.«

      »Sie sind sicher, daß man Sie aus dem Block vertreiben will?« erkundigte sich jetzt Kathy Porter, die neben Mike Rander auf einem Hocker saß. Sie hatte die bisherige Diskussion stenographisch festgehalten.

      Kathy Porter, kaum älter als Mrs. Brook, war schlank, ein wenig kleiner als Mike Rander und hatte kastanienbraunes Haar mit einem leichten Rotstich. Sie sah aus wie ein scheues Reh, schien verwundbar und sogar etwas ängstlich. In ihrem Cordanzug wirkte sie ungemein anziehend und löste in jedem Mann automatisch Beschützerinstinkte aus.

      Sie war die Sekretärin und Gesellschafterin einer gewissen Lady Agatha Simpson und wurde von ihr wie ein eigenes Kind gehalten. Im Augenblick assistierte sie Anwalt Rander, der nach seiner Rückkehr aus den Staaten von der älteren Dame wie selbstverständlich »vereinnahmt« worden war. Sie hatte ihm die Verwaltung ihres Vermögens übertragen und hoffte seit einiger Zeit, daß aus den »beiden Kindern«, wie sie Mike Rander und Kathy Porter insgeheim nannte, eines Tags ein Paar wurde.

      »Wigmore wird es schaffen«, beantwortete Mrs. Brook die Frage von Kathy Porter. »Bisher hat er’s immer geschafft.«

      »Er arbeitet also nach bewährtem Muster?« fragte Mike Rander und machte wieder einen fast gelangweilten Eindruck.

      »Der reitet jede Masche, um seine Mieter aus den Häusern zu treiben«, sagte Mrs. Lester. »Zuerst kauft er alte Reihenhäuser und ganze Wohnblocks auf, dann setzt er die Mieter an die frische Luft und renoviert. Was dann passiert, können Sie sich ja leicht ausrechnen, Mr. Rander.«

      »Er vermietet sie zu wesentlich höheren Preisen.« Mike Rander nickte. Die Methoden dieses Mannes waren ihm aus der Presse bekannt, doch bisher hatte er sich darum kaum gekümmert.

      »Wir können natürlich wohnen bleiben«, fiel Mrs. Brook ein, »aber eben nur dann, wenn wir die Mondpreise bezahlen können.«

      »Kann man dagegen wirklich nichts machen?« wollte Mrs. Fall wissen.

      »Juristisch kaum etwas.« Rander zuckte die Achseln. »Das Recht ist auf seiner Seite.«

      »Schönes Recht«, sagte Mrs. Brook bitter. »Hören Sie, Mr. Rander, wir werden unsere Wohnungen besetzen, verstehen Sie? Wir lassen uns nicht vertreiben. Und wenn wir uns anketten müßten, wir gehen nicht raus!«

      Sie redeten durcheinander und merkten nicht, daß die Tür zum Wohnraum sich öffnete. Zwei junge Männer blieben in der geöffneten Tür stehen, und einer von ihnen warf plötzlich eine zerdrückte Pappschachtel auf den Boden.

      Drei große Ratten, die bisher eingeschlossen waren, witterten eine Möglichkeit, die Flucht zu ergreifen. Sie rannten allerdings erst mal blindlings los und scheuchten die Frauen durcheinander, die die Nager entdeckt hatten und gellend schrien.

      »Nur’n Scherz«, sagte der stämmigere der beiden jungen Männer und kam langsam auf Mike Rander zu. »Sie sind der Anwalt, der hier ’ne Show abzieht?«

      »Lieber Mann, von einer Show kann keine Rede sein«, antwortete Mike Rander und zuckte mit keinem Muskel, als der junge Mann etwas weit zu einem Haken ansetzte. Sein Schlag war im Ansatz mehr als nur erkennbar, er meldete ihn förmlich an ...

      *

      Der Geohrfeigte sprühte förmlich vor Haß.

      Es machte ihm überhaupt nichts aus, daß er es mit einer älteren Dame zu tun hatte. Er war gemaßregelt worden und wollte sich dafür mit seinen Mitteln


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