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Butler Parker 129 – Kriminalroman. Günter DöngesЧитать онлайн книгу.

Butler Parker 129 – Kriminalroman - Günter Dönges


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Butler Parker – 129 –

      Sie freuten sich auf das kleine Intermezzo.

      Die fünf jungen Männer, im Schnitt vielleicht knapp zwanzig Jahre alt, beobachteten ihr Opfer durch die Scheibe des Spielclubs. Dann nickten sie sich grinsend zu und verließen die Spielhalle, die vollgestopft war mit Musik- und Spielautomaten und sonstigem elektronischem Zeitvertreib. Die fünf schlenderten um ihr Opfer herum und warteten den günstigsten Moment ab.

      Es handelte sich um einen seltsam gekleideten Mann undefinierbaren Alters. Er trug einen schwarzen, korrekt sitzenden Zweireiher, einen weißen Eckkragen und einen schwarzen Binder. Über seinem angewinkelten linken Unterarm hing ein altväterlich gebundener Regenschirm. Auf seinem Kopf saß eine schwarze Melone. Dieses Opfer war ganz offensichtlich ein hochherrschaftlicher Butler, der da gemessen seines Weges schritt und keine Ahnung hatte, was sich hinter seinem Rücken zusammenbraute.

      Die fünf Männer waren fast wie in Uniform gekleidet. Sie trugen schmale, röhrenartige Lederhosen, Tennisschuhe und Lederwesten. Schwarz war die Grundfarbe ihrer Kleidung. Und schwarz mußten wohl auch ihre Seelen sein, denn die fünf jungen Männer hatten die Absicht, den Butler in den Staub zu treten.

      Sie holten ihn an einer breiten Treppe ein, die hinunter zum Strand führte, bildeten einen Halbkreis und riefen ihr Opfer fast höflich an.

      »Meine Herren?« Der Butler blieb stehen und wandte sich um. »Was kann und darf ich für Sie tun?«

      »Bist schon einmal geflogen« erkundigte sich der Anführer der Gruppe fast freundlich. Seine Augen waren aber kalt.

      »In der Tat, meine Herren«, erwiderte das Opfer würdevoll. »Es handelt sich dabei um einen Vorgang, den ich sehr zu schätzen weiß.«

      »Biste auch schon mal ’ne Treppe runtergeflogen?« fragte der Anführer.

      »Auch das«, lautete die Antwort.

      »Solch einen Vorgang schätze ich allerdings kaum, wie Sie verstehen werden.«

      Das Opfer der fünf jungen Männer machte einen völlig beherrschten Eindruck. Von Angst oder Nervosität war nichts festzustellen. Der Butler schien darüber hinaus keine Ahnung zu haben, in welcher Gefahr er sich befand. Die fünf jungen Männer, die irgendwie an heimtückische Ratten erinnerten, beschäftigten sich nicht mit dem Butler, um Konversation zu treiben.

      »Willst mal erleben, wie schnell man ’ne Treppe nach unten schaffen kann?« erkundigte der Anführer sich inzwischen.

      »Sie dürfen versichert sein, meine Herren, daß ich andere Interessen habe«, erwiderte das Opfer gemessen. »Aber möglicherweise sind Sie so gütig, mir dies zu demonstrieren.«

      »Der wird frech«, sagte der nächste junge Mann empört.

      »Lassen wir den Alten doch mal segeln«, meinte der übernächste.

      »Sollte ich mir aus irgendeinem mir unbekannten Grund Ihren Unwillen zugezogen haben?« fragte das Opfer würdevoll. »Mir scheint, Sie haben etwas gegen einen alten, müden und relativ verbrauchten Mann.«

      »Los, Opa, spring!« Der Anführer hatte die Geduld verloren und wollte endlich aktiv werden. Er hatte natürlich bemerkt, daß die Touristen und Feriengäste auf der Promenade sich bereits auf breiter Front abgesetzt hatten. Männer und Frauen jeden Alters standen längst im Schutz der Strandhotels oder hatten sich sogar ins Innere dieser Häuser zurückgezogen.

      Man kannte Banden dieser Art.

      Sie terrorisierten seit Wochen die Badeorte an der Südküste Englands und wurden von Tag zu Tag immer aufdringlicher und brutaler. Sie schienen die gesamte Küste bereits in ihren Besitz gebracht zu haben, und die Polizei war kaum in der Lage, etwas gegen sie zu unternehmen. Die Opfer hüteten sich, Anzeigen zu erstatten oder gar Personenbeschreibungen zu liefern.

      »Wie darf und sollte ich Ihre Aufforderung interpretieren?« erkundigte sich der Mann, der wie ein hochherrschaftlicher Butler aussah. »Sie meinen, ich sollte über die Treppe nach unten springen?«

      »Schlaues Kerlchen«, freute sich der Anführer mürrisch. »Los jetzt, Alter, sonst bring ich dir Schwung bei!«

      »Sie werden hoffentlich verstehen, daß ich Ihrer Aufforderung nicht nachkommen möchte«, antwortete das Opfer höflich. »Wie leicht könnte man dabei einen gewissen gesundheitlichen Schaden nehmen.«

      »Los, Jungens«, sagte der Anführer aufbrausend. »Gebt ihm Starthilfe!«

      Auf dieses Signal hatten sie nur gewartet.

      Während der Anführer gelangweilt zurücktrat, rückten die vier anderen jungen Männer dem müden, alten und relativ verbrauchten Mann auf den Pelz und langten brutal zu ...

      *

      »Wir stehen dicht vor einer Katastrophe«, sagte Sir Edward Lance mit bebender Stimme. »Wenn sich nur noch einige Vorfälle dieser Art wiederholen, werden die Feriengäste die Küste fluchtartig verlassen.«

      »Zur Sache, mein Bester.« Agatha Simpsons Stimme klang ungeduldig. »Bisher haben Sie immer nur von Katastrophen gesprochen, ohne mir Details zu liefern. Zur Sache also, wenn ich bitten darf!«

      Lady Agatha war das, was man eine stattliche Erscheinung nannte. Sie war groß, von junonischer Figur und hatte vor einigen Jahren beschlossen, ihr Alter, wenn überhaupt, mit »etwas über sechzig« anzugeben. Sie trug ein derbes Tweedkostüm, das wie ein Sack an ihr herunterhing. Ihre großen Füße befanden sich in derben Schuhen, die nicht gerade elegant aussahen. Unter ihrem Hut, der an den Südwester eines Seemanns erinnerte, schauten kleine, weiße Löckchen hervor.

      Lady Agatha war eine reiche Dame, die mit dem Blut- und Geldadel der Insel verschwistert und verschwägert war. Sie pflegte diese Verwandtschaft jedoch nur oberflächlich, denn sie war eine abenteuerliche Natur, die Aktionen liebte und brauchte. Sie betätigte sich schon seit geraumer Zeit als Amateur-Detektivin und suchte darüber hinaus nach einem passenden Stoff, um endlich ihren Krimi-Bestseller zu schreiben.

      Lady Agatha war eine liebenswertskurrile Persönlichkeit, die die Dynamik eines schweren Panzers besaß. Einmal in Fahrt geraten, war sie kaum zu stoppen. Sie konnte ungemein liebenswürdig sein, aber sie konnte auch fluchen wie ein Fuhrknecht. Begriffe wie Angst oder Vorsicht waren ihr fremd. Sie stolperte von einem verrückten Abenteuer ins andere und bekam eigentlich nie mit, wie gefährlich sie im Grund lebte. Darin erinnerte sie lebhaft an den legendären Reiter über den Bodensee.

      Ihre Fahrt nach Bournemouth war nicht zufällig erfolgt. Sir Edward Lance hatte dringend um einen Besuch gebeten und ihr natürlich geneigtes Ohr gefunden. Listigerweise hatte er von einem sehr rätselhaften und unheimlichen »Fall« gesprochen.

      »Worauf warten Sie eigentlich noch, Edward?« erkundigte sie sich grollend wie immer, was ihre dunkel gefärbte Stimme nur noch zusätzlich unterstrich. »Glauben Sie, ich hätte meine Zeit gestohlen?«

      »Ich... Ich geniere mich fast, darüber zu sprechen«, schickte der Adlige voraus. Er war ein schlanker, großer, distinguiert aussehender Mann von etwa fünfunddreißig Jahren.

      »Nun haben Sie sich nicht so! Was bedrückt Sie?« Lady Agatha versuchte sich in Mütterlichkeit, was ihr jedoch nur schlecht gelang.

      »Hier an unserer Südküste treibt sich ein weißer Hai herum«, flüsterte Sir Edward und schaute unwillkürlich zur Tür.

      »Ein weißer Hai?«

      »Nur nicht so laut, Mylady«, bat Sir Edward händeringend.

      »Den weißen Hai gibt es nur im Kino«, stellte Agatha Simpson energisch fest. »Und er bestand nur aus Plastik und viel Technik. Was soll also dieser Unsinn?«

      »Der weiße Hai ist verschiedentlich gesehen worden, Mylady«, flüsterte Sir Edward weiter. »Es gibt da eine große Zahl von Augenzeugen. Erfreulicherweise hat die lokale Presse noch keine Notiz davon genommen.«

      »Erzählen Sie der Reihe nach.« Agatha Simpson richtete sich auf. Ihre Augen glitzerten und zeigten großes Interesse.

      »Dieser weiße Hai ist bisher hier in Bournemouth, Portland, Exmouth, Torquay und Paignton beobachtet worden. Also genau am schönsten Teil unserer Ferienküste. Dies


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