Mami Staffel 7 – Familienroman. Lisa SimonЧитать онлайн книгу.
strahlend weiß gestrichen und mit Efeuranken an den Wänden.
»Gefällt dir unser Haus?« fragte Sina. »Hier wohnen wir ganz allein mit Frau Wagner. Aber die wohnt ganz oben unter dem Dach.«
Nicole erwiderte: »Ich beneide euch wirklich um dieses schöne Zuhause. Ich weiß gar nicht, was ich dazu sagen soll.«
»Als ich die Villa vor drei Jahren gekauft habe, sah sie nicht so toll aus. Alle hielten mich verrückt, so einen alten, heruntergekommenen Kasten zu kaufen. Aber mit viel Mühe und noch mehr Geld ist es tatsächlich zu einem Schmuckstück geworden. Ich habe übrigens sehr viel selber gemacht, weißt du.« Man sah Thomas an, daß er stolz auf seine Leistung war.
Sina war schon ins Haus gegangen, und Thomas legte wie selbstverständlich seinen Arm um Nicoles Schultern. »Nun, wie gefällt dir meine Tochter?«
»Sie ist bezaubernd«, sagte Ni-cole ganz ehrlich. »Ich hatte ziemliche Angst vor dem Kennenlernen, aber die Kleine ist so natürlich und unkompliziert.«
»Das ist sie nicht immer.«
»Ach, nein?«
»Nein, nur bei Menschen, die sie mag. Und zu dir ist sie ganz besonders nett.« Thomas widerstand nur mit Mühe der Versuchung, Nicole einen Kuß zu geben, wie sie so neben ihm dastand und zu ihm emporsah.
»Laß uns hineingehen, ja?« Thomas räusperte sich und führte die junge Frau die Stufen hoch.
Von innen war es noch schöner, als es von außen aussah. Die Zimmer waren groß und hell, an den Fenstern hingen duftige schneeweiße Gardinen, und die Möbel im Wohnzimmer strahlten in ihrem warmen Holzton eine gemütliche Atmosphäre aus.
Frau Wagner war eine ältere, rundliche Frau mit warmen Augen und Pausbäckchen. Sie begrüßte Nicole freundlich, so daß diese sich gleich wie zu Hause fühlte.
»Könnten Sie uns wohl ein leichtes Abendessen zaubern, Frau Wagner?« bat Thomas, »ich habe eine Flasche Sekt dabei, die ich gern nachher mit Frau Kamrath trinken möchte.«
Frau Wagner nickte. »Selbstverständlich, Herr Doktor! Mal sehen, was ich alles in der Küche habe.«
Dann kam Sina schon mit großen Schritten angesprungen und zog Nicole ins Obergeschoß, wo sich das niedlich eingerichtete Kinderzimmer befand.
»Oh, hast du aber ein schönes Zimmer!« rief Nicole aus, als sie eintrat. »Na, hier muß man sich ja wohl fühlen.«
Die Kleine drückte ihre Puppe Flo enger an sich. »Mir wäre aber lieber, wenn Papa mehr Zeit für mich hätte.«
Plötzlich tat Nicole das Kind leid; sie bückte sich zu Sina hinunter und strich ihr behutsam über das weiche Haar. »Dein Papa hat einen sehr verantwortungsvollen Beruf, weißt du. Er hilft vielen Menschen, die sich allein nicht helfen können, und das nimmt sehr viel Zeit in Anspruch.«
»Weißt ich ja, aber kannst du nicht wenigstens mal kommen und mit mir spielen?«
»Ja, möchtest du das denn?« Nicole wagte kaum zu atmen.
»Hm, und Papa möchte das bestimmt auch.«
»Mit mir spielen?« fragte Nicole lächelnd.
Jetzt lachte Sina auch wieder. »Nee, nicht zum Spielen, einfach nur so dasein.«
»Aha, na, dann werden wir den Papa fragen, ob ihm das recht ist. Und jetzt laß uns nach unten gehen, sonst wundert er sich noch, wo wir bleiben.«
»Erst mußt du noch mein Puppenhaus ansehen, das hast du mir versprochen!«
Als die beiden schließlich wieder nach unten kamen, war der Tisch im Eßzimmer bereits gedeckt und die Sektflasche geöffnet. Nicole freute sich auf den Abend…
Es war fast Mitternacht, als Thomas Nicole nach Hause brachte. Nach dem Abendessen hatte Sina darauf bestanden, von Nicole ins Bett gebracht zu werden, sie hatte sich als richtige Mutter gefühlt. Beim Gutenachtkuß hatte Sina, halb schlafend, geflüstert: »Ich hab’ dich genauso lieb wie Papa.«
Mit Tränen der Rührung hatte Nicole das kleine Mädchen an sich gedrückt und leise erwidert: »Ich habe dich auch genauso lieb wie deinen Papa.«
Jetzt parkte Thomas den Wagen vor Nicoles Wohnhaus. Schweigend saßen sie, keiner wagte etwas zu sagen, um die Stimmung nicht zu zerstören.
Schließlich meinte Nicole: »Es war ein wunderbarer Tag mit euch beiden.«
»Ja, das war es für mich und Sina auch. Ich möchte diesen Tag so schnell wie möglich wiederholen.«
»Dagegen habe ich absolut nichts einzuwenden«, gab Nicole lächelnd zurück.
»Gut, wie wäre es morgen nach Feierabend? Wir könnten auf der Terrasse zu Abend essen, wenn das Wetter sich hält.«
»Sehr gern. Aber ich muß jetzt wohl gehen, morgen früh fängt wieder eine anstrengende Arbeitswoche an.« Sie beugte sich zu Thomas hinüber und hauchte ihm blitzschnell einen Kuß auf die Wange. »Danke für diesen wunderschönen Tag.«
Dann sprang sie schnell aus dem Wagen, bevor sich Thomas von seiner Verblüffung erholen konnte. Vor der Haustür drehte sie sich noch einmal um und winkte ihm zu. Er winkte zurück und formte die Lippen zu einem Kuß. Beiden war klar, daß sie die Zukunft gemeinsam verbringen wollten, auch wenn sie noch kein Wort darüber verloren hatten…
Zum ersten Mal seit der Geburt ihres Kindes ging Nicole leichten Herzens zu Bett. Thomas war ihr Lebensinhalt geworden, und die kleine Sina mußte man einfach liebhaben. Trotzdem würde sie nie den Gedanken aufgeben, ihren Sohn zu finden und um ihn zu kämpfen. Mit diesem Gedanken und einem Lä-cheln auf den Lippen schlief sie ein…
*
Die Verlobung von Dr. Benedikt und seiner Sekretärin ging wie ein Lauffeuer durch die Kanzlei. Die Kolleginnen beneideten sie, und Gisela Singer, Dr. Kleibers Sekretärin, meinte scherzhaft: »Ich frage mich, wie Sie es geschafft haben, Ihren Chef an Land zu ziehen. Verraten Sie mit das Geheimnis, Frau Kamrath?«
Die Auszubildende Sandra fragte lachend: »Wieso? Interessieren Sie sich etwa für Dr. Kleiber?«
Frau Singer wurde rot bis zu den Haarwurzeln, denn Dr. Kleiber war klein, rundlich, und seine Stirn ging bis zum Hinterkopf – außerdem war er seit mehr als fünfundzwanzig Jahren verheiratet!
In der Pause fragte Gabi Ebeling, nachdem Nicole in den höchsten Tönen von Sina geschwärmt hatte: »Willst du nach der Hochzeit weiterarbeiten oder für die Kleine sorgen?«
Nicole hatte es sich gut überlegt, wie ihr weiteres Leben aussehen sollte und bereits mit Thomas dar-über gesprochen. »Ich werde aufhören zu arbeiten. Sina braucht eine Bezugsperson, sie klammert sich direkt an mich.«
»Hm, das finde ich vernünftig«, sagte Gabi nickend. »Vielleicht hilft dir der kleine Sonnenschein auch über den Verlust deines eigenen Kindes hinweg.«
Nicole seufzte. »Ich werde niemals aufhören, meinen Sohn zu vermissen; das heißt natürlich nicht, daß Sina eine Art Ersatzkind für mich ist.«
»Vielleicht findet sich später doch noch eine Chance, deinen Kleinen zu dir zu holen. Wie ich dich kenne, wirst du alles daransetzen, um ihn doch letztendlich zu bekommen.«
»Worauf du dich verlassen kannst!«
*
Die Hochzeit war ein Traum. Nicoles langes Kleid bestand aus weißer Spitze mit einer Fülle aufgestickter Perlen, die im hellen Sonnenschein glänzten. Sina sah ganz entzückend aus in der winzigen Kopie von Nicoles Brautkleid. Sie war sehr stolz darauf, die Blumen streuen zu dürfen und erfüllte ihre Aufgabe sehr gewissenhaft. Vor der Kirche warf sie jeweils die Blüten aus dem Körbchen, immer im selben Abstand, so daß die Hochzeitsgäste amüsiert lachten.
Zu den geladenen Gästen gehörten natürlich auch die Kolleginnen aus der Kanzlei sowie die Anwälte Kleiber und Sondermann mit ihren Ehefrauen. Erst zwei Wochen vor der Hochzeit hatte Nicole Thomas’ Eltern, ein bezauberndes