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Mami Staffel 7 – Familienroman. Lisa SimonЧитать онлайн книгу.

Mami Staffel 7 – Familienroman - Lisa Simon


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von hinten sehen – eine kleine Gestalt im buntbedruckten Winteroverall. Dann war Iris Kaiser in der Garage verschwunden, und wenig später schoß eine silberne Luxus-Limousine aus dem Garagentor heraus.

      Nicole startete ebenfalls ihr Auto und fuhr mit dem nötigen Abstand hinter der Limousine her. Weshalb sie das tat, hätte sie später nicht sagen können, es war, als wollte sie ihren kleinen Tim nicht mehr aus den Augen lassen.

      An der übernächsten Ampel wurde die Verfolgung vorzeitig beendet. Während Iris Kaiser die Kreuzung noch überquerte, als die Ampel schon auf Gelb geschaltet hatte, mußte Nicole scharf bremsen, um nicht bei Rot weiterzufahren.

      Ungeduldig hämmerte sie mit den Fingern auf das Lenkrad, aber als es dann wieder Grün wurde, war die Limousine natürlich nicht mehr zu sehen.

      Enttäuscht machte sich Nicole auf den Heimweg. Heute würde sich kaum eine weitere Chance ergeben, Tim noch einmal zu sehen. Wie klein und hilflos er aussah! Nicole hatte nur einen einzigen Blick auf den Kleinen mit den Pausbacken werfen können. Er war jetzt zehn Monate alt, und bald würde aus dem Baby ein tolpatschiger Junge werden, der auf seinen noch unsicheren Beinchen die Welt erobern wollte.

      Wütend wischte sich Nicole die Tränen von den Augen, sie sah kaum noch, wohin sie fuhr. Warum war sie nur so kaltherzig und sogar erleichtert gewesen, als sie den Kleinen nach der Geburt so problemlos losgeworden war? Jetzt liebte er eine andere Frau und nannte sie Mama – und Nicole haßte diese Frau, die so hochmütig und überhaupt nicht glücklich ausgesehen hatte.

      Bevor sie auf dem Kindergarten-Parkplatz anhielt, warf Nicole einen prüfenden Blick in den Autospiegel. Auf keinen Fall durfte Sina etwas von ihrer selbstmitleidigen Heulerei bemerken!

      Doch die Kleine löcherte Nicole auf der Heimfahrt mit Fragen über das Fitneß-Center wie jetzt fast jeden Tag. Sina schien sich etwas ganz Besonderes darunter vorzustellen; und so oft Nicole auch erklärte, daß es Dutzende dieser Studios in der Stadt gab, wollte sie sich damit nicht zufriedengeben.

      »Nimmst du mich mal mit?« fragte sie, und vor Schreck wäre Nicole fast gegen den Bordstein gefahren. »Ich bin auch ganz lieb.«

      »Mal sehen, irgendwann mal«, antwortete Nicole ausweichend und hoffte inständig, daß Sina sie nie an ihr Versprechen erinnern würde.

      »Heute nachmittag spiele ich mit Flo auch Fitneß-Center. Die hat das auch nötig, ist viel zu steif.«

      »Kein Wunder, sie ist ja auch aus Kunststoff«, gab Nicole lächelnd zurück und dachte dabei, warum nicht alles so problemlos wie Sina sein konnte…

      *

      Es war zwei Wochen vor Weihnachten, und Nicole hatte nun kaum noch Zeit, täglich in die Nachbarstadt zu fahren, um wenigstens einen Blick auf Tim zu werfen. Sie half statt dessen Frau Wagner mit dem Weihnachtsputz und bereitete alles für die Ankunft der Schwiegereltern vor.

      Obwohl ihr Herz vor Sehnsucht fast schrie, unterdrückte sie den Wunsch, sich nach dem Frühstück einfach ins Auto zu setzen und loszufahren. Es wäre aufgefallen, wenn sie mitten in den hektischen Weihnachtsvorbereitungen in aller Seelenruhe ihre Fitneß-Stunden eingehalten hätte.

      Es war inzwischen kalt geworden, doch von Schnee war noch keine Spur zu sehen. Jeden Morgen machte Sina ein enttäuschtes Gesicht, wenn sie beim Blick aus dem Fenster nur unfreundliche Dunkelheit sah.

      Nicole hatte die Geschenke für ihre Lieben schon gekauft und bereits verpackt. Sie hoffte, daß sich Thomas über die neue Armbanduhr und den beigefarbenen Kashmir-Pullover ebenso freuen würde wie Frau Wagner über das kostbare Parfüm eines bekannten Mode-Designers und die Schwiegereltern über das Ölgemälde, das einen idyllischen Pinienhain zeigte.

      Liebevoll hatte Nicole die Geschenke verpackt und sich vorgestellt, wie Tim mit großen, staunenden Augen auf die Lichter des Weihnachtsbaumes blickte.

      Dann kamen Thomas’ Eltern, und Nicole kam kaum zum Nachdenken. Nicht, daß die alten Benedikts anstrengend oder unbequem waren – im Gegenteil! Doch Nicole und Thomas unternahmen viel mit den Eltern, gingen zur Eisrevue, die am zweiten Weihnachtstag in der Stadt gastierte, und ins Theater. Die zwei Wochen verflogen im Nu.

      Den Silvesterabend hatten sie zu Hause verbracht, damit Sina nicht allein bleiben mußte! Frau Wagner war zu ihrer Schwester gefahren, nachdem sie alles für den Abend vorbereitet hatte. Thomas hatte ein paar frühere Studienfreunde mit deren Frauen eingeladen, und es wurde ein gelungenes Fest.

      In der Neujahrsnacht fiel dann zu Sinas großer Freude etwas Schnee, der jedoch nach zwei Tagen wieder geschmolzen war. Doch immerhin hatte er gereicht, um einen Schneemann zu bauen – allerdings einen sehr kleinen.

      In der ersten Januarwoche flogen Thomas’ Eltern wieder ab, der Abschied war herzlich und wenig traurig, da man ja verabredet hatte, über Ostern wieder nach Mallorca zu kommen.

      Nicole hatte am Heilig Abend, als alle schliefen, wieder an ihren kleinen Tim denken müssen. Jetzt, da er nicht mehr ein anonymes Baby war, war die Sehnsucht nach ihm fast unermeßlich.

      Wenn sie sich doch Thomas anvertrauen könnte! Mit ihm darüber reden würde ihr vielleicht helfen, mit der aussichtslosen Lage fertig zu werden. Inzwischen war sich Nicole nämlich klargeworden, daß sie nicht zu den Kaisers gehen konnte, um zu verlangen, den Kleinen zurückzugeben. Diese Leute würden einen Skandal entfachen – und das konnte und wollte sie ihrem Mann nicht antun. Dies würde seiner Karriere als Anwalt schaden, wenn nicht sogar das berufliche Aus für ihn bedeuten.

      Nicole liebte Thomas so sehr, daß sie ihm niemals weh tun würde. Vielleicht hatte der liebe Gott ein Einsehen und schickte ihr ein Wunder…

      *

      Dann begann der Alltag im neuen Jahr. Gleich in der ersten Januarhälfte mußte Thomas für eine Woche zu einem Prozeß in einer anderen Stadt, und Nicole vermißte ihn sehr. Auch Sina fragte ständig nach ihrem Vater, und Nicole tröstete sie, so gut sie konnte.

      Die Puppe Flo trug nun aus-schließlich »Nicole-Kleidung«, die diese an vielen Abenden in der Vorweihnachtszeit genäht, gestrickt und gehäkelt hatte. Flo sah nun nicht mehr ganz so verrupft aus, auch wenn sie weit davon entfernt war, eine Puppen-Schönheit zu sein.

      Nicole saß alltags wieder fast täglich auf dem Tulpenweg in ihrem Auto, um den Hauseingang der Kaisers zu observieren, allerdings ohne Erfolg. Sie war froh, daß es nicht mitten im Sommer war, wo mehr Leben auf dieser Vorstadtstraße herrschen mußte – sonst wäre sie wohl längst aufgefallen. Wie es weitergehen sollte, wußte sie nicht. Das einzige, was ihr klargeworden war, daß es keine Möglichkeit gab, den Jungen zu sich zu nehmen – sie konnte nur vor dem Haus hocken und darauf hoffen, wenigstens einen Blick auf ihn werfen zu dürfen.

      Gesundheitlich fühlte sich Nicole seit Weihnachten nicht sehr wohl, schob dies aber auf ihren inneren Kummer und das ewig düstere Wetter. Auf die Idee, daß mehr dahinterstecken könnte, kam sie nicht.

      Eines Morgens, als Nicole angeblich wieder im Fitneßstudio – in Wahrheit aber im Tulpenweg – war, stieg eine unbekannte Übelkeit in ihr hoch. Schnell öffnete sie die Fahrertür und atmete in langen Zügen die feuchte, kalte Winterluft ein! Danach ging es ihr etwas besser.

      Schon wollte sie den Wagen starten, da es Zeit war, nach Hause zu fahren – da fuhr direkt an ihr die schon bekannte Limousine vorbei.

      Nicole duckte sich hinter das Lenkrad und tat, als suche sie etwas. Der schwere Wagen bog in die Auffahrt des Hauses ein und hielt vor der Haustür. Nicole konnte einen schlanken, gut gekleideten Mann erkennen, der ausstieg, den Kofferraum öffnete, einige Gepäckstücke herausholte und auf dem Kiesweg abstellte.

      Die Kaisers waren augenscheinlich im Urlaub gewesen, während Nicole Tag für Tag dagesessen und auf ein Lebenszeichen gewartet hatte! Doch wo war Tim?

      Joachim Kaiser öffnete die hintere Tür des Wagens, bückte sich und hielt plötzlich den kleinen Jungen im Arm. Von Iris Kaiser war nichts zu sehen.

      Nicole war so aufgeregt, daß sie die Frau zunächst gar nicht vermißte. Das Wichtige war, daß sie diesmal etwas länger ihren Sohn betrachten konnte,


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