Science-Fiction-Romane: 33 Titel in einem Buch. Walther KabelЧитать онлайн книгу.
heraus, »ich nicht haben festgebunden nachts das Steuer … Ich schwören. Sein noch Mann an Bord … Sein versteckt … Werden nachts aufpassen, wir beide …«
Bis zur Dunkelheit geschieht nichts. Die Brigg segelt wie der Teufel. Aber die Küste ist noch immer nicht in Sicht.
Ich verteile die Wache. Von elf ab übernehme ich das Steuer, und Chubur wird vorn wachen.
Die Stunde ist da. In meiner Tasche des Lederrocks steckt die entsicherte Pistole. Der Mond leuchtet, und der Pazifik beschert mir eine traumhaft schöne Stunde. Ich lehne am Rade, zu meinen Füßen liegt der Pudel und schläft. In Lee gleitet ein Dampfer vorüber. Seine Rauchfahne zerflattert, seine Lichter grüßen und entschwinden.
Und mir kommen die Erinnerungen an Coy Cala, den die meuchlerische Kugel dahinraffte – an Nächte mit ihm in der Pampas auf jagenden Pferden … an Lagerfeuer, über denen eine Hirschkeule brozelte, an Coys kühne, herrische Augen … Mein Herz wird schwer. Zwei Wochen – da begruben wir ihn, den letzten Sproß des königlichen Geschlechts der Araukanerherrscher – ihn, den schlichten ehrlichen stinkenden Fischer und Jäger.
Wie Nebel umwölkt’s meinen Blick, der auf den erleuchteten Kompaß gerichtet ist.
Tiefe Müdigkeit löst mir die Glieder, eine unwiderstehliche Macht drückt mich zu Boden …
Als ich erwache, ist Chanafs Gesicht dicht über mir, und die Sonne scheint, und ich fühle mich zum Sterben elend.
Stundenlang kämpfe ich gegen immer wiederkehrendes Schwindelgefühl, und Chubur geht’s nicht anders. Dann schlafe ich ein, werde mittags munter und ziehe mich an und taste mich matt an Deck.
Chanaf deutet auf unseren Hund, der im Schatten der Reling liegt – mit offenem Maul, heraushängender Zunge und keuchender Brust.
»Steuer wieder festgebunden war,« sagt Chanaf. »Hund auch krank … Lichter waren gelöscht.«
Ich nickte nur. Jetzt weiß ich: Wir sind nicht allein an Bord! Hier ist außer uns noch jemand, der ein höllisches Gas benutzt. Wir sind betäubt worden. Und der es tat, hatte die Brigg nachts wieder nach Nordwest gesteuert.
Wohin?! Wozu?! Wer?!
2. Kapitel
Baron Sajo Hiruto
»Chubur,« sagte ich zu dem braunen Freunde, der auf dem Sofa der Kajüte sitzt und so schrecklich jämmerlich dreinschaut, »Chubur, wir müssen schlau sei … Der, der uns betäubte, strebt einem bestimmten Ziele zu. Fassen wir ihn ab, so werden wir dieses Ziel nie kennenlernen …«
Er schlürft seinen Tee und kaut ohne Appetit an dem Bratenstück. Die Brigg ist glänzend verproviantiert. Der Trinkwasserbehälter noch halb voll. All das reicht noch für Monate.
»Was tun, El Gento?«
»List gegen List … In der kommenden Nacht müssen die Wachen und der Steuermann, sobald sie das Gas spüren, sobald die Müdigkeit beginnt, langsam umsinken, bevor sie das Bewußtsein verlieren. Dann werden sie ja sehen, wer hier die Possen treibt, aber sich nicht rühren.«
Chubur grinst tückisch: »Ich dabei sein, El Gento …«
»Gut … Um elf Uhr werden wir beide wieder die anderen ablösen.«
Auch der Pudel hat sich erholt. Dennoch – er liegt in der Kajüte und verweigert Speise und Trank und schläft. Ihm ist die Nacht noch schlechter bekommen als uns.
Nun senkt sich neue Dämmerung über den Pazifik. Im Westen glüht der Horizont in feuriger Lohe, die Sonne schwindet, und die grellen Farben am Himmel mildern sich zu tiefem Violett. Die Nacht ist da.
Wir sieben, die wir hier auf dem namenlosen Schiff unbekanntem Ziele entgegensteuern, fühlen den Nervenkitzel des fremdartigen Abenteuers bis in die Fingerspitzen. Meine Araukaner sind aus dem Dämmerdasein ihres Alltags am Gallegos aufgepeitscht und wittern Blut, als ob es in den Pampas zur Pumajagd ginge. Ihre Nüstern vibrieren, sie gehen einher mit zugekniffenen Augen und angespannten Muskeln. –
Diesmal steht Chubur um elf Uhr am Steuer, und ich hocke vorn auf dem Deckel der Großluke und rauche und spüre mit geschärften Gedanken diesen dunklen Dingen nach.
Wolkenfetzen fegen über die Gestirne. Der Mond scheint matt durch ziehendes Gewölk.
Was wird geschehen?!
Wir haben tagsüber den Nordwestkurs beibehalten, nur jetzt steuert Chubur wieder Nordost, um den zu täuschen, der … kommen wird.
Der Wind pfeift unheimlich hohl in der Takelage. Drückende Schwüle treibt Schweiß aus den Poren, beengt die Brust und läßt das Herz hämmern. Wir müssen in diesen drei Tagen recht weit nördlich gelangt sein – wie weit, ist kaum abzuschätzen. In diesen Breiten gibt es jedenfalls keine Schiffsroute. Den ganzen Tag sahen wir auch nicht ein einziges Fahrzeug.
Ich bin allein, nicht einmal der Hund ruht neben mir. Armer Kerl – ihm geht’s in Wahrheit hundeelend.
Im Westen schiebt sich eine schwarze Wolkenwand hoch. Greller Schein leuchtet über sie hinweg, und bald zeigen die Blitze ihre zackige Feuerbahn, tiefes Grollen faucht über die See, und die Finsternis verschluckt alles. Nur die Wogenkämme nahen wie weiße Striche … gleiten vorüber … neue kommen … ein Spiel ohne Unterlaß.
Wir fliehen vor dem Gewitter, das langsam verklingt.
Und da – es mag Mitternacht sein – spüre ich wieder die Nebel vor den Augen …
Also doch!!
Ich rutsche vom Lukendeckel, täusche Anstrengungen vor, mich aufzurichten, wälze mich auf die Seite, halte den Atem an und liege still. Wenn Chubur ebenso gut Komödie spielt, werden wir heute wohl den Burschen zu Gesicht bekommen, der uns das geruchlose Gas irgendwie ins Gesicht bläst. Nur schade, daß diese Finsternis so wenig erkennen läßt … Ich blinzele durch die vorsichtig zugekniffenen Lider und atme behutsam. Ich höre das Gleiten eines Körpers, höre Stimmen …
Und beiße mir auf die Lippen …
Täuschung?! Ein Weib?
»… Erst ihn, Hiruto … Wo hast du die Stricke?«
Oho – – Stricke?! – Das ist gegen das sonstige Programm!
Dieselbe Stimme flüstert:
»Er ist der letzte, Hiruto … Wir haben gewonnenes Spiel …«
Ich begreife sofort: In dieser Nacht soll es uns ernsthaft an den Kragen gehen! Wir müssen also dem Ziele wohl recht nahe sein.
Eine Hand fährt mir den Arm hinab, eine andere will mich auf den Rücken legen …
Wenn ich nicht ein volles Jahr mit Coy Cala die Pampas durchstreift und im schwankenden Boot gegen Sturm und Wogen gekämpft hätte, wären meine Fäuste kaum zu Schmiedehämmern geworden.
Ich schnellte empor, zwei Schreie, zwei blitzschnelle Schläge, der eine gegen ein menschliches Kinn, der andere gegen eine weiche Brust – – noch zwei Hiebe, und zwei Gestalten poltern auf die Planken.
»Chubur!!«
Er kommt herbei …
Er bückt sich … Ich bücke mich, schnüre dem einen die Hände zusammen, schleife meine Beute in die Kajüte …
»Chubur – zurück ans Steuer!!«
Die Brigg schlingert, die Segel knallen, aber sie kommt wieder in Fahrt, und ich hole mir den zweiten Burschen, mache in der Kajüte Licht und mustere die Gefangenen.
Herr Hiruto ist ein kleiner, magerer Japaner im blauen fleckigen Heizeranzug, ein älterer Kerl mit einem von Falten zerkerbten Gesicht. An seinem Kinn rinnt Blut herab, seine Unterlippe ist eine dicke blaue Pflaume geworden, über der ein halb herausgeschlagener Zahn an einem Gaumenfetzen