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Science-Fiction-Romane: 33 Titel in einem Buch. Walther KabelЧитать онлайн книгу.

Science-Fiction-Romane: 33 Titel in einem Buch - Walther Kabel


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hätte der Mann an der Reling, der mir tatsächlich jetzt folgte und mir so den Beweis lieferte, daß ich mich einem völlig verfehlten Sicherheitsgefühl hingegeben hatte, die kleine Pistole mir wieder in die Hand gezwungen, und die drei Herren, die schließlich nur ihre Pflicht taten, wären von Saßnitz lediglich mit der toten Nummer 311 nach Schweden zurückgekehrt.

      Nach wenigen Minuten hatte ich den Verfolger abgeschüttelt und stand unten in dem matt erleuchteten langen Raume, der mehr einer Waggonwerkstatt als einem der tieferen Decks eines Dampfers gleicht. Ölgeruch, rauchige stickige Luft … Auf blanken Schienen der D-Zug … An den Wänden Tische mit allerlei Werkzeugen. Und am Heck und Bug die gewaltigen eisernen Flügeltüren, durch die der Zug im Hafen hinein- und hinausgleiten kann, Türen, jetzt verschlossen und doch unschwer zu öffnen …

      Ein anhaltendes Klirren von Eisenteilen und Poltern und Stoßen und Vibrieren verschiedenartigster Töne erfüllt den Raum, unter dem die Kessel stöhnen und fauchen und die Schraubenwellen kreisen.

      Wieder ein Blick in die Runde. Ich bin hier am Heck allein. Und ich will nicht sterben. In meinen Jahren klammert man sich an das Leben, besonders wenn man noch eine Aufgabe zu erfüllen hat wie ich … Zwei Jahre Zuchthaus!! Sollte ich das auf mir sitzen lassen! Niemals! Totschläger, wo nur die Aussage eines jämmerlichen Weibes mir den Schutz des Notwehrparagraphen geraubt hatte! Niemals!

      Noch ein Blick in die Runde. Dann klappte ich den Deckel des Holzkastens empor. Daß der Kasten Korkwesten enthielt, wußte ich. Zwei davon genügten. Und wenn das Wasser der Ostsee nicht gerade allzu unbarmherzig mit mir umging und die nasse Kälte mir den Lebensodem nicht raubte, würde ich schon die Küste Rügens erreichen.

      Dicht vor der Flügeltür war es noch dunkler. Jetzt erst sah ich, daß der eine Torflügel eine kleine Pforte besaß. Ein schwerer Klappriegel verschloß sie. Als ich sie geöffnet hatte, brodelten und schäumten gerade unter mir die von den Schrauben gepeitschten Wasser. Ich mußte einen Anlauf nehmen, mußte durch weiten Sprung aus dem Bereich der saugenden Kraft der Schrauben heraus. Aber durch das Schlingern des Schiffes schlug die Pforte krachend wieder zu, und in wilder Hast rückte ich eine große Ölkanne vor das rasch wieder geöffnete Eisentürchen, trat ein paar Schritte zurück, duckte mich zusammen und wagte den Sprung, versank in den schäumenden Wogen, tauchte wieder auf und war den wirbelnden Schrauben glücklich entronnen.

      Bange Minuten dann … Würde die »Drottning Viktoria« wenden, war meine Flucht von Bord bemerkt worden?

      Ich sah, daß das Türchen noch immer offen war. Niemand erschien in der Türöffnung. Niemand war oben auf dem im Sommer so prächtig mit Blattpflanzen geschmückten Heckausbau sichtbar.

      Ich war allein inmitten der heranstürmenden Wasserberge … Ich war längst bis auf die Haut durchnäßt. Noch fror ich nicht. Noch kreiste das erregte Blut wärmend durch die Adern.

      Noch …

      3. Kapitel

       Die Mine

       Inhaltsverzeichnis

      Wie lange noch?!

      Ich begann zu schwimmen … Mußte schräg gegen die Wogen ankämpfen, wenn ich nicht nach Osten abgetrieben werden wollte. Im Osten gab es kein rettendes Inselgestade. Ich mußte die Küste Rügens erreichen, oder ich war verloren.

      Die beiden Korkwesten behinderten mich. Der Mantel war noch lästiger. Ich hätte ihn ausziehen sollen, bevor ich den Sprung wagte. Schon nach kurzer Zeit merkte ich, daß mein Kampf gegen die seitlich herandrängenden Wellenberge völlig aussichtslos war. Meine Arme waren abgestorben, meine Beine hingen gleichfalls wie Eisklumpen schlaff herab und selbst die äußerste Anspannung meiner Energie reichte nicht mehr hin, diese Vorboten des nahenden Endes zu verscheuchen. Ich erinnerte mich noch genau, daß ich mit einer gewissen Neugier dem Kommenden entgegensah – wie ein Unbeteiligter, wie ein kaltherziger Zuschauer, der einen mit dem Tode Ringenden beobachtet und jede einzelne Phase des allmählichen Nachlassens der Kräfte und des letzten Aufflackerns des Lebensflämmchens voller Interesse aufzeichnet. Meine Persönlichkeit war gleichsam geteilt worden. Mein Körper starb dahin, mein Geist spielte den Arzt, der ein Tier viviseziert hat und das Nachlassen der Arbeit der einzelnen Organe mit der Gefühllosigkeit des begeisterten Wissenschaftlers feststellt.

      Ich schluckte viel Seewasser. Mein Kopf pendelte hin und her. Traf mich ein Wellenkamm mit voller Wucht von vorn, so war’s, als erhielte ich Ohrfeigen – wie einst von meinem Vater, den ich – damals wurde es mir klar – insgeheim gehaßt hatte, aus jenem feinen Instinkt der Kindesseele heraus, der mich belehrte, daß dieser kühle, verschlossene Mann meine Mütter langsam ermordet hatte.

      Wie lange ich in diesem Zustande merkwürdiger Gleichgültigkeit ein Spiel der Wellen gewesen, habe ich erst später ungefähr feststellen können: etwa anderthalb Stunden!

      Dieser Zustand fand bei noch immer völlig verfinstertem Himmel und bei noch immer in Gießbächen herabplätscherndem Regen und orkanartigen Sturmstößen durch einen überaus schmerzhaften Stoß ein Ende, der meine linke Schulter traf.

      Der Schmerz war’s, der mir Siedehitze über den Leib jagte, der meine Lebensgeister wieder weckte und meine geteilte Persönlichkeit jäh wieder zusammenschmolz. Ich war Olaf Abelsen, und ich sah, fühlte, hörte, schmeckte.

      Ich sah die mächtige Eisenkugel, die dort im Wellentale davontaumelte – eine Mine … Sie hatte mir den Schlag versetzt.

      Ich fühlte die stechenden Schmerzen in der getroffenen Schulter, hörte das Toben des Meeres ringsum und schmeckte den bitteren Salzgeschmack der erbarmungslosen Ostsee auf meiner Zunge.

      Ich erbrach mich … Ich kämpfte gegen eine Ohnmacht … Mir wurde noch heißer … Ich konnte Arme und Beine wieder bewegen … Auch meine Halsmuskeln hatten wieder Spannkraft gewonnen. Mein Kopf war kein Kürbis mehr, der mir lediglich an einem halb verfaulten weichen Stiel zwischen den Schultern baumelte. Ich schaute mich um. Ich wurde gerade von einem Wellenberg emporgetragen, und erspähte so links von mir einen dunklen Fleck, der in seinen verwischten Umrissen immerhin dem Bug eines kleineren Dampfers glich. Es war ein Dampfer. Wenn er diesen Kurs beibehielt, war er verloren und ich ebenfalls, denn er mußte gerade auf die treibende Mine aufrennen. Ich wollte brüllen, rufen. Eine Welle füllte mir den Mund. Ich spuckte, spuckte. Da schwenkte der Dampfer scharf nach Norden ab. Ich sah, daß offenbar die ganze Besatzung vorn am Bug versammelt war und sich wie eine Rotte Tollhäusler benahm. Die meisten hatten Stangen in den Händen, mit denen sie andauernd hinab in die Wogen stießen. Es war nur ein kleiner Frachtdampfer, und am Heck wehte eine Flagge, die ich schon als Kind gehaßt hatte, als ich noch am Hafen in Göteborg unter den uralten Kastanienbäumen spielte. Haß, den mir meine Mutter beigebracht, die stets gesagt hatte: »Das ist der schlimmste Feind der Deutschen, mein Junge … Dieses Volk ist hinterlistig, heuchlerisch, pharisäisch, läßt andere für sich bluten, und neidet Deutschland den schnellen Aufstieg.« Nun, inzwischen war aus dem Kinde ein Mann geworden, der die halbe Welt bereist und die andere flüchtig durchstreift hatte, der dabei überall den Vertretern dieser Nation begegnet war, die alle mit demselben frechen Selbstbewußtsein und derselben aalglatten Höflichkeit gelogen und betrogen hatten. Der Haß war geblieben. Freilich gemildert durch die Reife des Mannestums. Für Empfindungen mit so krassen Bezeichnungen war in Olaf Karl Abelsen, dem Ingenieur, niemals ein freies Plätzchen gewesen.

      Diese Flagge also …!! Diese …!! Und doch – hier ging es um mein Leben …

      Also Lungen voll Luft gepumpt …

      Ein Schrei sollte das werden, den die Leute drüben unbedingt hören mußten …

      Wurde es nicht …

      Drüben ein Knall, als ob das Himmelsgewölbe auseinander riß …

      Dort, wo soeben noch der Dampfer seinen Bug in die Wogenberge gebohrt hatte, wo noch soeben vielleicht fünfzehn Menschen sich eng zusammengedrängt hatten, gab es nur mehr eine Fontäne von Wrackteilen und menschlichen Leibern.

      Das sah ich noch. Dann


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