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Das Erbe der Macht - Die komplette Schattenchronik. Andreas SuchanekЧитать онлайн книгу.

Das Erbe der Macht - Die komplette Schattenchronik - Andreas Suchanek


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Dämpfungsfeld.«

      »Was soll das alles? Wieso sind wir hier?«, fragte Chris.

      »Fragen sind überflüssig«, kam es von Huan.

      »Ich weiß schon, warum ich Atheist bin«, knurrte Alex.

      Mit Chris folgte er den Mönchen. Sie gingen einfach voraus, völlig unbeeindruckt davon, zwei Gegner im Rücken zu haben. Wie leicht hätten sie nun zuschlagen und fliehen können. Alex verwarf den Gedanken. Wenn das die Typen waren, die gegen Jen und Mark gekämpft hatten, waren sie ebenfalls Magier. Zum ersten Mal wurde ihm bewusst, wie wichtig dieser Wall war, der die Welt der Magie von jener der Nimags trennte. Nichtmagier hätten keine Chance in einem derartigen Kampf.

      Sie stiegen die Stufen empor und gelangten in eine gewaltige Halle. Bemalte Fenster liefen in drei Metern Höhe einmal ringsum. Auf ihnen waren keine religiösen Motive zu erkennen, wie das in Kirchen der Fall war, sondern Szenen, in denen Magie eingesetzt wurde. Da war eine Gruppe von zwölf, die um ein Symbol herum gruppiert waren. Eine gewaltige Mauer. Ein schwarzer Steinquader.

      Das muss dieser Onyxstein sein, von dem Jen erzählt hat, überlegte Alex.

      Auf einer ringsum laufenden Galerie standen Kuttenträger dicht an dicht. Sie waren es, die den monotonen Singsang erzeugten. Erst jetzt begriff er, dass es sich um magische Klänge handelte. Die Säulen, die die Galerie stützten, waren mit Ornamenten verziert, die verschiedenen Sprachen entliehen schienen. Einige davon begriff er instinktiv, andere entzogen sich seinem Verständnis.

      Im Zentrum des Raumes stand ein steinerner Altar, an dessen Seiten ebenfalls Symbole eingelassen waren. Im Näherkommen spürte Alex ein seltsames Zupfen in seinem Inneren, als würden gierige Tentakel nach etwas greifen, das Teil seines Ichs war.

      »Du kannst es bereits spüren, nicht wahr?«, fragte Huan. »Dann behält der Foliant recht.«

      »Dieser Fetzen muss euch ja sehr wichtig sein«, stieß Chris hervor. »Wenn ihr dafür sogar einen von uns tötet.«

      Verblüfft hielt Huan inne. Beinahe wäre Alex im vollen Lauf gegen ihn geprallt. »Wir haben euren Gefährten nicht getötet. Das war sie.«

      »Sie?«

      »Die Schattenfrau. Sie hat die Wächter getötet und den Illusionierungszauber durchlässig gemacht. Wir befürchteten bereits das Schlimmste, doch als wir das Ziel erreichten, war der Foliant noch immer dort. Die Falle, die euren Freund getötet hat, stammt von ihr, nicht von uns.«

      »Aber … warum?«, stotterte Chris.

      Alex' Verwirrung stieg. Schattenfrau? Was war eine Schattenfrau?

      »Wegen ihm«, sagte Huan und deutete auf Alex.

      »Hä?«

      Chris starrte verdutzt herüber. »Ich verstehe nicht.«

      »Das musst du auch nicht, Lichtkämpfer. Sobald wir hier fertig sind, darfst du gehen. Niemand wird dich aufhalten, niemand dich verletzen.«

      Alex beschlich ein verdammt ungutes Gefühl, als er begriff, dass Huan in der Einzahl gesprochen hatte. »Du meinst: ›Wir‹ dürfen gehen?«

      »Das tut mir ausgesprochen leid, aber du wirst die Zitadelle nicht verlassen«, kam es zurück. »Wir werden dich nun töten.«

      Alex fuhr zusammen.

      Chris behielt äußerlich seine Ruhe. »Warum?«

      »Es gibt Wissen, das für niemanden auf dem Erdenrund bestimmt ist. Euer Rat wusste das. Daher verbarg er den Folianten. Vor uns und den anderen. Doch jetzt ist er da. Gerade rechtzeitig.«

      Alex starrte auf den Altar.

      In den Stein waren kleine Gräben eingelassen. Zweifellos, damit das Blut ablaufen konnte. Großartig. Er suchte fieberhaft nach einem Ausweg, fand jedoch keinen.

      Chris hingegen schien nicht länger gewillt zu sein, stillzuhalten. Er sprang nach vorne, schlug den beiden Begleitern die Füße weg und griff nach Huans Hals. Seine Finger schlossen sich. Der Mönch röchelte. Seltsamerweise taten dies die am Boden Liegenden ebenfalls.

      Eine leuchtende Energieaureole fuhr aus Huans Brust, traf Chris und schleuderte ihn quer durch den Raum. Knochen knackten, als er an eine der Säulen prallte und zu Boden fiel. Blut lief aus seinem Mund, sein Arm stand in seltsamem Winkel ab.

      Im ersten Augenblick war Alex überzeugt davon, dass der Lichtkämpfer tot war.

      Quatsch. Kann er gar nicht. Da ist kein Aurafeuer.

      Er wollte zu ihm laufen, um zu helfen. Doch Huan ließ es nicht zu. Er hob die Arme, eine unsichtbare Kraft packte Alex. Er flog auf den Steinquader, wurde auf die Platte gepresst.

      »Ich weiß, dass du nichts dafür kannst.« Huans Stimme hatte einen widerlich sanften Klang angenommen, als spreche er zu einem Kind, das es nicht besser wusste. »Hundertsechsundsechzig Jahre sind vergangen, und was einst im Angesicht des Wandels prophezeit wurde, wird Wirklichkeit. Sie greift nach der Macht, um den Kreis zu vollenden. Das darf nicht geschehen.«

      »Boah, Alter, von diesem Gefasel bekommt man Kopfschmerzen.« Alex hätte ihm gerne eine verpasst.

      »Gesprochen wie ein Nimag, der du sein solltest.« Huan zog eine unterarmlange Klinge hervor.

      Jen überlegte ernsthaft, ob sie dem betrunkenen Püppchen die Louis-Vuitton-Tasche über den Schädel ziehen sollte, aus der sie soeben einen Lippenstift friemelte.

      »Sie müssen doch irgendwas gesehen haben«, versuchte sie es erneut.

      Die Blonde zuckte mit den Schultern. »Hier siehst du alles, Schätzchen. Jungs, Mädels, was dazwischen, Dominas, das ist New York. Dachte, da sind ein paar, die zu viel am Weihrauch geschnüffelt haben. Oder irgendein SM-Zeug. Stehen überraschend viele Typen drauf.«

      Vielleicht da, wo du herkommst. »Und als diese ›SM-Mönche‹ die zwei Typen bewusstlos geschlagen und weggebracht haben, kam Ihnen da nicht der Gedanke, die Cops zu rufen?«

      Die Blonde prustete los, worauf sie den Lippenstift quer über ihren Mund und auf die Wange zog. Es war ihr egal. Erst jetzt fielen Jen die glasigen Augen auf. »Die Cops? Schätzchen, bitte?«

      Sie ließ die Blondine einfach stehen. Grundsätzlich besaß sie ja eine herausragende Geduld mit Nimags. In solchen Fällen brodelte es jedoch in ihrem Inneren.

      »Ich hab was«, sagte Kevin.

      Er kniete vor dem Zugang zu den Toiletten. Im vorderen Bereich der Disco wurde noch gefeiert. Immer wieder kamen hier hinten Betrunkene vorbei, begannen Pärchen wild zu knutschen oder Stöhnen drang aus einer der Kabinen. Dabei war es bereits hell.

      »Sag mir bitte, dass es gute Nachrichten sind«, bat Jen.

      »Blut.«

      »Shit.«

      »Nein, das ist perfekt«, widersprach Kevin. »Scheinbar trägt Chris noch immer seinen Kontaktstein. Vergiss nicht, er ist mein Bruder.«

      Jen atmete scharf ein. »Du willst eine Nabelschnur schaffen? Bist du irre?! Wenn er stirbt …« Sie schloss kurz die Augen, zwang sich dann aber dazu, weiterzusprechen. »Falls die ihn töten, würde der Schock dich auch umbringen.«

      »Wir haben keine Wahl. Und keine Zeit.« Er ließ seine Finger bereits über das verkrustete Blut am Boden gleiten, murmelte leise ein paar Worte vor sich hin und zeichnete Symbole.

      Jen ließ ihn gewähren. Letztlich hatte er recht. Sie mussten alles auf eine Karte setzen. Dank der Magie des Walls, die um sie herum wirkte, sahen die Leute nur ein knutschendes Pärchen in ihnen. Die Magie konnte nicht bis in ihr Bewusstsein dringen.

      Rund um Kevin bildete sich ein feines rotes Gespinst. Seine Magierspur besaß die gleiche Farbe wie die seines Zwillingsbruders.


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