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Singapore, Malacca, Java. - Reiseskizzen von F. Jagor. Fedor JagorЧитать онлайн книгу.

Singapore, Malacca, Java. - Reiseskizzen von F. Jagor - Fedor Jagor


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hinter dem Andern, zuerst die Kinder, dann die Mutter, dann der Vater und die Erwachsenen. Auch Männer gehen immer nur hinter einander, der Vornehmste voran, die andern folgen genau nach ihrem Range. Sie haben diese Gewohnheit wohl in der Heimath angenommen, wo nur schmale Pfade durch den Wald führen, und befolgen sie hier auch auf den breitesten Strassen. Derselbe Gebrauch ist unter den Indiern in Amerika allgemein: daher der englische Ausdruck: Indian file. Manche können es auch nicht unterlassen, wenn sie an Hecken vorbeigehen, einige Zweige einzuknicken, wie sie es im Walde gewöhnt sind, zu thun, um den Rückweg zu finden.

TELINGA. (BAYADERE.) TELINGA. JAVANE.
BUGIS. (CELEBES.) MANN. BALINESIN. BUGIS. (CELEBES.) FRAU.

      Den buntesten, interessantesten Anblick gewährt die Stadt wohl Abends zwischen 8 und 10 Uhr. Die Strassen, in welchen die Geschäftshäuser der europäischen Kaufleute liegen, sind dann öde und finster, aber in den anderen Stadttheilen, besonders im Viertel der Chinesen, herrscht die grösste Lebendigkeit. Hier sind alle Läden offen und mit grossen, bunten Papierlaternen, die zugleich als Firmaschilder dienen, beleuchtet,[13] alle Werkstätten in voller Thätigkeit. Längs der Häuser haben sich ganze Reihen kleiner Geschäftsleute, Hausirer, besonders aber viele Garköche mit ihren tragbaren Gestellen eingefunden, welche an dem einen Ende eines Bambus die Küche, am andern sämmtliches Geschirr tragen. Dazwischen wogt eine dichte Menschenmenge, die hier ihre Abendmahlzeit kauft und meist gleich an Ort und Stelle verzehrt.

      Die Chinesen bedienen sich zum Essen der bekannten kleinen Stäbchen; alle andern hiesigen Asiaten essen mit den Fingern, zuweilen auf sehr unappetitliche Weise. Noch unappetitlicher ist die Art, wie die Gäste ihrem Wirth nach beendigter Mahlzeit ausdrücken, dass sie völlig satt sind. Die Mehrzahl der hiesigen Bevölkerung lebt fast nur von Reis. Viele geniessen kaum etwas anderes.[14] Fleisch und sonstige Zuspeisen werden von den Aermeren nur in so geringer Menge dazu genossen, als bei uns Pickles oder andre Reizmittel. Darauf sind auch die Garköche eingerichtet; für ein paar Pfennige kann sich dort Jeder die kleinsten Portionen seiner Lieblingsgerichte kaufen, die zuweilen auf römischen Wagen, nicht grösser als eine Goldwage, abgewogen werden. Es sieht drollig aus, wenn eine Anzahl chinesischer Kulis ihre Mahlzeit einnehmen. Sie hocken um einen Eimer voll Reis, um welchen im Kreise herum eine Anzahl pikanter Zuspeisen in kleinen Tassen stehen. Jeder füllt sich eine geräumige Schale mit dem Nationalgericht, fasst seine beiden Essstäbchen, die so dick wie Bleistifte und anderthalb mal so lang sind, indem er sie mit Daumen und Mittelfinger gegen den Zeigefinger presst, und schaufelt sich mit den beiden Enden, den Athem dabei einziehend, eine grosse Anzahl Reiskörner zu, die einzeln, aber in enggeschlossener Reihe, in den weit geöffneten Mund fliegen, um auf einmal verschlungen zu werden; ab und zu holt er sich mit seinen Stäbchen, indem er sie wie eine Zange gebraucht, ein Stück Fleisch oder Fisch aus einer der Tassen, beisst ein wenig davon ab, legt den Rest in seine Schale und schaufelt von neuem weiter. Es ist auffallend, wie die hiesige chinesische Bevölkerung gesund und kräftig bleiben kann bei einer Kost, die fast nur aus Stärkemehl besteht und an Stickstoffgehalt selbst von der Kartoffel übertroffen wird, wenn man von dieser den 3/4 des Gewichts betragenden Wassergehalt ausser Rechnung lässt; die chinesischen Lastträger, wenigstens die im Dienst der Europäer, essen allerdings nicht unbedeutende Mengen Schweinefleisch.

      Die Chinesen sind als sehr geschickte Köche bekannt; auch haben sie ein grösseres Feld, als die unsrigen, da sie viele Dinge verwenden, die dem Europäer als unrein gelten. Die von Max Müller (Science of language S. 346) nach Farrar erzählte Geschichte, welche ihm Veranlassung giebt, eine der Annahmen über den Ursprung der Sprache als die Bau-Bautheorie im Gegensatz zur Puh-Puhtheorie zu kennzeichnen, ist noch heute in China unter den Europäern gang und gäbe. Ein Engländer nämlich, dem man eine Schüssel vorgesetzt hatte, die ihm verdächtig schien und der wissen wollte, ob es Ente sei, fragte: Quack-Quack? und erhielt die klare, offene Antwort: Bau-Bau! Einige ihrer Leckerbissen sind für uns geradezu Ekel erregend, z. B. faule oder angebrütete Eier, deren Schale etwas geöffnet wird, damit der Käufer sehe, dass er nicht etwa getäuscht werden und statt des begehrten ein frisches Ei erhalten solle.[15] Diese Liebhaberei scheint aber doch nicht allgemein zu sein. Sie haben auch ein Verfahren, Eier sehr lange frisch zu erhalten. Hier ist das Rezept: 2 Maas Asche, 1 Maas Salz mit Wasser zu einem Brei gemischt, mit dem die aufzubewahrenden frischen Eier bedeckt werden.

      Das chinesische Element tritt namentlich in einigen Theilen der Stadt so sehr in den Vordergrund, dass man sich in China wähnen könnte. Alle Handwerke, besonders solche, die Geschick und Ausdauer verlangen, werden fast nur von Chinesen betrieben. Sie mögen wohl das fleissigste Volk auf Erden sein, vom frühen Morgen bis spät in die Nacht sieht man sie arbeiten. Mit Ausnahme des Neujahrsfestes giebt es für sie keinen Feiertag. Neben dem grossen Fleiss bilden auch Sparsamkeit und Genügsamkeit sehr hervorragende Züge in ihrem Charakter. Ihr Handwerkszeug, ihre Kleidung und ihre Nahrung sind von der einfachsten Art, auch sind sie in fast allen ihren Genüssen sehr mässig; ihre Tabakspfeife hat kaum die Grösse eines Fingerhuts, von einer Cigarre rauchen sie gewöhnlich nur einige Züge hinter einander und heben den Rest auf. Sie trinken fast nur dünnen Thee, der sehr billig ist, immer ohne Milch und Zucker aus ganz kleinen Tässchen. Die reichsten Chinesen gehen kaum besser gekleidet, als die armen; eine kurze, weite Hose, eine baumwollene Jacke, und bei den Wohlhabenden Schuhe ohne Strümpfe, bilden nebst Zopf und Fächer den ganzen Anzug.

      Ein grosser Theil des Handels und der Schifffahrt ist in ihren Händen, nur an dem direkten Handel nach Europa und Amerika bleiben sie bis jetzt unbetheiligt.[16] Alles aber, was an Produkten des Archipels nach Europa kommt, geht erst durch Vermittelung der Chinesen an die europäischen Exportöre über, ebenso wie die meisten europäischen Waaren erst durch ihre Hände zu den Eingebornen gelangen. Noch ehe ein einheimisches Schiff Anker geworfen hat, ist schon ein Chinese an Bord, der mit dem Patron Bekanntschaft macht, ihn während der ganzen Dauer seines Aufenthalts nicht aus den Augen verliert, ihm Geld vorschiesst, seine Schwächen erlauscht und ausbeutet und schliesslich Eigenthümer der Ladung wird. Ich versuchte einige Male Muscheln oder Kuriositäten an Bord neu angekommener Prauen zu kaufen, es gelang aber nie, da Alles immer schon von Chinesen belegt war. Wollte ich aber von diesen einen Gegenstand erwerben, so boten sie ihn entweder umsonst als Probe und fragten, wie viel Pikul sie mir davon liefern sollten, oder verlangten einen enormen Preis dafür, in der Meinung, dass der Gegenstand für mich einen ganz besonderen Werth haben müsste.

      Die Handwerke werden alle, wie schon erwähnt, in offenen Läden oder auf der Gasse selbst betrieben, so dass man im Schlendern durch die Strassen bequem zusehen kann. Am auffallendsten ist dabei der geringe Raum, der dem Chinesen genügt, und die einfachen Werkzeuge, deren er sich bedient. Unglaubliche Sparsamkeit an Zeit, Raum und Stoff, wie sie sich nur unter einer so überdichten Bevölkerung, wie China sie besitzt, ausbilden konnte, tritt Einem auf immer neue Weise vor Augen. In einem schmalen Laden werden häufig zwei verschiedene Handwerke betrieben, auf der einen Seite arbeitet ein Schneider mit einem Dutzend Gesellen, auf der andern ein Schuster, jeder Einzelne nimmt kaum mehr Raum ein, als der Stuhl, auf dem er hockt. Einzelne Handwerke weichen in ihren Manipulationen von den unsrigen ab: die Zinngiesser giessen ihre Zinn- und Blei-Legirungen auf dickes Bambuspapier, worauf es sich gleichmässig flach ausbreitet, und benutzen die so erhaltenen dünnen Kuchen statt der gewalzten Tafeln, die man bei uns anwendet. Noch viel dünnere Tafeln erhalten sie nach Lockhart, indem der hockende Arbeiter mit geschickter Handbewegung je einen Löffel voll geschmolzenen Metalls zwischen zwei auf dem Boden liegende mit dergleichen Papier bezogene Steine schleudert, wobei er den obersten Stein auf einen Augenblick mit den Fersen lüftet und gleich wieder fallen lässt. Ein kleiner tragbarer Thonofen bringt zugleich die Legirung in Fluss und erhitzt die Löthkolben. Die Drehbank besteht aus einem rohen Gestell, in welchem horizontal eine um ihre Axe drehbare Walze liegt. Um diese ist eine Schnur geschlungen, deren Enden an zwei unten angebrachten Tretbrettern befestigt sind, durch welche die Walze, wie bei uns das Rad eines Scheerenschleifers, in Bewegung gesetzt wird. Ein Schwungrad ist nicht


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