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Reisen im Kongogebiet. Richard ButtnerЧитать онлайн книгу.

Reisen im Kongogebiet - Richard  Buttner


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unter Wasser getauchten Ufergesträuchen zieht sich unmittelbar am Fuße der Hügel entlang; nur die Talrinnen zwischen denselben, in denen zur Regenzeit Gießbäche ihren Weg zum Kongo hinunter nehmen, sind von dichterer Buschvegetation als Galeriebildungen erfüllt und durchsetzen in dunkelgrünen Stücken die gelben und öden Hügelhänge. Einen malerischen und bisweilen selbst großartigen Eindruck aber erhält man durch ganz senkrechte, zu recht bedeutender Höhe ansteigende Felswände, die in ihrer charakteristischen roten Lateritfärbung gar seltsam mit dem braunen Wasser des Stroms kontrastieren. In kurzen Windungen hat sich hier der Kongo eine schmale Rinne von 1 000 bis 2 000 Meter Breite durch das Bergland gewühlt, so daß man sich auf allen Seiten von gewaltigen Uferwänden umgeben sieht und mehrfach meinen könnte, auf einem abgeschlossenen Gebirgssee zu sein, dessen Abfluß und Zufluß man vergeblich sucht.

      Bei Noki und Ango-Ango vorüber, mit welchen Namen einige Faktoreien belegt sind, über denen die holländische, französische und portugiesische Flagge wehen, und die des Dampfers Gruß, der die belgische führt, erwidern, erreichten wir nach etwa sechsstündiger Fahrt die am rechten Ufer gelegene Station der Assoziation Nkungula, wo eine hervorspringende niedrige Landzunge einen günstigen Ort für die Niederlassung gebildet hat, und kurze Zeit darauf, indem die gewaltigen Wassermassen in heftigster Strömung und in wunderbaren Strudeln und Wirbeln entgegendrängen, am rechten Ufer in Kalla-Kalla, wo die englische Großfirma Hatton und Cookson neuerdings eine Faktorei gegründet hatte, das Ende unserer Fahrt, während der »Heron« noch bis Vivi zu dampfen hatte.

      Unser zahlreiches Gepäck wurde auf die zwanzig Boys der Mission verteilt und um die zweite Nachmittagsstunde des 20. November stiegen wir die Uferberge hinan, um uns über Tondoa nach Ango-Ango zu begeben, wo Premierleutnant Schulze im holländischen Handelshause Aufenthalt zu nehmen beabsichtigte. Schon nach einer halben Stunde erreichten wir bei glühender Sonne das hoch auf einem der Hügel gelegene zierliche Wohnhaus der englischen Baptistenmissionare, wo wir in ausgezeichneter Liebenswürdigkeit seitens des Vorstehers der Station, Herrn Hughes, empfangen und bald dahin bestimmt wurden, in Tondoa zu bleiben und die Gastfreundschaft der Mission anzunehmen. Wir haben unseren Entschluß gewiß nicht zu bereuen gehabt und nicht nur die in uneigennützigster und stets hilfsbereiter Gastfreundschaft genossen, sondern auch in dem Missionar von Tondoa einen Mann schätzen gelernt, der die Aufgaben seines Berufes in selten hohem Maße verstanden hatte und zu erfüllen wußte.

      Die Pflichten des Chefs der Missionsanstalt von Tondoa sind übrigens recht mannigfaltiger Art. Neben der engeren Missionstätigkeit, als dem Unterricht der Kinder, der Belehrung und Schlichtung der Streitigkeiten der Erwachsenen, der Erziehung der Hauszöglinge und einer weit ausgedehnten Krankenpflege, hatte unser Gastfreund auf die Erhaltung und Verbesserung eines großen geschäftlichen Verkehres zu achten, denn die Ausbreitung der Tätigkeit seiner Berufsgenossen im Inland äußerte sich sofort in vergrößerten Anforderungen an die Station Tondoa.

      Dieselbe ist Endstation für den Wasserverkehr, und hier muß die Umladung der von Europa kommenden für die Inlandstationen bestimmten Güter geschehen – eine Aufgabe, deren Sorgen und Verantwortlichkeit nur derjenige zu schätzen weiß, der selbst in der Lage gewesen ist, in Westafrika seine Güter für den Landtransport an eingeborene Träger abzugeben. Die Beschaffung der Trägerkolonnen, die Verteilung der Lasten, die Sicherstellung von Träger und Gut, die Lohnzahlungen – alles dieses sind Verhältnisse, zu deren Beherrschung außerordentliches Geschick und Erfahrung erforderlich sind. Wie für die Güter, so ist Tondoa auch Durchgangs- und Vorbereitungsstation für die an den mittleren Kongo und nach San Salvador reisenden Berufsgenossen und Gastfreunde, wodurch an den Chef eine Reihe von Anforderungen herantreten, die in der Unerfahrenheit der Reisenden und Mannigfaltigkeit ihrer Bedürfnisse ihren Ursprung nehmen. Rechnen wir endlich zu diesen Pflichten noch die gesellschaftlichen den Kaufleuten und den Vertretern der Assoziation gegenüber – denn der eine ist hier nur zu oft auf des andern Hilfe angewiesen – und die Sorgen für die nicht immer leichte Bestellung des eigenen Hauswesens, die Beschaffung der Arbeitskräfte und die Pflege der Wege, Baulichkeiten und Gartenanlagen, so gewinnt man ein ungefähres Bild von der vielseitigen Beschäftigung in diesem Missionshause am unteren Strom.

      In den Tagen nach unserer Ankunft war Premierleutnant Schulze mit photographischen Aufnahmen der Umgebung beschäftigt, ich selbst aber widmete mich dem Sammeln von Pflanzen und Insekten. Die Uferberge des unteren Kongo sind aber nicht nur ein beschwerliches Terrain für den Naturforscher, sondern sie erweisen sich auch für seinen Sammeleifer als nichts weniger als ergiebig. So weit das Auge reicht, reihen sich Hügel an Hügel, getrennt durch steile und tiefe Rawinen, bedeckt mit unzähligen Mengen von scharfkantigen Steinen. Der Anblick wirkte damals um so trostloser, als wir uns kaum im Anfang der Regenzeit befanden, die Grassteppe überall verdorrt und zum Teil abgebrannt war und soeben erst neue Halme aus den toten Grasbüschelstumpfen hervorzusprießen begannen. Diese konnten freilich den gelben und steinigen Boden noch nicht mitleidig dem Blick entziehen, auf dem es fast wunder nahm, tierisches Leben nicht völlig erstorben, sondern dasselbe durch dickleibige Pillendreher und flinke Sprenksel vertreten zu sehen. Der unmittelbare Uferrand, sowie die zur Regenzeit wasserführenden Rawinen, lieferten eine bessere Ausbeute an einjährigen Pflanzen, sowie Gesträuch und Gestrüpp, auch Käfer, Schmetterlinge und andere Insekten brachte ich von hier aus heim.

      Wie traurig die Vegetationsverhältnisse auf den Bergen des unteren Kongolandes beschaffen sind, zeigte uns der Garten der Mission. Früher hatten die Missionare am Fuße des Hügels unmittelbar am Strom gewohnt, bis man sich durch die dort herrschenden sehr schlechten gesundheitlichen Umstände genötigt sah, auf die Höhe zu ziehen. Um nun hier einen Garten anzulegen, war man gezwungen, von einer recht entfernten Stelle bessere Erde kistenweise durch schwarze Arbeiter antragen und bis zu einer gewissen Höhe aufschütten zu lassen, während andere beschäftigt waren, um das so gewonnene Gartenland eine Mauer zu ziehen, damit die Regen das Erdreich nicht wieder in die Tiefe führten. Durch Überdachung mit Bananenblättern mußte man die Pflanzungen vor den sengenden Sonnenstrahlen schützen, während ununterbrochen einige Boys vom Stromufer zur Höhe Wasser zu tragen und die Anlagen – auch noch in der Regenzeit – zu begießen hatten. Trotz dieser großen Mühe und Sorgfalt hatte der »Garten«, als ich nach mehreren Monaten wieder nach Tondoa kam, nur einige Kartoffeln, Tomaten und Mohrrüben geliefert.

      Während unserer Anwesenheit, der Zeit der sprießenden Vegetation, hatten wir mit Herrn Hughes einige Jagdausflüge auf Antilopen, von denen man am unteren Kongo drei oder vier Arten, die eine größer als unsere Hirsche, kennt. Die Tiere stellten sich mit großer Regelmäßigkeit um Sonnenuntergang in einem nicht sehr weit entfernten Talgrunde ein, und mehrfach hatten wir das Glück eines Erfolges, obschon die Jagd auf dem unbeschreiblich steinigen Boden und bei der bis Sonnenuntergang herrschenden Hitze, dann aber bei der schnell hereinbrechenden Dunkelheit fast zu viel der Mühe kostete. Mit Höherwerden des Grases verbietet sich übrigens das Jagen in der Kampine7 bald von selbst. Das Land ist im allgemeinen recht herzlich arm an jagdbarem Wild, neben den Antilopen birgt die Kampine höchstens noch Klippschliefer8, Ratten und anderes kleines Getier; im Ufergelände des Kongo und in dem Rawinenbusch finden sich langgeschwänzte Meerkatzen, auf den Baobabs und anderen hohen Bäumen Geier und Fischadler, die indessen nicht einmal von den Schwarzen – welche sonst nicht leicht irgend eine Art mbisi, d.i. Fleisch, verachten – genossen werden, sonst auch noch Ibisse und Reiher, im Strome selbst zahlreiche Krokodile und zwar mehrere Arten, die ein etwaiges Baden zu unmittelbarer Lebensgefahr machen.

      An Fischfang oder Angeln kann man bei der Schnelligkeit der Strömung gar nicht denken – trotzdem der Strom äußerst interessante Tiere bergen dürfte, ich erinnere nur an die Spring- und Kofferfische – ganz abgesehen von der Schwierigkeit, sich bei diesen Beschäftigungen der Einwirkung der Sonne und zahlreicher Moskitos zu entziehen.

      Mehrfach machten wir Besuche in der Umgebung, so in Kalla-Kalla in der englischen und in Ango-Ango in der holländischen Faktorei, welche letztere einem Portugiesen unterstellt war, der einen außerordentlich lebhaften Tauschhandel betrieb (ich sah einige Male gegen 1 000 Träger dort versammelt), für welchen jetzt aber erstere Niederlassung Konkurrenz zu bieten begann. Kalla-Kalla war übrigens damals die am unteren Strome höchstgelegene Faktorei, bis die Holländer noch näher zu den Fällen am linken Ufer Fuka-Fuka und die Portugiesen am rechten Ufer zwei andere Faktoreien errichteten.

      Ein


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