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Reise durchs Baltikum nach Russland und Sibirien 1829. Alexander von HumboldtЧитать онлайн книгу.

Reise durchs Baltikum nach Russland und Sibirien 1829 - Alexander von  Humboldt


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kaum einer Erweiterung. Humboldt nahm z.B. einen Sextanten mit, der ihn schon in Südamerika begleitet hatte. Sein magnetisches Beobachtungsgerät von Gambey war allerdings stark verbessert.29 Insgesamt hat er etwa 18 Messinstrumente mitgeführt. Für seine erdmagnetischen Beobachtungen ließ er sich in St. Petersburg in den Werkstätten des Generalstabs ein eisenfreies Zelt herstellen. Metallschrauben und Ringe waren aus Kupfer. Auch das Studium der russischen Sprache hatte er begonnen, doch reichte die Zeit nicht mehr zu einem tieferen Eindringen. Verständigungsschwierigkeiten gab es kaum, da die Unterhaltung fast stets deutsch oder französisch möglich war; notfalls musste ein Dolmetscher helfen. Die größere Aufgabe war, die dem Forschungsreisenden eigene spezielle Präparation schnell und gründlich auf das Reiseziel zu richten. Die allgemeine Reiseliteratur kannte Humboldt genau. Er hatte sie besonders seit 1804 planmäßig studiert. Außerdem waren ihm Reisende wie der Kamtschatkaforscher Krascheninnikow, Gmelin, Pallas, Renovanz und Hermann von Jugend an bekannt.30 Ihre Werke hatten noch immer Quellenwert. Vieles der langjährigen speziellen Vorbereitungen auf eine asiatische Expedition blieb also wichtig und kam ihm jetzt zugute, während die Erlernung der orientalischen Sprachen wohl in Armenien, aber nicht im Osten Russlands helfen konnte. Er machte aus der Zeitnot eine Tugend, was umso leichter ging, da er auf einen möglichst schnellen Reiseantritt verzichtet hatte und führte eine umfassende präparative Korrespondenz.31 Seine Briefe gingen zu Bessel nach Königsberg, erreichten den großen Dorpater Gelehrtenkreis sowie Persönlichkeiten in St. Petersburg und Moskau. Wichtig war u.a. der Briefwechsel mit W. L. v. Eschwege, Prof. Iwan Simonoff in Kasan32 und Prof. Moritz v. Engelhardt in Dorpat. Eschwege war ihm seit 1821 persönlich bekannt,33 die Verbindung war seitdem nie abgerissen. Eschwege galt als bester Kenner der Diamantlagerstätten seiner Zeit aufgrund seiner zehnjährigen Erfahrungen in Brasilien, das damals die Weltproduktion beherrschte. 1822 hatte er das von ihm erstmals »Itabirit« genannte Gestein, das aus Eisenglimmer in Schuppen und Blättchenform, aus Eisenglanz und Quarz besteht, beschrieben und als vorsichtiger Forscher nur vermutet, dass der Itabirit, besonders die Brauneisenstein enthaltenen Stellen, wahrscheinlich das Muttergestein der Diamanten sei, deren Entdeckung 1727 in Brasilien großes Aufsehen erregt hatte. Er hatte auch den »Gelenksandstein« behandelt und erstmals »Itacolumit« genannt, in dem wir heute das wahre Muttergestein erblicken. Außerdem hatte v. Eschwege seine Eindrücke und die Lagerstätten einprägsam geschildert. Humboldt hatte diese Schilderungen mit den Berichten Moritz v. Engelhardts aus dem Ural verglichen und darüber mit v. Eschwege korrespondiert. Engelhardt stammte aus Estland und hatte zunächst Jura – wie z.B. auch v. Eschwege und Novalis – studiert, um dann bei Werner in Freiberg zu arbeiten. 1809 war er nach Russland heimgekehrt und hatte 1811 mit Parrot die Krim und den Kaukasus besucht34 und sich dann mit mineralogischen Untersuchungen in Livland und Estland beschäftigt. Nach weiteren Forschungen in Finnland und literarischen Erfolgen hatte man ihm 1820 die Professur für Mineralogie in Dorpat übertragen. Seit 1826 bereiste er mehrere Gouvernements und forschte im Ural. Dabei hatte er Gold- und Platinlagerstätten entdeckt.35 Engelhardt kannte ebenfalls v. Eschweges Untersuchungen und verglich ihr Ergebnis mit den Verhältnissen im Ural. So kam es, dass Engelhardt und später auch Humboldt glaubten, es müsse möglich sein, im Ural Diamanten zu finden.

       Christian Gottfried Ehrenberg (1795–1876), A. v. Humboldts Reisebegleiter

       Gustav Rose (1798–1873), A. v. Humboldts Reisebegleiter

      Der präparative Briefwechsel erlaubte Humboldt eine bessere Einstellung auf das Land und wurde noch durch viele Gespräche mit Forschern während der Anreise nach St. Petersburg abgerundet.

      Humboldt wollte noch Anfang Februar 1829 zunächst nur Prof. Gustav Rose und einen »einzigen Bedienten«, nämlich Johann Seifert, mitnehmen,36 doch 19 Tage später entschied er sich noch für die Teilnahme Prof. Christian Gottfried Ehrenbergs und erhielt umgehend die Genehmigung des Zaren und Cancrins.37 Damit hatte er die Teilnahme zweier ausgesprochener Spezialforscher erreicht. Auf die Angebote anderer Reisender ging er nicht ein. Besonders aus Russland schrieben ihm mehrere Personen, die ihn zu begleiten wünschten.38 Ein Dr. v. Nordtmann aus Finnland, der in Berlin studierte, wurde in seiner Heimat irrigerweise als Teilnehmer betrachtet, wie Humboldt aus einem Brief des finnischen Staatskanzlers entnehmen musste.39 In Zeitungen in Hamburg und anderen Städten, auch im »Journal des Débats«, standen »die übertriebensten Nachrichten« von seinen Reiseprojekten, die ihn »gleichzeitig nach dem Ural und Kaukasus« führen sollten.40 Humboldt entschuldigte sich förmlich bei Cancrin, dass er die Presse nicht hindern könne, sich mehr mit ihm zu beschäftigen, als ihm lieb sei; diese Artikel seien keineswegs von seiner eigenen Eitelkeit veranlasst worden.41

      Das Gerücht von der Reise hatte sich schon früh in Russland ausgebreitet. So hatte Loder, 1797 Humboldts Lehrer in der Anatomie, am 6. September 1828 Goethe mitgeteilt, er habe in jedem Winter in Moskau Anatomie »frei und unentgeltlich gelesen«. Er habe durch Briefe aus Berlin gehört, dass Humboldt 1829 in den Ural reisen wolle. Er beabsichtigte, ihm als sein »ältester hiesiger Bekannter« Wohnung anzubieten. Der Erfolg der Expedition sei für das russische Reich und die Naturwissenschaften wichtig.42

      Warum nahm Humboldt aber jetzt nicht J. J. Baeyer, C. S. Knuth und Valenciennes mit? Auch Alexander Braun, Karl Friedrich Schimper und Louis Agassiz waren ihm als Teilnehmer empfohlen worden. Baeyer war krank, und Valenciennes und besonders Kunth waren mit seinem Reisewerk verbunden, dessen Fortführung sie in seiner Abwesenheit überwachten. Dass ihre Teilnahme unterblieb, muss bedauert werden, weil Alexander lange mit ihnen zusammengearbeitet hatte. In jedem Fall aber hatte sich Humboldt für ausgesprochene Spezialforscher entschieden; denn auch Rose und Ehrenberg mussten als solche gelten.

      Gustav Rose, Chemiker und Mineraloge, hatte 1815 als freiwilliger Jäger am Feldzug teilgenommen, anschließend in Tarnowitz bergmännisch gearbeitet und dann in Berlin Mineralogie, Geologie und Chemie studiert. 1821 hatte er in Berzelius’ Laboratorium gearbeitet. In Berlin hatte man ihn 1822 zum Kustos der Mineraliensammlung der Universität ernannt. Nach Reisen in Großbritannien und Frankreich war er außerordentlicher Professor geworden. Er war Humboldt bereits 1824 in Paris begegnet.

      Christian Gottfried Ehrenberg dagegen hatte sich schon 1820 bis 1826 mit Hemprich in Ägypten die Sporen als Forschungsreisender geholt. Er war Mediziner und Zoologe, aber auch Botaniker, wie Humboldt ausdrücklich hervorhob.43

      Humboldt teilte die Arbeit so auf, dass jeder von Anfang an eine bestimmte Aufgabe erhielt.44 Während er in Südamerika noch das gesamte Gebiet der geographischen Forschungsreise gemeistert hatte und sich nur von Bonpland in systematischer Botanik und in Anatomie entlasten ließ, verzichtete er hier bereits in der Vorbereitung auf die Beherrschung einzelner wissenschaftlicher Aufgaben und entschied sich für eine wohlüberlegte Arbeitsteilung. Er selbst behielt sich die Gesamtdarstellung der Physikalischen Geographie des Gebietes vor, wozu in seinem Sinn die geomagnetischen und astronomischen Beobachtungen gehörten. Ehrenberg wurden zoologische und botanische Untersuchungen übertragen. Außerdem galt er als Expeditionsarzt. Rose wurde mit der besonderen Beobachtung der mineralogischen Verhältnisse und mit der chemischen Analyse der Mineralien betraut.

      Friedrich Wilhelm III. begrüßte die Reise im Zusammenhang mit der russenfreundlichen Politik Preußens innerhalb der Heiligen Allianz. Außerdem führte sie in das Land seines Schwiegersohns, dem Humboldts Auftreten Achtung einflößen konnte.45 In einer Kabinettsorder vom 26. Februar 1829 gewährte er zunächst 7 Monate Urlaub und tat etwas Entscheidendes für den Erfolg der Reise: Um Humboldts Ansehen in der scharf gegliederten, titelfreudigen russischen Autokratie zu heben, ernannte er ihn in der gleichen Ordre »zum Wirklichen Geheimen Rath mit dem Prädicate Excellenz«.46 Cancrin hatte die »Excellenz« bei Humboldt zunächst vorausgesetzt, und Alexander ließ sich die Anspielung nicht entgehen, als er ihm am 6. April 1829 schrieb: »Die früheren Ahndungen Ew. Excellenz haben mir also Glück gebracht.«47 Am gleichen Tage hatte er die erwähnte Ordre des Königs empfangen.48 Außerdem gaben ihm Friedrich


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