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Maximen und Reflexionen. Иоганн Вольфганг фон ГётеЧитать онлайн книгу.

Maximen und Reflexionen - Иоганн Вольфганг фон Гёте


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      Das sogenannte Romantische einer Gegend ist ein stilles Gefühl des Erhabenen unter der Form der Vergangenheit oder, was gleich lautet, der Einsamkeit, Abwesenheit, Abgeschiedenheit.

      Der herrliche Kirchengesang »Veni Creator Spiritus« ist ganz eigentlich ein Appell ans Genie; deswegen er auch geist- und kraftreiche Menschen gewaltig anspricht.

      Das Schöne ist eine Manifestation geheimer Naturgesetze, die uns ohne dessen Erscheinung ewig wären verborgen geblieben.

      Aufrichtig zu sein kann ich versprechen, unparteiisch zu sein aber nicht.

      Der Undank ist immer eine Art Schwäche. Ich habe nie gesehen, dass tüchtige Menschen wären undankbar gewesen.

      Wir alle sind so borniert, dass wir immer glauben, recht zu haben; und so lässt sich ein außerordentlicher Geist denken, der nicht allein irrt, sondern sogar Lust am Irrtum hat.

      Reine mittlere Wirkung zur Vollendung des Guten und Rechten ist sehr selten; gewöhnlich sehen wir Pedanterie, welche zu retardieren, Frechheit, die zu übereilen strebt.

      Wort und Bild sind Korrelate, die sich immerfort suchen, wie wir an Tropen und Gleichnissen genugsam gewahr werden. So von jeher, was dem Ohr nach innen gesagt oder gesungen war, sollte dem Auge gleichfalls entgegenkommen. Und so sehen wir in kindlicher Zeit in Gesetzbuch und Heilsordnung, in Bibel und Fibel sich Wort und Bild immerfort balancieren. Wenn man aussprach, was sich nicht bilden, bildete, was sich nicht aussprechen ließ, so war das ganz recht; aber man vergriff sich gar oft und sprach, statt zu bilden, und daraus entstanden die doppelt bösen symbolisch-mystischen Ungeheuer.

      Wer sich mit Wissenschaften abgibt, leidet erst durch Retardationen und dann durch Präokkupationen. Die erste Zeit wollen die Menschen dem keinen Wert zugestehen, was wir ihnen überliefern, und dann gebärden sie sich, als wenn ihnen alles schon bekannt wäre, was wir ihnen überliefern könnten.

      Eine Sammlung von Anekdoten und Maximen ist für den Weltmann der größte Schatz, wenn er die ersten an schicklichen Orten ins Gespräch einzustreuen, der letzten im treffenden Falle sich zu erinnern weiß.

      Man sagt: »Studiere, Künstler, die Natur!« Es ist aber keine Kleinigkeit, aus dem Gemeinen das Edle, aus der Unform das Schöne zu entwickeln.

      Wo der Anteil sich verliert, verliert sich auch das Gedächtnis.

      Die Welt ist eine Glocke, die einen Riss hat: sie klappert, aber klingt nicht.

      Die Zudringlichkeiten junger Dilettanten muss man mit Wohlwollen ertragen: sie werden im Alter die wahrsten Verehrer der Kunst und des Meisters.

      Wenn die Menschen recht schlecht werden, haben sie keinen Anteil mehr als die Schadenfreude.

      Gescheute Leute sind immer das beste Konversationslexikon.

      Es gibt Menschen, die gar nicht irren, weil sie sich nichts Vernünftiges vorsetzen.

      Kenne ich mein Verhältnis zu mir selbst und zur Außenwelt, so heiß ich‘s Wahrheit. Und so kann jeder seine eigene Wahrheit haben, und es ist doch immer dieselbige.

      Das Besondere unterliegt ewig dem Allgemeinen; das Allgemeine hat ewig sich dem Besondern zu fügen.

      Vom eigentlich Produktiven ist niemand Herr, und sie müssen es alle nur so gewähren lassen.

      Wem die Natur ihr offenbares Geheimnis zu enthüllen anfängt, der empfindet eine unwiderstehliche Sehnsucht nach ihrer würdigsten Auslegerin, der Kunst.

      Die Zeit ist selbst ein Element.

      Der Mensch begreift niemals, wie anthropomorphisch er ist.

      Ein Unterschied, der dem Verstand nichts gibt, ist kein Unterschied.

      In der Phanerogamie ist noch so viel Kryptogamisches, dass Jahrhunderte es nicht entziffern werden.

      Die Verwechselung eines Konsonanten mit dem andern möchte wohl aus Unfähigkeit des Organs, die Verwandlung der Vokale in Diphthongen aus einem eingebildeten Pathos entstehen.

      Wenn man alle Gesetze studieren sollte, so hätte man gar keine Zeit, sie zu übertreten.

      Man kann nicht für jedermann leben, besonders für die nicht, mit denen man nicht leben möchte.

      Der Appell an die Nachwelt entspringt aus dem reinen lebendigen Gefühl, dass es ein Unvergängliches gebe und, wenn auch nicht gleich anerkannt, doch zuletzt aus der Minorität sich der Majorität werde zu erfreuen haben.

      Geheimnisse sind noch keine Wunder.

      I


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