Die großen Ordensgründer. Anton Grabner-HaiderЧитать онлайн книгу.
schätzten fortan das Fasten, das Gebet und die Meditation, sowie die zeitweilige Einsamkeit. Nach dem Bericht des Bischofs Athanasios hatte Antonios seine ersten Unterweisungen von einem Asketen bekommen. Diese Eremiten (von griech. eremos = Wüste) lebten in loser Verbindung miteinander, hatten aber keine Regeln für ihr Zusammenkommen. Oft folgten sie dem Rat eines »Altvaters«, dem sie sich anschlossen. Es wird auch von teuflischen und dämonischen Versuchungen der Einsiedler berichtet. Zur Zeit des Antonios gab es, wie bestimmte Quellen andeuten, bereits mehrere Gruppen von Anachoreten in Ägypten.
Diese anderen Quellen des frühen Mönchtums sind die »Historia monachorum in Aegypto«, die von Mönchen aus Palästina verfasst wurden, sowie die »Historia Lausiaca« des Palladios von Helenopolis (ca. 364–430 n. Chr.), die »Collectiones patrum« und die Schrift »De institutis coenobiorum« des Johannes Cassianus. Die »Apophtegmata patrum.« sind Sammlungen von Sprüchen und Ereignissen aus dem Leben der Einsiedler und Asketen. Manche dieser Mönche wurden von den Bischöfen als »Häretiker« (Abweichler) verurteilt, weil diese nicht ihren Lehren über Gott und Jesus Christus anhingen. Athanasios wollte mit seiner Biographie eine Brücke zwischen dem freien Mönchtum und dem Amt des Bischofs schlagen.7
Die Vita Antonii
Zur Spiritualität des Antonios gehörten laut Athanasios die Nüchternheit in allen praktischen Dingen des Lebens, der Sinn für das rechte Maß und die unterscheidende Klugheit. Einem Jäger soll er gesagt haben, wenn er den Bogen übermäßig spanne, werde dieser zerbrechen. So sei es auch mit dem geistlichen Leben – die Kasteiungen und Abhärtungen des Körpers dürfen nicht übertrieben werden. Von den Mönchen wird die Brüderlichkeit gefordert, sie sollen sich grundsätzlich gleichwertig fühlen. Unter ihnen soll es keine Herren und Diener geben, alle müssen sich um einander kümmern. Auch sündhafte Brüder, die einen moralischen Fehler begehen, dürfen von der Fürsorge der Gemeinschaft nicht ausgeschlossen werden.
Jeder Mensch sei ein potenzieller Sünder und den Versuchungen des Teufels ausgesetzt. Deswegen sollen die Mönche nicht auf ihre eigene Gerechtigkeit vertrauen, das Vergangene müssen sie loslassen und ihre Zunge immer im Zaum halten. Antonios lehrte seine Anhänger in griechischer und in koptischer Sprache. Für ihn bildet die Heilige Schrift das Maß des asketischen Lebens, weswegen sie immer wieder gehört und verlesen werden muss.
Ein wesentlicher Beweggrund für das asketische Leben besteht in der Auffassung, dass das Leben im Hier und Jetzt keinen Wert an sich habe. Das Leben in dieser Welt ist nur ein Durchgangsstadium, wichtig ist, was danach kommt: das ewige Leben, das dem kurzen Erdendasein folgen wird. Da die ewigen Güter des Himmels alle Beschwernisse des asketischen Lebens aufwiegen werden, sollen die Mönche in einer Vorfreude leben. Sie werden das himmlische Erbe erlangen, wenn sie den guten »Kampf des Glaubens« gekämpft haben. Die Leiden dieser Zeit seien gar nicht vergleichbar mit den ewigen Freuden, die Gott den Glaubenden bereitet hat. Wer auf den Himmel blickt, für den werde die Welt sehr klein, und wer Haus und Güter verlassen habe, der könne auf das Ewige schauen. Das höchste Gut der Menschen sei die Tugend, sie allein bringe uns zum Ewigen. Gefordert werden die Klugheit, der Gerechtigkeit und die Mäßigung, Einsicht und Liebe zu den Mitbrüdern. Die Mönche müssen lernen, auch für die Armen zu sorgen, die bittend zu ihnen kommen. Sie müssen sich in Sanftmut und Gastfreundschaft üben. Da die Mönche Diener und Knechte ihres Herrn Jesus Christus sind, müssen sie Tag für Tag seinen Willen erfüllen.
Die Askese als zeitweiliger Verzicht auf Essen und Trinken und auf Schlaf sowie als genereller Verzicht auf Sexualität seien die besten Erziehungsmittel, um die Tugend zu erwerben. Der Lohn des Mönches sei die ewige Seligkeit bei Gott, deswegen müsse er jeden Tag mit Christus sterben und auferstehen. Um in der göttlichen Gnade leben zu können, muss er sich von der Sünde trennen. Wer nur wenig Güter begehrt und keine vergänglichen Schätze sammelt, wird glücklich leben. Der Verzicht auf die sinnliche Begierde mache das Herz weit und offen für die göttliche Gnadenkraft. Das Leben müsse als Kampf gegen die Versuchungen des Bösen geführt werden.
Wer auf das Himmelreich blickt, darf nicht mehr auf seine gesellschaftliche und wirtschaftliche Vergangenheit blicken, denn das Göttliche liege vor uns. Die Tugend folge immer dem Vernünftigen und dem Natürlichen, die menschliche Seele sei von Gott voll Schönheit geschaffen worden. So machen die Mönche die Wege ihres Herzens gerade, wie es Johannes der Täufer getan habe: Sie meiden böse Gedanken und Worte und halten sich am Wort Gottes fest. Hier verbindet der Bischof Athanasios die Lehren des Apostels Paulus mit der Bergpredigt Jesu.8
Die Verehrung des Antonios als Heiligen ging von der Hauptstadt Konstantinopel und später von Arles in Südfrankreich aus. Sie verbreitete sich vor allem durch verschiedene Ritterorden, z. B. den Antoniusorden. Die Ritter weihten ihrem Schutzpatron Burgen, Kapellen und Altäre. Später wurden verschiedene Antoniusbruderschaften gegründet, die sich der Armenpflege, dem Krankendienst, aber auch dem Kriegsdienst widmeten. Im Mittelalter galt Antonius als der große Beschützer vor Pest und anderen ansteckenden Krankheiten, aber auch als der Schutzpatron der Tiere, der Hirten und der Metzger. In manchen Gebieten Europas wurde er zu den »Vierzehn Nothelfern« gezählt.
Pachomios von Ägypten
Eine Regel für das Gemeinschaftsleben der Mönche
Pachomios gilt als der Begründer des gemeinsamen Lebens der Asketen, die als Anachoreten und Einsiedler bereits losen Kontakt miteinander hatten. Er organisierte das gemeinschaftliche Leben, die koinobitische Lebensform der Mönche (griech. koinos = gemeinschaftlich). Von diesem Ägypter sind uns eine frühe Ordensregel, Briefe an andere Klostervorsteher und Abhandlungen über das geistliche Leben erhalten geblieben. Auch über ihn wurden Lebensgeschichten verfasst und in mehrere Sprachen übersetzt, wobei Texte in griechischer, lateinischer, syrischer, koptischer und in arabischer Sprache bekannt sind. Das besagt, dass in allen diesen Kulturen sein Werk gelesen wurde und zur Orientierung diente. So gab es beispielsweise auch Klöster unter den arabischen Christen vor der Zeit des Islam.
Pachomios wurde um 292 in der ägyptischen Region Thebais (um die alte Priesterstadt Theben) geboren und wurde mit 20 Jahren Christ. Er war gegen seinen Willen zum römischen Militärdienst eingezogen worden und ließ sich nach seinem Abschied aus dem Heer taufen. Zu diesem Schritt bewegte ihn auch die erstaunliche Nächstenliebe der Christen, die er in seiner Umgebung erlebt hatte. Mit 26 Jahren beschloss Pachomios, Einsiedler zu werden. Er traf auf andere Einsiedler und baute um 325 in Tabennisi ein gemeinsames Haus für Asketen, aus dem später ein Kloster (von lat. claustrum = der eingeschlossene Bezirk) wurde. Er gab dem gemeinsamen Leben der Asketen eine feste Ordnung bzw. Regel und fungierte als Leiter der neuen Gemeinschaft.
Nach diesem Vorbild in Tabennisi entstanden in kurzer Zeit neun weitere Klöster für Männerasketen und drei Klöster für Asketinnen. Es bestand also ein großer Bedarf an solchen gemeinschaftlichen Siedlungen, in denen sowohl Männer als auch Frauen als Einsiedler und Anachoreten leben konnten. Pachomios selbst hatte sich an dem Einsiedler Palamon orientiert, von dem er viel über das asketische Leben gelernt hatte. Später organisierte er auch ein erstes Kloster im fruchtbaren Niltal, in der Nähe der Dörfer und Städte. Er gab den Gemeinschaften dieselbe Struktur und Lebensform, die er beim römischen Militär kennengelernt hatte. Die Anzahl der Fastenzeiten und der Nachtwachen hat er stark reduziert, damit die Mönche und Nonnen nicht ihre Gesundheit gefährdeten. Eine Klostersiedlung, bestehend aus mehreren Gebäuden aus Holz und Stein, wurde zum Schutz mit einer Mauer umgeben.
Hohe Anforderungen an die Disziplin
Zweimal am Tag kamen die Mönche oder Nonnen zum gemeinsamen Gebet zusammen. Sie nannten sich »Brüder« und »Schwestern« und nutzten ihren mitgebrachten Besitz fortan gemeinsam. Ihre Mahlzeiten waren einfach und für alle gleich, die sozialen Unterschiede wurden bewusst aufgehoben. Die Mönche und Nonnen empfingen ein einheitliches Gewand, das aus einem Hemd, einer Kapuze, einem Überwurf über die Schultern, Sandalen, einem Gürtel