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Leni Behrendt 6 – Liebesroman. Leni BehrendtЧитать онлайн книгу.

Leni Behrendt 6 – Liebesroman - Leni Behrendt


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      Adele sah sie bekümmert an.

      »Kind, Kind – ich fürchte, dein Herz liegt hier schon so arg fest, daß Blut fließen wird, wenn du es doch einmal losreißen mußt.«

      »Warum mag der Graf so plötzlich verreist sein?«

      »Das möchte ich auch gern wissen. Vielleicht werden wir es erfahren – vielleicht auch nicht, da die Herrschaften hier sehr zugeknöpft sind.« –

      Die Tage eilten dahin. In der Natur ging eine Veränderung vor, ein Frühlingsahnen lag in der Luft. Der Schnee schmolz, und bald waren die Straßen so frei, daß Almuts Heimreise per Auto nichts mehr im Wege stand.

      Nein, sie blieb – sich selbst und Adele zum Trotz –!

      Und gerade am Frühlingsanfang, als Almut mit den ersten Schneeglöckchen in der Hand ein wenig verspätet ins Frühstückszimmer stürmte, da saß der junge Graf mit am Tisch. Dem Mädchen war es, als müsse ihm der Herzschlag aussetzen in süßseligem Schreck – schon hatte es sich gefaßt.

      »Verzeihung, Frau Gräfin, ich wollte Ihnen die ersten Frühlingsboten bringen – deshalb habe ich mich verspätet«, bat sie, die Blümlein der Dame neben den Teller legend. Dann begrüßte sie Marbod, der sich von seinem Platz erhoben hatte.

      »Guten Morgen, Herr Graf. Schön, daß Sie wieder hier sind.«

      Es klang so harmlos, daß Adele die Beherrschung des Mädchens wieder einmal bewunderte.

      Tapferes kleines Kerlchen – dachte sie gerührt. Das soll dir mal einer nachmachen. Und wie wirst du dich verhalten, wenn du etwas bemerkst, das selbst mir fast den Atem verschlug?

      Almut entdeckte es, nachdem sie am Tisch Platz genommen hatte. Augenblicklang blitzte es ungläubig in ihren Augen auf – doch dann hatte sie sich wieder in der Gewalt.

      Der Ehering fehlte an des Grafen Hand.

      *

      Das Osterfest nahte, zu dessen Empfang die Natur sich verschwenderisch schmückte. Die Birken prangten in frischem Grün, auf den Beeten blühten die bunten Frühlingskinder. Im Wald war der Boden zwischen den Bäumen mit Waldblumen übersät. –

      Almut ging umher wie ein frohes Kind. Seit dem Tage, da sie nicht mehr den Ehering an des Grafen Hand gesehen, glaubte sie an ein Wunder. Unentwegt glaubte sie daran, obgleich sie keine Veranlassung dazu hatte. Denn hatte Marbod sie früher wenigstens mit ruhiger Freundlichkeit behandelt, so war er jetzt direkt förmlich zu ihr.

      Außerdem kam sie nur noch bei den Mahlzeiten und in den Abendstunden mit ihm zusammen. Am Tage war er draußen, wo die Frühjahrsbestellung im vollen Gange war. Er kam kaum noch von dem Gaul herunter.

      Während der Mahlzeiten machte er dann einen abgespannten Eindruck, er hielt sich wortkarg und konnte manchmal sogar schroff sein. Am Abend zog er sich bald wieder zurück, nachdem er kaum einige Worte in die Unterhaltung geworfen hatte.

      Das Gesicht war schmaler geworden, die Augen blitzten darin wie blanke Kiesel, das ironische Lächeln hockte mehr denn je in seinen Mundwinkeln – jedenfalls hatte er sich nach seiner Rückkehr verändert.

      Oft sahen die Eltern ihm nach, wenn er davonging. Tiefe Besorgnis lag dann in ihren Augen.

      Was mochte ihm fehlen? Darüber sprachen Adele und Almut oft und kamen zu der Überzeugung, daß er auf der Reise etwas erlebt haben mußte, das ihm jetzt arg zu schaffen machte.

      »Was mag das nur sein?« fragte Almut wie schon so oft, als sie eines Abends neben Adele im Bett lag. »Ob ihm seine Frau so zugesetzt hat, daß er sich von ihr getrennt und damit das Wort gebrochen hat, das er seinem sterbenden Bruder gab?«

      »Der Mann doch nicht, Almut.«

      »Aber warum trägt er denn den Ehering nicht mehr?«

      »Du fragst mehr, mein Kind, als sieben Weise beantworten können. Geh und frage ihn – vielleicht antwortet er dir wahrheitsgemäß.«

      »Pfui, Möpschen.«

      »Und du bist dumm, daß du dein Leben hier vertrauerst. Reiße dich los von hier, wo dir jeder Tag nur Herzweh bringt. Hast du es nötig, einem Mann nachzujammern, dem du gleichgültig bist? Manchmal habe ich das Gefühl, als wäre unser Besuch ihm lästig.«

      »Meinst du, Möpschen?«

      »Ich meine.«

      »Wir wollen noch ein wenig abwarten – vielleicht geschieht doch noch ein Wunder.«

      *

      »Unser Sonnenstrahl naht«, sagte Erdmuthe mit einer Stimme, in der tiefe Zärtlichkeit mitschwang. »Wie schön, wenn wir dieses Sonnenkind für immer hierbehalten dürften! – Aber ich fürchte –«

      »Was fürchten Sie denn, Frau Gräfin?«

      »Um Ihnen das klarzumachen, muß ich ausführlicher werden, Fräulein Aldermann. Es ist zwar sonst nicht meine Art, andere Menschen mit meinen Angelegenheiten zu belästigen, doch manchmal muß man sich das Herz freisprechen, und ich glaube, daß ich das bei Ihnen wagen kann, ohne lästig zu werden –«

      Und nun bekam Adele das zu hören, wovon schon der Herr in dem Hotel gesprochen hatte. Nur ausführlicher. Daß die junge Gräfin nicht der Mensch war, der Liebe erwecken konnte und mit ihrem Charakter den Gatten abstieß, den sie sich erlistet hatte. Dazu lebte noch die Mutter bei ihr, die ihr einziges Kind wie einen Gott anbetete.

      Jedenfalls atmeten alle auf der Wettersburg auf, als die junge Gräfin ihrer gefährdeten Lunge wegen ein südliches Klima aufsuchen mußte.

      »Als sie mit ihrer Mutter fort war, da begann es wieder bei uns gemütlich, harmonisch und traut zu werden«, erzählte sie nach einer Atempause weiter. »Es klingt gewiß häßlich, was ich nun sagen werde, aber es ist nun einmal so:

      Wir wünschten inbrünstig, daß der Störenfried nie mehr in unsere traute Dreisamkeit zurückkehren möge. Mein Sohn, der seine Frau ja ab und zu besuchen mußte, graute sich schon Tage vorher vor der Reise, von der er immer in verbissenem Grimm zurückkehrte. Die Frau war kaum noch zu ertragen – nur ihre Mutter betete sie an, nach wie vor. Ließ ihr jedes Vergnügen, was der angegriffenen Gesundheit nur schädlich sein konnte.

      Gerade am Weihnachtsabend kam ein Brief, der meinen Sohn davon in Kenntnis setzte, daß sich seine Frau von ihm scheiden lassen wollte. Sie hätte einen Mann kennengelernt, der sie wahnsinnig liebe. Ja, der auch die große, wahre Liebe ihres Lebens sei, und weitere Phrasen mehr. Kurz und gut: Für dieses Phänomen wollte sie frei werden. Konnte sie natürlich mit tausend Freuden haben.

      Mein Sohn hätte sich nicht von ihr lösen können, ohne sein Wort zu brechen. Doch wenn sie von ihm fortstrebte, entband sie ihn damit von seinem Wort. Jedenfalls war dieser Brief ein herrliches Weihnachtsgeschenk für uns.

      Unser Junge wurde wieder so froh, wie er vor seiner unglückseligen Ehe gewesen. Er lebte förmlich auf, konnte manchmal übermütig wie ein Knabe sein.

      Sonderbarerweise zog sich die Scheidung lange hin, obgleich mein Sohn seinem Rechtsanwalt alle nur erdenklichen Vollmachten gegeben hatte. Ungeduldig wartete er auf den Scheidungsspruch, denn solange er die Urkunde nicht in Händen hielt, konnte er sich immer noch nicht als frei betrachten.

      Doch dann brachte ihm ein Gesetz die heißersehnte Freiheit, das höher ist als alle Gesetze der Welt – das Gesetz des Todes. Gerade an dem Abend, als wir aus der Stadt zurückgekehrt waren, gab das Postamt noch spät telefonisch ein Telegramm durch, das meinen Sohn vom Ableben seiner Frau unterrichtete.

      Liebes Fräulein Adele, eigentlich sollte man ja weinen, wenn ein Mensch gestorben ist, zumal einer aus dem engsten Fami­lienkreise. Aber Gott möge uns die Sünde vergeben – wir haben aufgeatmet. Da mein Sohn ja noch nicht geschieden war, mußte er anstandshalber während der Bestattung der Toten dabeisein und fuhr daher am nächsten Morgen ab. Mein Mann und ich rieten ihm, diese Reise auszunutzen und noch einige Wochen im Süden zu bleiben, was er dann auch tat.

      Wir hofften, ihn nun


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