Casamento em família. Joan HohlЧитать онлайн книгу.
Pflanzenlicht beschaffen, dachte ich, auf jeden Fall sollten in mein Büro Pflanzen gestellt werden, woher ich die denn überhaupt bekäme, fragte ich Seldit und sie antwortete, dass ich es an der Verteilstelle versuchen sollte. Auch Bilder gäbe es dort, ich sollte mir einen Katalog geben lassen, aus dem ich Bilder aussuchen könnte, die Auswahl wäre riesig und ich sollte vorher doch schon einmal eine Eingrenzung vornehmen. Ich sagte, dass ich zu Meeri und Jarmo fahren würde und sie bäte, mir eines ihrer Bilder zur Verfügung zu stellen, sicher könnten sie eines ihrer vielen Bilder, die sie inzwischen gemalt hätten, erübrigen.
Marietta schaute mich an und lächelte, sie hatte überall an Gewicht und Körperumfang zugelegt, sie sah aber toll aus, ihr Gesicht strahlte jugendliche Zuversicht aus, sie war voller Kraft und Energie, wenn sie im Moment auch wie eine Kranke auf dem Sofa lag. Seldit streichelte ihren Bauch, was Marietta sehr genoss, sie rief mich zu ihr und führte meine Hand an die Stelle, an der man Klaus-Jarmos wilde Aktivitäten wieder wahrnehmen konnte, er strampelte in Mariettas Bauch herum - nicht mehr lange.
Ich fütterte die Tiere und kochte anschließend Kaffee, dazu stellte ich süßes „Kum“ und Obst neben Marietta auf den kleinen Couchtisch. Ich wollte am Nachmittag noch einmal zur Verteilstelle und mir den Bilderkatalog ausleihen, das würde nicht lange dauern, sagte ich zu Marietta, es täte mir leid, dass mein Amtsantritt an der Uni mit der Geburt unseres Kindes zusammenfiele. Das würde überhaupt nichts machen, entgegnete Marietta, Seldit wäre doch bei ihr, und wenn die Geburt unmittelbar bevorstünde, wäre ich doch auch da. Ich freute mich über Mariettas einsichtige Haltung und gab ihr einen Kuss, dafür liebte ich sie, sie war sehr entgegenkommend und bescheiden, nie versuchte sie, ihre Person in den Vordergrund zu rücken, nicht einmal in der Situation, in der sie sich befand und wo sie eigentlich jede Hilfe brauchte, ich gab ihr zu verstehen, dass sie sich voll auf mich verlassen könnte, das wüsste sie auch ohne dass ich das extra hervorhöbe, sagte Marietta.
Ich fuhr nach dem Kaffeetrinken schnell zur Verteilstelle und holte den Bilderkatalog, den ich dann mit nach Hause nahm und mit den beiden Frauen durchsehen wollte. Als ich wieder zu Hause war, hatte ich einen Katalog mit über tausend Seiten in der Hand, ein mächtiges und schweres Werk im DIN-A-4-Format, in dem zu blättern Lust bereitete. Marietta und Seldit fragten mich, woran ich gedacht hätte, und wie viele Bilder ich aufhängen wollte, und ich antwortete, dass ich mich natürlich noch nicht festgelegt hätte, weder was die Art der Bilder noch was ihre Anzahl anbelangte. Vielleicht könnte ich ganz grob sagen, dass ich impressionistische Bilder bevorzugte, weil sie das Licht in den Vordergrund der Betrachtung stellten, sie schenkten dem dargestellten Objekt nicht unbedingt einen wichtigen Stellenwert, sondern nur dem Licht und dem ersten Eindruck, die sie erschufen. Wahrscheinlich wäre es die lichtarme Jahreszeit, die mich zum Impressionismus tendieren ließ, ich wollte Helligkeit und Farbigkeit in mein Büro holen. Das fände sie sehr gut, sagte Marietta, die Impressionisten wären auch ihre Lieblingsmaler, aus den gleichen Gründen, wie ich sie genannt hätte, und auch Seldit fand den Impressionismus schön, er hätte etwas Belebendes. Also schlug ich in dem Katalog der Verteilstelle das Kapitel Impressionismus auf und stieß allein dort auf hunderte von Bildern der bedeutsamsten Impressionisten. Ich konzentrierte mich auf französische Impressionisten, weil sie die herausragendsten Maler dieser Epoche und mit ihren Werken sehr verbreitet waren, ich bemühte mich dabei, solche Bilder auszusuchen, die nicht allzu populär waren, wollte aber auf ansprechende Farbigkeit achten. Marietta und Seldit schauten mit mir zusammen den Katalog durch und waren begeistert von den Bildern, die in ihm abgedruckt waren, dabei berücksichtigte der Katalog aus jeder Epoche nur die wichtigsten Gemälde. Ich sagte, dass ich die relativ großformatigen Bilder aus dem Katalog aussuchen wollte. Wir blätterten erst völlig frei in dem Katalog herum, ohne uns festgelegt zu haben, ohne einen bestimmten Maler zu favorisieren und merkten bald, dass einen das viele Herumstöbern sehr schnell ermüdete. Ich fühlte mich an den Kunstunterricht in meinem alten Gymnasium erinnert, wo wir uns intensiv mit den großen Stilepochen beschäftigt und einen besonderen Schwerpunkt auf den Impressionismus gelegt hatten. Auf mich war schon damals der Funke übergesprungen, der wohl auch die impressionistischen Maler elektrisiert hatte, wenn sie sich ihre Staffelei nahmen und hinaus in die Landschaft zogen, um den Augenblick festzuhalten, den das Licht schuf und bestimmte, oder wenn sie Arrangements aus Stoffen, Möbeln und zum Beispiel Obst zusammenstellten, um das Licht nach ihrem Willen zu lenken.
Sie malten dann nicht akribisch ihre Objekte aus, wie das die Anhänger der klassischen Malerei taten, sondern begnügten sich manchmal mit nur einem Farbtupfer, weil mehr Zeit nicht zur Verfügung stand, bis das Licht sich änderte und eine andere Stimmung schuf. Ich sagte Marietta und Seldit, dass ich mich auf die vier Hauptvertreter des französischen Impressionismus konzentrieren wollte: auf Cezanne, Renoir, Monet und Gauguin, da hätten wir genug Material, das wir sichten könnten. Ich fand, dass wir nach dem ersten Eindruck gehen sollten, wie das die Impressionisten auch verlangt hätten und ein Bild danach aussuchen sollten. Wenn es wegen seiner Farbigkeit ins Auge stach, gehörte es zur engeren Wahl. Wir schlugen dann im Katalog die Seiten mit Werken von Paul Cezanne auf und ließen unsere Augen über seine Bilder gleiten. Unter seinen vielen Werken vom Mont Saint Victoire, an dem er im Norden von Aix-en-Provence gelebt hatte, hob sich eines besonders hervor, es war die Darstellung „Montagne Saint Victoire vom Steinbruch Bibemus“ (1897).
Es war ein Werk in Himmelblau und dem hell gehaltenen Massiv des Berges im oberen Teil und kräftigen Braun- und Grüntönen im unteren Teil, es machte Freude, sich in das Bild zu vertiefen und die Wärme und die Gerüche des Midi wahrzunehmen, man musste natürlich schon einmal dort gewesen sein, um sich in das Bild hineinversetzen zu können, man hörte geradezu das Zirpen der Zikaden, wenn man das Bild betrachtete. Ich sagte, dass ich das Bild haben wollte, Marietta und Seldit fanden es auch sehr ausdrucksstark, es war mit 65x81 cm nicht sehr raumgreifend und passte deshalb gut in mein Büro. Ich machte mir eine Notiz mit der Katalogseite und schlug dann die Seiten mit Pierre-Auguste Renoir auf, wieder ließen wir unsere Augen über dessen im Katalog präsentierte Bilder gleiten. Jeder von uns dreien musste dann sagen, welches Bild ihm besonders gefiel. Wir alle neigten zu dem gleichen Bild, weil es unserem Farbempfinden am ehesten entsprach, es war das Bild „Früchte des Südens“ von 1881. Obwohl die Früchte in all ihrer Farbigkeit dargestellt waren, waren sie zum Teil nur hingehuscht oder in anderen Farben gemalt, als sie von Natur aus ausgesehen hätten, nur um den situativen Eindruck zu vermitteln, auf den es dem Künstler ankam, faszinierend, eine überquellende Obstschale, viele Früchte lagen davor auf einer weißen Tischdecke. Auch dieses Bild wollte ich haben und notierte auf meinem Zettel die Katalogseite.
Wir wandten uns dann Monet zu, als ich sah, dass Marietta eingeschlafen war, Seldit und ich gingen deshalb in den hinteren Raumteil, ich legte Marietta eine Decke über. Seldit und ich blätterten im hinteren Raumteil im Katalog, auch Monet war ein Vielmaler und ich hatte Mühe, alle Bilder zu betrachten, eines stach aber wegen seiner fast unverschämt wütenden Farbigkeit besonders ins Auge, das war der „Sonnenblumenstrauß“ von 1880, das Bild hatte die Größe 101x81 cm. Schon die Sonnenblumen sorgten für leuchtende Farben, sie schrien aus dem Bild geradezu heraus, unterstützt wurden sie durch das farbige Beiwerk wie eine leuchtend rote Unterlage oder den ins Lila gehenden Hintergrund, die Vase dagegen blieb blass. Uns fiel noch ein weiteres Monet-Bild auf, das war „Bordighera“ von 1884, ein Ort an der französisch-italienischen Grenze. Es war ein Blick auf den Ort und das Meer durch krumme Pinienstämme, es umgab einen die Hitze am Mittelmeer, wenn man das Bild betrachtete. Es war eine Hommage an das Sommerblau, das war der Eindruck, der sich mir vermittelte. Das Bild war mit 65x81 cm genau so formatiert wie die beiden anderen und ich wollte es unbedingt haben, ich zog es dem „Sonnenblumenstrauß“ vor, der auch deutlich größer war und deshalb vielleicht zu dominant wirkte.
Von Paul Gauguin schlugen wir nur seine Südsee-Bilder auf. „Wie? Bist Du eiferüchtig?“ von 1892, das war das Bild, das uns beiden sofort auffiel, es war zum einen der merkwürdig anmutende Bildtitel und zum anderen das Südseekolorit, die es zu etwas Besonderem machten. Das Bild hatte eine fast zwanghaft herbeigeführte Farbigkeit, so sind auf Ornamente oder Muster reduzierte Objekte in der linken oberen Bildhälfte zu sehen, die allerdings nicht abstrakt wirken, sondern Assoziationen zu real existierenden Dingen zuließen wie Wasser, Sand etc. Damit hatten wir vier impressionistische Bilder ausfindig gemacht, die ich am nächsten Tag bei der Verteilstelle bestellen würde.
Marietta