Toni der Hüttenwirt Paket 1 – Heimatroman. Friederike von BuchnerЧитать онлайн книгу.
wird alles in Ordnung kommen.«
Sie blinzelte Bianca zu.
»Ja, dann werde ich Clara mal suchen gehen. Der Hof sieht immer noch so aus wie damals.«
Die alte Dame schaute sich um.
»Clara ist bestimmt bei den Pferden auf der Koppel«, sagte Bianca und ging mit Ruth ins Haus.
»Und?«
»Bianca, ich und Agnes haben uns ausgesprochen. Ich kann dir nichts Genaues sagen. Es ist alles geklärt. Einer Heirat von Clara und Bruno steht nichts mehr im Wege.«
»Das ist fein! Das ist mal wieder typisch Clara! Sie hat eben Theaterblut in den Adern und dramatisiert alles. Ich hatte ihr gleich gesagt, sie sollte mit ihrer Großmutter sprechen.«
»Willst du noch bleiben oder
fährst du wieder heim, Bianca?«
»Ich bleibe noch, wenn ich darf. Ich kann hier genausogut lernen wie daheim. Außerdem will ich Bruno kennenlernen. Ich bin doch sehr gespannt, wie der Mann aussieht, der so schnell das Herz meiner besten Freundin erobert hat.«
Clara stand am Gatter und schaute den Pferden zu. Sie hatte nicht gehört, wie ihre Großmutter gekommen war und erschrak, als diese so plötzlich neben ihr stand.
»Du? Du hier?« fragte Clara mit weit aufgerissenen Augen, als sehe sie einen Geist.
»Ja, ich hier! Komm, Clara, setzen wir uns dort auf die Bank. Wir müssen reden. Ich habe dir viel zu sagen.«
Als wäre Clara noch ein kleines Mädchen und nicht eine junge Frau von zwanzig Jahren, nahm ihre Großmutter sie bei der Hand und führte sie zur Bank.
»Clara, du bist kein Kind mehr. Dir ist die Liebe begegnet. Jetzt weißt du, was es heißt zu lieben. Du wolltest weglaufen, um deinen Bruno zu schonen. Dazu ist nur eine wirklich liebende Frau fähig, das weiß ich mit Bestimmtheit. Also! Ich freue mich über deine Wahl und kann es kaum erwarten, deinen Bruno kennenzulernen. Ich kenne seine Mutter, und diese schätze ich sehr. Ruth kam zu mir. Sie hat mich mit hierher genommen.«
»Heißt das…«
»Clara, das heißt es nicht! Ursula, deine Mutter, ist die Tochter vom Urban Fuchsbichler. Er weiß es sehr wahrscheinlich nicht. Man hat ihm und mir und unserer Liebe übel mitgespielt. Ich werde mich später mit Urban treffen. Wir werden uns aussprechen. Ich bin dem Himmel dankbar, daß wir beide noch leben, und es uns vergönnt ist, unsere Angelegenheiten zu regeln.«
»Dann bin ich genauso seine Enkelin wie Bruno! Wie soll ich ihn da heiraten können?«
»Du nimmst an, daß Bruno Urbans Enkel ist!« sagte sie leise.
Clara bekam große Augen.
»Das mußt du mir näher erklären!«
»Urbans einziger Sohn Emil war als junger Mann sehr krank. Infolgedessen, erspare mir bitte medizinische Einzelheiten, kann er keine Kinder zeugen. Da hat die gute Ruth etwas getrickst. Du verstehst?«
»Du meinst, Bruno hat einen anderen Vater?«
»Tatsache ist, daß Emil nicht der leibliche Vater von Bruno ist. Tatsache ist, daß er nie etwas gesagt hat. Auch Urban, dein Großvater, hat nie eine Bemerkung gemacht. Auch er weiß, daß es medizinisch eigentlich unmöglich ist, daß Bruno sein Enkel sein kann. Emil und Ruth führen eine gute Ehe. Sie sind sehr glücklich. Bruno weiß nicht, daß er nicht Emils Sohn ist. Ruth und ich haben das auch so besprochen, daß er es nicht zu erfahren braucht. Du weißt es und findest sicher einmal später im Leben eine Gelegenheit, es ihm zu sagen. Das kann sehr viel später sein, wenn wir Alten schon da oben im Himmel sind. Den Zeitpunkt überlasse ich ganz dir.«
Sie schaute hinüber zu dem großen Hof.
»Der Fuchsbichler Hof war damals schon stattlich, jetzt ist er noch schöner. Es ist wichtig, daß so ein Anwesen von Generation zu Generation weitergegeben wird. Deshalb fragen wohl Urban und Emil nicht so genau nach, ob Bruno wirklich Emils Sohn ist. Du heiratest ihn. Dadurch wird eine weitere Generation, die wirklich berechtigt ist, auf den Hof kommen. Doch das sollte ein Geheimnis bleiben. Du verstehst mich doch.«
»Ja, ich verstehe dich! Du bist mir nicht böse, daß ich auf dem Speicher war.«
»Nein! Ich bin dir nicht böse. Es war eben Schicksal oder Fügung. Es mußte so kommen, wie es kam. Denkst du, daß du hier glücklich sein wirst?«
»O ja! Ich bin heute morgen aufgewacht und wußte plötzlich, daß alles gut wird. Ich fühlte mich so verbunden mit diesem Fleckchen Erde. Ich weiß nicht, wie ich es dir erklären soll.«
»Du mußt mir nichts erklären, Clara! Ich verstehe dich! Ist also alles klar?«
»Ja, Großmutter, ja!«
»Dann bin auch ich froh. Mir war es nicht vergönnt, hier mit dem Mann glücklich zu leben, der meine erste Liebe war. Ich habe den Mann, den ich dann geheiratet habe auch geliebt, aber das war eine andere Art von Liebe.«
»Wußte er, daß Mutter nicht seine Tochter war?«
»Ja, er wußte es! Er hat sie trotzdem geliebt und war ihr ein guter Vater. Er hat sie es nie spüren lassen.«
Sie sah Clara an.
»So genug der ernsten Gespräche. Jetzt erzähle mir von deinem Bruno.«
»Er ist einfach wunderbar! Ich sah ihn und wußte, das ist er! Jetzt denkst du, daß ich verrückt bin, Großmutter.«
»Nein, das denke ich bestimmt nicht, meine liebe Clara! Ich denke, das ist die Liebe! Wenn zwei Menschen sich finden, die wirklich zusammenpassen, dann wissen sie es vom ersten Augenblick an. Ich wünsche dir von Herzen, daß du hier glücklich wirst auf dem Fuchsbichler Hof. Mit deiner Ruth hast du es gut getroffen. Sie wird gut zu dir sein. Sie mag dich sehr.«
»Ich habe Ruth nur kurz kennengelernt. Aber sie war ganz reizend zu mir.«
»Ruth besitzt Herzensgüte, das ist heute selten. Sie wäre bereit, ihr Glück für deines zu opfern. Das würden nicht viele machen.«
Agnes schaute auf die Uhr.
»Ich habe noch eine Verabredung! Ich treffe mich mit Urban.«
»Dann wünsche ich dir auch viel Glück, Großmutter.«
Clara umarmte ihre Großmutter.
»Ich bin froh, daß du da bist. Danke, daß du gekommen bist.«
*
Agnes nahm Claras Auto und fuhr zu den Weiden. Dort standen jetzt Bänke am Ufer des Bachlaufes. Sie setzte sich hin und wartete. Es dauerte nicht lange, da hörte sie ein Auto. Sie drehte sich nicht um. Dann hörte sie Schritte. Urban setzte sich neben sie. Sie schauten sich an.
»Grüß Gott, Agnes!«
»Grüß Gott, Urban!«
Sie sah die Verwirrung in seinen Augen.
»Ruth hat mich auf dem Handy angerufen und mir gesagt, daß du hier wartest. I konnte das zuerst net glauben. Wo kommst du so plötzlich her, nach all den Jahren?«
»Hat Ruth nichts gesagt?«
»Nein!«
»Gut! Dann will ich es dir erklären! Das hängt mit Clara zusammen. Sie hat alte Briefe gefunden, die ich an dich geschrieben hatte. Daher kannte sie den Namen Fuchsbichler.«
»Du hast mir Briefe geschrieben? Ich habe keinen von dir bekommen. Plötzlich bist du fort gewesen! Des war eine gemeine Sach, die mein Großvater damals gemacht hat mit dir.«
»Und auch mit dir, Urban! Ich habe gehört, daß du danach fortgegangen bist.«
»Ja, i hab’ es nimmer ausgehalten, dem Mann jeden Tag in die Augen sehen zu müssen, der mein Glück zerstört hat. Da bin i gegangen. Meine Eltern waren traurig. Aber mein Vater meinte, ich soll gehen. So mutig wär er net gewesen. Er wußt all die Zeit,