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Die schönsten Heimatromane von Ludwig Ganghofer. Ludwig GanghoferЧитать онлайн книгу.

Die schönsten Heimatromane von Ludwig Ganghofer - Ludwig  Ganghofer


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Dekan!« schrie der junge Scharsach lachend. »Wir wollen milde sein, wie Ihr es seid!«

      »Hört doch diesen Schrei eines Frommen, Herr! Seid gnädig dem Schuldigen! Nicht in Bosheit hat er gesündigt, nur in Sehnsucht nach der Freiheit, die ihm der eigene Bruder nahm. Laßt die Bitternis seines Lebens für ihn sprechen! Vaterlos in der Wiege, mit den leeren Händen des jüngeren, mußte er den älteren Bruder als mächtigen Mann im reichen Erbgut des Vaters sehen. Und dieser Bruder: häßlich, Kraft nur in seinen Fäusten, den eigenen Knechten ein Herr, den sie widerwillig ertrugen! Und dieser jüngere: ein Anblick wie ein Maienmorgen, übergossen mit allen Gnaden der Natur, der Liebling aller Mannen in seines Bruders Burg, der Liebling seiner Mutter.«

      Bei diesem Wort war die Ruhe dahin, die sich Immhof unter den mahnenden Blicken des Propstes abgerungen hatte.

      »Von allem redet! Nur nicht von meiner Mutter!« rief er in Zorn. »Dies Wort auf Eurer Zunge ist Entweihung!« Wernherus lächelte. »Der Liebling einer Mutter, die für ihn sann in stillen Nächten, für den Liebling Herzen und Fäuste warb, bis der Burgherr die Gefahr erkannte. Ein übler Sturz aus allen irdischen Himmeln! Noch am Abend die stolzen Träume von Macht, von Reichtum, von aller Freude des Lebens. Und am Morgen mit geschorenem Kopf in der Klosterzelle, und hinter ihm der Fluch des Bruders: ›Bastard! Du bist nicht meines Vaters Blut! Deine Mutter gebar dich in sündiger Buhlschaft mit einem fahrenden Gaukler!‹«

      Das Gesicht so weiß wie Kalk, stürzte Immhof mit ersticktem Schrei auf Wernherus zu.

      Linhart Scharsach, der Eschelberger und andere Chorherren sprangen dazwischen. Wernherus rief: »Eures Schutzes bedarf ich nicht. Mag er sich nach aller Sünde noch vergreifen an einem geweihten Diener Gottes.«

      »Gott? Gott?« brach es in Empörung aus Immhof heraus. »Unmensch du! Hast du mir nach solcher Schmähung einer Frau, die aller Frauen reinste und beste war, kein anderes Wort an die Stirn zu werfen als dieses eine: Gott? Wird dieses Wort auf deiner Zunge nicht zu Gift? Ist Wahrheit in diesem Wort, so muß es dich töten. Gott! Fühlst du nicht, Wernherus, daß dieses Wort dich schlägt, härter als meine Faust dich schlagen könnte. Gott!«

      »Ihr Herren, hört!« schrie Pabo, der Kaplan. »Hört, wie er den Namen Gottes nennt! Wie ein Heide! Wie einer, der nicht glaubt!« Und Wernherus, mit triumphierendem Blick, als hätte er den Gegner, wo er ihn haben wollte, deutete nach dem Kreuzbild an der Wand: »Solche Rede wagst du im Anblick des Gottes, der vom heiligen Kreuz auf dich niederblickt?«

      »Von dem ist nicht die Rede, Wernherus! Der Gott, von dem wir reden, du und ich, das ist ein anderer. Das ist der Gute nicht, der die Liebe predigt und den die Wölfe zerfleischten, weil er in seiner Brust das Herz eines Menschen hatte. Der Gott, den du auf der Zunge und im Herzen trägst, ist der Gott des Hasses, der Gott, der mich ansieht aus euren Augen, an den ich glauben lernte in eurer Mitte, der Gott, der euch und alle Welt erfüllt!«

      Erschrocken war Herr Friedrich aufgesprungen: »Immhof! Bist du von Sinnen?«

      »Von Sinnen? Ich? Nein, Herr, nie war ich klüger als in dieser Stunde.«

      Es war ein Geschrei im Saal, daß nur Irimbert und die zunächst dem Stuhl des Fürsten standen, das in Kummer mahnende Worte des Propstes hörten: »Unseliger, du ermordest dich!«

      »Dann ist Tod ein besseres Leben. Sie haben meinen Glauben angezweifelt, sie sollen mein Bekenntnis hören!« Klingend übertönte Irimberts Stimme den tobenden Lärm. »Ich glaube an den Gott, den ich gefunden auf allen Wegen. Glaube an den Gott, der den Wernherus und Medardus schuf. An den Gott, der die Redlichen knechtet und die Schlechten zu ihren fressenden Herren macht. Ich glaube an den Gott, der die Falschheit und Lüge ersann, den Raub und Totschlag und Geschöpfe dazu, die ihre Brüder morden mit solchen Waffen. Ich glaube an den Gott der Söhne, die ihre Mütter entehren, an den Gott, der das Laster beschirmet und die Unschuld würgt. Ich glaube an den Gott, der euer Gebet erhörte, wenn er die Kinder mit Blindheit schlägt und den Müttern die Augen aus den blutigen Höhlen reißt, um eure Schüssel zu füllen. Der Gott, der den Wald bevölkert mit reißenden Tieren und das Wasser mit schnappenden Hechten, das ist der Gott, der allmächtig ist in euch und dessen geweihte Diener ihr seid! Das ist der Gott, der euch in Freude seine, treuen Vasallen nennt. Und aller Ekel des Lebens, alle Gier, die Raum hat in wölfischen Seelen, ist euer Gotteslehen!«

      Diese letzten Worte erstickten in dem Wutgeschrei, das den Kapitelsaal erfüllte. Jene von den Brüdern, die noch außerhalb der Schranke waren, schwangen sich über das Geländer und warfen die Stühle der Chorherren aus ihrem Weg. »Er beschimpft das Heiligste! Er schmäht die Kirche!« Und die Stimme des Medardus schrillte: »Er hat Gott gelästert! In die Mauer mit ihm!« Das Wort dieses einen wurde das Wort aller anderen. »In die Mauer mit ihm! In die Mauer!«

      Der junge Scharsach, der hinter Immhof stand, holte aus mit der Faust. »In die Mauer mit dir! Und diesen frommen Schlag für meinen Herrgott, den du gelästert!«

      Irimbert taumelte, von dem heimtückischen Hieb auf die Schläfe getroffen. Da warfen sie sich über ihn, ein ganzer Hauf, zerrten ihn zu Boden, und mit dem Gürtelstrick, den sich Medardus von der Kutte gerissen, fesselten sie ihm die Hände. Niemand wehrte dem Gericht, das da gehalten wurde. Dem buckligen Isengrimm war der lachende Spott vergangen, der alte Scharsach, mit den Händen vor den Augen, stand an die Wand gelehnt, und Herr Friedrich blickte wortlos auf das schreiende Gewühl. Als sie den Gefesselten, der unter Faustschlägen und Fußtritten das Bewußtsein verloren hatte, zum Ende des Saales schleiften und gegen die Treppe, die hinunter zu den Kellern führte, streckte der Propst die Hände, als hätte er, um das Entsetzliche zu hindern, noch ein letztes Wort zu sagen.

      Da stand Wernherus vor ihm. »Herr Friedrich? Warum rettet Ihr Euren Liebling nicht?«

      Funkelnden Zorn in den Augen, blickte der Propst auf ihn nieder. »Er hat Gott gelästert, der unser Wappen ist und euer Brot. Auf solche Sünde steht die Mauer. Das ist Gesetz. Ich kann und darf ihn nicht retten. Aber komm, Wernherus, ich sage dir was ins Ohr!« Herr Friedrich beugte sich und flüsterte: »Den du vernichtet hast in Haß und Eifersucht, der war besser als du und ich, war gläubiger, als wir alle sind. Er suchte in Hunger. Wir sind satt und verdauen. Und Gott – der gute, Wernherus, nicht der deine – hätte Freude an diesem Leben gehabt, das elend in der Mauer verderben soll!«

      Man hörte die Stimme des Eschelbergers, der in der Ecke des Saales hinter dem Gerichteten und dem letzten der Brüder die Tür geschlossen hatte. »Sehet, Herr Friedrich, wie gehorsam ich bin! Ihr habt befohlen, das Türlein zu schließen. Ich tu’s und stoße den Riegel vor!« Das Eisen klirrte. »Jetzt sind wir Herren unter uns.« Der Eschelberger kam nach vorne und schlug hinter sich das Gatter der hölzernen Schranke zu. »Richtet die Sessel wieder auf!« Keiner tat es, alle standen im Saal und blickten auf Wernherus, als wäre der Ernst dieser Stunde noch nicht zu Ende. »Oder wollet ihr ständerlings Kapitel halten? Meinethalben! Lang wird’s nimmer dauern, bis wir den Spruch getan haben, der noch aussteht.«

      Herr Friedrich lachte heiser. »Dem Eschelberger redet der Durst aus der Kehle, die er sich trocken schrie um seinen Gott. Da müssen wir in Erbarmen trachten, daß er bald zu einer Stärkung komme.«

      Er wollte sich erheben.

      »Herr«, fiel Wernherus ein, »nur halbes Gericht ist gehalten, es soll ein ganzes werden.«

      »Gericht? Welches Gericht denn noch?«

      »Über den Greimold, gegen den ich klagte.«

      Zum Stuhl des Propstes sich vordrängend, schrie der Eschelberger: »So lang, bis das gehalten ist, muß sich mein Durst noch gedulden. Wir haben eine stechende Natter aus unserem Pelz geschüttelt. Jetzt wollen wir Schafschur mit dem Bauer halten.«

      »Dann wirst du scheren müssen ohne Schaf!« rief ihm Herr Friedrich zu. Er wandte sich an Wernherus. »Du, der du feurig streitest für alles Gesetz, du hast mich gelehrt, daß ich Gesetze achten muß, die ich als Fürst beschworen. Immhof hat wahr gesprochen, der freie Bauer steht unter dem Spruch des Kaisers. Wenn der kaiserliche Viztum übers Jahr Gedingtag hält im Gaden, dann klaget wider den Greimold. Nicht hier im Saal und nicht vor meinem Stuhl.«

      Unter


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