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Die schönsten Heimatromane von Ludwig Ganghofer. Ludwig GanghoferЧитать онлайн книгу.

Die schönsten Heimatromane von Ludwig Ganghofer - Ludwig  Ganghofer


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in der Leutasch niedergegangen, zwei Tage und Nächte hatte Emmerich Petri gearbeitet, »wie ein Holzknecht«, und hatte die Rettung von ein paar armseligen Hütten mit seinem Leben bezahlt.

      »Im Herbst! Ende September!«

      Ettingen empfand die Tragik dieses Wortes, und die Kehle war ihm wie zugeschnürt, so daß er mit Gewalt seine Stimme zwingen mußte, um lesen zu können: »Die Ausstellung war ein Erfolg, so einstimmig, wie er noch selten einem Künstler zuteil wurde. Dem Frankfurter Sammler, der die Bilder vor fünfzehn und zwanzig Jahren um eine Bagatelle erworben hatte, wurden hohe Summen geboten, aber der Mann war stolz auf seinen Besitz und verkaufte nicht ein einziges Bild. Alle Journale brachten ausführliche Besprechungen des Meisters, man bezeichnete ihn als eine an Gedankentiefe mit Böcklin verwandte Natur, als dessen milderen Bruder. Böcklin wäre die strenge Kraft, Petri die träumende Liebe. Und überall die Frage: Wo ist dieser Mann? Wer weiß von ihm? Wo lebt er?‹« Erschrocken legte Ettingen die Blätter nieder. »Fräulein!«

      Blaß, an allen Gliedern zitternd, hatte Lo sich erhoben, als wäre es über ihre Kraft gegangen, dieses Wort zu hören. Ein Sturz von Tränen brach aus ihren Augen, mit einem Schluchzen, das ihren Körper schüttelte wie Frost.

      »Fräulein! Allmächtiger Gott! Ich bitte Sie, liebes Fräulein –« Ettingen legte den Arm um ihre Schultern wie ein Bruder, der die Schwester beruhigen will. Sie schien in diesem Sturm von Erregung nichts anderes zu denken als nur das eine: er fühlt mit mir – und da überließ sie sich willenlos seinem Arm, und weinend barg sie das Gesicht an seiner Brust. Aus dem anstoßenden Zimmer klang mit erschrockenem Ton die Stimme des Knaben: »Lo! Ach Gott, Lo! Was hast du? Warum weinst du denn?«

      »Sorg dich nicht, Bubi!« rief Ettingen. »Was deine Schwester weinen macht, ist Freude!« Er streichelte mit scheuer Hand ihr schimmerndes Haar, richtete sie auf und sagte leis: »Ich verstehe Ihr schönes, kindliches Gefühl. Ihre Freude mischt sich mit dem schmerzvollen Gedanken, daß Ihr Vater sterben mußte, bevor ihm die Welt den verdienten Lorbeer reichte. Aber wie er starb! Das muß Ihrem Herzen sagen, daß er die Augen nicht geschlossen hat, ohne tief in seinem Innersten zu glauben: ich habe nicht umsonst gewirkt, ich kann nicht sterben, ich werde weiterleben! Sonst hätte er die Welt nicht so verlassen können, mit dieser Ruhe, mit diesem Lächeln, mit diesen letzten Worten: ›Meine Blumen!‹ Das galt nicht nur den Blumen da draußen am See. Dieses Wort hat allem gegolten, was aus der Tiefe seiner Seele heraufblühte und reines, köstliches Leben wurde. Das wird seinen Namen tragen, wird dauern als eine Freude für die Menschen! Ihr Vater ist nicht gestorben: er lebt! – Nein, Lo, Sie dürfen nicht weinen! Sie müssen sich aufrichten und stolz sein auf Ihren Vater, stolz auf den Namen, den er Ihnen gab und dessen Sie würdig sind. Dieser Name ist Adel, wie ich besseren nicht kenne!«

      Aus Tränen blickte sie zu ihm auf. Wie schön sie war bei diesem Lächeln, mit dem sie den Schmerz überwand und schon die Versöhnung fühlte, den Stolz und die Freude! Lange sah sie ihn schweigend an, bevor sie sprechen konnte: »Wie gut Sie mit mir sind! Und ich stehe so arm vor Ihnen, so schwach, in meinem Schmerz zuerst und jetzt in meiner Freude! Fast versteh ich das nicht. Diese Nachricht hätte mich ruhiger finden sollen. Was mein Vater war, hab ich immer schon gewußt. Das hat mir doch nicht die Welt erst sagen müssen. Und nun hat es mich doch überwältigt – als wär ich eine andere geworden –, als wäre etwas in mir, über das ich keinen Willen und keine Macht mehr habe –« Sie hielt seinen Blick nicht aus, und verwirrte Unruhe stammelte in ihren Worten: »Sehen Sie nur, ich weiß kaum, was ich rede, weiß nicht einmal, wie ich dafür danken soll, daß gerade Sie es waren, von dem ich diese Nachricht hören durfte. Und wenn ich Ihnen sagen könnte –« Ihre Stimme erlosch.

      »Mir sagen, was Sie fühlen? Die Freude, die Sie empfinden, könnten Sie mir mit hundert Worten nicht besser sagen als mit diesem Schweigen jetzt!«

      »Freude! Ja! Das ist Freude, die sich nicht sagen läßt!« Tief atmend hob sie die Augen zu ihm. »Darf ich noch eine Bitte haben?«

      »Ob Sie dürfen?« Er drückte ihre Hände.

      »Schenken Sie mir diese Blätter!« Nun kamen ihr die Worte immer hastiger, in glühender Erregung. »Ich möchte sie meiner Mutter bringen. Möchte heim, zu meiner Mutter! Jede Minute, um die ich ihr diese Nachricht später bringe, ist eine Sünde an ihr. Ich darf nicht bleiben. Schenken Sie mir diese Blätter und lassen Sie mich gehen! Ich bitte!«

      »Ja, Fräulein, ja! Nehmen Sie!« Er reichte ihr die Blätter. »Ich seh es ein, daß Sie nicht bleiben dürfen. Und Ihr Bruder – ich will selbst hinunter und werde sorgen dafür, daß Sie ihn gut und sicher nach Hause bringen und auf dem Heimweg alle Hilfe haben! Bleiben Sie bei ihm – ich komme und hol ihn!« Er eilte davon.

      Sie stand und lauschte auf seinen Schritt – und lächelte und preßte die Blätter an ihre Brust.

      »Lo? Soll ich aufstehen? Ich kann schon!« klang aus dem anderen Zimmer die erregte Stimme des Bruders. Da flog sie zu ihm, umschlang ihn, und wieder kamen ihr die Tränen. »Ach, Lo! Um Gottes willen! Ich bitt dich, was hast du denn?«

      »Freude hab ich! Freude! Weil jetzt die Menschen wissen, was unser Vater war!«

      Gustl sah die Schwester mit großen Augen an. »Haben denn das die Menschen nicht gewußt? Er hat doch die Bilder gemalt. Ein Bild sieht man doch. Da muß man doch wissen, daß ein Künstler das gemacht hat.«

      »Ja, Kind, wer die rechten Augen hat, der sieht es! Aber es gibt auch Menschen, die sehen können und dennoch blind sind. Komm nur, komm, wir müssen heim! Zur Mutter heim!«

      Als Gustl angekleidet war – am verbundenen Fuß nur den Strumpf, ohne Schuh –, versuchte er ein paar Schritte zu gehen. Das gelang nicht recht. Da kam auch Ettingen schon zurück, hob den Knaben auf und trug ihn hinunter.

      Vor der Tür, im Hof, stand Hansi schon bereit, gesattelt und mit hochgeschnallten Bügeln. Die Treiber hatten das Gepäck der Geschwister in ihre Rucksäcke genommen und die Almrosen darübergebunden. Einer trug das Fischnetz mit den in grünes Reis gehüllten Forellen. Auch die zwei Leutascher Jäger waren zum Abmarsch bereit, und seitwärts an der Mauer stand Pepperl, schweigsam, die Hände hinter dem Rücken, die gerunzelte Stirn umhangen auf aufgedröselten Kreuzerschneckerln.

      Nur Mazegger fehlte. Drunten in seiner Hütte stand er am Fenster, das aschfahle Gesicht an die Scheibe gedrückt. Als er Lolo Petri und seinen Herrn, der den Knaben trug, aus der Tür kommen sah, trat er mit geballten Fäusten tiefer in die Stube zurück. Ettingen hob den Knaben in den Sattel und schob ihm die Bügel über die Füße. »Also, Bubi, jetzt mach uns keine Sorgen mehr und schau, daß du gut heimkommst!« Er reichte ihm die Hand.

      »Ich dank schön, Herr Fürst! Sie waren so lieb zu mir! Ich dank schön!«

      Lachend streichelte ihm Ettingen die Hand. »Dank? Was dir einfällt! Sieh nur, daß du bald wieder springen kannst! Das ist mir der liebste Dank. Und wenn es deine Mutter erlaubt, dann komm ein paar Tage zu mir auf Besuch ins Jagdhaus. Willst du?«

      Gustl wurde rot übers ganze Gesicht. »Wenn Sie erlauben, bin ich schon so frei!«

      »Also, auf Wiedersehen!«

      Ettingen wandte sich zu Lo. Inmitten der vielen Leute, die um sie herumstanden, schieden die beiden mit einem Händedruck, mit einem stummen Blick.

      Ein Jäger sollte den Grauen führen. Aber Lo überließ diese Sorge keinem anderen, sie nahm die Zügel selbst.

      Während Hansi den Knaben über das Almfeld hinuntertrug, umringt von den schwatzenden Treibern und Jägern, stand Ettingen mit den Armen über den Zaun gelehnt und blickte lächelnd dem kleinen Reiter und seiner Schwester nach.

      Den beiden folgten noch zwei andere Augen – aus Mazeggers Hütte –, mit einem Blick, in dem die Eifersucht mit drohendem Feuer brannte.

      Wo der Pfad vom Almfeld einbog in den Wald, bat Lo die Männer vorauszugehen, damit der Graue in ruhigen Schritt käme. Sie verhielt das Tier eine Weile und sah mit leuchtenden Augen zum Fürstenhaus hinauf. Da hörte sie den Bruder flüstern: »Du, Lo? Weißt du, warum er so lieb war zu mir?«

      »Weil


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